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Ausgabe 07/2023

Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: Juli 2023

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<strong>07</strong>/<strong>2023</strong> Herisauer Persönlichkeiten · 25<br />

Pionier der ostschweizerischen Textilindustrie: Jakob Steiger-Meyer.<br />

(Bilder: Kantonsbibliothek Trogen)<br />

«Sie war das Gegenteil ihres Gatten: ruhig, konsequent, überlegt und methodisch»:<br />

die achtfache Mutter Elise Steiger-Meyer. <br />

an die neue Aufgabe. Sie geriet ihr über Erwarten<br />

gut, und so behielt sie 36 Jahre lang<br />

bis zu ihrem Tod die Redaktion des ‹Illustrierten<br />

Hausfreunds› in ihren Händen.» Als protestantisch-orthodoxe<br />

Gegenpole zur liberalen<br />

«Appenzeller Zeitung» rief Steiger später<br />

auch das «Appenzeller Tagblatt» (1879-82)<br />

beziehungsweise die «Appenzeller Nachrichten»<br />

(1882-89) ins Leben.<br />

Anfangs der 1870er-Jahre kaufte Steiger das<br />

Heinrichsbad, welches fortan als «Erholungsheim<br />

im christlichen Sinne» dienen sollte.<br />

Also als Ferienort für Pfarrer, Lehrer, Missionare,<br />

Krankenschwestern, welche das Bedürfnis<br />

nach einem Ort mit christlicher Hausordnung<br />

hatten. Elise Steiger-Meyer übernahm auch<br />

hier eine tragende Rolle und war «treue Beraterin<br />

und Freundin der Leiterin des Hauses».<br />

Ebenfalls in die 1870er-Jahre fiel Steigers Engagement<br />

für die Appenzeller Bahn. Damals<br />

entflammte laut Daniel Brugger in «Die appenzellische<br />

Eisenbahn» ein heftiger Kampf<br />

zwischen den Befürwortern eines Anschlusses<br />

nach Gossau und jenen, die einen Anschluss<br />

nach Winkeln für geeigneter hielten. Steiger-<br />

Meyer führte letztere an, welche die Abstimmung<br />

im März 1873 knapp gewannen. Brugger:<br />

«Für die Gemeinde Herisau war dieser eher<br />

kurzsichtige Entscheid insofern verfehlt, als<br />

sich bei einem Entscheid für die andere Variante<br />

der spätere Abbruch der Linie Herisau-<br />

Winkeln und der Neubau der Schmalspurbahn<br />

nach Gossau erübrigt hätte.» Die Linie Herisau-Winkeln<br />

wurde am 12. April 1875 eröffnet.<br />

Steiger-Meyer «sass jahrelang im Direktionskomitee,<br />

hatte seine Sorgen mit den Finanzen<br />

des Baus und des späteren Betriebs, war<br />

aber froh, die eigentliche Leitung und Überwachung<br />

des Baus und Betriebs in die Hände<br />

seines Schwiegervaters legen zu können.»<br />

Die beschwerlichen Jahre<br />

Ab anfangs den 1890er-Jahren folgte der<br />

umtriebigen und erfolgreichen Zeit eine<br />

beschwerliche für Ehepaar Steiger-Meyer.<br />

«Jakob war eben nie ein scharf rechnender<br />

Kaufmann. Er war zu sehr Idealist.» Er musste<br />

Konkurs anmelden. «Die ohne richtige Übersicht<br />

verwalteten Lager im Ausland zogen das<br />

Mutterhaus in Herisau in den Abgrund – das<br />

ganze grosse Geschäft und der Wohlstand<br />

stürzten zusammen.» Nun traten die negativen<br />

Seiten Steigers hervor. Zu lesen ist von<br />

einer «brausenden Männernatur», von «grossem<br />

und edlen, aber ungezügelten Geist» und<br />

von «getrübter Urteilskraft». Steigers Ziel: Er<br />

wollte den Schaden wieder gutmachen. Dafür<br />

verliess er 1892 Herisau, um im Ausland neu<br />

zu beginnen. Seine Frau blieb zurück, «da die<br />

Erziehung der jüngsten der acht Kinder noch<br />

nicht beendet war». Mit grossem Geschick<br />

habe sie es verstanden, sich den veränderten<br />

Verhältnissen anzupassen. 1895 folgte sie ihrem<br />

Mann nach London, der dort – nachdem<br />

er sich erfolglos als Taschentuchproduzent<br />

in den USA versuchte – zwei Handelsgesellschaften<br />

zur Ausbeutung griechischer Magnesit-Minen<br />

und Marmorsteinbrüche gegründet<br />

hatte. «Im Mamorgeschäft ging nochmals viel<br />

Geld verloren. Das Magnesitgeschäft wurde<br />

später zur Goldgrube, aber nicht für Steiger-Meyer.»<br />

Im Herbst 1902 erkrankte Jakob<br />

Steiger-Meyer und das Ehepaar kehrte nach<br />

Herisau zurück, «wo Jakob Steiger liebevolle<br />

Aufnahme im Krankenhaus Herisau fand». Im<br />

April 1903 «schloss er die Augen, schon halb<br />

vergessen von der Umwelt, in welcher er so<br />

lange eine führende Rolle gespielt hatte».<br />

Elise Steiger-Meyer blieb in Herisau.<br />

«Die Stürme lagen hinter ihr, sie war an der<br />

Schwelle des Alters. Aber ihre geistige Kraft<br />

war ungebrochen und der Trieb sich nützlich<br />

zu machen, lebte in neuer Stärke auf.» Nach<br />

dem Tod ihrer Schwester übernahm sie deren<br />

Arbeit im Verein der Freundinnen junger<br />

Mädchen, im Verein zur Hebung der Sittlichkeit<br />

und im evangelischen Frauenverein. Dies<br />

bis kurz vor ihrem Tod am 20. April 1905.<br />

<br />

Eva Schläpfer

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