50 Jahre Landkreis Schwäbisch Hall 2023
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WALLHAUSEN<br />
Seite 46<br />
30 aktive Vereine und Organisationen<br />
Entfaltung Was den Ort so besonders macht, sagt der Bürgermeister, sind die Menschen, die sich in die Gemeinschaft einbringen in einer<br />
Zeit, in der das nicht länger selbstverständlich ist. Von Birgit Trinkle<br />
Nicht der schlechteste<br />
Weg, eine Gemeinde<br />
kennenzulernen, ist einen<br />
Bürgermeister zu<br />
begleiten, der noch nicht lange im<br />
Amt ist und sich seinen Ort erst<br />
noch vertraut machen muss. So<br />
erschließt sich der Wallhausener<br />
Bürgermeister Andreas Frickinger,<br />
wie er sagt, eine „attraktive<br />
und aktive Gemeinde mit über 30<br />
Vereinen bei 3700 Einwohnern“;<br />
mit Blick auf die zunehmende Individualisierung<br />
sei das etwas Besonderes.<br />
Bemerkenswert findet<br />
er auch, wie diese Vereine immer<br />
wieder neue Wege gehen und<br />
neue Generationen für sich begeistern.<br />
Feste etwa würden in<br />
der Regel nicht gefeiert, um einen<br />
Erlös zu erwirtschaften, sondern<br />
um den Menschen richtig schöne<br />
Stunden zu schenken.<br />
Er nennt die DLRG mit kontinuierlichem<br />
Mitgliederzuwachs,<br />
die sich um die Schwimmausbildung<br />
verdient macht und ehrenamtlich<br />
die Wasserwacht im Naturfreibad<br />
– „Badevergnügen im<br />
chlorfreien Wasser“ – übernimmt.<br />
Oder die Feuerwehr, die auch im<br />
Bereich der Jugendarbeit sehr aktiv<br />
ist. Frickinger kommt selbst<br />
aus der Feuerwehr und zeigt sich<br />
beeindruckt vom Enthusiasmus in<br />
Wallhausen, wo nicht selten neben<br />
dem württembergischen<br />
auch das bayrische Leistungsabzeichen<br />
abgelegt wird.<br />
Handyseminar und Waffeln<br />
Die Landfrauen bieten Handy-Seminare<br />
an, die Naturhelden organisieren<br />
Aktionen, mit denen der<br />
Obst- und Gartenbauverein unterstützt<br />
wird. Frickinger nennt<br />
Beispiel um Beispiel, bis hin zum<br />
FC-Bayern-Fanclub „Red Bulls“,<br />
Das Badseefest ist immer eine Sternstunde im Wallhausener <strong>Jahre</strong>slauf.<br />
der sich ebenfalls über einen Zuwachs<br />
an Mitgliedern freut – die<br />
sich nicht nur im Verein einbringen,<br />
sondern auch Waffelverkäufe<br />
und anderes organisieren und<br />
für soziale Projekte in und um<br />
Wallhausen spenden. Auch die<br />
ehrenamtlichen Ortschafts- und<br />
Gemeinderäte engagieren sich<br />
weit über ihren eigentlichen Auftrag<br />
hinaus, organisieren zum<br />
Beispiel Weihnachtsmarkt oder<br />
Kirbe und ersetzen einen hauptamtlichen<br />
Kultur- und Veranstaltungsbeauftragten.<br />
Immer wieder nennt Frickinger<br />
die Vereine, wenn er überlegt,<br />
was an seiner Gemeinde ihn stolz<br />
macht. Die kleinen Vereine, die<br />
sich etwa dem Bürgerhaus Michelbach<br />
widmen oder der Synagoge<br />
und der jüdischen Tradition<br />
der Gesamtgemeinde – der entsprechende<br />
Förderverein ist unter<br />
anderem über den jüdischen<br />
Kulturweg im gesamten Land vernetzt<br />
–, haben ebenso ihren Platz<br />
wie die Platzhirsche, also große<br />
Vereine wie der SV Hengstfeld<br />
mit über tausend Mitgliedern. Die<br />
Freizeitsportgruppe des SV organisiert<br />
mit großem Aufwand den<br />
Silvesterlauf und spendet den Erlös;<br />
das in Eigenregie betriebene<br />
Familienfreibad Hengstfeld setzt<br />
ohnehin Maßstäbe – finanziert<br />
wird der Betrieb nicht nur über<br />
ungezählte ehrenamtlich geleistete<br />
Arbeitsstunden, sondern<br />
auch über die Theatergruppe der<br />
Bädlesbühne.<br />
Wer über Wallhausen spricht,<br />
darf nach Ansicht des Bürgermeisters<br />
die Jugendarbeit nicht<br />
vergessen, etwa den KSV „Wolf“<br />
Foto: Jürgen Rosenäcker<br />
Hengstfeld – junge Leute, die im<br />
Erdgeschoss des alten Hengstfelder<br />
Schulhauses einen Jugendraum<br />
gefunden haben und sich<br />
seit 1982 selbst verwalten: „Auch<br />
der KSV Wolf erneuert sich immer<br />
wieder und schafft’s noch immer,<br />
den Maibaum zu stellen.“<br />
In der Gesamtgemeinde<br />
Ortsteil um Ortsteil würdigt Andreas<br />
Frickinger im Loblied seiner<br />
Gemeinde. In Asbach etwa<br />
beeindruckt ihn der Treffpunkt in<br />
der Ortsmitte, an dem sich die<br />
Einwohner zum Grillen treffen<br />
oder um den Tag ausklingen zu<br />
lassen, am besten bei Fassbier aus<br />
Michelbach: „Diese Verbundenheit,<br />
diese soziale Struktur, das<br />
lässt sich nicht mit Geld kaufen“,<br />
sagt der Bürgermeister.<br />
Diese Verbundenheit,<br />
diese<br />
soziale Struktur, das<br />
lässt sich nicht mit<br />
Geld kaufen<br />
Andreas Frickinger<br />
Bürgermeister von Wallhausen<br />
Frickinger fährt an einem<br />
Abend mit dem neuen E-Bike der<br />
Gemeinde zu einem Jubiläum, am<br />
nächsten entlastet er den Vorstand<br />
in einer Hauptversammlung,<br />
und das alles geht nebenher.<br />
Kein Grund zur Klage: Nicht zuletzt<br />
die Besuche bei Jubilaren<br />
und Jubelpaaren sind für den Bürgermeister<br />
ein Ausgleich, gar eine<br />
Auszeit. Was die Menschen früher<br />
bewegt hat, was heute wichtig<br />
ist, wie liebevoll sie oft miteinander<br />
umgehen, das nennt er bereichernd<br />
und erinnert ihn daran,<br />
warum er Bürgermeister geworden<br />
ist.<br />
In den Ortsteilen wurden<br />
jüngst Nordmanntannen gepflanzt;<br />
die werden dann, wenn<br />
ihre Zeit gekommen ist, mit LED-<br />
Leuchten geschmückt. Frickinger:<br />
„Wenn jeder ein bisschen Energie<br />
spart und Beleuchtung reduziert,<br />
können wir alle überall unsere<br />
Weihnachtsbäume aufstellen.“<br />
Solche Dinge sind wichtig,<br />
sagt er, schließlich soll Wallhausen<br />
aktiv und attraktiv bleiben.<br />
Wallhausen<br />
Kontakt<br />
Gemeinde Wallhausen<br />
Seestraße 2<br />
74599 Wallhausen<br />
Tel. 07955 9381-0<br />
rathaus@gemeinde-wallhausen.de<br />
Grußwort<br />
Herzlich willkommen<br />
in Wallhausen<br />
Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> feiert in diesem<br />
Jahr sein <strong>50</strong>-jähriges Bestehen. Ein Jubiläum, auf<br />
das ich mit großer Freude blicke.<br />
Gemeinsam haben wir eine leistungsfähige<br />
und bürgerfreundliche Verwaltung, die mit den<br />
immer komplexer werdenden Anforderungen<br />
Schritt halten. Infrastruktur und Wirtschaftsstandort<br />
wurden sukzessive ausgebaut. Und das<br />
inmitten einer einmaligen Kulturlandschaft mit<br />
hoher Lebensqualität und bezahlbarem Wohnraum.<br />
Unsere Schulen bieten ein hervorragendes<br />
Lernumfeld. Themen wie Natur- und Klimaschutz,<br />
Digitalisierung, Regionalentwicklung und Soziales<br />
sind weitere wichtige Aufgabengebiete, die sich<br />
in den letzten <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n stetig weiterentwickelt<br />
haben.<br />
Diesen erfolgreichen Weg wollen wir gemeinsam<br />
fortsetzen. Unser Ziel ist es, wirtschaftsstark,<br />
liebenswert, nachhaltig und gut vernetzt zu sein<br />
und dabei weiterhin nah an den Menschen zu<br />
bleiben.<br />
Ich selbst bin dankbar, als Bürgermeister der<br />
Gemeinde Wallhausen seit 1. Oktober 2022, ein<br />
Teil dieser Entwicklung sein zu dürfen und kann<br />
versprechen, dass ich mich mit aller Kraft dafür<br />
einsetze, die Erfolgsgeschichte des <strong>Landkreis</strong>es<br />
fortzuschreiben und blicke mit Freude auf die<br />
nächsten <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>.<br />
Andreas Frickinger<br />
Bürgermeister<br />
Basisdaten<br />
Einwohnerzahl: 3800<br />
Fläche: 62,59 km²<br />
Teilorte: Asbach, Hengstfeld,<br />
Limbach, Michelbach/Lücke,<br />
Roßbürg, Schainbach, Schönbronn,<br />
Wallhausen<br />
Bürgermeister: Andreas Frickinger (40)<br />
Partnergemeinden: Kismaros Ungarn,<br />
Wallhausen/Helme, Wallhausen/Nahe<br />
3 Sehenswürdigkeiten: Synagoge<br />
mit jüdischem Friedhof, Schulmuseum<br />
Hengstfeld, Weidenbachaue mit<br />
Naturerlebnisbad Wallhausen<br />
3 größte Vereine: SpVgg Hengstfeld-<br />
Wallhausen, DLRG Wallhausen,<br />
Landfrauenverein Wallhausen<br />
Größte Unternehmen: Eico-Quelle<br />
„Es lebt in Wallhausen“<br />
Chance Pflicht und Kür im Haushalt spiegeln die Anstrengung, zu<br />
sparen, ohne dass das auf Kosten der Attraktivität geht.<br />
Wallhausen. Wallhausen ist eine<br />
Gemeinde, in der es sich gut lebt,<br />
sagt Bürgermeister Andreas Frickinger.<br />
Der Hauptort, Hengstfeld<br />
und Michelbach an der Lücke mit<br />
insgesamt acht Dörfern und Weiler<br />
sind zusammengewachsen. Es<br />
gibt viele gute Gründe für ein<br />
bisschen Optimismus.<br />
Verwaltung und Gemeinderat<br />
sind sich einig: „So schlecht stehen<br />
wir nicht da.“ Die hohe Schuldenlast<br />
ist dem Kläranlagenbau<br />
geschuldet, und diese Aufgabe<br />
wird auch viele andere Gemeinden<br />
in naher Zukunft treffen. Abgesehen<br />
davon, dass sich diese<br />
Ausgaben langfristig durch die<br />
Abwassergebühr refinanzieren<br />
lassen: Zwei Drittel der Kosten<br />
sind bereits gestemmt. Was noch<br />
fehlt, sind die Druckleitungen aus<br />
Michelbach und Hengstfeld – mit<br />
der Fertigstellung ist Ende 2024<br />
zu rechnen –, sowie der Rückbau<br />
der dortigen Kläranlagen. Was ansonsten<br />
den Haushalt belastet, ist<br />
die dringend notwendige Erneuerung<br />
der Infrastruktur; das wird<br />
nun nach und nach abgearbeitet,<br />
teilt die Verwaltung mit.<br />
Schwerpunkt Spielplatz<br />
Im laufenden <strong>Jahre</strong> sind die Spielplätze<br />
aller Ortsteile ein Schwerpunkt<br />
des Haushalts, der Endausbau<br />
der Straßen in den Baugebieten<br />
– der ja durch den Erschließungsbeitrag<br />
längst bezahlt ist –,<br />
sowie einige Sanierungsprojekte.<br />
Ein großes Ziel ist die Verdoppelung<br />
der Gewerbesteuer in den<br />
kommenden zehn <strong>Jahre</strong>n. Großartig<br />
auf der Suche ist man dabei<br />
nicht: „Das entwickelt sich aus<br />
der Gemeinde heraus“, so der<br />
Bürgermeister. Wenn Wallhausen<br />
seine aktiven Unternehmen wie<br />
die Eico-Quelle oder Telschow<br />
Balkonbau im Ort halten könne<br />
und die sich weiterhin so gut entwickelten<br />
wie in der Vergangenheit,<br />
sehe er keine Bedenken.<br />
Dass Wallhausen im Bereich<br />
Kultur einiges zu bieten hat, zeigt<br />
das Wandgemälde des Wallhausener<br />
Künstlers Prof. Ben Willikens<br />
im Foyer des im Jahr 2000<br />
eingeweihten Kulturhauses.<br />
Kulturprogramm erwecken<br />
Auf der anderen Seite muss jetzt<br />
das Kulturprogramm, das während<br />
der Corona-<strong>Jahre</strong> praktisch<br />
nicht existent war, zu neuem Leben<br />
erweckt werden. Jüngst spielte<br />
das Hohenloher Blasorchester<br />
und machte dabei deutlich, wie<br />
sehr sich die Menschen nach Musik<br />
sehnen, nach Theater, Kabarett<br />
und vor allem anderen nach<br />
Begegnung. Hier nennt Andreas<br />
Frickinger auch das von ihm sehr<br />
geschätzte DS-Seniorenzentrum<br />
mit wichtigen kulturellen Impulsen<br />
oder auch mit dem Weihnachtsmarkt.<br />
Es sei wichtig, Seniorinnen und<br />
Senioren mitten im Ort und direkt<br />
am idyllischen Weidenbach<br />
Spaziergänge zu bieten, generell<br />
den wertschätzenden Umgang,<br />
der allen Generationen zusteht.<br />
Der Jugendraum in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft füge sich nahtlos<br />
Das Rathaus auf dem Grund des einstigen Sees.<br />
in dieses Bild von gutem Miteinander<br />
ein: „Es lebt in Wallhausen.“<br />
Vergangenes bewahren<br />
Keine Zukunft ohne Vergangenheit.<br />
Nicht nur die geschichtsträchtigen<br />
jüdischen Gemeinden<br />
nehmen den ihnen zustehenden<br />
Platz in der Wallhausener Historie<br />
ein. Das Dorfschulmuseum ist<br />
eine Besonderheit; der Förderantrag<br />
zur Gebäudesanierung ist gestellt<br />
und soll sicherstellen, dass<br />
auch künftige Generationen aus<br />
der Vergangenheit lernen können.<br />
Gründer Roland Jakel führt zudem<br />
durch den Julius-Wengert-<br />
Raum, gern mit der Bemerkung<br />
„für seine Zeit ein Popstar, heute<br />
würd‘ das niemand mehr singen“,<br />
die seinem Publikum die Einordnung<br />
erleichtert. Dann ist da noch<br />
die steinerne Erinnerung ans alte,<br />
massiv gebaute Ortsgefängnis<br />
oder auch das erneuerte Sühnekreuz<br />
aus Epochen der ehemals<br />
selbstständigen Gemeinde<br />
Hengstfeld, von denen kein heute<br />
lebender Mensch zu erzählen<br />
weiß und die allzu schnell in Vergessenheit<br />
geraten – wenn sich<br />
niemand kümmert.<br />
bt<br />
Foto: Birgit Trinkle