atw - International Journal for Nuclear Power | 04.2023
Umwelt, Klima, Energiesysteme Betriebsergebnisse 2022
Umwelt, Klima, Energiesysteme
Betriebsergebnisse 2022
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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2023) | Ausgabe 4 ı Juni<br />
An anderen Entwicklungen sei<br />
die gesteigerte, aber im internationalen<br />
Vergleich immer<br />
noch niedrige Einfuhr und Anwendung<br />
radioaktiver Isotope<br />
nennen sowie die Herstellung<br />
der Argonaut-Brennstoffplatten<br />
in Deutschland. In Mol in Belgien<br />
erfolgte die Grundsteinlegung für<br />
das europäische Wiederaufarbeitungsanlagenprojekt<br />
Eurochemic<br />
und in Karlsruhe wurde angegliedert<br />
an die Reaktorstation<br />
die Schule für Kerntechnik mit<br />
eigenen Messinstrumenten und<br />
Reaktorsimulatoren gegründet.<br />
Vergabestau, erhöhte<br />
Fördermittel und<br />
perspektivische Wettbewerbsfähigkeit<br />
Im Jahr 1961 ist zunächst die<br />
Stimmung schlechter als die<br />
Lage: es werden Zweifel an der<br />
perspektivischen Wirtschaftlichkeit<br />
der Kernenergie im<br />
Wettbewerb mit billigem Öl<br />
und Kohle laut, die hohen Kapitalinvestitionen<br />
in die Anlagen<br />
einschließlich des Erstkerns werden<br />
kritisiert, der Strombedarf<br />
wächst weniger stark als erwartet<br />
und es gibt Verzögerungen<br />
bei der Betriebsgenehmigung für<br />
das VAK Kahl. Dies alles führt zu<br />
Zögern bei der Elektrizitätswirtschaft hinsichtlich<br />
der Weiterentwicklung und Neubeauftragung von<br />
Projekten. Um die Entwicklung wieder in Schwung<br />
zu bringen, bewilligt das Bundesministerium für<br />
Atomfragen 70 Millionen DM Förderung für vier<br />
Kernkraftwerksprojekte. Der Bund erklärt sich auch<br />
bereit, einen Teil des Betriebskostenrisikos der Anlagen<br />
zu übernehmen.<br />
Der Mehrzweck<strong>for</strong>schungsreaktor Karlsruhe<br />
(MZFR) wird in Auftrag gegeben, nachdem der Bund<br />
eine Förderung von 100 Millionen DM für den Reaktorteil<br />
zusagt. Die mit schwerem Wasser moderierte<br />
und gekühlte Anlage mit Urandioxidbrennstoff soll<br />
als Druckwasserreaktor mit 200 MW thermischer<br />
Leistung ausgeführt werden. Der FR 2 im Kern<strong>for</strong>schungszentrum<br />
Karlsruhe, der erste eigenständig<br />
entwickelte deutsche Reaktor, hat am 07.03.1961<br />
Erstkritikalität erreicht. Im Auftrag des Atomministeriums<br />
wird eine zusätzliche Studie zu einem<br />
Schiffs-DWR bei MAN erstellt. Bei der Entwicklung<br />
| Abb. 14<br />
MZFR-Reaktordruckgefäß bei der Druckprobe in den Werkstätten der Klöckner AG..<br />
Quelle: <strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />
und Fertigung von karbidischen Brennelementen<br />
wurde trotz der geringen Betriebserfahrung mit<br />
Brennelementen eine internationale Spitzenposition<br />
erreicht.<br />
Inzwischen werden einige Reaktortypen standardisiert<br />
angeboten: dies gilt für die britischen<br />
Magnox-Reaktoren sowie für Siedewasser- und<br />
Druckwasserreaktoren, auf die auch heute noch<br />
83 Prozent der global installierten Reaktorleistung<br />
entfallen. Die Entwicklung des Brennstoffs ist inzwischen<br />
international so weit <strong>for</strong>tgeschritten,<br />
dass der Vorteil der Kernenergie bei den Brennstoffkosten<br />
beginnt, bei der Projektplanung zum<br />
Tragen zu kommen und die Kernenergie wettbewerbsfähig<br />
zu machen. Als Zielabbrand werden für<br />
Urandioxid-Brennstoff mittlerweile 20.000 MWd/t<br />
angekündigt. <strong>International</strong> – insbesondere in den<br />
Vereinigten Staaten – richtet sich die Entwicklung<br />
zunehmend auf große Anlagen im Bereich 1.000<br />
MW elektrischer Leistung, um die Investitionskosten<br />
ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 43<br />
SPECIAL TOPIC | A JOURNEY THROUGH GERMAN NUCLEAR TECHNOLOGY 43<br />
Special Topic | A Journey through German <strong>Nuclear</strong> Technology<br />
Kollektiver Schock und Aufbruch – die frühen Jahre der Kernenergiewirtschaft in Deutschland ı Nicolas Wendler