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50 Jahre Landkreis Schwäbisch Hall 2023

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KIRCHBERG/JAGST<br />

Seite 28<br />

Kultur und Natur im schönen Kirchberg<br />

Zukunft Die Voraussetzung für all die Feste und Veranstaltungen, mit denen die Stadt punktet, ist eine gute Stadtentwicklung. Dafür<br />

wurden rechtzeitig Schwerpunkte gesetzt. Diese dann konsequent umzusetzen, ist nicht einfach. Von Birgit Trinkle<br />

Es läuft in Kirchberg. Ungezählte<br />

Projekte werden<br />

dem Anspruch gerecht,<br />

„Kunst und Natur“ nicht<br />

nur anzubieten, sondern geradezu<br />

zu zelebrieren. Das hat viel mit<br />

Ehrenamt zu tun, bei Ausstellungen<br />

und Museen ebenso wie in<br />

Putzeten und Naturschutzvorhaben.<br />

Aber das ist es nicht allein.<br />

Seit die Stadt 1972 mit Gaggstatt<br />

und Hornberg, drei <strong>Jahre</strong> später<br />

mit Lendsiedel zusammengewachsen<br />

ist, hat sie sich immer<br />

wieder neu erfunden.<br />

Der Gemeinderat<br />

hat erkannt,<br />

was wichtig ist und<br />

klare Entscheidungen<br />

getroffen.<br />

Stefan Ohr<br />

Bürgermeister von Kirchberg/Jagst<br />

„Der Kirchberger Gemeinderat<br />

ist gewillt, Dinge strukturell anzugehen“:<br />

Für Bürgermeister Stefan<br />

Ohr ist das ein großes Plus,<br />

etwas, das der Stadt sehr zugutekommt.<br />

Eine große Hilfe dabei ist<br />

das Zukunftskonzept 2030, das<br />

2018 beschlossen wurde und Entwicklungsschwerpunkte<br />

festlegte.<br />

Dieses Konzept wurde erst vor<br />

wenigen Wochen aktualisiert. Ein<br />

Punkt darin ist die Wohnbauentwicklung.<br />

In diesem Rahmen<br />

wurde das Sanierungsgebiet Lindenquartier<br />

auf den Weg gebracht,<br />

das den früheren Edeka-<br />

Markt ebenso überplant wie das<br />

alte Fabrikgebäude, das in absehbarer<br />

Zeit von der Schlossschule<br />

geräumt wird und dann für die<br />

Zukunftsplanung zur Verfügung<br />

Der Kirchberger Büchermarkt ist ein Anziehungspunkt für Buchliebhaber aus der gesamten Region.<br />

steht. Konkret wird dort gemeinsam<br />

mit der evangelischen Heimstiftung<br />

ein Generationenplatz<br />

geplant und das Seniorenheim<br />

neu gebaut. Grundsätzlich haben<br />

es sich die Kirchberger zum Ziel<br />

gesetzt, Meilensteine in der Stadtentwicklung<br />

rechtzeitig zu setzen<br />

und auf deren Umsetzung hinzuarbeiten.<br />

Auch „Im Stück“ am<br />

neuen Rewe-Markt wird derzeit<br />

gebaut. „Oberloh“, das große Entwicklungsgebiet<br />

zwischen Kirchberg<br />

und Lendsiedel, steht während<br />

der kommenden Jahrzehnte<br />

für die Stadtentwicklung zur Verfügung;<br />

momentan wird der erste<br />

von fünf Bauabschnitten überplant,<br />

danach steht die Entscheidung<br />

über die Erschließung an.<br />

Energie der Zukunft<br />

Bürgermeister Ohr erinnert sich<br />

daran, wie vor zehn <strong>Jahre</strong>n über<br />

erneuerbare Energien diskutiert<br />

wurde, über Windräder und Freiflächenfotovoltaik.<br />

Ob das der<br />

richtige Weg für Kirchberg war?<br />

Foto: Stadt Kirchberg/Jagst<br />

Der Stadtrat hat sich dann aber<br />

schnell und klar positioniert und<br />

eine Zukunftsaufgabe gesehen,<br />

der sich Kirchberg stellen müsse.<br />

Im Nachhinein sei es die richtige<br />

Entscheidung gewesen, nach<br />

Kräften an der Energiewende teilzuhaben.<br />

„Seither ist einiges gelaufen“,<br />

so Ohr mit Blick auf die<br />

bereits bebauten sieben Hektar<br />

Freiflächenfotovoltaik und nunmehr<br />

insgesamt elf Windräder,<br />

für die Bebauungspläne auf den<br />

Weg gebracht und der Flächennutzungsplan<br />

entsprechend umgearbeitet<br />

wurde.<br />

Auch ein anderes Thema ist buchstäblich<br />

zukunftsorientiert. Zum<br />

einen stellt sich Kirchberg derzeit<br />

im Kindergarten- und Schulbereich<br />

neu auf – bis Ende dieses<br />

Schuljahres sind die Kleinen noch<br />

in der Gaggstatter Grundschule<br />

untergebracht und ziehen dann<br />

um nach Kirchberg –, zum anderen<br />

wurden und werden große<br />

Summen in den Umbau zur Ganztagesschule<br />

mit Mensa und in die<br />

Schulsanierung investiert. Solche<br />

Projekte einvernehmlich auf den<br />

Weg zu bringen, das ist viel wert,<br />

sagt Ohr. Die Meilensteine, die<br />

gesetzt wurden, haben die Stadt<br />

vorangebracht: „Der Gemeinderat<br />

hat zum rechten Zeitpunkt erkannt,<br />

was wichtig ist und klare<br />

Entscheidungen getroffen.“<br />

Vorhandenes bewahren<br />

Nur mit einem so vorausschauenden<br />

Blick gelingt es, die Vergangenheit<br />

zu bewahren, ihr gar ein<br />

ums andere Mal ein Denkmal zu<br />

setzen. Die Geologen der Stadt<br />

widmen sich vor allem der Trias,<br />

der einzigen Periode der Erdgeschichte,<br />

die nach einem Massenaussterben<br />

begann und mit einem<br />

Massenaussterben endete und<br />

präsentieren immer wieder neue<br />

Erkenntnisse. In der historischen<br />

Altstadt ist das Kornhaus eine Attraktion,<br />

in dem 1546 ein Kaiser<br />

übernachtete, in dessen Reich die<br />

Sonne nicht unterging. Im heutigen<br />

Rathaus wurde Friedrich Jäger<br />

geboren, der den Umsturzversuch<br />

am 20. Juli 1944 mit dem Leben<br />

bezahlte. Auch die Kirche –<br />

obgleich 1929 bei einem Brand<br />

zerstört und wieder neu aufgebaut<br />

– ist ein Schatz, der allein<br />

den Besuch Kirchbergs lohnt.<br />

Die großen Feste<br />

Jedes Jahr im Februar wird zudem<br />

zum Stadtfeiertag gebeten; es gibt<br />

Märkte, das Kino „Klappe“, Konzerte,<br />

Veranstaltungen aller Art.<br />

Zu nennen ist das Fest im barocken<br />

Hofgarten und in der Orangerie.<br />

Oder der Büchermarkt in<br />

der Altstadt; Eldorado für alle, die<br />

Bücher lieben und sich über Lesungen,<br />

Ausstellungen und Kunst<br />

zum Thema Buch freuen.<br />

Kirchberg/Jagst<br />

Kontakt<br />

Stadt Kirchberg/Jagst<br />

Schloßstraße 10<br />

74592 Kirchberg/Jagst<br />

Tel. 07954 9801-0<br />

info@kirchberg-jagst.de<br />

Grußwort<br />

Herzlich willkommen<br />

in Kirchberg/Jagst<br />

Am 30.11.1373, verlieh Kaiser Karl IV Stadtrechte<br />

an Kirchberg an der Jagst. Seit genau 6<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n<br />

heißt es „Stadt Kirchberg an der Jagst“. Aus<br />

dem früheren Fürstensitz Hohenlohe-Kirchberg<br />

wurde mit Abschluss der Eingemeindungen von<br />

Gaggstatt, Hornberg und zuletzt Lendsiedel am<br />

1.1.1975 das heutige Kirchberg an der Jagst.<br />

Kirchberg zeichnet sich durch einen abwechslungsreichen<br />

kulturellen <strong>Jahre</strong>sverlauf aus.<br />

Beginnend mit dem Stadtfeiertag mit Mittelaltermarkt<br />

im Februar, über den Büchermarkt im<br />

Juni, das Hofgartenfest im Juli endet es mit dem<br />

Weihnachtsmarkt am zweiten Adventswochenende.<br />

Es sind regelmäßig Kunstausstellungen zu<br />

sehen im Sandelschen Museum und der Orangerie.<br />

Zu hören gibt es klassische Musik auf<br />

Spitzenniveau bei den Schlosskonzerten. Zudem<br />

sorgen die Kirchbergerinnen und Kirchberger in<br />

vielen verschiedenen Vereinen für eine lebendige<br />

Gemeinschaft.<br />

Die wunderschöne Naturlandschaft des Kirchberger<br />

Jagsttals wird von vielen Touristen auf dem<br />

Kocher-Jagst-Radweg „erradelt“. Dementsprechend<br />

ist in Kirchberg der Natur- und Landschaftsschutz<br />

von besonderer Bedeutung. Selbstverständlich<br />

werden auch erneuerbare Energien in<br />

großer Menge erzeugt u. a. mit 11 Windrädern<br />

und über die GrünStrom Kirchberg GmbH an Gewerbe-<br />

und Privatkunden verkauft.<br />

Das Kirchberger Stadtmotto lautet „Kunst und<br />

Natur“ – Kommen Sie und erleben Sie es selbst.<br />

Stefan Ohr<br />

Bürgermeister<br />

Basisdaten<br />

Einwohnerzahl: 4.<strong>50</strong>2<br />

Fläche: 40,93 km²<br />

Teilorte: Gaggstatt mit Lobenhausen<br />

und Mistlau, Hornberg, Lendsiedel<br />

mit Diembot, Dörrmenz, Eichenau,<br />

Herboldshausen, Kleinallmerspann und<br />

Weckelweiler<br />

Bürgermeister: Stefan Ohr (54)<br />

Partnergemeinden: Städtefreundschaft<br />

mit Weißensee in Thüringen<br />

3 Sehenswürdigkeiten: u. a. Schloss<br />

Kirchberg, Stadtturm Kirchberg<br />

und Jugendstilkirche Gaggstatt<br />

3 größte Vereine: TSG Kirchberg,<br />

1.020 Mitglieder; NABU Ortsgruppe<br />

Kirchberg, 517 Mitglieder; Sengeno,<br />

263 Mitlieder<br />

3 größte Unternehmen: Sozialtherapeutische<br />

Gemeinschaften Weckelweiler<br />

e.V., 355 Mitarbeiter, Werkstattbeschäftigten<br />

in der Werkstatt<br />

für Menschen mit Behinderung, 330<br />

insgesamt 711 Menschen, Stegmaier-<br />

Group, 420 Mitarbeiter, Roland Deeg<br />

GmbH, 170 Mitarbeiter<br />

Vergangenheit und Zukunft<br />

Wurzeln Die Stadt Kirchberg hoch über der Jagst ist ohne ihr Schloss<br />

kaum denkbar. Bis heute werden dazu Geschichten erzählt.<br />

Kirchberg/Jagst. So viel Geschichte,<br />

so viele Geschichten sind mit<br />

dem Kirchberger Schloss verbunden,<br />

der größten Schlossanlage<br />

Hohenlohes. Stadtführer Albert<br />

Albrecht erzählt vom späteren<br />

Kirchberger Fürst Karl Friedrich<br />

Ludwig Heinrich zu Hohenlohe-<br />

Kirchberg, der als junger Mann<br />

Napoleons Russland-Feldzug nur<br />

überlebt habe, weil ihn sein Reitknecht<br />

wundersamerweise über<br />

den Fluss Beresina schaffen konnte<br />

– an dem einige tausend Soldaten<br />

aus Württemberg einen<br />

furchtbaren Tod starben. Die<br />

Nachkommen dieses Reitknechts,<br />

so Albrecht, führen das nicht auf<br />

ein Wunder zurück, sondern auf<br />

ausgezeichnete Kontakte zum<br />

Versorgungstross: „Man hat ihn<br />

trotz strengster Verbote zwischen<br />

den Mehlsäcken versteckt.“<br />

Alle für einen<br />

Die Kirchberger und ihr Schloss<br />

waren und sind untrennbar verbunden.<br />

Das zeigt unter anderem<br />

der wieder hergestellte historische<br />

Abflusstunnel in Kirchbergs<br />

Flussaue. Helmut Klingler vom<br />

Arbeitskreis Stadtgeschichte erzählt<br />

davon, wie die Jagst irgendwann<br />

den direkten Weg nahm und<br />

den Sophienberg links liegen ließ.<br />

Aus dem alten Flusslauf wurde<br />

fruchtbares Ackerland, die „Hinter<br />

Au“. Nun gibt es eine Stelle im<br />

Tal, die tiefer und kälter ist als die<br />

Umgebung – ausgewaschen vom<br />

Fluss, zudem auf Gipsuntergrund<br />

dolinenartig eingesunken und generell<br />

fast ganzjährig im Schatten.<br />

An dieser Stelle staute sich zum<br />

größten Unglück der Besitzer alle<br />

<strong>Jahre</strong> wieder nach der Schneeschmelze<br />

bis in den Mai hinein<br />

das Wasser. 1704 befahl Graf<br />

Friedrich Eberhard von Hohenlohe-Kirchberg<br />

den Bau eines Abflusskanals<br />

– zu finanzieren von<br />

allen Eigentümern, deren abfließendes<br />

Wasser das Hochwasser<br />

verursachte. Weil sein Vorhaben<br />

auf wenig Begeisterung stieß,<br />

brachte der Graf solidarisch eigene<br />

Grundstücke in die erzwungene<br />

Entwässerungsgenossenschaft<br />

ein und wurde Vertreter einer<br />

Idee, die die Welt verändert hat.<br />

Niedergang und Aufschwung<br />

Mit dem Tod des Beresina-Überlebenden<br />

erlosch 1861 die Kirchberger<br />

Linie; die entfernte Verwandtschaft<br />

aus der Linie Hohenlohe-Neuenstein,<br />

die den Besitz<br />

übernahm, war bei weitem<br />

nicht so interessiert. Ein Niedergang<br />

begann, bis die Evangelische<br />

Heimstiftung, das Schloss 1952 gekauft<br />

hat. Noch heute gibt es im<br />

vorderen Teil der Anlage ein Alten-<br />

und Pflegeheim.<br />

Als Stefan Ohr 2008 in Kirchberg<br />

antrat, um Bürgermeister zu werden,<br />

stand ein „Riesen-Fragezeichen<br />

über dem Schloss“, wie er<br />

sich erinnert: „Das war im Wahlkampf<br />

ein zentrales Thema.“ Der<br />

Wunsch, das Kirchberger Wahrzeichen<br />

möge ein offenes Haus<br />

bleiben, wurde schließlich von<br />

Rudolf Bühler erfüllt, der mit der<br />

gemeinnützigen Stiftung „Haus<br />

der Bauern“ nach dem Kauf der<br />

Immobilie im Jahr 2015 den jahrzehntelangen<br />

Sanierungsstau in<br />

Angriff nahm. Der Leerstand füllte<br />

sich, bis das Schloss zu neuem<br />

Leben erwacht war. Mittlerweile<br />

gibt es dort die Akademie für ökologische<br />

Land- und Ernährungswirtschaft,<br />

den Regionalsitz der<br />

Bio-Musterregion sowie ein Kulturzentrum.<br />

bt<br />

Seit Jahrhunderten thront das Kirchberger Schloss weithin sichtbar<br />

über dem Jagsttal.<br />

Foto: S. Sorg, Kirchberg

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