Land Rover Discovery 4 - Tiroler Jägerverband
Land Rover Discovery 4 - Tiroler Jägerverband
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Belletristik<br />
der Lampe auf dem Waldbuckel oben auftauchen<br />
sah und der Onkel mit ein paar schnellen<br />
Sprüngen die Steile herunter kam und<br />
mir durch den von ihm getretenen Schneegraben<br />
hinauf half. Von dieser Anhöhe weg<br />
ging dann alles gut. Wir überquerten einen<br />
lichtbewaldeten Almboden, wobei mir Josef,<br />
kleine Schrittlängen machend, eine Wegrinne<br />
trat. Und dann lehnte er seinen Drilling<br />
an ein rindenloses, dürrastiges Baumskelett<br />
und sagte flüsternd zu mir: „So Bub, da bleiben<br />
wir! Das ist ein guter Spielhahnbalzplatz,<br />
du wirst sehen!“ Hundemüde setzte ich<br />
mich an den Baumstamm gelehnt auf meinen<br />
Rucksack. Vor uns lag der Almboden,<br />
über den wir eben gekommen waren, und<br />
linker Hand zog sich ein breiter gerundeter,<br />
mit einzelnen nadellosen Lärchen und zottig<br />
dunklen Zirben bestockter Rücken bis zu<br />
den schroffen Wänden hinauf. Alles um uns<br />
lag im verschleierten weichen Mondlicht.<br />
In der übersternten, langsam vergehenden<br />
Nacht lag einsame Stille um uns. Als später<br />
der Osthimmel erleuchtete, rosig wurde und<br />
die Sterne Abschied nahmen, kam von weit<br />
oben das Grugeln eines Hahnes. Dann vernahmen<br />
wir das Zischen und Fauchen eines<br />
zweiten Hahnes. Auch der musste oberhalb<br />
unseres Ansitzplatzes, vermutlich in einer<br />
überriegelten Mulde, sein. Eine Henne strich<br />
lockend über uns hinweg, und im Hochwald<br />
unten erwachte die Bergvogelschar. Josef<br />
wurde unruhig! „Ich muss weiter hinauf, da<br />
oben spielt sich heute Morgen die Balz ab.<br />
Bleib du hier und mache ein Feuer, wenn es<br />
dir kalt wird. Wenn hier ein Hahn einfällt,<br />
dann schieße ihn!“, sagte er flüsternd zu mir,<br />
gab mir ein paar Kleinkaliberpatronen und<br />
sein Feuerzeug, und weg war er.<br />
Knisterndes Feuer<br />
Das mit dem Feuer brauchte er nicht zweimal<br />
zu sagen, denn die Kälte war mir längst<br />
durch alle Glieder gefahren. Ich brach von<br />
einer langastigen Fichte Reisig ab, fand dann<br />
unter einer Lärche ein paar Dürräste, und<br />
im Nu hatte ich ein rauchendes knisterndes<br />
Feuer. Dann lud ich mein Gewehr und lehnte<br />
es hernach wieder an den Dürrlingsstamm.<br />
Unter den Wänden oben fiel ein Schuss, und<br />
das Rodeln der Hahnen verstummte. „ Aha“,<br />
dachte ich mir, „das hat geklappt, jetzt haben<br />
wir einen Hahn und ich bekomme – wie<br />
versprochen – den Stoß!“ Kaum hatte ich<br />
das zu Ende gedacht, ließ mich sausender<br />
Schwingenschlag erschrocken hochfahren,<br />
und gleichzeitig sah ich einen schwarzen<br />
Vogel über die Baumwipfel gleiten und sich<br />
mit weit gefächerten Schwingen auf ein Lärchenwipfelnest<br />
einbremsen. Misstrauisch,<br />
sichernd, bewegungslos, mit hochgerecktem<br />
Stingel, stand er von der aufgehenden Sonne<br />
rötlich angestrahlt auf einem fingerdicken<br />
Neue Geschichten des „Bergjägers“<br />
Mit neuen Erzählungen entführt der erfahrene <strong>Tiroler</strong> Jäger Ernst Rudigier<br />
einmal mehr in die Faszination der Bergjagd.<br />
Ernst rudigiers Jagderzählungen sind mehr als nur Schilderungen eines erfolgreichen anblicks<br />
oder eines zielsicheren Treffers. der Steinwildbeauftragte der <strong>Tiroler</strong> Jägerschaft, der auf eine<br />
vier Jahrzehnte lange Erfahrung als Bergjäger zurückblicken kann und bereits einen Erfolgstitel<br />
zum Thema vorlegte, kleidet in seine Erzählungen immer<br />
auch gedanken über die Jagd, Betrachtungen über die<br />
Veränderungen des jagdlichen Verhaltens im laufe der<br />
Jahre und Überlegungen zu den naturgesetzen, die in<br />
der Bergjagd besonders deutlich sichtbar werden. Kein<br />
Wunder, stellt für ihn die Bergjagd doch eine art der lebensschulung<br />
dar.<br />
Viele Jäger, die nie in ihrem leben die Möglichkeit haben,<br />
im Hochgebirge auf gams oder Steinbock anzusitzen,<br />
können dank rudigiers Erzählungen aus der Sicht<br />
des Bergjägers nun an diesem abenteuer teilhaben und<br />
erhalten durch die zahlreichen abbildungen auch einen<br />
visuellen Eindruck.<br />
iSBn 978-3-7020-1262-5<br />
Ernst rudigier<br />
der Bergjäger – in der Stille des gebirges<br />
272 Seiten, ca. 60 Farbabbildungen, Hardcover<br />
Preis: € 26,90<br />
Lärchenast. Langsam langte ich nach dem<br />
Flobert, strich am Dürrstamm an, visierte<br />
steil nach oben den Hahn an und drückte<br />
ab. Federn flogen, der Hahn kippte leicht<br />
nach vorne, fing mit den Schwingen kräftig<br />
zu schlagen an und segelte dann rechtslastig<br />
schräg und an Höhe verlierend über den<br />
Almboden und ging – wie ich mehr erahnte<br />
als ersah – hinter einer schmalastigen Fichte<br />
zu Boden. Mit zittrigen Fingern – jetzt hatte<br />
mich voll das Jagdfieber erwischt, obwohl<br />
das Vogelschießen für mich nichts Neues<br />
war – lud ich nach. Dann stapfte ich bis zu<br />
den Hüften im Sulzschnee versinkend Richtung<br />
Schmalfichte, hinter der ich den Hahn<br />
zu finden erhoffte. Und wie ich mich da so<br />
durch den Schnee mühte, krachte es unter<br />
den Wänden oben wieder. Dann war ich so<br />
weit gekommen, dass ich einen ersten Blick<br />
um die Nadeläste werfen konnte, und ich<br />
hätte einen Freudensprung gemacht, wäre<br />
ich nicht tief im nassen Schnee gesteckt,<br />
denn einen halben Schrotschuss vor mir<br />
ragten krumme Federn aus der mit Nadeln,<br />
Flechten und kleinen Ästchen übersäten<br />
Frühjahrsschneedecke. Im Nu war ich beim<br />
Hahn und zog ihn vorsichtig und mit pochendem<br />
Herzen aus dem Sulzschnee. Dann<br />
hielt ich ihn freudestrahlend an den Ständern<br />
haltend in die Höhe, und es war der<br />
denkbar schönste und beste Hahn, den ich<br />
mir nur vorstellen konnte, obwohl sein Gefieder<br />
nass und unansehnlich und der weiße<br />
Schwingenbug schweißbesprüht war und<br />
er links und rechts in seinem Stoß nur drei<br />
Krumme hatte.<br />
Überglücklich stapfte ich wieder zum<br />
Feuer zurück und legte noch einmal Äste<br />
nach, dass es weithin knisterte, knasterte<br />
und knallte. Ich konnte es kaum erwarten,<br />
bis mein Onkel zurückkam, denn der würde<br />
wohl aus dem Staunen nicht mehr herauskommen,<br />
wenn er meinen Hahn sah.<br />
Es verging dann aber noch mehr als eine<br />
volle Stunde, bis Josef die Steile herunter<br />
kam. Ich rechnete fix damit, dass auch er<br />
zumindest einen, wenn nicht gar zwei Hähne<br />
geschossen hatte. Aber – um es kurz zu<br />
machen – er kam mit leeren Händen, hatte<br />
zwei Hähne gefehlt, fluchte wie der Teufel<br />
vor sich hin und freute sich dann aber<br />
mit mir. „Du verdammter Lausbub, schießt<br />
doch tatsächlich mit dem Kleinkaliber einen<br />
Hahn!“, sagte er lachend und gab mir<br />
dabei einen zärtlichen Boxhieb.<br />
Tropfnass, aber glücklich und stolz und<br />
hundemüde kamen wir in den Spätvormittagsstunden<br />
heim. ■<br />
Ernst Rudigier<br />
20 Jagd in Tirol 05/2010