atw - International Journal for Nuclear Power | 04.2023
Umwelt, Klima, Energiesysteme Betriebsergebnisse 2022
Umwelt, Klima, Energiesysteme
Betriebsergebnisse 2022
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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2023) | Ausgabe 4 ı Juni<br />
ENERGY POLICY, ECONOMY ENERGY AND SYSTEMS LAW 30<br />
befinden sie sich in Konzeption, Erprobung oder<br />
schrittweiser Markteinführung.<br />
Eines der Konzepte setzt dabei auf massiven Fels.<br />
Der soll aus dem umgebenen Gestein geschnitten<br />
und abgedichtet werden. Der zu speichernde Strom<br />
treibt Pumpen an. Die fördern Wasser unter den<br />
Fels, heben ihn hydraulisch an und beladen ihn<br />
dabei mit potenzieller Energie. Das Entladen erfolgt<br />
in umgekehrter Reihenfolge. Die Speicherkapazitäten<br />
wären rein theoretisch wirklich gigantisch. Ein<br />
Steinzylinder mit einem Kilometer im Durchmesser<br />
und 500 Meter in der Höhe wäre laut Berechnungen<br />
im Stande, gut 1,7 Terawattstunden Energie zu<br />
speichern. Das würde ausreichen, ganz Deutschland<br />
einen Tag lang mit Energie zu versorgen.<br />
Entwickelt hat ihn der Münchner Wissenschaftler<br />
Eduard Heindl bereits 2014. Nach wie vor sucht das<br />
Projekt noch nach Investoren, um einen Demonstrator<br />
bauen zu können.<br />
Einen Schritt weiter ist da zum Beispiel das<br />
schottischen Cleantech-Startup Gravitricity. Das<br />
Unternehmen nutzt stillgelegte Minenschächte, um<br />
Energie in Form von großen Gewichten zu stapeln.<br />
Ein erster Demonstrator wurde 2021 im schottischen<br />
Edinburgh getestet – hier allerdings noch im<br />
Hafengelände an einem Kran. Der hievte zyklisch<br />
zwei 25 Tonnen schwere Blöcke in 15 Meter Höhe<br />
und ließ sie anschließend fallen. Mit einer Leistung<br />
von 250 Kilowatt war die Anlage für drei Monate ins<br />
Netz eingekoppelt. Für ein erstes Projekt unter Tage<br />
prüft das Unternehmen zurzeit geeignete Minen in<br />
der Tschechischen Republik und Südafrika.<br />
Auch das Unternehmen Energy Vault nutzt massive<br />
Blöcke. Die fertigt es nicht nur aus Sand oder Erde,<br />
sondern auch aus Abfallstoffen wie Rotorblättern<br />
ausgedienter Windräder. Innerhalb eines speziellen<br />
Gebäudes zieht ein Kran diese Blöcke mit Überschussstrom<br />
in die Höhe und platziert sie auf einer<br />
Ebene. Das ist der Ladevorgang. Zum Entladen sausen<br />
die Blöcke am Seil den Kranarm hinunter und<br />
erzeugen über einen Dynamo elektrische Energie.<br />
Eine Steuerung auf Basis von Algorithmen aus dem<br />
Bereich der künstlichen Intelligenz soll dafür sorgen,<br />
dass Lade- und Entladezyklen exakt an Angebot<br />
und Nachfrage angepasst sind. Ein erstes Speicherkraftwerk<br />
mit einer Leistung von 25 Megawatt und<br />
einer Kapazität von 100 Megawattstunden entsteht<br />
gerade in Rudong in China.<br />
Keine schweren Steine, sondern leichte Luft ist das<br />
Speichermedium in Druckluft-Speicherkraftwerken.<br />
Elektrische Kompressoren verdichten dazu<br />
die Umgebungsluft und leiten sie in gasdichte<br />
unterirdische Kavernen. Vor allem alte Salzstöcke<br />
sind dafür prädestiniert. Wird Energie benötigt,<br />
entspannt die gespeicherte Druckluft über eine<br />
Turbine und erzeugt elektrische Energie. Praktisch<br />
für Deutschland ist dabei die Tatsache, dass viele<br />
solcher Salzstöcke entlang der windreichen Nordseeküste<br />
liegen. Dort, in Huntorf, liegt seit 1978<br />
auch das weltweit erste und bisher einzige deutsche<br />
Druckluftspeicherkraftwerk. Gedacht war es dazu,<br />
das Kernkraftwerk Unterweser zu unterstützen. Die<br />
elektrische Leistung liegt bei 321 Megawatt und die<br />
Kapazität bei 1.680 Megawattstunden. Weltweit<br />
gibt es aktuell nur eine Handvoll Druckluftspeicherkraftwerke.<br />
Noch weniger befinden sich in Planung.<br />
Die Temperatur macht‘s<br />
Ebenfalls auf flüchtige Medien setzen Flüssigluft-<br />
Speicher. Wie bei einem Druckluftspeicherkraftwerk<br />
wird auch hier die Luft mit elektrischer Energie<br />
komprimiert. Und sie wird dabei bis auf rund<br />
–190 ˚C abgekühlt. Dann wird sie flüssig und ihre<br />
Dichte liegt 700-mal höher als im gasförmigen Zustand.<br />
So lassen sich große Volumen des Gases in<br />
verhältnismäßig kleinen Kältetanks speichern.<br />
Beim Entladen wird die Luft in einem Wärmetauscher<br />
entspannt. Das Volumen erhöht sich<br />
schlagartig. Der Druck steigt und treibt eine Turbine<br />
an. Die erzeugt wieder Strom. Die Firma Linde<br />
hat errechnet, dass ein 1.600 Kubikmeter-Tank rund<br />
220 Megawattstunden an elektrischer Energie aufnehmen<br />
kann. Das Unternehmen hat gerade eine<br />
kleinere Anlagen als Demonstrator gebaut. Auch<br />
das britische Unternehmen Highview <strong>Power</strong> arbeitet<br />
an Flüssigluftspeichern. Im kleinen Maßstab – 15<br />
Kilowattstunden Leistung – betreibt es eine solche<br />
Anlage in Manchester und plant weitere in Spanien.<br />
Der Wirkungsgrad ist erstmal recht gering. Er<br />
liegt bei 25 Prozent. Ein Kältespeicher würde ihn<br />
immerhin auf 50 Prozent heben. Und mit einer Wärmequelle<br />
zur Unterstützung der Prozesse ginge es<br />
wohl in Richtung 70 Prozent Wirkungsgrad.<br />
Nicht auf eisige Kälte, sondern auf große Hitze<br />
setzen hingegen Flüssigsalz-Speicher. Projekte<br />
wie TESIS des Deutschen Zentrums für Luft- und<br />
Raumfahrt (DLR) arbeiten im Bereich zwischen<br />
170 und 560 Grad Celsius und können mit fünf<br />
verschiedenen Salzgemischen betrieben werden.<br />
Die Wärmespeicherkapazität der Schmelzen ist<br />
vergleichbar mit der von Wasser. Der Vorteil: Bei<br />
500 Grad Celsius steht Wasserdampf unter extrem<br />
hohem Druck. Die Salzschmelze nicht. Als Speicher<br />
für elektrische Energie können Salzschmelzen vor<br />
allem in Solarthermischen Kraftwerken eingesetzt<br />
Energie Systems<br />
Energiespeicher – Ein Überblick ı Kai Dürfeld