atw - International Journal for Nuclear Power | 04.2023
Umwelt, Klima, Energiesysteme Betriebsergebnisse 2022
Umwelt, Klima, Energiesysteme
Betriebsergebnisse 2022
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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2023) | Ausgabe 4 ı Juni<br />
FEATURE | ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 8<br />
den globalen Ausstoß an Treibhausgasen nicht stoppen,<br />
aber wichtige Impulse setzen. Globales Denken<br />
und freier Handel mit allen Regionen dieser Welt,<br />
wettbewerbsfähige Steuern und Abgaben sowie<br />
qualifizierte Fachkräfte sind notwendige Rahmenbedingungen<br />
für das Gelingen der Umstellung der<br />
Energieversorgung.<br />
Beim Aufbau einer neuen Energieversorgung muss<br />
das Potenzial innovativer, priv<strong>atw</strong>irtschaftlicher<br />
Kräfte aus der Energiebranche eine zentrale Rolle<br />
spielen und zugleich muss der Staat langfristig<br />
zuverlässige Rahmenbedingungen bieten, um Investitionssicherheit<br />
und -bereitschaft zu schaffen. Dazu<br />
braucht es einen realistischen, strategischen, erfolgskontrollierbaren<br />
und nachjustierbaren Rahmen für<br />
die zukünftige Energieversorgung in Deutschland.<br />
Notwendig ist dabei, dass mit Innovation und<br />
Technologie die Treibhausgasemissionen der Energieversorgung<br />
reduziert werden. Dazu dienen der<br />
Wettbewerb verschiedener emissionsarmer Energieträger<br />
und Energiespeichertechnologien sowie<br />
insgesamt eine höhere technologische Souveränität<br />
in Deutschland.<br />
Marktwirtschaftliche Anreize statt<br />
Planwirtschaft<br />
Wegen der hohen Komplexität des Aufbaus eines<br />
neuen Energiesystems, vieler derzeit ungeklärter<br />
und auch kurzfristig nicht ausreichend klärbarer<br />
Fragen:<br />
p wie zum zukünftigen zeitlichen Bedarfsverlauf an<br />
unterschiedlichen Energieträgern,<br />
p zu den Kosten des Energieimports im Vergleich<br />
zur heimischen Herstellung,<br />
p zu Kosten und Technologien der Energiespeicherung<br />
aber auch wegen <strong>for</strong>tlaufender Innovationen<br />
können planwirtschaftliche Konzepte prinzipiell<br />
nicht funktionieren. Es braucht daher marktwirtschaftliche<br />
Ansätze.<br />
Wesentlich sind deutlich vereinfachte Rahmenbedingungen<br />
zur Umsetzung dezentraler<br />
Konzepte (auch Quartierskonzepte) zur ortsoptimierten<br />
Energiegewinnung und Speicherung. Dies<br />
eröffnet kommunalen, priv<strong>atw</strong>irtschaftlichen sowie<br />
genossenschaftlichen Initiativen Chancen zur<br />
Selbstversorgung und den Unternehmen, die diese<br />
vernetzten Systeme technisch weiterentwickeln,<br />
wirtschaftliche Perspektiven. Dezentrale Konzepte<br />
müssen unbeachtet ihrer Größe von behördlichen<br />
und steuerrechtlichen Vorschriften und Vorgaben<br />
sowie von Netzanschluss- und Durchleitungsgebühren<br />
und noch bestehenden bürokratischen Auflagen<br />
angemessen befreit werden. Genauso wichtig<br />
ist, dass langfristig berechenbare und attraktive<br />
Bedingungen für die er<strong>for</strong>derlichen Investitionen<br />
nicht allein durch politische Maßgaben erreicht<br />
werden können, sondern vertraglicher Sicherheit<br />
bedürfen. Nur mit ausgewogenen Lösungen im<br />
Spannungsfeld Marktwirtschaft – Marktregulierung<br />
(Strommarktdesign) – staatliches Engagement sind<br />
brauchbare Lösungen zu schaffen.<br />
Beachten wir, dass diese Trans<strong>for</strong>mation der Energieversorgung<br />
erhebliche Chancen bietet, aber<br />
auch eine Herkulesaufgabe ist, deren Zeit- und Kostenaufwand<br />
nicht unterschätzt werden darf. Die<br />
Konsequenzen für die Gesellschaft müssen daher<br />
immer begleitend diskutiert und Entscheidungen<br />
mit Blick auf das allgemeine Bürgerwohl getroffen<br />
werden.<br />
Kohlekraftwerksnutzung<br />
Kohlekraftwerke spielen bei der Energiewende<br />
eine zwiespältige Rolle. Einerseits sind sie eine bedeutende<br />
Quelle für Treibhausgasemissionen und<br />
tragen somit maßgeblich zum Klimawandel bei.<br />
Im Gegensatz dazu sind sie derzeit noch wichtige<br />
Stromerzeuger, insbesondere in Ländern, die stark<br />
von Kohle abhängig sind.<br />
Kohlekraftwerke haben über viele Jahrzehnte eine<br />
bedeutende Rolle in der Energieerzeugung weltweit<br />
gespielt. Erstens ist Kohle weltweit in großen Mengen<br />
verfügbar und relativ kostengünstig. Dies hat es<br />
vielen Ländern ermöglicht, ihre Energiesicherheit<br />
zu gewährleisten und ihre Wirtschaft anzukurbeln.<br />
Zweitens sind Kohlekraftwerke technologisch ausgereift<br />
und können eine konstante Stromversorgung<br />
liefern. Sie sind in der Lage, große Mengen an elektrischer<br />
Energie zu erzeugen und somit den steigenden<br />
Bedarf in Industrie und Haushalten zu decken. Sie<br />
haben eine zuverlässige und kostengünstige Stromversorgung<br />
ermöglicht und zur wirtschaftlichen<br />
Entwicklung zahlreicher Länder beigetragen. Doch<br />
in den letzten Jahren sind Kohlekraftwerke zunehmend<br />
ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.<br />
Im Zuge der Energiewende streben viele Länder<br />
einschließlich Deutschland an, ihren Energiemix<br />
zunehmend auf erneuerbare Energiequellen umzustellen<br />
und den Anteil fossiler Brennstoffe wie<br />
Kohle zu reduzieren. Das langfristige Ziel ist es, eine<br />
kohlenstoffarme oder kohlenstofffreie Energieversorgung<br />
zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen,<br />
werden Kohlekraftwerke in vielen Ländern schrittweise<br />
stillgelegt oder durch kohlenstoffärmere<br />
Alternativen ersetzt. Dies kann beispielsweise<br />
durch den Ausbau erneuerbarer Energien wie Windkraft<br />
und Solarenergie sowie durch den verstärkten<br />
Einsatz von Gaskraftwerken und der Nutzung von<br />
Feature<br />
Heraus<strong>for</strong>derungen für eine neue Energiepolitik ı Martin Neumann