Herausforderung Demographischer Wandel - Kuratorium der ...
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Sabine Gruber, Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (Mo<strong>der</strong>ation)<br />
Manfred Laux, Audi AG<br />
Dieter Paust, Verband des Kraftfahrzeuggewerbes NRW<br />
Flexible Ausbildungsdauer – Mehr Chancen für Betriebe und Bewerber<br />
Sabine Gruber<br />
Zur Bedeutung 2-jähriger Berufe<br />
Angesichts <strong>der</strong> schwierigen Situation auf dem Arbeits- und<br />
Ausbildungsstellenmarkt werden in Wirtschaft und Berufsbildungspolitik<br />
vermehrt strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen im Ausbildungssystem<br />
diskutiert, die einen Lösungsansatz bieten<br />
können. Nachgedacht wird über neue Formen einer Stufenausbildung<br />
bzw. Modularisierung, aber auch über die Anpassung<br />
<strong>der</strong> vorliegenden Berufsbil<strong>der</strong> an den sich verän<strong>der</strong>nden<br />
betrieblichen Bedarf und über eine Flexibilisierung des Ausbildungsportfolios<br />
durch 2-jährige Berufe.<br />
2-jährige Berufe sind kein Ersatz für 3- bzw. 3,5-jährigen Berufe,<br />
son<strong>der</strong>n eine Ergänzung. Sie sollen ein gezieltes Angebot<br />
für einen speziellen Bedarf auf Seiten <strong>der</strong> Unternehmen, aber<br />
auch <strong>der</strong> Bewerber darstellen und nicht die höher qualifi zierten<br />
Berufe überfl üssig machen. 2-jährige Berufe ermöglichen den<br />
Betrieben eine variablere Handhabung <strong>der</strong> Ausbildung hinsichtlich<br />
Dauer und Anfor<strong>der</strong>ungsspektrum. Daneben bieten<br />
sie Jugendlichen mit unterschiedlichen Voraussetzungen<br />
mehr Ausbildungsmöglichkeiten sowohl hinsichtlich <strong>der</strong> Ausbildungsdauer<br />
als auch des Anspruchsniveaus.<br />
Mittlerweile liegen Erfahrungen und Untersuchungen vor, wie<br />
sich neu geschaffene 2-jährige Berufe in <strong>der</strong> Praxis bewähren,<br />
u. a. eine Evaluation zum Maschinen- und Anlagenführer<br />
aus Bayern, die am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung<br />
(f-bb) in Nürnberg mit Beteiligung von Audi Ingolstadt durchgeführt<br />
wird. In NRW befi ndet sich <strong>der</strong> 2-jährige KFZ-Servicemechaniker<br />
in <strong>der</strong> Erprobung. Auch die Einführung dieses<br />
Berufs wird wissenschaftlich begleitet. Der Verband des Kfz-<br />
Gewerbes Nordrhein-Westfalen unterstützt das Vorhaben als<br />
Projektpartner.<br />
Wichtige zu diskutierende Fragen sind:<br />
Liegt die Chance für die Betriebe darin, dass<br />
• eine Lücke im Spektrum <strong>der</strong> Berufe zwischen Angelerntentätigkeit<br />
und Facharbeit geschlossen wurde?<br />
• passgenauere Berufsbil<strong>der</strong> vorliegen, so dass bei niedrigerem<br />
Anfor<strong>der</strong>ungsniveau keine überqualifi zierten Arbeitskräfte<br />
eingesetzt werden müssen?<br />
• zielgerichteter auf den Bedarf hin ausgebildet werden<br />
kann, wodurch mit großer Wahrscheinlichkeit eine größere<br />
Mitarbeiterzufriedenheit erreicht wird?<br />
• die Jugendlichen entsprechend ihrer Kompetenzen ausgebildet<br />
werden können (was eine fundierte Mitarbeiterauswahl<br />
erfor<strong>der</strong>t)?<br />
Liegt die Chance für schwächere Jugendliche darin, dass<br />
• sie die Möglichkeit für einen Einstieg in einen Beruf bekommen<br />
und so die Berufsfähigkeit erlangen?<br />
• sich neue Karrierewege auch für Schwächere öffnen?<br />
• Abbrüche <strong>der</strong> 3,5-jährigen Ausbildungen durch Umschreibung<br />
des Ausbildungsvertrags aufgefangen werden können,<br />
indem ein Berufsabschluss im 2-jährigen Beruf erworben<br />
werden kann?<br />
Werden durch 2-jährige Ausbildungsberufe zusätzliche Ausbildungsplätze<br />
geschaffen? Sind 2-jährige Berufe Sackgassenberufe<br />
bzw. eine Schmalspurausbildung?<br />
Erwartungen und Fragen an fl exible Ausbildungsberufe<br />
Der Erwartungshorizont <strong>der</strong> Teilnehmer des Workshops war<br />
breit gestreut und zielte zum einen auf aktuelle Beispiele, zum<br />
an<strong>der</strong>en auf Möglichkeiten, die Ausbildung zukünftig über die<br />
vorliegenden Modelle <strong>der</strong> 2-, 3- und 3,5-jährigen Berufe hinausgehend<br />
variabler zu machen.<br />
• Es besteht Interesse, 2-jährige Berufsbil<strong>der</strong> bzw. an<strong>der</strong>e<br />
Modelle <strong>der</strong> zeitlichen Flexibilisierung kennen zu lernen<br />
sowie Anregungen über ihre Einführung und Handhabung<br />
in Unternehmen zu bekommen.<br />
• Ist Flexibilisierung zwischen zwei und zehn Jahren als Angebot<br />
für alle Lernstärken (das Gleiche wird individuell in<br />
längerer bzw. kürzerer Zeit erlernt) sinnvoll? Kann die Ausbildungsdauer<br />
je nach Voraussetzung unterschiedlich gewählt<br />
werden? Welche Wege gibt es in diesem Modell, wie<br />
wird das Lernen zertifi ziert?<br />
• Ist eine fl exible Ausbildungsdauer auch im Sinne lebenslangen<br />
Lernens zu sehen?<br />
• Wie ist eine fl exible Ausbildungsdauer in ihrer Wirkung auf<br />
Prüfungen und Prüfungszeitpunkte zu sehen, wie stehen<br />
die Industrie- und Handelskammern dazu?<br />
• Wie lässt sich eine fl exible Ausbildungsdauer mit dem dualen<br />
Partner koordinieren?<br />
• Kann auch bei fl exibler Ausbildungsdauer die Berufsfähigkeit<br />
erhalten bleiben?<br />
• Stellen fl exible Ausbildungsberufe und 2-jährige Berufe ein<br />
Angebot für Lernschwache dar?<br />
• Wie können berufl iche Vorbereitungsmaßnahmen als Bausteine<br />
in eine fl exible Ausbildung integriert werden?<br />
• Wie sortiert sich eine fl exible Ausbildungsdauer in die zukünftige<br />
europäische Zertifi zierung ein? Bedeutet die Zuordnung<br />
eine Infragestellung <strong>der</strong> dualen Ausbildung?<br />
• Wissenschaftliches Interesse: Woraus resultiert die Ausbildungsdauer<br />
eines Berufs? Was bedeutet Ausbildungsreife?<br />
Arbeitet die Min<strong>der</strong>begabtendiskussion nicht mit<br />
falschen Annahmen?<br />
Argumente für 2-jährige Berufe<br />
• 2-jährige Berufe sind ein positives Beispiel für Flexibilisierung.<br />
• Die Durchlässigkeit ist – wenn auch mit Friktionen – durch<br />
die Anschlussmöglichkeit in einer Anschlussausbildung<br />
gegeben, es handelt sich nicht um Sackgassenberufe.<br />
• Die Erweiterung des Ausbildungsspektrums durch unterschiedlich<br />
lange Ausbildungszeiten ermöglicht größere<br />
Passgenauigkeit für die Betriebe. Auch ein modular gestalteter<br />
Anschluss an eine 2-jährige Ausbildung kann sinnvoll<br />
sein.<br />
• 2-jährige Berufe schaffen zusätzliche Ausbildungsplätze,<br />
Ausgebildete ersetzen An- und Ungelernte.<br />
• Es entstehen auch für schwächere Schüler neue Ausbildungschancen.<br />
• 2-jährige Berufe sind nicht generell theoriereduziert, insbeson<strong>der</strong>e<br />
nicht die Maschinen- und Anlagenführer und <strong>der</strong><br />
Kfz-Servicemechaniker.<br />
• 2-jährige Berufe können die Mitarbeiterzufriedenheit steigern.<br />
Die Mitarbeiter arbeiten an Arbeitsplätzen, für die<br />
sie ausgebildet wurden, und nicht unterhalb ihres Qualifi -<br />
kationsniveaus. Jugendliche mit schlechteren Startchancen<br />
erhalten in diesen Berufen überhaupt eine Chance auf<br />
Ausbildung.<br />
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