atw - International Journal for Nuclear Power | 04.2023
Umwelt, Klima, Energiesysteme Betriebsergebnisse 2022
Umwelt, Klima, Energiesysteme
Betriebsergebnisse 2022
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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2023) | Ausgabe 4 ı Juni<br />
ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 38<br />
SPECIAL TOPIC | A JOURNEY THROUGH GERMAN NUCLEAR TECHNOLOGY 38<br />
| Abb. 6<br />
Teleperm-Regler Siemens & Halske AG 1958.<br />
Quelle: <strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />
die deutsche Industrie führend werden sollte, der<br />
Gaszentrifugentechnologie zur Anreicherung von<br />
Uran, haben zu dieser Zeit praktische Erprobungsarbeiten<br />
begonnen. Es wurde – das ist heute wieder<br />
ganz aktuell und wird von Start-up Unternehmen<br />
im Bereich SMR verfolgt – ein Konzept für ein<br />
Kernkraftwerk mit Wärmespeicher entwickelt, der<br />
nachts bei niedriger Netzlast aufgeladen wird, und<br />
tagsüber bei Lastspitzen zusätzlich Leistung bereitstellen<br />
soll.<br />
Dementsprechend konnten in der Industrie- und<br />
Forschungsausstellung bei der zweiten Genfer<br />
Atomkonferenz der Vereinten Nationen schon in<br />
erheblichem Umfang Produkte, Einrichtungen<br />
und Anlagen sowie Projekte<br />
vorgestellt werden. Auch in der<br />
Entwicklung von Reaktorbrennelementen<br />
wurden große<br />
Fortschritte erzielt und es wurden<br />
Uranmetallbrennelemente,<br />
Zirkonium-Legierungen für<br />
Uranoxid-Brennstoff, Urankarbid-Grafit<br />
Brennstoffkugeln für<br />
Hochtemperaturreaktoren und<br />
Brennelemente des britischen<br />
Magnox-Typs entwickelt und<br />
gefertigt. Auch in der Entwicklung<br />
so genannter nuklearreiner<br />
Werkstoffe wurden Erfolge erzielt,<br />
bei Zirkonium-Legierungen<br />
hatte Deutschland sogar eine<br />
führende Stellung, so dass diese<br />
in andere Staaten exportiert wurden.<br />
In der Ausstellung wurden<br />
Konzepte eines Siemens-Druckwasserreaktors,<br />
eines AEG-SWR, eines Interatom Homogenreaktors<br />
mit Terphenyl als Moderator und Kühlmittel sowie<br />
Reaktorsimulatoren und der Siemens-Argonaut-<br />
Forschungsreaktor vorgestellt.<br />
Im Bereich der Forschung sind erste Fusionsversuche<br />
und die Fertigstellung des Elektronensynchrotron<br />
Bonn zu vermelden. Hinsichtlich des als dringlich<br />
betrachteten Aufbaus akademischer Kompetenz<br />
und entsprechender Ausbildungskapazitäten bestanden<br />
neun Lehrstühle in Reaktortechnik, drei<br />
in Neutronenphysik, sechs für Kernfusion, zwei<br />
für Isotopentrennung, fünf für Radiochemie. Beim<br />
Aufbau der Ausbildung in der Kerntechnik wird der<br />
Austausch mit dem Ausland als wichtige Möglichkeit<br />
des Kompetenzerwerbs betrachtet.<br />
Erste Widrigkeiten und Unzufriedenheit<br />
trotz erkennbarer Erfolge<br />
Trotz aller Erfolge erschienen aus Perspektive der<br />
Wissenschaftler sowie der in die Kerntechnik einsteigenden<br />
Unternehmen und ihrer Ingenieure die<br />
Fortschritte zu langsam, die politische Unterstützung<br />
zu zögerlich und die Finanzmittel zu gering.<br />
Dabei wurde der Vergleich mit Großbritannien<br />
und Frankreich aber teils auch mit den Vereinigten<br />
Staaten gesucht, was im Fall des Nachkriegsdeutschlands<br />
von 1959 schon damals manchem Beobachter<br />
als unangemessen erschienen ist. Bei diesen Vergleichen<br />
wurde aber übersehen – wie schon damals<br />
herausgearbeitet wurde – dass in den Kernwaffenstaaten<br />
relevante Entwicklungsimpulse von der<br />
militärischen zur zivilen Kerntechnikentwicklung<br />
gegangen sind, sowohl technisch – man bedenke<br />
etwa die Entwicklung des Nautilus U-Bootreaktors<br />
| Abb. 7<br />
Ausstellung bei der Zweiten Genfer Atomkonferenz.<br />
Quelle: UN Photo<br />
Special Topic | A Journey through German <strong>Nuclear</strong> Technology<br />
Kollektiver Schock und Aufbruch – die frühen Jahre der Kernenergiewirtschaft in Deutschland ı Nicolas Wendler