CliniCum onko 06/2023
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World Cancer Leaders’ Summit (WCLS)<br />
Klimawandel und<br />
Krebserkrankungen<br />
„Cancer and climate<br />
change“, Session im<br />
Rahmen des World<br />
Cancer Leaders’<br />
Summit (WCLS),<br />
Long Beach,<br />
California & virtuell,<br />
17.10.23<br />
Der fortschreitende Klimawandel eröffnet neue<br />
Dimensionen, die es im Bereich der weltweiten<br />
Ge sundheitsversorgung zu berücksichtigen gilt.<br />
Stetig steigende Temperaturen und immer häufiger<br />
auftretende Wetterextreme haben auch Auswirkungen<br />
auf die Onkologie. Eine steigende Zahl<br />
an Krebserkrankungen wird erwartet. Es ist daher<br />
notwendig, dass sich Gesundheitsfachkräfte mit<br />
den vielfältigen Konsequenzen des Klimawandels<br />
für die Entstehung und Behandlung von Tumoren<br />
auseinandersetzen. Von Johanna Wolfsberger, PhD<br />
❙ „Der Klimawandel ist unbestreitbar eine Kraft, die tiefgreifende<br />
Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit<br />
haben wird. Hitzebedingte Erkrankungen, Atemwegserkrankungen,<br />
Infektionskrankheiten, Ernährungsunsicherheit,<br />
psychische Probleme und auch Tumorerkrankungen<br />
werden durch den Klimawandel zunehmen“, berichtet Prof.<br />
Dr. Robert A. Hiatt, University of California, San Francisco,<br />
im Rahmen des World Cancer Leaders’ Summit <strong>2023</strong>.<br />
Im Gegensatz zu Infektionskrankheiten ist Krebs eine<br />
Krankheit, die sich langsam entwickelt, sodass eine langfristige<br />
Perspektive erforderlich ist, um die Folgen einer<br />
längeren Exposition gegenüber den durch den Klimawandel<br />
verursachten Umweltveränderungen zu verstehen. Bei<br />
dieser Perspektive geht es um das komplizierte Zusammenspiel<br />
zwischen den Emissionen von Umweltschadstoffen,<br />
insbesondere aus der Nutzung fossiler Brennstoffe,<br />
und der Zunahme verschiedener Krebsarten. „Zu den<br />
am stärksten betroffenen Krebsarten gehören Lungenund<br />
Hauttumoren sowie Krebsarten, die mit Lebensstilfaktoren<br />
wie Ernährung und körperlicher Aktivität zusammenhängen“,<br />
erklärt Hiatt.<br />
Laut dem Experten wird der Klimawandel Auswirkungen<br />
auf das gesamte „Krebskontinuum“ haben: „Von der Krebsentstehung<br />
über die Früherkennung, Behandlung und<br />
Diagnose bis hin zur Langzeitpflege – der Klimawandel ist<br />
im Begriff, jede dieser Phasen zu stören.“<br />
Luftverschmutzung als zentrales Thema<br />
Lungenkrebs stellt weltweit ein großes Gesundheitsproblem<br />
dar und fordert jährlich die meisten krebsbedingten<br />
Todesopfer. Es wird davon ausgegangen, dass die Luftverschmutzung,<br />
die in erster Linie durch Emissionen aus fossilen<br />
Brennstoffen verursacht wird, eine entscheidende<br />
Rolle bei der Verschlimmerung von Lungenkrebs spielt.<br />
Trotz der bekannten Rolle des Tabaks als Hauptursache<br />
für Lungenkrebs nehmen die Luftverschmutzung und die<br />
Belastung durch gefährliche Feinstaubpartikel (PM2,5)<br />
weiter zu. Durch den Klimawandel bedingte Phänomene<br />
wie Waldbrände machen dieses Problem noch komplexer.<br />
Bei diesen Bränden werden nicht nur die üblichen Nebenprodukte<br />
der Verbrennung freigesetzt, sondern auch verschiedene<br />
krebserregende Stoffe, z.B. aus schmelzendem<br />
Plastik. Diese Schadstoffe gelangen in die Atmosphäre,<br />
dringen in die Wasserversorgung ein und tragen zu einem<br />
wachsenden Bestand an krebserregenden Stoffen bei.<br />
Gesteigertes Krebsrisiko durch Klimawandel<br />
Auch die Zahl an Hautkrebspatient:innen wird durch den<br />
Klimawandel steigen. Denn die erhöhte UV-Strahlung, bedingt<br />
durch den Klimawandel, steigert das Hautkrebsrisiko.<br />
Gleichzeitig bedrohen die durch den Klimawandel verursachte<br />
Störung der Lebensmittelproduktion und die<br />
unsichere Ernährungslage die weltweite Verfügbarkeit gesunder<br />
Ernährungsoptionen, wodurch wiederum die Bemühungen<br />
um die Krebsprävention untergraben werden.<br />
Denn durch ungesunde Ernährung wird die Zahl an Darmkrebsfällen,<br />
aber auch an Brustkrebsfällen zunehmen, erläutert<br />
der Experte. Da rüber hinaus wird erwartet, dass die<br />
Verbreitung von Umweltgiften, darunter auch krebserregende<br />
Chemikalien, durch Naturkatastrophen stark zunehmen<br />
wird, was die Krebsproblematik weiter verschärft.<br />
Nogueira: „Menschen, bei denen<br />
Krebs diagnostiziert wurde, gehören<br />
zu den am stärksten gefährdeten<br />
Bevölkerungsgruppen im Hinblick<br />
auf den Klimawandel.“<br />
Überleben beeinträchtigt<br />
Der Einfluss des Klimawandels erstreckt sich auf jeden Aspekt<br />
der Krebserkrankung, auch auf die Überlebensaussichten.<br />
„Menschen, bei denen Krebs diagnostiziert wurde,<br />
gehören zu den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen<br />
im Hinblick auf den Klimawandel, da ihre<br />
Diagnose und Behandlung eine Reihe von physischen,<br />
psychologischen und sozioökonomischen Folgen mit sich<br />
bringen“, berichtet Leticia Nogueira, wissenschaftliche Direktorin<br />
der American Cancer Society.<br />
Der physische und psychische Tribut, den eine Krebserkrankung<br />
fordert, ist bekannt, doch wenn die Auswirkungen<br />
des Klimawandels hinzukommen, wird die Belastung<br />
noch deutlicher. So können Krebstherapien beispielsweise<br />
die Empfindlichkeit eines Menschen gegenüber Temperaturschwankungen<br />
erhöhen und anfälliger für die mit extremen<br />
Hitzewellen verbundenen Gesundheitsrisiken machen.<br />
Ebenso erhöht ein geschwächtes Immunsystem, wie<br />
Foto: DimaBerlin/stock.adobe.com<br />
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