Ausgabe 07/2023
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: Juli 2023
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22 · Politik <strong>07</strong>/<strong>2023</strong><br />
SESSIONSRÜCKBLICK VON<br />
STÄNDERAT ANDREA CARONI<br />
Im Nationalrat wurden zwei besonders «ausserrhodische»<br />
Geschäfte im Erstrat behandelt,<br />
bevor der Ständerat am Zug ist. Zu den<br />
Nationalstrassen beschloss der Nationalrat,<br />
mit dem aktuellen «Ausbauschritt <strong>2023</strong>» die<br />
dritte Röhre Rosenbergtunnel inklusive Teilspange<br />
Güterbahnhof zu bauen. Obschon das<br />
Projekt auf St. Galler Boden liegt, hat es auch<br />
für Ausserrhoden eine gewaltige Bedeutung:<br />
Die Stadtautobahn ist für unseren Kanton eine<br />
zentrale Verbindungsstrasse. Sie läuft aber bereits<br />
heute am Limit, künftig wird es noch kritischer.<br />
Dieser Ausbau ist daher für Bundesrat<br />
und Nationalrat prioritär, und ich nehme an,<br />
der Ständerat wird sich anschliessen. Ein Referendum<br />
liegt aber in der Luft. Zum «Zubringer<br />
Appenzellerland» konnte sich das Parlament<br />
noch nicht äussern. Dafür konnten wir Ausserrhoder<br />
erreichen, dass der Bundesrat das<br />
Projekt wieder in die Planung aufgenommen<br />
hat und nun innert kurzer Frist analysieren will.<br />
Schliesslich hat nach dem Bundesrat auch der<br />
Nationalrat beschlossen, 16 Millionen Franken<br />
in die Berufsunteroffiziersschule (BUSA) in Herisau<br />
zu investieren. Das Geschäft war in Kommission<br />
und Nationalrat unbestritten. Nun ist<br />
der Ständerat am Zug. Ich bin auch hier sehr<br />
optimistisch. Einen historischen Touch hatte<br />
die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission<br />
(PUK). Seit 1995 ist es<br />
erst die fünfte der Geschichte. Obschon hier<br />
viel zusätzliche Arbeit in kurzer Zeit lauert,<br />
habe ich mich dafür zur Verfügung gestellt.<br />
Die PUK kann nur die «Feuerwehr» (die Bundesbehörden),<br />
nicht die «Brandstifter» (die<br />
CS-Verantwortlichen) untersuchen. Natürlich<br />
ist auch bei den Behörden genau hinzuschauen<br />
und sind Lehren für die Zukunft zu ziehen. Ein<br />
weiterer Hauch Weltgeschichte wehte durchs<br />
Bundeshaus, als der ukrainische Präsident<br />
Selenski virtuell vor der Bundesversammlung<br />
sprach. Es war nicht der erste Auftritt eines<br />
ausländischen Präsidenten im Parlament, doch<br />
bot der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine<br />
einen aussergewöhnlichen Hintergrund.<br />
Bereits vor dieser Rede hatte der Ständerat<br />
beschlossen, das aktuell überstrenge Kriegsmaterialgesetz<br />
etwas zu lockern, doch wird<br />
dieses Geschäft noch einige Schlaufen drehen.<br />
Geschäfte, die ich besonders mitbetreute sind<br />
die «Renteninitiative», was aber das Parlament<br />
leider definitiv abgelehnt hat. Die Initiative<br />
kommt 2024 an die Urne. Erfolgreicher war<br />
mein Engagement fürs neue Sexualstrafrecht:<br />
Diese breit abgestützte Reform ist nun abgeschlossen<br />
und wurde im Ständerat einstimmig<br />
angenommen. Auch erfolgreich war eine von<br />
mir angestossene Reform, gemäss der junge,<br />
weiterhin hochgefährliche Mörder notfalls länger<br />
weggesperrt werden können, statt nur bis<br />
zum 25. Geburtstag wie heute. Der Ständerat<br />
stimmte klar zu, nun ist der Nationalrat am<br />
Zug. Erfreulich war das Ja des Ständerats zum<br />
Unternehmensentlastungsgesetz, auch wenn<br />
die von mir verlangte unabhängige Prüfung der<br />
amtlichen Regulierungsfolgeabschätzungen<br />
noch nicht drin ist. Ich reichte ein Postulat zur<br />
Stellung der Alleinlebenden in der Schweiz ein<br />
und schliesslich auch eine Initiative, wonach<br />
der Bundesrat bei Erlass von Notrecht neu<br />
gleichzeitig begründen muss, ob dieses rechtlich<br />
gerechtfertigt ist. Nach getaner Arbeit<br />
verabschiedeten wir uns in den Sommer. Allerdings<br />
noch nicht in die Sommerpause, denn in<br />
den kommenden Wochen erwarten uns noch<br />
zahlreiche Kommissionssitzungen – die PUK<br />
noch nicht eingerechnet. Ihnen wünsche ich<br />
einen schönen Sommer und stets genügend<br />
Sonnenschein.<br />
Andrea Caroni, Ständerat AR<br />
SESSIONSRÜCKBLICK VON<br />
NATIONALRAT DAVID ZUBERBÜHLER<br />
In der Sommersession stimmte der Nationalrat<br />
8,8 Milliarden Franken für den Unterhalt<br />
und Betrieb der Nationalstrassen für die Periode<br />
2024 bis 2027 zu. Laut den Verkehrsprognosen<br />
des Bundes werden bis 2040 rund<br />
20 Prozent des Nationalstrassennetzes regelmässig<br />
überlastet sein. Der Zubringer Appenzellerland<br />
(N25) war noch kein Bestandteil<br />
der Vorlage. Der Bundesrat hat im Februar<br />
entschieden, zuerst eine Korridorstudie im<br />
Rahmen des strategischen Entwicklungsprogramms<br />
Nationalstrassen durchzuführen. Bis<br />
Ende Mai 2024 soll Klarheit über einen allfälligen<br />
Ausbau der N25 bestehen. Im Rahmen<br />
der Armeebotschaft <strong>2023</strong> hat der Nationalrat<br />
das Immobilienprogramm VBS und damit den<br />
Neubau der BUSA in Herisau bewilligt. Geht<br />
es nach dem Willen der grossen Kammer, kann<br />
mit dem Neubau der Berufsunteroffiziersschule<br />
bald begonnen werden. Aktuell fehlt die Zustimmung<br />
des Ständerates. Der Nationalrat<br />
will 25 stillgelegte Leopard-2-Kampfpanzer der<br />
Schweizer Armee ausmustern. Dies hat eine<br />
Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission<br />
des Nationalrates beantragt. Ich habe<br />
mich im Rat dagegen gewehrt. Der Krieg in der<br />
Ukraine zeigt, dass Kriege nicht ausschliesslich<br />
im Cyberraum ausgetragen werden. Daher<br />
müsste die Armee sowohl personell als auch<br />
materiell gestärkt werden. Doch wie sieht die<br />
Armee von morgen aus? Wir wissen nicht,<br />
wie die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz<br />
angesichts der Rückkehr zu bewaffneten Konflikten<br />
gestärkt werden kann. Solange keine<br />
aktuelle Verteidigungsdoktrin existiert und<br />
die Offiziersgesellschaft der Panzertruppen<br />
zum Schluss kommt, dass für eine effektive<br />
Landesverteidigung mindestens 300 solcher<br />
Kampfpanzer benötigt werden, halte ich den<br />
Entscheid des Nationalrats für verfrüht. Auch<br />
entschied der Nationalrat, die Abschaffung<br />
des Eigenmietwertes auf Zweitliegenschaften<br />
auszudehnen, damit bei der Steuererklärung<br />
der Eigenmietwert künftig nicht mehr angegeben<br />
werden muss. Dieses Thema ist umstritten.<br />
Zwei Vorlagen dazu scheiterten an<br />
der Urne und schon mehrmals im Parlament.<br />
Auch will der Nationalrat Schweizer Firmen<br />
vor ausländischem Zugriff schützen. Konkret<br />
ging es um strategische Infrastrukturen der<br />
Energiewirtschaft. Schweizer Wasser- und<br />
Atomkraftwerke sowie Strom- und Gasnetze<br />
sollen nur unter eng definierten Bedingungen<br />
ins Ausland verkauft werden dürfen. Auch weil<br />
sich chinesische Investoren in der Schweiz<br />
breit machen, sprach sich der Nationalrat für<br />
eine Änderung der «Lex Koller» aus. Der Nationalrat<br />
will 16- und 17-Jährigen das aktive<br />
Wahl- und Stimmrecht einräumen. Die Staatspolitische<br />
Kommission muss nun eine Vorlage<br />
ausarbeiten. Der Entscheid in der grossen<br />
Kammer fiel mit 98 zu 93 Stimmen. In der<br />
Schweiz kennt übrigens nur der Kanton Glarus<br />
das Stimmrechtsalter 16. Die Staatsrechnung<br />
2022 des Bundes ist eine historisch schlechte.<br />
Erstmals seit 2005 hat der Bund das vergangene<br />
Jahr mit einem höheren Defizit abgeschlossen,<br />
als es konjunkturell zulässig wäre. Ohne<br />
die Zusatzausschüttung der Nationalbank im<br />
Umfang von 1,3 Milliarden Franken stünde die<br />
Schweiz noch deutlich schlechter da. Während<br />
die Bruttoschulden auf 120 Milliarden Franken<br />
angestiegen sind, liegt der Hauptgrund für das<br />
heutige Defizit in erster Linie in der grosszügigen<br />
und masslosen <strong>Ausgabe</strong>npolitik des Parlaments<br />
in den letzten Jahren und Jahrzehnten.<br />
Zum Schluss wünsche ich Ihnen eine schöne<br />
Sommerpause. Ob im Appenzellerland oder in<br />
der Ferne: Bleiben Sie gesund und alles Gute.<br />
David Zuberbühler, Nationalrat AR