Ausgabe 07/2023
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: Juli 2023
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<strong>07</strong>/<strong>2023</strong> Gesellschaft / Glosse · 7<br />
8. BIGNIK DER GEBRÜDER RIKLIN<br />
AM 10. SEPTEMBER IM DORFZENTRUM<br />
Am Samstag, 18. Juni, informierten die Konzept-<br />
und Aktionskünstler Patrik und Frank<br />
Riklin mit der Stiftung Dorfbild Herisau über<br />
das Projekt Bignik. Rund 30 Personen fanden<br />
sich auf Einladung der Wandelbar im Cinétreff<br />
ein. Die Brüder stellten das Projekt vor,<br />
bei dem aus Tüchern riesige Picknickdecken<br />
entstehen sollen. «Viele Leute wissen gar<br />
nicht, wie viele Tücher sie in Estrich und Keller<br />
haben», sagte Frank Riklin. Diese werden<br />
ab sofort gesammelt und am 23. August in<br />
einer öffentlichen Nähsession zusammengefügt.<br />
Am Sonntag, 10. September, soll<br />
dann im Zentrum Herisaus das achte Bignik<br />
stattfinden. Die Herisauer Stoffe kommen zu<br />
den schon fast 3000 Modulen aus früheren<br />
Durchführungen dazu. Es gehe bei dem Bignik<br />
nicht nur um die Tücher, sondern auch<br />
darum, Menschen zusammenzubringen und<br />
gemeinsam etwas entstehen zu lassen. Karin<br />
Jung (Stiftungsrätin Stiftung Dorfbild)<br />
sprach von einer Chance, etwas Attraktives<br />
und Aussergewöhnliches zu gestalten. «Die<br />
Luftaufnahmen des Bignik werden uns sicher<br />
noch lange begleiten.» Mitte Juni waren<br />
die St. Galler Brüder an einem Tag in Herisau<br />
bereits zum Sammeln unterwegs. Tischtücher,<br />
Vorhänge und Bettlaken können weiterhin<br />
an zwei Orten abgegeben werden:<br />
im Gemeindehaus und im «Treffpunkt». Im<br />
Cinétreff wurden mit Fotos und Filmen die<br />
Eindrücke von früheren Bignik-Erlebnissen<br />
präsentiert. Die Gebürder Riklin möchten<br />
Menschen zu Komplizinnen und Komplizen<br />
ihrer Kunst machen, um damit eine neue<br />
Wirklichkeit herzustellen. Inspiriert worden<br />
sind sie von einem rot-weissen Tischtuch ihrer<br />
Grossmutter. Gesucht sind vor allem rote<br />
und weisse Stoffe. «Wir sind punkto Farben<br />
streng, aber tolerant», meinte Patrik Riklin.<br />
Es kommen also auch gemusterte Tücher in<br />
Frage oder solche in Richtung beige, orange<br />
oder bordeaux. «Es darf und wird auch sogenannte<br />
Schönheitsflecken geben.» (pd)<br />
Die Riklins mit Karin Jung und Gemeindepräsident Max Eugster (oben), unten eine Sammelstelle.<br />
(Bilder: pd)<br />
d’Föörbete<br />
VERGESSENE<br />
FÄHIGKEITEN<br />
Meine Grossmutter feierte kürzlich ihren<br />
80. Geburtstag. Sie gehört zu der rüstigen<br />
und umtriebigen Sorte von Renterinnen, bei<br />
denen der Tag immer ein paar Stunden zu<br />
wenig hat. Schliesslich muss der Garten gepflegt,<br />
die Freundinnen besucht und dem<br />
Mann die Leviten gelesen werden. Und die<br />
ehrenamtliche Arbeit für die Kirche erledigt<br />
sich auch nicht von selbst. An ihrem grossen<br />
Tag meinte sie zu mir, dass sie «halt scho fang<br />
viel vergisst» und «es schö isch, wenn mer<br />
Alte bi eu Junge no es Plätzli händ». Das hat<br />
mich irgendwie nachdenklich gestimmt. Mit<br />
etwas Abstand muss ich sagen: Nonna, du<br />
hast dich und die älteren Generationen massiv<br />
unter Wert verkauft! Ihr seid viel cooler<br />
und moderner, als ihr euch selbst zutraut. Wir<br />
Jungen sollten dankbar sein, einen Platz bei<br />
euch zu haben – und nicht umgekehrt! Ihr seid<br />
in einer Welt grossgeworden, wie wir sie uns<br />
heute zurückwünschen – und habt euch diese<br />
Tugenden bewahrt: Gegessen wurde das,<br />
was der eigene Garten hergab. Fleisch gab es<br />
selten, und wenn, dann wurde gefälligst jedes<br />
erdenkliche Stück des Tieres verwertet. Und<br />
wie kam das Essen ins Haus? Natürlich mit<br />
dem Fahrrad oder zu Fuss in einem Körbchen.<br />
Keine Abgase, kein Plastiksack. Eingekauft<br />
wurde im Dorflädeli, die Produkte lieferte der<br />
Bauer von nebenan. Natürlich seid ihr auch<br />
nicht wegen jedem Wehwehchen zum Arzt<br />
gerannt. Es gab so gut wie nichts, was ein Wickel<br />
oder eine heisse Zitrone nicht beheben<br />
konnte. Im Zeitalter der Digitalisierung streben<br />
wir wieder danach, Dinge mit den eigenen<br />
Händen zu machen. Darüber könnt ihr<br />
nur lachen. Wenn ihr Konfi mit Erdbeeren aus<br />
dem Garten macht, habt ihr auch die Topflappen<br />
selbst gehäkelt. Und weshalb sollte man<br />
kaputte Socken wegwerfen, wenn man sie<br />
stopfen kann? Nachhaltigkeit heisst bei euch<br />
einfach «da cha mer scho no bruche!». Darüber<br />
hinaus bin ich überzeugt, dass ihr in der<br />
Natur bestens zurechtkommt, während unsererseits<br />
ohne Handyempfang in eine mittelschwere<br />
Depression rutschen würde. Ihr<br />
wisst, welche Pilze essbar, welche Pflanzen<br />
giftig und welche Kräuter gesund sind. Und<br />
erreichen wir in eurem Schlepptau irgendwann<br />
mit leerem Handyakku die Zivilisation,<br />
kennt ihr erst noch genug Telefonnummern<br />
auswendig, um die ganze Verwandtschaft zu<br />
Hilfe zu rufen! (sd)