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FineTobacco[+] 01|23

FREUDE AM LEBEN. SPASS AM GENUSS.

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64<br />

MANUFAKTUREN<br />

Man guckt ins Schaufenster<br />

und unwillkürlich<br />

kommt<br />

Nostalgie-Feeling<br />

auf. Wo hat man so<br />

eine pittoreske Kulisse schon mal<br />

gesehen. Die grauen Zellen stöbern<br />

in den Schubladen mit alten Filmen.<br />

Bei Charles Dickens vielleicht?<br />

Hinter der bodentiefen Scheibe im<br />

Gründerzeitgebäude öffnet sich<br />

nämlich eine filmreife Werkstatt,<br />

die Wände bis zur hohen Decke mit<br />

Leisten bestückt. Hunderte sind es,<br />

säuberlich in Regale sortiert. Andere<br />

hängen in langen Trauben am Band.<br />

Mit Blick zur Straße hockt ein junger<br />

Mann mit Nickelbrille und klopft<br />

konzentriert mit dem Hammer auf<br />

ein schmales Stück Papier. Was<br />

mag darunter sein? Tritt man ein,<br />

erschnuppert die Nase Leder und<br />

Bienenwachs. Der junge Mann stellt<br />

sich gleich vor: Vincent Klemann,<br />

Sohn von Benjamin. Zwischen seinen<br />

Knien klemmt ein Schuh, oder<br />

besser das, was er werden soll. Klemann<br />

Junior bearbeitet gerade die<br />

Sohle. Welcome to Klemann Shoes.<br />

Nein, wir sind nicht in London.<br />

Wir sind Downtown Hamburg in der<br />

Poolstrasse 9. Der englische Touch<br />

darf sein. Nicht nur der Maßschuhe<br />

wegen, die man ja gerne mit britischer<br />

Gentleman Attitüde verbindet.<br />

Benjamin Klemann arbeitete<br />

<strong>FineTobacco</strong>[+] 01·2023<br />

jahrelang bei John Lobb in London,<br />

Hoflieferant des Königshauses. Die<br />

eigene Werkstatt gründete er 1986.<br />

Sie hat sich zum Familienunternehmen<br />

entwickelt. Seine Frau Magrit<br />

ist mit im Geschäft sowie die Söhne<br />

Lennert und Vincent. Seit 15 Jahren<br />

arbeiten sie in diesem bildschönen<br />

Betrieb: Werkstatt zur Linken,<br />

Ladengeschäft zur Rechten. Diese<br />

Tür öffnet sich nur nach Verabredung.<br />

Das Fenster ist dezent verhängt.<br />

Welcher Gentleman möchte<br />

sich schon bei Maßnehmen oder<br />

Anprobe auf seine Strumpfsocken<br />

gucken lassen? Im Laden glänzen<br />

Schaustücke vor sich hin: Oxfords,<br />

Cambridges, Budapester, Loafers<br />

und mehr. In unterschiedlichen Ledern<br />

und Farbtönen. Jedes Paar ein<br />

Prachtstück. Zum Glück, so muss<br />

man sagen, sind sie nicht zu verkaufen.<br />

Modelle eben. Denn an Ort und<br />

Stelle spontan eine Wahl zu treffen,<br />

wäre schier unmöglich. Die Maßanfertigung<br />

kostet je nach Leder<br />

ab etwa 2900 Euro plus einmaliger<br />

Fertigung des Leistenpaars. Geduld<br />

ist für die ganze Prozedur gefragt.<br />

Vom Fußabdruck zum Erstellen des<br />

Leistens über Anproben bis zum finalen<br />

Reinschlüpfen dauert das Manufakturieren<br />

in etwa 500 einzelnen<br />

Schritten mindestens sechs Monate.<br />

Am Anfang steht die Beratung,<br />

erklärt Benjamin Klemann - graugelockt,<br />

die lange schwarze Schuhmacherschütze<br />

um den Leib verknotet<br />

und gern zum Lachen bereit. Beim<br />

Erstgespräch muss sich der Kunde<br />

viele Fragen stellen. Wofür sollen<br />

die Schuhe sein? Eher zu besonderen<br />

Anlässen oder zum täglichen

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