50 Jahre Landkreis Schwäbisch Hall 2023
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BÜHLERZELL<br />
Seite 16<br />
Im Team<br />
Großes schultern<br />
Kooperativ Wenig Einwohner, große Ausdehnung, das prägt die<br />
Gemeinde Bühlerzell, die von vielen Pflichtaufgaben gefordert wird.<br />
Engagierte Bürger packen mit an. Von Elisabeth Schweikert<br />
Wer durch die Gemarkung<br />
Bühlerzell<br />
fährt, freut sich über<br />
die idyllische Landschaft.<br />
Im Hauptort fällt im Zentrum<br />
der Neubau am Gasthaus<br />
zum Goldenen Hirsch auf. Dort<br />
entstehen Mietwohnungen – was<br />
es bislang in Landgemeinden selten<br />
gibt. Das Gasthaus selbst ist<br />
geöffnet – auch das in vielen Dörfern<br />
keine Selbstverständlichkeit<br />
mehr. Zu verdanken sind der Neubau<br />
und die Gastronomie dem Engagement<br />
von Bühlerzellern. Diese<br />
haben in beides investiert, die<br />
Wirtschaft vor dem Schließen gerettet.<br />
Typisch Bühlerzell, dort<br />
gehört Engagement zum guten<br />
Ton.<br />
Wechsel im Rathaus<br />
Eines der wichtigsten Ereignisse<br />
während der vergangenen zehn<br />
<strong>Jahre</strong>: Nach 35 Amtsjahren gab<br />
Franz Rechtenbacher sein Amt als<br />
Bürgermeister ab. Er wurde zum<br />
Ehrenbürger ernannt. Ihm folgte<br />
2017 Thomas Botschek. Eines der<br />
ersten Projekte, die Botschek anpackte,<br />
war die Strukturierung<br />
des Faschings mit Verantwortlichkeiten<br />
und Sicherheitskonzept,<br />
welches sich zuletzt im Februar<br />
wieder bewährte, als nach<br />
der Coronapandemie mehr als<br />
fünfzehntausend Menschen dem<br />
närrischen Lindwurm zujubelten.<br />
Die weitläufige Gemeinde<br />
muss seit Jahrzehnten viel Geld<br />
in die Hand nehmen, um alle Dörfer<br />
an die Kanalisation anschließen.<br />
Zuletzt wurde Mangoldsweiler<br />
angeschlossen, aktuell sind<br />
Hoch- und Schönbronn dran. Ein<br />
Großprojekt ist die Breitbandversorgung.<br />
Bis 2025 sollen die Bürgerinnen<br />
und Bürger in allen Dörfern<br />
aufs schnelle Internet zugreifen<br />
können.<br />
Im Untergrund der waldreichen<br />
Gemeinde ist viel Wasser<br />
gespeichert. Angesichts des Klimawandels<br />
und sinkender Grundwasserspiegel<br />
ein Schatz. „Wir sichern<br />
die Ressourcen“ stellt Thomas<br />
Botschek fest. Deshalb hat<br />
die Gemeinde zwei Quellen ertüchtigt<br />
und wieder in Betrieb genommen.<br />
Vorangekommen ist die Bühlerzell<br />
darin, die Kooperation mit<br />
den Nachbarkommunen zu vertiefen,<br />
etwa mit der gemeinsamen<br />
Kämmerei. „Während der Coronapandemie<br />
hat sie sich bewährt“,<br />
stellt der Schultes fest, denn dank<br />
der aufgebauten Vertreterstrukturen<br />
sei die Kämmerei immer arbeitsfähig<br />
gewesen. „Das war ein<br />
Meilenstein für uns“, so Botschek.<br />
Für kleine Kommunen sei die interkommunale<br />
Zusammenarbeit<br />
der Weg, die Selbstständigkeit zu<br />
erhalten. Das nächste Projekt ist<br />
die gemeinsame Abwasserentsorgung<br />
mit Bühlertann und Obersontheim.<br />
Auch die Suche nach<br />
Hausärzten läuft gewissermaßen<br />
interkommunal: Dazu hat sich<br />
Bühlerzell der Virngrund-Genossenschaft<br />
angeschlossen.<br />
Während der zinsgünstigen<br />
<strong>Jahre</strong> wurde kreisweit kräftig gebaut.<br />
Auch Bühlerzell war gefordert,<br />
Bauplätze auszuweisen. Mit<br />
den steigenden Einwohnerzahlen<br />
erhöht sich der Bedarf an Kindergartenplätzen.<br />
Mit dem zusätzlichen<br />
Angebot des Naturkindergartens<br />
wird dieser gedeckt. Weil<br />
ab 2030 Neubausiedlungen im<br />
Außenbereich nicht mehr geschaffen<br />
werden sollen, hat Bühlerzell<br />
vorgesorgt und den Bebauungsplan<br />
Eichberg erstellt.<br />
Digitale Möglichkeiten<br />
Der Fachkräftemangel setzt auch<br />
den Kommunen zu. In Bühlerzell<br />
überarbeitet die Kommune ihre<br />
internen Abläufe, nutzt verstärkt<br />
die digitalen Möglichkeiten. „Das<br />
bindet zunächst, bis alles eingerichtet<br />
ist, viel Zeit“, erklärt Botschek.<br />
Doch diese sei gut investiert,<br />
denn anschließend könnten<br />
die Mitarbeiter oder Bürger mit<br />
wenigen Mausklicks digital auf<br />
die Daten zugreifen.<br />
Während der vergangenen drei<br />
<strong>Jahre</strong> war Corona das größte Problem,<br />
das die Kommune zu stemmen<br />
hatte. Trotz der Kontaktbeschränkungen<br />
fand die Bürgerschaft<br />
coronakonforme Wege, um<br />
das Miteinander zu pflegen. Nach<br />
Corona wurde anstelle des Seniorenkreises<br />
die Gruppe „Generation<br />
PLUS“ gegründet. Diese trifft<br />
sich regelmäßig im Dorfgemeinschaftshaus<br />
Geifertshofen. Und<br />
Anfang <strong>2023</strong> hat der Gemeinderat<br />
den Beschluss für den Neubau<br />
der Rudolf-Mühleck-<strong>Hall</strong>e beschlossen.<br />
Bühlerzell weist noch das Dreigestirn auf, wie es über Jahrhunderte dorfprägend war: Kirche, Rathaus und<br />
Gaststätte. Vorne rechts ist das Mehrfamilienhaus zu sehen, das von Bürgern der Gemeinde finanziert<br />
wurde.<br />
Drohnenfoto: Ufuk Arslan<br />
Bühlerzell<br />
Kontakt<br />
Gemeinde Bühlerzell<br />
Heilberger Straße 4<br />
74426 Bühlerzell<br />
Tel. 07974 9390-0<br />
info@buehlerzell.de<br />
Grußwort<br />
Herzlichen Glückwunsch<br />
aus Bühlerzell<br />
Heute ist es für uns eine Selbstverständlichkeit in<br />
einem geeinten <strong>Landkreis</strong> zu leben.<br />
Kooperationen, Zusammenarbeit und Zusammenschlüsse<br />
sind in allen gesellschaftlichen und<br />
wirtschaftlichen Bereichen ein wichtiger Bestandteil<br />
des Erfolgs. Sie sind Garant für die Zukunftsfähigkeit<br />
aber auch Garant für die Wahrung der<br />
Individualität in den einzelnen Regionen unseres<br />
<strong>Landkreis</strong>es.<br />
In Bühlerzell steht der Gemeinschaftssinn bei<br />
allen Vereinen und Organisationen im Vordergrund.<br />
Unser Fasching in Bühlerzell ist nur deswegen<br />
legendär, weil alle an einem Strang ziehen<br />
und wir miteinander agieren. Unsere Vereine und<br />
Organisationen leisten das ganze Jahr über alle<br />
eine vorbildliche Arbeit und sorgen somit für eine<br />
Kontinuität im gesellschaftlichen Miteinander.<br />
Bühlerzell entwickelt sich ständig weiter und ist<br />
eine attraktive Gemeinde für Jung und Alt. Auch<br />
wenn es immer wieder gilt Hürden zu überwinden,<br />
so durfte ich eines in Bühlerzell erfahren:<br />
Mit viel Engagement, Kreativität, Toleranz und Begeisterung<br />
lassen sich diese Hürden überwinden.<br />
Diese Eigenschaften sind die Basis für ein gutes<br />
Miteinander.<br />
Alle Kommunen der großen <strong>Landkreis</strong>familie<br />
<strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> pflegen dieses Miteinander,<br />
somit ist der Zusammenschluss der <strong>Landkreis</strong>e<br />
Crailsheim und <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> voll gelungen.<br />
Ich wünsche uns allen weiterhin viel Engagement,<br />
Kreativität, Toleranz und Begeisterung, damit wir<br />
gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft<br />
meistern können.<br />
Thomas Botschek<br />
Bürgermeister<br />
Basisdaten<br />
Einwohnerzahl: 2126<br />
Fläche: 4932 ha<br />
Teilorte: Geifertshofen, Gantenwald,<br />
Gerabronn, Hambacher Mühle, Heilberg,<br />
Hinterwald, Hochbronn, Holenstein,<br />
Imberg, Immersberg, Kammerstatt,<br />
Mangoldshausen, Röhmen,<br />
Röhmensägmühle, Schönbronn,<br />
Säghalden, Senzenberg, Spitzenberg,<br />
Steinenbühl, Trögelsberg, Wurzelhof,<br />
Wurzelbühl, Benzenhof, Brunnenhaus,<br />
Eichberg, Lautenhof, Roßberg, Spatzenhof,<br />
Stockhäusle, Teuerzen Sägmühle,<br />
Weißenhof, Ziegelmühle<br />
Bürgermeister: Thomas Botschek (61)<br />
Partnergemeinden: St. Koloman,<br />
Österreich<br />
3 Sehenswürdigkeiten: Lourdes Grotte,<br />
Kirche St. Maria in Bühlerzell,<br />
Dorfkäserei Geifertshofen<br />
3 größte Vereine: Sportfreunde Bühlerzell,<br />
1105 Mitglieder; Musikverein<br />
Bühlerzell, 172 Mitglieder; Landfrauenverein,<br />
119 Mitglieder<br />
3 größte Unternehmen: Firma Wied,<br />
am Standort Bühlerzell, 102 Mitarbeiter;<br />
Altenpflegeheim St. Josef, 63 Mitarbeiter;<br />
Gemeinde Bühlerzell,<br />
<strong>50</strong> Mitarbeiter<br />
Dörfer lebenswert gestalten<br />
Zukunft Von der Grundschule bis zum Katastrophenmanagement:<br />
Die Gemeinde Bühlerzell entwickelt Perspektiven.<br />
Bühlerzell. Corona hatte das Projekt<br />
ausgebremst, jetzt soll es umgesetzt<br />
werden: Bühlerzell plant,<br />
in Kooperation mit der Städtebau<br />
GmbH Wüstenrot sowie unter Beteiligung<br />
der Bürger ein Gemeindeentwicklungskonzept<br />
zu erstellen.<br />
„Das ist ergebnisoffen“, stellt<br />
Bürgermeister Thomas Botschek<br />
fest. Festgelegt werden soll im<br />
Dialog mit den Bürgern, wie die<br />
Gemeinde in 15, 20 <strong>Jahre</strong>n aussehen<br />
soll. Dabei geht es sowohl um<br />
die Infrastruktur als auch um das<br />
soziale Miteinander. Die erarbeiteten<br />
Wünsche sollen in den Folgejahren<br />
als Richtschnur, als Ziel<br />
fungieren.<br />
Die Umsetzung steht auch<br />
beim Breitband an, in diesem Mai<br />
beginnt die Bauphase. Bis 2025<br />
sollen alle bislang un- oder<br />
schlecht versorgten Haushalte<br />
auf schnelles Internet zugreifen<br />
können. Das größte und sichtbarste<br />
Projekt für die Zukunft in<br />
Bühlerzell wird der Ersatzneubau<br />
der Rudolf-Mühleck-<strong>Hall</strong>e sein.<br />
In der April-Gemeinderatssitzung<br />
gab Architekt Jörg Seyfried<br />
seine Visitenkarte ab, stellte vor,<br />
welche <strong>Hall</strong>enprojekte er bislang<br />
Nah an der Schule, nah am Zentrum und bei den Bürgern: Der Neubau<br />
der Festhalle ist am seitherigen Platz geplant. Foto: Arslan/Archiv<br />
verwirklicht hat. Wann die Abrissbirne<br />
kommt, hängt auch davon<br />
ab, aus welchen Fördertöpfen<br />
die Gemeinde bezuschusst<br />
wird. Die neue Mehrzweckhalle<br />
wird künftig auch für die Ganztagsbetreuung<br />
an der Grundschule<br />
gebraucht, die ab Schuljahr<br />
2026/27 verpflichtend eingeführt<br />
werden soll.<br />
Damit Dörfer lebenswert bleiben,<br />
braucht es innerörtliche Entwicklung.<br />
Eine der Aufgaben für<br />
das Rathaus: Den Leerstand dokumentieren<br />
und Lösungen für<br />
die Wohnentwicklung finden.<br />
Seniorenbus organisieren<br />
Thomas Botschek hat einige Themen<br />
auf seiner To-do-Liste: der<br />
Anschluss an die geplante gemeinsame<br />
Kläranlage in Obersontheim,<br />
die Sanierung von maroden<br />
Kanälen, die Ableitung von<br />
Regenwasser. „Wir müssen die<br />
Friedhöfe neu strukturieren, das<br />
Wandernetz aktualisieren, das<br />
Gebäudemanagement überarbeiten,<br />
einen Seniorenbus organisieren.“<br />
Bundesweit ein Thema ist der<br />
Fachkräftemangel. Personal zu<br />
finden, ist auch in Rathäusern<br />
eine Herausforderung. Bühlerzell<br />
werde deshalb prüfen, ob im Bauhof<br />
oder im Hausmeisterbereich<br />
auf interkommunaler Ebene Vertretungsregelungen<br />
realisiert<br />
werden können.<br />
Der Klimawandel mit seinen<br />
Folgen – Starkregen ebenso wie<br />
Hitze und Dürre – fordere den Katastrophenschutz,<br />
sagt Thomas<br />
Botschek. „Es geht darum, wie<br />
Kommunen bei Katastrophen<br />
funktionsfähig bleiben.“ Welche<br />
Szenarien sind möglich und können<br />
wie bewältigt werden. Lösungen<br />
dazu erarbeitet Bühlerzell mit<br />
den Nachbarkommunen und dem<br />
Kreis.<br />
sel