Verfahrenstechnik 7-8/2023
Verfahrenstechnik 7-8/2023
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SICHERHEITSBEWERTUNGEN BEI DER PLANUNG<br />
MODULARE ANLAGEN<br />
SICHER UND EFFIZIENT<br />
BETREIBEN<br />
Verfahrenstechnische Anlagen werden immer<br />
modularer und flexibler. Dadurch ist es notwendig, vor<br />
neuen Verschaltungen die Sicherheitsbewertung noch<br />
systematischer zu erstellen. Eine innovative Prüfmethode<br />
wurde verbessert und lässt sich nun als universelle<br />
Vorgehensweise verwenden.<br />
TÜV SÜD hat für die Sicherheitsbewertung die bisherige<br />
statische HAZOP-Methode zu Interactive HAZOP (iaHA-<br />
ZOP) ausgebaut. So entstand nun in Kooperation mit<br />
Merck Electronics eine universelle Vorgehensweise für die<br />
Sicherheitsbewertung modularer Anlagen, die in weiteren Schritten<br />
auch die Digitalisierung und Teilautomatisierung vorsieht.<br />
In einem Pilotprojekt ist dazu die Sicherheitsbewertung für<br />
eine neu zusammengestellte modulare Anlage, auf der Merck<br />
Electronics Vorprodukte für Halbleiter fertigt, ausgearbeitet worden.<br />
Typisch für diesen Anlagentyp sind häufig wechselnde, oft<br />
kundenspezifische Produkte und kleine Losgrößen. Gleichzeitig<br />
entwickeln sich die Kundenanforderungen bei den Produkten<br />
und damit die Märkte hin zu immer kürzeren Lebenszyklen und<br />
Herstellungszeiten. Damit gehen häufige Umrüstvorgänge und<br />
andere Anpassungen einher. Jede dieser Änderungen kann die<br />
Gefahrensituation einer Anlage verändern, sodass neue Gefährdungsbeurteilungen<br />
nötig werden.<br />
Herkömmliche statische Sicherheitsbewertungen werden solchen<br />
Anlagen nicht mehr gerecht beziehungsweise entsprechen<br />
nicht der Produktionsrealität und sind damit auch rechtlich nicht<br />
ausreichend. Dies ist aber relevant, weil die Produktion erst wieder<br />
anlaufen darf, wenn diese Beurteilung vorliegt und etwaige<br />
Maßnahmen geprüft und umgesetzt wurden. Betreiber haben<br />
deshalb ein großes Interesse an einer praktikablen Methode für<br />
ihre modularen Anlagen, um die durch die Flexibilität gewonnene<br />
Effizienz nicht durch Wartezeiten wieder einzubüßen.<br />
STETS IM RECHTLICHEN RAHMEN<br />
Wichtig für ein rechtskonformes sicherheitstechnisches Bewertungskonzept<br />
ist, dass es zur Anlagenstruktur passt und diese vollständig<br />
abbildet. Modulare Anlagen teilt man in einzelne standardisierte<br />
Module auf, die als Process Equipment Assemblies (PEA)<br />
bezeichnet werden. Das Bewertungskonzept wird ebenfalls aufgeteilt<br />
und systematisiert. Es muss jeder PEA einen Teilprozess zuordnen.<br />
Zum Gesamtverfahren gehören dann die lückenlos zusammengeführten<br />
PEAs mit ihren jeweiligen Teilprozessen, und die<br />
Rahmenbedingungen, die der Aufstellort vorgibt. Dem ganzen Verfahren<br />
zugrunde liegen die Norm DIN EN 61882 zu HAZOP-Verfahren<br />
und Inhalte aus den Richtlinienreihen VDI 2776 Modulare Anlagen<br />
und VDI/VDE/NAMUR 2658 Automatisierungstechnisches<br />
Engineering modularer Anlagen in der Prozessindustrie. Ziel ist es,<br />
auf Basis der Leitlinien ein spezielles, auf modulare Anlagen ausgerichtetes,<br />
Sicherheitskonzept zu entwickeln, das den Anwender<br />
schrittweise durch die notwendigen Bewertungsprozesse führt.<br />
Im Pilotprojekt sollte eine universell einsetzbare, gebrauchsfertige<br />
Vorgehensweise für eine zunächst manuelle, modulare Sicherheitsbewertung<br />
entstehen. Dazu haben TÜV SÜD und Merck<br />
Electronics einen Bewertungsablauf in drei Schritten festgelegt: 1.<br />
Errichtung und Auslegung der PEA mit einem Beispiel-Teilreferenz-Prozess,<br />
2. Verbindung der PEA mit neuem Teilprozess zu<br />
einem Teilverfahren und 3. Zusammenfügen der Teilverfahren zu<br />
einem Gesamtverfahren<br />
30 VERFAHRENSTECHNIK <strong>2023</strong>/07-08 www.verfahrenstechnik.de