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das_stadtgespraech_dezember_ausgabe_2023

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so lernt die Leserschaft die junge<br />

Mei-Ling kennen, die in einem<br />

kleinen Dorf in der chinesischen<br />

Provinz lebt. Mit ihr aufgewachsen<br />

ist Nio, den sie Kleiner Bruder<br />

nennt, und der zum Flusspiraten<br />

wird. Ein aufstrebender junger<br />

Mandarin sowie ein einflussreicher<br />

Palast-Eunuch sind weitere<br />

Figuren in dem faszinierenden<br />

Ensemble. Und dann sind da natürlich<br />

auch die Briten wie der<br />

Händler John Trader, der so schnell<br />

wie möglich ein Vermögen anhäufen<br />

möchte, um für sich und<br />

seine Angebetete ein Anwesen in<br />

Schottland kaufen zu können. Trader<br />

verlässt sich darauf, <strong>das</strong>s die<br />

britische Regierung sie in allem<br />

unterstützt, was <strong>das</strong> Heimatland<br />

zur Großmacht macht. Und <strong>das</strong><br />

beinhaltet auch und gerade militärische<br />

Einsätze.<br />

Edward Rutherfurds großer<br />

historischer Roman erzählt so die<br />

Geschichte von Missverständnissen<br />

und Demütigungen, von<br />

Habgier, Liebe und uralten Traditionen.<br />

Wobei mir bei letzterem<br />

westliches Unverständnis entsteht,<br />

wenn es etwa um <strong>das</strong> Füße-Abbinden<br />

bei Frauen oder die<br />

freiwillige Kastration bei Männern<br />

geht. Langeweile kommt bei den<br />

fast tausend Seiten jedenfalls<br />

nicht auf. Neben der Unterhaltung<br />

hilft der Roman vielleicht<br />

auch, die heutige Politik Chinas<br />

besser nachvollziehen zu können.<br />

Erschienen bei Droemer, 960 Seiten,<br />

Hardcover, 32 Euro.<br />

Satu Rämö<br />

»Hildur – Die im Fjord«<br />

Verglichen mit den zuvor vorgestellten<br />

Büchern ist »Hildur« mit<br />

365 Seiten fast schon eine Novelle.<br />

Doch der Schmöker-Faktor ist<br />

definitiv auch bei diesem Krimi<br />

aus Island gegeben. Satu Rämö<br />

klingt dabei nicht besonders isländisch,<br />

denn man erwartet ja<br />

beim Nachnamen etwas mit -dottir<br />

am Ende. Die Autorin, die ihren<br />

ersten Krimi mit »Hildur« vorlegt,<br />

ist Finnin, die im Rahmen eines<br />

Austauschprogramms vor zwanzig<br />

Jahren nach Island kam. Heute<br />

lebt sie mit isländischem Mann<br />

und Kindern in Isafjöður – <strong>das</strong> ð<br />

wird wie <strong>das</strong> weiche th im Englischen<br />

gesprochen. Isafjöður liegt<br />

im wilden und vor allem einsamen<br />

Westen Islands. Im Sommer<br />

wird es von Kreuzfahrtschiffen<br />

angesteuert, wobei dann mehr<br />

Leute auf dem Schiff als im Ort<br />

sind, denn die Bevölkerung ist ge-<br />

rade einmal um 2.000 Menschen<br />

stark. Von Reykjavik braucht man<br />

sechs Stunden mit dem Auto,<br />

wenn nicht gerade Winter ist.<br />

Isafjöður ist auch der Schau-<br />

platz des Romans, dessen Haupt-<br />

person ist Hildur Rúnasdóttir ist.<br />

Die junge Frau ist Kriminalbeam-<br />

tin, und zwar die einzige in dem<br />

riesigen Gebiet der Westfjorde,<br />

auf dem statistisch gesehen weniger<br />

als ein Mensch pro Quadratkilometer<br />

wohnt – bei uns im<br />

ländlichen OWL sind <strong>das</strong> zum<br />

Vergleich 315 Menschen. Hildur<br />

hat sich jedoch ganz bewusst<br />

für ein Leben fernab der großen<br />

Stadt entschieden. In ihrer Zeit<br />

in Reykjavik hat sie sich auf <strong>das</strong><br />

Aufspüren von vermissten Kindern<br />

und Jugendlichen spezialisiert,<br />

und <strong>das</strong> nicht ohne ein<br />

Eigeninteresse. Hildurs kleine<br />

Schwestern sind vor 25 Jahren<br />

verschwunden, seitdem fehlt<br />

jede Spur von ihnen. Doch auch<br />

akut geht Rätselhaftes vor sich.<br />

Bei einem Lawinenabgang finden<br />

die Rettungskräfte einen Toten.<br />

Der ist allerdings nicht durch die<br />

Schneemassen umgekommen,<br />

sondern weil ihm die Kehle zuvor<br />

durchschnitten wurde. Hildur<br />

macht sich an die Ermittlungen<br />

unterstützt von Jakob, einem finnischen<br />

Kollegen, der ihr im Rahmen<br />

eines Austauschprogramms<br />

ein paar Monate zugeteilt ist.<br />

Jakob ist etwas besonders. Nein,<br />

er ist nicht verrückt, sondern beruhigt<br />

sich, indem er Islandpullover<br />

strickt. Die Einführung von<br />

Jakob in den Kriminalroman ist<br />

ein geschickter literarischen Kniff,<br />

denn wenn Hildur dem Kollegen<br />

aus Finnland erklärt, wie die Polizeiarbeit<br />

in Island funktioniert,<br />

ist <strong>das</strong> natürlich auch für die Leserschaft<br />

außerhalb Islands erhellend.<br />

Und so erfährt man neben<br />

der spannenden Mörderjagd beispielsweise<br />

auch davon, <strong>das</strong>s der<br />

Personalmangel der ländlichen<br />

Polizei in Island so groß ist, <strong>das</strong>s<br />

fachfremde Personen wie umgeschulte<br />

LKW-Fahrer einen Teil der<br />

Polizeiarbeit übernehmen. Bleibt<br />

zu hoffen, <strong>das</strong>s uns <strong>das</strong> nicht<br />

auch noch droht! Ferner bleibt zu<br />

hoffen, <strong>das</strong>s auch die geplanten<br />

beiden weiteren Bände der Geschichte<br />

aus Isafjöður vom Finnischen<br />

ins Deutsche übersetzt<br />

werden. Erscheinen als Taschenbuch<br />

bei Heyne, 16 Euro.<br />

A<br />

Alt und Jung miteinander verbinden<br />

Kooperation zwischen dem Altenwohnheim und dem Jugendhaus St. Aegidius wieder gestartet<br />

Schon seit vielen Jahren sind <strong>das</strong><br />

Altenwohnheim St. Aegidius und<br />

<strong>das</strong> Jugendhaus St. Aegidius durch<br />

eine enge Kooperation miteinander<br />

verbunden. Die Begegnungen von<br />

Jung und Alt sind für beide Seiten<br />

jedes Mal ein besonderes Erlebnis,<br />

<strong>das</strong> alle Beteiligte bereichert. Es gab<br />

bereits viele besondere gemeinsame<br />

Aktivitäten. Die Jugendlichen<br />

sind beispielsweise mit den Bewohnern<br />

zu McDonalds gegangen,<br />

um den älteren Menschen auch<br />

ihre Lebenswelt zu zeigen. Zudem<br />

haben die jungen und alten Menschen<br />

gemeinsam sonntags den<br />

Gottesdienst in der Kirche besucht,<br />

waren auf dem Wochenmarkt, haben<br />

Spielenachmittage veranstaltet<br />

oder sich gegenseitig zum Essen in<br />

die jeweiligen Einrichtungen eingeladen.<br />

Durch die Coronapandemie<br />

waren gemeinsame Begegnungen<br />

und Aktionen leider nicht möglich.<br />

Im Sommer gab es bereits <strong>das</strong> erste<br />

heiß ersehnte Treffen. Die Mitarbeiterinnen<br />

des Jugendhauses sind mit<br />

18 Jugendlichen zum Altenwohn-<br />

48 Das Stadtgespräch

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