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Ausgabe 205

Magazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur – vier Mal jährlich mit bis zu 175 Seiten Österreich.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>205</strong> / 19. 12. 2022<br />

Österreich, Europa und die Welt<br />

10<br />

das Ziel des Pariser Klimavertrags von 2015,<br />

die Erwärmung bis Ende des Jahrhunderts<br />

möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, „mit<br />

den derzeitigen Maßnahmen nicht zu erreichen<br />

ist, sondern wir eher bei 2,5 bis 4 Grad<br />

landen“.<br />

Wobei sich Alexander Van der Bellen klar<br />

darüber ist, wie schwierig es ist, dieses The -<br />

ma angesichts eines gerade erlebten Oktobers<br />

zu vermitteln, der allgemein als angenehme<br />

Verlängerung des Spätsommers empfunden<br />

wurde – bei Temperaturen, die um<br />

rund zehn Grad über dem langjährigen Oktoberdurchschnitt<br />

lagen. „Was ist, wenn das<br />

gleiche im März, April passiert, im Juli, ohne<br />

Regen? Was passiert mit der Landwirtschaft,<br />

überhaupt mit der Natur?“ Es gehe darum,<br />

zu vermitteln, „daß es nicht wurscht ist, sondern<br />

daß jedes Zehntelgrad, nicht nur irgendwo<br />

in Afrika, sondern speziell auch bei uns<br />

in den Alpen eine große Rolle spielt, wo die<br />

Erhitzung ungefähr doppelt so schnell vorangeht<br />

als im Rest der Welt.“<br />

In diesem Zusammenhang traf der Bun -<br />

despräsident in Sharm El-Sheikh auch mit<br />

einer Delegation österreichischer Jugendli -<br />

cher zusammen: „Die jungen Leute haben<br />

we sentlich dazu beigetragen, daß die Sensibilität<br />

und die Aufmerksamkeit für das The -<br />

ma gestiegen ist, angefangen bei Greta Thun -<br />

berg – aber nicht nur.“<br />

Seine persönlichen Erwartungen an den<br />

Gipfel waren pragmatisch: „Versucht wird<br />

je denfalls, im Bereich der Finanzierung und<br />

im Bereich der Verantwortung für das, was<br />

schon passiert ist und – auch bei Erreichen<br />

des Eineinhalb-Grad-Ziels – noch passieren<br />

wird, weiterzukommen.“ Hier erwartet der<br />

„harte Auseinandersetzungen, letztlich um<br />

Geldfragen, aber auch um Moral und Verantwortung.<br />

Die Industriestaaten zögern, diese<br />

Verantwortung anzunehmen und der globale<br />

Süden wird – mit recht – nicht müde, darauf<br />

hinzuweisen. Wobei nicht alles, was im globalen<br />

Süden passiert, dem Verhalten der In -<br />

dustrieländer zuzuschreiben sein wird.“<br />

Rede des Bundesrpäsidenten zur Eröffnung<br />

der Weltklimakonferenz in Sharm El-Sheik<br />

Sehr geehrter Herr Präsident El-Sisi,<br />

sehr geehrter Herr UNO-Generalsekretär<br />

Guterres, Exzellenzen, sehr geehrte Vertreterinnen<br />

und Vertreter der Zivilgesellschaft!<br />

2015 haben wir bei der Weltklimakonferenz<br />

das Pariser Klimaabkommen beschlossen.<br />

Ein gemeinsames Ziel für die Begrenzung<br />

der Erderhitzung auf 1,5 Grad. Doch<br />

so ehrlich müssen wir sein, wir sind nach<br />

wie vor weit davon entfernt, das 1,5 Grad<br />

Foto: HBF / Peter Lechner<br />

Der Bundespräsident traf auch mit einer Delegation österreichischer Jugendlicher zusammen.<br />

Ziel zu erreichen. Das Gegenteil ist der Fall:<br />

Die globalen Emissionen steigen nach der<br />

Pandemie wieder. Weltweit spüren wir die<br />

verheerenden Auswirkungen der Klimakata -<br />

s trophe.<br />

Wir befinden uns heute hier in einem afrikanischen<br />

Land. Große Teile des globalen<br />

Südens sind besonders stark von den Auswirkungen<br />

der Klimakrise betroffen. Zu recht<br />

pochen diese Länder auf finanzielle Un ter -<br />

stützung bei Anpassungsmaßnahmen und<br />

klimabedingten Verlusten und Schäden.<br />

Wir Länder im globalen Norden sind für<br />

einen großen Teil der CO 2 Emissionen verantwortlich.<br />

Österreich wird dieser Verantwortung<br />

nachkommen. Wir werden das Budget<br />

für die internationale Klimafinanzierung<br />

deutlich erhöhen. Für die kommenden Jahre<br />

– bis 2026 – wird das Klimaschutzministerium<br />

zusätzlich 220 Millionen Euro für in -<br />

ternationale Klimafinanzierung zur Verfügung<br />

stellen. Das ist eine signifikante Erhöhung<br />

der Mittel. Daß Österreich hier durch<br />

einen höheren Beitrag Solidarität zeigt, war<br />

auch mir als Bundespräsident wichtig.<br />

Damit können wir unseren Teil dazu beitragen,<br />

daß wir unsere Regenwälder vor<br />

dem Verschwinden retten, daß unsere Meere<br />

wieder voller Leben sind, die Menschen im<br />

globalen Süden sich besser gegen Flutkatastrophen<br />

schützen können und mit den<br />

dadurch entstehenden Schäden nicht alleine<br />

gelassen werden.<br />

Gleichzeitig warne ich davor, daß wir uns<br />

nur auf Fragen der Finanzierung beschränken.<br />

Denn eines ist klar: Wir können uns von<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />

der Klimakrise nicht freikaufen. Geld alleine<br />

macht unsere Luft nicht sauberer, Geld alleine<br />

stoppt die Erderhitzung nicht, und es läßt<br />

die Gletscher nicht aufhören zu schmelzen.<br />

Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, bis<br />

2040 klimaneutral zu sein. Viele andere Staa -<br />

ten haben ähnliche Ziele. Diese Ziele müssen<br />

jetzt rasch mit konkreten Taten untermauert<br />

werden. Sonst sind sie nur bla bla bla, wie<br />

Greta Thunberg sagen würde.<br />

Wenn wir uns den letzten UNEP Report<br />

ansehen, wird klar: Es gibt noch viel zu viel<br />

bla bla bla und viel zu wenige Taten im Klimaschutz.<br />

Ich verstehe Gretas Kritik an den<br />

Weltklimakonferenzen. Ich verstehe, daß der<br />

Jugend – aber nicht nur der Jugend – die<br />

Geduld ausgeht. Es liegt an uns, alles dafür<br />

zu tun, um das Vertrauen zurück zu gewinnen.<br />

Durch konkrete Taten und durch Verbindlichkeit.<br />

Österreich wird seinen Beitrag leisten.<br />

Wir bauen die Erneuerbaren Energien stark<br />

aus. Wir beenden Schritt für Schritt das Heizen<br />

mit Kohle, Öl und Gas. Wir investieren<br />

Rekordsummen in den öffentlichen Verkehr.<br />

Das ist gut. Aber wir müssen noch besser<br />

werden.<br />

Wir alle, egal welchem Land wir kommen,<br />

welcher Partei oder welcher Institution<br />

wir angehören, müssen uns jeden Tag die<br />

Frage stellen, wie wir noch wirksamer im Kli -<br />

maschutz werden können.<br />

Ich appelliere an Sie: Tun wir gemeinsam<br />

alles dafür, daß zukünftige Generationen auf<br />

einem lebenswerten Planeten zuhause sein<br />

können. Vielen Dank!<br />

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