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50 Jahre Landkreis Schwäbisch Hall 2023

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LANGENBURG<br />

Seite 30<br />

Langenburg ist die Perle des Jagsttals<br />

Rückblick Einiges ist erreicht worden in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n, in jedem Fall viel mehr, als aufgrund der desolaten Haushaltslage zu<br />

erwarten war. Der Stadt hat’s gutgetan. Von Birgit Trinkle<br />

In Langenburg ist Hohenlohe<br />

am schönsten“, wird dem Dekansbub’<br />

und Historiker Otto<br />

Borst zugeschrieben. Damit<br />

das so bleibt, muss die finanzschwache<br />

Gemeinde um Gestaltungsspielraum<br />

kämpfen. „Dafür<br />

ist uns erstaunlich viel gelungen“,<br />

so Bürgermeister Wolfgang Class<br />

mit Blick auf Schule, Kindergarten,<br />

Stadthalle oder auch den Anschluss<br />

von Ober- und Unterregenbach<br />

an die Kanalisation.<br />

Der Spagat zwischen notwendigen<br />

Investitionen und der<br />

Haushaltskonsolidierung, zwischen<br />

dem Erhalt der Infrastruktur<br />

und dem Zwang, Verschuldung<br />

abzubauen, droht Langenburg<br />

immer wieder zu zerreißen.<br />

Ein Beispiel dafür ist die Gartenstraße,<br />

die seit vielen <strong>Jahre</strong>n dringend<br />

saniert werden müsste, für<br />

die Einwohner, aber auch für die<br />

Gäste. Fünfmal ist die Sanierung<br />

am Einspruch der Aufsichtsbehörde<br />

gescheitert: „Mittlerweile<br />

würde das Ganze mindestens das<br />

Doppelte kosten, da die Baukosten<br />

und Finanzierungszinsen erheblich<br />

gestiegen sind“, so Class.<br />

Seit <strong>Jahre</strong>n warnt er vor einer Abwärtsspirale,<br />

wenn den Erwartungen<br />

einer Stadtgesellschaft, aber<br />

auch des Fremdenverkehrs nicht<br />

länger entsprochen werden könne.<br />

Die Fürstlichen Gartentage in Langenburg strahlen auf halb Süddeutschland aus.<br />

Hohe Verschuldung<br />

Bei einer beeinträchtigten Wohnund<br />

Aufenthaltsqualität sei es<br />

schlicht nicht möglich, mehr Einwohner<br />

zu gewinnen und neues<br />

Gewerbe anzusiedeln – was beides<br />

so wichtig wäre, nicht zuletzt<br />

für die Pro-Kopf-Verschuldung,<br />

für Einkommens- und Gewerbesteuer.<br />

„Und wenn alles heruntergewirtschaftet<br />

ist, kommen auch<br />

keine Touristen.“ Für Class lässt<br />

sich die Misere auf eine Frage herunterbrechen:<br />

„Was bringt den<br />

Menschen vor Ort mehr – eine<br />

Pro-Kopf-Verschuldung von 3000<br />

Euro oder eine von tausend Euro,<br />

aber mit einer unsanierten Schule<br />

mit Toiletten im Außenbereich<br />

und einer heruntergekommenen<br />

Stadthalle ohne Lüftung, in der<br />

Veranstaltungen und Turnunterricht<br />

eine Zumutung sind.“ Langenburg<br />

hat sich fürs Gestalten<br />

entschieden, und das hat, so<br />

Class, richtig viel Freude gemacht.<br />

Möglich sei so etwas nur<br />

mit einem starken Gemeinderat,<br />

in dem Parteipolitik keine Rolle<br />

spielt.<br />

Kampf um die Finanzen<br />

Leicht war das nicht. Unvergessen<br />

sind die Aufforderungen des<br />

Landratsamts, ein Haushaltssicherungskonzept<br />

aufzustellen.<br />

2001 war Langenburg die am<br />

höchsten verschuldete Gemeinde<br />

Baden-Württembergs. Die damalige<br />

Pro-Kopf-Verschuldung<br />

von 5431 Euro wurde auf rund<br />

3300 Euro reduziert, obwohl Millionenbeträge<br />

in Hoch- und Tiefbaumaßnahmen<br />

flossen. Und<br />

noch immer wurden weitere<br />

Sparmaßnahmen verlangt. Es<br />

gebe schlicht keine weiteren<br />

Spielräume, so hat Class immer<br />

wieder bekannt gegeben. Das Personal<br />

könne nicht noch weiter abgebaut<br />

werden; der erhöhte Aufwand<br />

lasse sich ohnehin nur<br />

Foto: Birgit Trinkle<br />

durch das Engagement der städtischen<br />

Mitarbeiter auffangen.<br />

Über die Pflichtaufgaben hinaus<br />

betreibe Langenburg ein – vom<br />

Förderverein mitgetragenes –<br />

Freibad, ein Fremdenverkehrsamt<br />

und ein Kulturamt, und diese Einrichtungen<br />

seien für einen Luftkur-<br />

und Fremdenverkehrsort von<br />

herausragender Bedeutung. Viele<br />

Arbeitsplätze hängen direkt<br />

und indirekt vom Fremdenverkehr<br />

ab. Sollte all das geschlossen<br />

werden müssen, so Class, müsste<br />

dies im Rahmen der Zwangsverwaltung<br />

verfügt werden: „Der Gemeinderat<br />

wird nämlich daran<br />

festhalten.“<br />

Tourismus wird wichtiger<br />

Selbst während der Corona-<strong>Jahre</strong>,<br />

als nichts geöffnet, nichts angeboten<br />

werden konnte, kamen Erholungssuchende.<br />

Mittlerweile<br />

liegt die Übernachtungszahl bei<br />

jährlich knapp <strong>50</strong> 000, ein Rekordwert.<br />

Die meisten dieser Gäste<br />

kommen in Wolfgang Maiers<br />

Wellness-Resort Mawell, aber<br />

auch der Hochzeitstourismus mit<br />

neugewonnenen Möglichkeiten<br />

in Ludwigsruhe gewinnt an Bedeutung,<br />

von Ostermontagsmarkt,<br />

Garten- und Herbsttagen<br />

gar nicht zu reden.<br />

Großer Zusammenhalt<br />

Bei allen Einschnitten und Einschränkungen:<br />

Einen Vorteil hat<br />

die Finanznot. Der Not gehorchend,<br />

sei großer Zusammenhalt<br />

entstanden, so der Bürgermeister.<br />

Zugunsten der Renovierung des<br />

Torwachthauses gab es etwa<br />

Amtsgerichts- und Schlossführungen,<br />

viele haben ihren Teil<br />

dazu beigetragen und darüber sei<br />

nicht nur Geld gesammelt worden,<br />

sondern auch ein ganz neues<br />

Gemeinschaftsgefühl entstanden:<br />

„gesellschaftlicher Mehrwert“.<br />

Auch in anderen Bereichen<br />

sei das zu beobachten, bei Vereinsprojekten<br />

ebenso wie beim<br />

Buswartehäuschen in Atzenrod<br />

oder beim Badhäusle in Bächlingen,<br />

die von den Jugendlichen vor<br />

Ort saniert worden sind. Auch das<br />

kulturelle Angebot mit den<br />

Schlosskonzerten oder dem Angebot<br />

im Philosophenkeller lebt<br />

von diesem Miteinander.<br />

Langenburg<br />

Kontakt<br />

Stadt Langenburg<br />

Hauptstraße 15<br />

74595 Langenburg<br />

Tel. 07905 9102-0<br />

post@langenburg.de<br />

Grußwort<br />

Herzlich willkommen<br />

in Langenburg<br />

Zum Jubiläum „<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Landkreis</strong> <strong>Schwäbisch</strong><br />

<strong>Hall</strong>“ überbringe ich sehr gerne die Grüße und<br />

Glückwünsche der Stadt Langenburg.<br />

Direkt an der ehemaligen Kreisgrenze und damit<br />

an der Nahtstelle zwischen den Altkreisen Crailsheim<br />

und <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> gelegen, freut sich<br />

die Stadt Langenburg über dieses besondere<br />

Jubiläum. Denn nicht nur die beiden Altkreise<br />

samt Gaildorfer Verwaltungsraum sind in den<br />

vergangenen fünf Jahrzehnten zusammengewachsen,<br />

sondern in diesem gleichlangen Zeitraum<br />

auch die ehemalige selbständige Gemeinde<br />

Bächlingen mit der Stadt Langenburg, die sich<br />

im Zuge der Gemeindereform vor <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n zusammengeschlossen<br />

haben. „Zusammen ist jeder<br />

stärker als allein“ Unter diesem Motto hat sich<br />

der <strong>Landkreis</strong> zu einer starken Wirtschaftsregion<br />

und die Stadt Langenburg zu einer touristischen<br />

Top-Destination entwickelt, wo es sich hervorragend<br />

Leben und Arbeiten lässt.<br />

In diesem Sinne eine weiterhin gedeihliche Entwicklung<br />

für Kreis und Stadt!<br />

Wolfgang Class<br />

Bürgermeister<br />

Basisdaten<br />

Einwohnerzahl: 1.957<br />

Fläche: 31,4 km 2<br />

Teilorte: Langenburg, Atzenrod,<br />

Bächlingen, Nesselbach, Oberregenbach,<br />

Unterregenbach, Ludwigsruhe,<br />

Neuhof, Hürden<br />

Bürgermeister: Wolfgang Class (59)<br />

Partnergemeinden: keine<br />

3 Sehenswürdigkeiten: Schloss<br />

Langenburg mit dem Deutschen<br />

Automuseum und Schlossmuseum,<br />

Krypta und Grabungsmuseum Unterregenbach,<br />

Löchnersche Schmiede<br />

Langenburg<br />

3 größte Vereine: TSV Langenburg,<br />

Freibadfreunde Langenburg,<br />

FC Langenburg<br />

3 größte Unternehmen: Mawell<br />

Resort, Farmbau, Firma Großeibl<br />

Drei Sonntagsspaziergänge<br />

Freizeit Die Rekordzahl an Übernachtungen ist im Mawell Resort<br />

begründet, aber auch in der Vielzahl potenzieller Lieblingsorte.<br />

Langenburg. Lust auf einen Sonntagsspaziergang<br />

in Langenburg?<br />

Das bedeutet nicht zwangsläufig<br />

die zum Schloss hinführende barocke<br />

Prachtstraße. Vor allem im<br />

Sommer ist es auch im Schatten<br />

der Nordmauer sehr angenehm.<br />

Erste Station ist der Wehrturm im<br />

Nordosten der mittelalterlichen<br />

Stadtmauer, der Spital war, ein<br />

Gefängnis und nicht zuletzt vielen<br />

Familien ein Daheim. Der gut<br />

gepflegte Pfad am Fuß der Mauer<br />

wurde vom früheren Bürgermeister<br />

Dieter Klapschuweit augenzwinkernd<br />

„Philosophenweg“<br />

genannt, bekannt ist er auch als<br />

Reitweg: Es gibt eine direkte Verbindung<br />

zum Marstall – heute das<br />

Deutsche Automobilmuseum –;<br />

die Fürstenfamilie und ihre Gäste<br />

ritten selten die Hauptstraße<br />

entlang, um mit ihren Rössern<br />

über den Suhlberg in den Wald<br />

zur Jagd zu kommen. Am Ende<br />

des Weges stehen das Schloss mit<br />

seinen Türmen und dem Blick<br />

aufs Jagsttal; wem der Sinn eher<br />

nach einer Tasse Kaffee oder einem<br />

Erdbeereis im Wibeles-Haus<br />

steht, kann bereits vorher den<br />

Treppen-Durchlass am Philosophenkeller<br />

nehmen – um dann<br />

vermutlich erstmal in der malerischen<br />

Hinteren Gasse zu verharren,<br />

in der sich über Jahrzehnte<br />

so wenig verändert hat.<br />

Auf die Sonnenseite<br />

Wer die Sonnenseite sehen und<br />

genießen will, buchstäblich, überquert<br />

die Hauptstraße und findet<br />

dort viel mehr als den Blick übers<br />

Jagsttal, für den die Stadt bekannt<br />

ist. Unter anderem lockt dort das<br />

Rumänenhäusle; und es ist nur<br />

schwer vorstellbar, dass Hohenlohe<br />

irgendwo schöner ist. Aber<br />

Langenburg ist so viel mehr als<br />

der die kleine Stadt überm Jagsttal.<br />

Die Archenbrücken – uralte<br />

oder irgendwann erneuerte überdachte<br />

Holzbrücken – führen im<br />

Tal über die Jagst und zur großen<br />

Basilika in Unterregenbach.<br />

Das ist eine dreischiffige Kirche<br />

mit <strong>Hall</strong>enkrypta, die Jahrhundertelang<br />

vergessen war und bis heute<br />

Rätsel aufgibt.<br />

Romantik und Natur<br />

Wer’s gerne romantisch hat, kann<br />

auf den Spuren des „Seelchens“<br />

wandern, der Hauptfigur aus<br />

Agnes Günthers Roman „Die Heilige<br />

und ihr Narr“, der Langenburg<br />

einst berühmt gemacht hat.<br />

Vom Wanderparkplatz Tränkbuck<br />

bei Azenrot aus geht’s rechter<br />

Hand zu uralten Eichen und zu<br />

einem Märchenwald mit Totholz,<br />

Pilzen, Moosen, Farnen und Zittergras-Segge.<br />

Auf der linken Seite<br />

führt ein alter Reitweg der<br />

Fürstenfamilie zur Kastanienallee<br />

und dann zur Jagdhütte, die im<br />

Roman eine so entscheidende<br />

Rolle spielt. Wer der Natur den<br />

Vorzug gibt vor dem Seelchen<br />

und seinem Waldhaus, geht dann<br />

weiter auf den von Ehrenamtlichen<br />

angelegten Seelchenweg mit<br />

vielen kleinen Brücken, der ein<br />

Naturparadies mit mehreren<br />

Tümpeln erschließt. Ringelnattern<br />

und Unken sind hier daheim,<br />

Schmetterlinge, Heupferde, Libellen.<br />

Das Raue Weidenröschen<br />

und das Wiesenkönigin genannte<br />

Mädesüß blühen, Tollkirsche<br />

und Gilbweiderich: Farben und<br />

Gerüche, soviel die Sinne aufnehmen<br />

können. Manchmal ist die<br />

Natur so kitschig schön, wie’s<br />

kein Buch vermag.<br />

bt<br />

Info Informationen und weitere Ausflugstipps<br />

gibt es unter Langenburg.de<br />

Fritz Abel, der die Wege freihält, auf den Spuren von Agnes Günther<br />

und ihrer Romanheldin.<br />

Foto: Birgit Trinkle

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