6 reportage Rotwild- „Bewirtschaftung“ in der Zukunft – vom Hirschvater zum Weltrekord Jagd in Tirol 05/2010
Es gibt wohl kaum eine andere Wildart in Europa, die bei uns Menschen seit urdenklichen Zeiten mehr Emotionen und auch Widersprüche ausgelöst hat als der Rothirsch. Dabei lagen Verehrung, ja Vergöttlichung oft sehr nahe neben Hass und Ausrottung. Seit Jahrtausenden wurden Hirsche und auch Hirschkühe verehrt, sogar bestattet, es gab bei den Kelten Götter mit Hirschgeweih, und die Hubertuslegende lässt sich auf uralte Mythen rund um Licht, Sonne und dem alljährlich neu entstehenden Hirschgeweih bis in den indogermanischen Raum zurückverfolgen. Rotwild lieferte schon in der Steinzeit alles, was der Mensch zum Leben gebraucht hat, dazu zählte neben Nahrung, Kleidung, Waffen und Werkzeug auch Schmuck. Mit Beginn der höfischen Jagd war der Hirsch als Jagdwild immer mehr dem Adel vorbehalten. Während sich dies zunächst im Rahmen von Jagdbeschränkungen und Verboten für das gemeine Volk auswirkte, brachten später die Hegebestrebungen mancher Barockfürsten Bauern und <strong>Land</strong>bevölkerung auf die Barrikaden. Aufstände, bei denen sich sogar der niedere Adel beteiligte, waren die Folge, es gab Vernichtungsfeldzüge gegen die Wildart, man zählte das Rotwild zu den schweren Heimsuchungen des <strong>Land</strong>es. Noch Anfang der 1930er Jahre wehrten sich oberösterreichische Bauernvertreter gegen Schonzeiten beim Rotwild, erst 1934 wurde dort der Kugelschuss auf diese Wildart zwingend vorgeschrieben; dennoch war jedes Stück, das schälend in Waldbeständen oder bei Obstbäumen angetroffen wurde, ferner Hochwild, das auf Äckern oder zweimahdigen Wiesen sichtbaren Schaden anrichtete, ohne besondere Bewilligung oder Antrag abzuschießen. Wer die Geschichte des Rotwildes auch nur im Eiltempo überfliegt, der erkennt, dass Auswüchse der Jagd immer wieder zur Gefährdung dieser Wildart beigetragen haben, daneben waren es aber auch immer wieder gerade Jäger, die dieses Wildtier erhalten haben. Auf einen Nenner gebracht: Übertriebene Hege und Jagdlust gefährden den Hirsch, rotwildbegeisterte Jäger bewahren die Wildart. Jagdwirtschaft Der Begriff Jagdwirtschaft ist heute in aller Munde. Er wird im engeren Sinn mit geordnetem Jagdbetrieb, mit Berufsjäger, Reviersystem, Abschussplanung und Hege in Verbindung gebracht. Im weiteren Sinn wird damit auch die wirtschaftliche Leistung der Jagd verbunden, das reicht von Gehältern Jagd in Tirol 05/2010 Foto: Klaus Schneider, d-VS-Schwenningen über Pachterlöse bis hin zu Abschussgebühren, Wildbret, Futtermittel, Jagdausrüstung oder Abgaben und Steuern. Gerade im Zusammenhang mit Rotwild scheint es sinnvoll, wenn wir uns mit Wirtschaft und Jagd ein wenig auseinandersetzen. Besonders Rotwildjagden gehören in einem Reviersystem auch heute noch zu den kostspieligen Revieren. Große Rotwildreviere kommen ohne Berufsjäger und in vielen Fällen auch ohne Winterfütterung nicht aus. Größere Reviere sind jedoch von Vorteil bei einer mobilen Wildart. Hier kommen wir nun zu einem Punkt, wo sich erneut die Geister scheiden. Viele begeisterte Rotwildjäger tun sehr viel für diese Wildart, das erschöpft sich nicht nur in Fütterung oder strukturgerechter Bejagung, sondern geht über die Erhaltung von Lebensräumen bis hin zu einer rücksichtsvollen Bejagung, die dem Wild einen angepassten Tagesrhythmus und ungestörte Einstände sichert. Letzteres ist oft von viel größerem Wert als die neuesten Futtermittelrezepturen. Jäger investieren also in das Wohlergehen dieser Wildart, ohne dass dabei immer wirtschaftliches Denken im Vordergrund steht. Zeitalter der Ökonomie Jagdwirtschaft wird aber im Zeitalter der Ökonomie auch zunehmend direkt mit Wirtschaft in Verbindung gebracht. Dagegen ist nicht grundsätzlich etwas einzuwenden, in unserem Reviersystem ist die Jagd Ausfluss von Grund und Boden, das Jagdrecht war seit jeher mit Einkommen verbunden. Bedenklich wird die Sache, wenn Jagdwirtschaft die naturgegebenen Voraussetzungen in den Schatten des ökonomischen Blickwinkels stellt. Damit meine ich nicht, dass man wirtschaftliches Denken ausschalten soll, wenn es um Rotwild geht - das kommt bei dieser Wildart ohnehin immer wieder vor. Mir geht es hier um die Übertragung von wirtschaftlichen Grundregeln auf eine Form der Urproduktion. Womit wir eigentlich schon einen Schritt zu weit sind, denn ursprüngliche Jagd produziert im Gegensatz zur <strong>Land</strong>wirtschaft nicht. Der ursprüngliche Jäger nimmt, was die Natur hergibt, das gehört zum eigentlichen Wesen der Jagd. Nutzt er nachhaltig, so wird er nicht mehr nehmen, als jährlich wieder zuwächst. Fließende Grenzen In einer mitteleuropäischen Kulturlandschaft sind die Grenzen allerdings fließend, Hegemaßnahmen sind erste, jedoch oft Jagd- & trachtenbekleidung genießen Sie den Sommer mit der neuen Kollektion von Wild & Wald, erhältlich in Ihrem Lagerhaus. www.lagerhaus.at www.wild-wald.com NUR IM LAGERHAUS