Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
so lernt die Leserschaft die junge<br />
Mei-Ling kennen, die in einem<br />
kleinen Dorf in der chinesischen<br />
Provinz lebt. Mit ihr aufgewachsen<br />
ist Nio, den sie Kleiner Bruder<br />
nennt, und der zum Flusspiraten<br />
wird. Ein aufstrebender junger<br />
Mandarin sowie ein einflussreicher<br />
Palast-Eunuch sind weitere<br />
Figuren in dem faszinierenden<br />
Ensemble. Und dann sind da natürlich<br />
auch die Briten wie der<br />
Händler John Trader, der so schnell<br />
wie möglich ein Vermögen anhäufen<br />
möchte, um für sich und<br />
seine Angebetete ein Anwesen in<br />
Schottland kaufen zu können. Trader<br />
verlässt sich darauf, <strong>das</strong>s die<br />
britische Regierung sie in allem<br />
unterstützt, was <strong>das</strong> Heimatland<br />
zur Großmacht macht. Und <strong>das</strong><br />
beinhaltet auch und gerade militärische<br />
Einsätze.<br />
Edward Rutherfurds großer<br />
historischer Roman erzählt so die<br />
Geschichte von Missverständnissen<br />
und Demütigungen, von<br />
Habgier, Liebe und uralten Traditionen.<br />
Wobei mir bei letzterem<br />
westliches Unverständnis entsteht,<br />
wenn es etwa um <strong>das</strong> Füße-Abbinden<br />
bei Frauen oder die<br />
freiwillige Kastration bei Männern<br />
geht. Langeweile kommt bei den<br />
fast tausend Seiten jedenfalls<br />
nicht auf. Neben der Unterhaltung<br />
hilft der Roman vielleicht<br />
auch, die heutige Politik Chinas<br />
besser nachvollziehen zu können.<br />
Erschienen bei Droemer, 960 Seiten,<br />
Hardcover, 32 Euro.<br />
Satu Rämö<br />
»Hildur – Die im Fjord«<br />
Verglichen mit den zuvor vorgestellten<br />
Büchern ist »Hildur« mit<br />
365 Seiten fast schon eine Novelle.<br />
Doch der Schmöker-Faktor ist<br />
definitiv auch bei diesem Krimi<br />
aus Island gegeben. Satu Rämö<br />
klingt dabei nicht besonders isländisch,<br />
denn man erwartet ja<br />
beim Nachnamen etwas mit -dottir<br />
am Ende. Die Autorin, die ihren<br />
ersten Krimi mit »Hildur« vorlegt,<br />
ist Finnin, die im Rahmen eines<br />
Austauschprogramms vor zwanzig<br />
Jahren nach Island kam. Heute<br />
lebt sie mit isländischem Mann<br />
und Kindern in Isafjöður – <strong>das</strong> ð<br />
wird wie <strong>das</strong> weiche th im Englischen<br />
gesprochen. Isafjöður liegt<br />
im wilden und vor allem einsamen<br />
Westen Islands. Im Sommer<br />
wird es von Kreuzfahrtschiffen<br />
angesteuert, wobei dann mehr<br />
Leute auf dem Schiff als im Ort<br />
sind, denn die Bevölkerung ist ge-<br />
rade einmal um 2.000 Menschen<br />
stark. Von Reykjavik braucht man<br />
sechs Stunden mit dem Auto,<br />
wenn nicht gerade Winter ist.<br />
Isafjöður ist auch der Schau-<br />
platz des Romans, dessen Haupt-<br />
person ist Hildur Rúnasdóttir ist.<br />
Die junge Frau ist Kriminalbeam-<br />
tin, und zwar die einzige in dem<br />
riesigen Gebiet der Westfjorde,<br />
auf dem statistisch gesehen weniger<br />
als ein Mensch pro Quadratkilometer<br />
wohnt – bei uns im<br />
ländlichen OWL sind <strong>das</strong> zum<br />
Vergleich 315 Menschen. Hildur<br />
hat sich jedoch ganz bewusst<br />
für ein Leben fernab der großen<br />
Stadt entschieden. In ihrer Zeit<br />
in Reykjavik hat sie sich auf <strong>das</strong><br />
Aufspüren von vermissten Kindern<br />
und Jugendlichen spezialisiert,<br />
und <strong>das</strong> nicht ohne ein<br />
Eigeninteresse. Hildurs kleine<br />
Schwestern sind vor 25 Jahren<br />
verschwunden, seitdem fehlt<br />
jede Spur von ihnen. Doch auch<br />
akut geht Rätselhaftes vor sich.<br />
Bei einem Lawinenabgang finden<br />
die Rettungskräfte einen Toten.<br />
Der ist allerdings nicht durch die<br />
Schneemassen umgekommen,<br />
sondern weil ihm die Kehle zuvor<br />
durchschnitten wurde. Hildur<br />
macht sich an die Ermittlungen<br />
unterstützt von Jakob, einem finnischen<br />
Kollegen, der ihr im Rahmen<br />
eines Austauschprogramms<br />
ein paar Monate zugeteilt ist.<br />
Jakob ist etwas besonders. Nein,<br />
er ist nicht verrückt, sondern beruhigt<br />
sich, indem er Islandpullover<br />
strickt. Die Einführung von<br />
Jakob in den Kriminalroman ist<br />
ein geschickter literarischen Kniff,<br />
denn wenn Hildur dem Kollegen<br />
aus Finnland erklärt, wie die Polizeiarbeit<br />
in Island funktioniert,<br />
ist <strong>das</strong> natürlich auch für die Leserschaft<br />
außerhalb Islands erhellend.<br />
Und so erfährt man neben<br />
der spannenden Mörderjagd beispielsweise<br />
auch davon, <strong>das</strong>s der<br />
Personalmangel der ländlichen<br />
Polizei in Island so groß ist, <strong>das</strong>s<br />
fachfremde Personen wie umgeschulte<br />
LKW-Fahrer einen Teil der<br />
Polizeiarbeit übernehmen. Bleibt<br />
zu hoffen, <strong>das</strong>s uns <strong>das</strong> nicht<br />
auch noch droht! Ferner bleibt zu<br />
hoffen, <strong>das</strong>s auch die geplanten<br />
beiden weiteren Bände der Geschichte<br />
aus Isafjöður vom Finnischen<br />
ins Deutsche übersetzt<br />
werden. Erscheinen als Taschenbuch<br />
bei Heyne, 16 Euro.<br />
A<br />
Alt und Jung miteinander verbinden<br />
Kooperation zwischen dem Altenwohnheim und dem Jugendhaus St. Aegidius wieder gestartet<br />
Schon seit vielen Jahren sind <strong>das</strong><br />
Altenwohnheim St. Aegidius und<br />
<strong>das</strong> Jugendhaus St. Aegidius durch<br />
eine enge Kooperation miteinander<br />
verbunden. Die Begegnungen von<br />
Jung und Alt sind für beide Seiten<br />
jedes Mal ein besonderes Erlebnis,<br />
<strong>das</strong> alle Beteiligte bereichert. Es gab<br />
bereits viele besondere gemeinsame<br />
Aktivitäten. Die Jugendlichen<br />
sind beispielsweise mit den Bewohnern<br />
zu McDonalds gegangen,<br />
um den älteren Menschen auch<br />
ihre Lebenswelt zu zeigen. Zudem<br />
haben die jungen und alten Menschen<br />
gemeinsam sonntags den<br />
Gottesdienst in der Kirche besucht,<br />
waren auf dem Wochenmarkt, haben<br />
Spielenachmittage veranstaltet<br />
oder sich gegenseitig zum Essen in<br />
die jeweiligen Einrichtungen eingeladen.<br />
Durch die Coronapandemie<br />
waren gemeinsame Begegnungen<br />
und Aktionen leider nicht möglich.<br />
Im Sommer gab es bereits <strong>das</strong> erste<br />
heiß ersehnte Treffen. Die Mitarbeiterinnen<br />
des Jugendhauses sind mit<br />
18 Jugendlichen zum Altenwohn-<br />
48 Das Stadtgespräch