CliniCum onko 06/2023
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Wie attraktiv ist diese Plattform für forschende<br />
Unternehmen?<br />
Sie ist ein absoluter Booster für die Entwicklung neuer<br />
Medikamente. Die Lage von seltenen Erkrankungen hat<br />
sich generell in den letzten Jahren verbessert. Bei Kinderarzneimitteln<br />
waren die Orphan Drug Designation<br />
und die Weiterentwicklung der EU Paediatric Regulation<br />
ein wichtiger Meilenstein. Die Hersteller müssen<br />
bei all ihren Medikamenten die Anwendung bei Kindern<br />
berücksichtigen und die Wirkung speziell bei Kindern<br />
und Jugendlichen belegen und entsprechend zur Zulassung<br />
einreichen. Früher war es so, dass das leider oft<br />
umgangen werden konnte, indem etwa ein Hersteller<br />
sich darauf berufen hat, dass die Erkrankung nicht relevant<br />
bei Kindern sei. Aber vielleicht hätte es eine Zweitwirkung<br />
gegeben, die sehr wohl eine Anwendung bei<br />
pädiatrischen Tumoren möglich gemacht hätte. Das<br />
wurde geändert, allerdings ist es oft schwierig, die entsprechenden<br />
präklinischen Daten für pädiatrische Tumoren<br />
zu generieren. Die Plattform füllt hier eine wesentliche<br />
Lücke.<br />
Neue Heilungschancen für<br />
rezidivierte Medulloblastome<br />
Die soeben im Journal JAMA Oncology publizierte<br />
MEMMAT-Studie unter der Leitung der MedUni Wien<br />
zeigt eine signifikant höhere Überlebensrate bei jungen<br />
Patient:innen mit einem rezidivierten Medulloblastom,<br />
die mit einer antiangiogenen Therapie behandelt<br />
wurden. In der MEMMAT-Studie wurden insgesamt<br />
40 Patient:innen im Zeitraum von 2014 bis 2021 in<br />
Österreich, Tschechien, Spanien, Frankreich, Dänemark,<br />
Schweden, Norwegen und den USA eingeschlossen,<br />
die ein zuvor bestrahltes Medulloblastom-Rezidiv<br />
hatten. Ein Viertel der Patient:innen zeigt mit der<br />
antiangiogenen Therapie ein Langzeitüberleben von<br />
mehr als fünf Jahren. Mit bisherigen Therapien gab<br />
es bei dieser Patientengruppe nur vereinzelt ein<br />
längeres Überleben.<br />
Österreich und hier die MedUni Wien gilt im Bereich<br />
der pädiatrischen Neuro<strong>onko</strong>logie als führende<br />
Forschungseinrichtung. An welchen Forschungsprojekten<br />
arbeiten Sie aktuell?<br />
Aktuell haben wir unter der Leitung von Andreas<br />
Peyrl die MEMMAT-Studie zu rezidivierten Medulloblastomen<br />
im Journal JAMA Oncology publiziert.<br />
Die Heilungschancen bei diesem höchst aggressiven<br />
Tumor liegen zwar bei Kindern und Jugendlichen<br />
bei rund 75 Prozent. Wenn Rezidive auftreten,<br />
gab es aber bisher keine kurativen Therapiemöglichkeiten.<br />
In einer internationalen Studie<br />
haben wir mit einer metronomisch antiangiogenen<br />
medikamentösen Therapie eine signifikante<br />
Steigerung der Überlebenschancen im Rezidiv<br />
auf 25 Prozent erzielten.<br />
Fotos: MedUni Wien/feelimage, Living Art Enterprises/PhotoResearchers/picturedesk.com<br />
Das sind ja sehr gute Neuigkeiten! Wie<br />
schwierig ist es denn, für die pädiatrische<br />
Onkologie Forschungsgelder für entsprechende<br />
Studien einzuwerben?<br />
Die meisten Studien hier an der MedUni Wien sind<br />
rein akademisch und werden von uns durch Spenden<br />
finanziert, so auch im Fall der MEMMAT-Studie. In dustriestudien<br />
sind noch selten, aber das ändert sich gerade.<br />
Da die Hersteller verpflichtet sind, die Wirkung aller<br />
Medikamente auch für die pädiatrische Anwendung<br />
zu testen, ergeben sich öfter klinische Studien – mit<br />
sehr erfreulichen Ergebnissen, die die Therapiemöglichkeiten<br />
erweitern. So wird beispielsweise<br />
2024 eine Kombinationstherapie aus Dabrafenib<br />
und Trametinib als Therapie für Kinder und Jugendliche<br />
mit niedriggradigem Gliom zugelassen. Diese<br />
beiden Medikamente gibt es zur Behandlung von Hautkrebs<br />
schon ewig.<br />
Aber es sind ja nicht alle Therapien für Kinder und<br />
Jugendliche geeignet ...<br />
Das stimmt. Es braucht oft auch andere Formulierungen,<br />
etwa Säfte anstelle von Tabletten. Es gibt also noch<br />
viel zu tun.<br />
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<strong>onko</strong><br />
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