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Was für ein Gefühl! Ausgesprochen<br />
fürstlich, wenn<br />
man sich in so einer Privatmaschine<br />
in einen fetten<br />
Ledersessel fallen lässt. Bei Commercial<br />
Airlines bietet die Boing 757<br />
etwa 200 Gästen Platz, in dieser sind es<br />
vielleicht 30. Von Dubai gestartet bin ich<br />
nach Al-‘Ula unterwegs. Die Region liegt<br />
im Nordwesten von Saudi-Arabien. Ein<br />
touristisches Entwicklungsgebiet auf<br />
höchstem Niveau. Ich folge einer Einladung<br />
zur Eröffnung des Banyan Tree im<br />
Ashar Valley. Die Szenerie unter mir ist<br />
atemberaubend. Mächtige Tafelberge<br />
schichten sich um enge Schluchten und<br />
flache Wüstentäler, bizarre Felsnasen<br />
recken sich dem blauen Himmel entgegen,<br />
hier und da setzen kleine Vulkane<br />
dunkle Haufen ins Gelb. Beim Anflug<br />
schälen sich grüne Flecken aus sandiger<br />
Ebene: Kilometerlang gestreckte<br />
Oasen. Mit Dattelpalmen, soweit das<br />
Auge reicht. Die Resorts der thailändische<br />
Luxus-Hotelgruppe Banyan Tree<br />
stehen im Zeichen „natürlich luxuriöser<br />
und ökologischer sensibler Hospitality“.<br />
Was bei Ankunft im Ashar Valley<br />
gleich ins Auge fällt. Außer spektakulären<br />
Sandsteinformationen und flachen<br />
Dünen sehe ich nämlich anfangs<br />
nichts. Erst bei der Auffahrt entpuppt<br />
sich nach und nach das Hotelgelände.<br />
Auf gut 3000 Hektar ducken sich mit<br />
weitem Abstand 47 Villen in Mulden.<br />
Sandfarbene Zeltdächer im Beduinenstil<br />
machen sie fast unsichtbar. Das gilt<br />
nicht weniger fürs Maraya. Mit knapp<br />
10.000 Quadratmetern Fassaden gilt<br />
der Kubus als größtes Spiegelgebäude<br />
der Welt. Es scheint sich transparent<br />
in die Felsenszenerie einzupassen.<br />
Glücksgefühle durchdringen mich in<br />
meiner bildschönen Villa. Sie reflektiert<br />
wie das ganze Resort im dezenten<br />
Format das kulturelle Erbe dieser<br />
Wüstenregion. Maßgefertigte Interieurs<br />
erinnern in Farben und Mustern ans<br />
Nomadenleben, Dekor dokumentiert die<br />
Handwerkskunst oder zitiert die antike<br />
Epoche der Nabatäer. Die dreistufige<br />
Architektur sorgt für natürliche Belüftung.<br />
Air Condition? Klar, doch im Winter<br />
kann man sie am Nachmittag abstellen.<br />
Stattdessen ziehe ich die deckenhohen<br />
Glastüren auf, genieße in weichen Polstern<br />
das Lichtspiel der untergehenden<br />
besuchen Sie auch<br />
LOGBUCH – DER PODCAST<br />
Aufzeichnungen einer<br />
Reisejournalistin<br />
@logbuch_podcast<br />
Jeden Sonntag eine neue Folge bei<br />
Spotifiy, Apple Podcast und Deezer.<br />
Sonne auf dem sinnlich geformten Gestein<br />
und träume nach Eintritt der Dunkelheit<br />
unter glitzerndem Sternenhimmel.<br />
Nein, leider nicht bei prickelndem<br />
Champagner. Alkohol ist wie überall<br />
in Saudi-Arabien tabu. Eine Frage, die<br />
mir oft gestellt wurde, kann ich auch<br />
gleich beantworten: Frauen müssen<br />
sich nicht verhüllen und für Männern<br />
sind hier Bermudashorts okay. Und für<br />
die Zigarren Aficionados: Anfang 2023<br />
wurde die Harrat Lounge eröffnet. Wer<br />
dem traditionellen Ritual der Shisha,<br />
also der Wasserpfeife, huldigen möchte,<br />
findet dafür Platz in den bequemen<br />
Lounge-Sofas auf der Terrasse.<br />
Es gibt viel Aufregendes zu erleben.<br />
Ich chille erstmal im Pool. Das<br />
Wasser erfrischt und fünfzehn Meter<br />
hohe Klippen zu beiden Seiten schützen<br />
vor der heißen Sonne. Auf einer<br />
Heli Tour am späten Nachmittag knallen<br />
die vielfältigen Landschaftsfarben.<br />
Beim Blick auf die letzte Station der<br />
Hedschasbahn, vor hundert Jahren<br />
für Pilger nach Mekka konstruiert,<br />
keimen zudem die Erzählungen von<br />
Laurence of Arabia auf. Oder war es<br />
Peter O’Toole im Hollywood-Streifen?<br />
Am späten Abend lasse ich mich in<br />
die 20 Kilometer entfernte Old Town<br />
fahren, erfahrungsgemäß die Zeit, in<br />
der sich die Einheimischen in Cafés<br />
treffen. Das Flair in der restaurierten<br />
Altstadt bezaubert, nicht zuletzt, weil<br />
kein motorisierter Verkehr die Luft<br />
schwängert. Der Ausflug am nächsten<br />
Vormittag führt tief in die Jahrtausende<br />
alte Geschichte von Al-‘Ula, in die<br />
Totenstadt Hegra. Völkerwanderungen<br />
entlang der wichtigsten Handelsroute<br />
auf der arabischen Halbinsel brachten<br />
einst Waren von südlichen Landesteilen<br />
ans Mittelmeer, darunter<br />
wertvollen Weihrauch. Hohe Gewinne<br />
beim Umschlag in Karawansereien,<br />
sorgten dafür, dass Menschen sich<br />
niederließen. Wie das Nomadenvolk<br />
der Nabatäer, deren Imperium bislang<br />
von den Fassadengräbern in Petra bekannt<br />
ist. In diesem UNESCO Weltkulturerbe<br />
sind es 109, zum Teil begehbaren<br />
Gruften. In die rostroten Felsen<br />
geschlagen legen ihre Verzierungen<br />
Zeugnis ab vom Austausch mit anderen<br />
antiken Kulturen wie Ptolemäern,<br />
Griechen und Römern. Es sind indes<br />
nicht nur Gräber, die Storys erzählen.<br />
Archäologen haben Tausende von Inschriften<br />
gefunden, sogar ein Schriftsystem,<br />
welches Zivilisationen vor<br />
den Nabatäern entwickelt hatten.<br />
Am frühen Morgen treffe ich General<br />
Manager Antony Treston bei den<br />
Pferden. Er macht mir ein Angebot,<br />
das ich nicht abschlagen kann: ein gemeinsamer<br />
Ausritt zum Sonnenaufgang.<br />
Lederne Stulpen wie sie Polospieler<br />
tragen, bringt er für mich mit.<br />
Aufsitzen und los geht’s. Mein Araberhengst<br />
„Hadsch“ tänzelt, will sich vor<br />
Antonys „Princess“ produzieren. Dann<br />
umfängt uns die einsame Stille des<br />
Ashar Tals. Die ersten Sonnenstrahlen<br />
lecken an den ockergelben Sandsteinklippen<br />
und lassen sie erstrahlen.<br />
Mein Herz geht auf. Wir entdecken in<br />
den Stein geritzte Bilder – Kamele,<br />
ein Strichmännchen mit langer Lanze,<br />
mystische Schriftzeichen. Ein paar<br />
Stunden lang fühle ich mich zurückversetzt<br />
in die Epoche des Weihrauchhandels.<br />
Antony hievt mich aus der<br />
Gedankenmalerei zurück in die Gegenwart.<br />
„Cantering zum Abschied?“<br />
Wir sind nicht mehr allzu weit vom Resort<br />
entfernt. Was Cantering bedeutet,<br />
macht mein bildschöner Zossen Sekunden<br />
später klar. Weil er wie jeder<br />
Macho die Nase vorn haben will. Und<br />
so jagen wir im gestreckten Galopp<br />
aufs Banyan Tree zu und direkt an der<br />
Frühstücksterrasse vorbei. John Northon,<br />
Mitglied der Royal Commission<br />
für Al-‘Ula, erzählt mir beim Abflug<br />
nach Dubai, dass ihm beim Anblick<br />
dieser rasanten Inszenierung die Eggs<br />
Benedict von der Gabel gefallen seien.<br />
Ein bisschen Angeberei tut gut.<br />
<strong>FineTobacco</strong>[+] 01·2023 45