TOPFIT Winter 2023/2024
Bescheid wissen - gesund bleiben
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Diagnose & Therapie<br />
11<br />
pelschicht »herausgeschlagen«, ist ein chirurgischer<br />
Eingriff unerlässlich. Hierbei kommen<br />
verschiedene Vorgehensweisen infrage. Beispielsweise<br />
können ausgefranste oder instabile<br />
Knorpelanteile im Rahmen einer Arthroskopie<br />
abgetragen werden. Mitunter ist es möglich abgesprengte<br />
Knorpelteile wieder anzukleben oder<br />
anzuschrauben. Es kann aber auch sein, dass<br />
sie entfernt werden müssen, damit sie nicht die<br />
Gelenkmechanik behindern. Bei größeren und<br />
tiefen Knorpeldefekten kann eine Knorpelzelltransplantation<br />
sinnvoll sein.<br />
Wie funktioniert die Methode?<br />
Dr. Zirngibl: Bei der auch als Autologe Chondrozytentransplantation,<br />
kurz ACT, genannten<br />
Methode entnehmen wir zunächst im Rahmen<br />
einer Arthroskopie winzige Knorpelstückchen.<br />
Diese werden dann in einem Speziallabor vermehrt.<br />
Nach drei Wochen werden diese Zellen<br />
in einer zweiten (offenen) Operation auf eine<br />
Kollagenmembran (Matrix) aufgebracht, die<br />
dann in den Defekt eingesetzt wird. Die Membran<br />
löst sich in den nächsten Wochen auf, in<br />
dem Defekt entsteht Knorpel, der wieder sehr<br />
belastungsstabil ist.<br />
Wie sieht die Nachbehandlung aus?<br />
Dr. Zirngibl: Wie lange der Heilungsprozess dauert,<br />
hängt wesentlich vom Ausmaß des Knorpelschadens<br />
ab. Gerade bei schweren Knorpelverletzungen<br />
ist es notwendig, dem Betroffenen<br />
einen individuellen Nachbehandlungsplan an<br />
die Hand zu geben, der neben einer angemessenen<br />
Zeit der Schonung und Entlastung auch<br />
eine Physiotherapie nach einem individuellen<br />
Belastungsschema unter fachlicher Anleitung<br />
vorsieht.<br />
Die häufigste wintersportbedingte Knieverletzung<br />
ist der Kreuzbandriss. Muss immer<br />
operiert werden?<br />
Dr. Zirngibl: Die Erfahrung zeigt, dass gerade<br />
bei sportlich aktiven Patienten mit einer operativen<br />
Rekonstruktion des Kreuzbands die besten<br />
Behandlungserfolge erzielt werden können.<br />
»Operative Rekonstruktion« bedeutet, dass das<br />
betroffene Kreuzband durch eine sogenannte<br />
Kreuzbandplastik ersetzt wird. Dazu werden<br />
körpereigene Sehnen operativ in den ursprünglichen<br />
Verlauf des gerissenen Kreuzbands eingebracht.<br />
Dank moderner minimal-invasiver, arthroskopisch-assistierter<br />
OP-Methoden ist der<br />
Eingriff heute weniger belastend und deutlich<br />
gelenkschonender als früher übliche Vorgehensweisen.<br />
Im Allgemeinen wird aber erst dann<br />
operiert, wenn die Schwellung im Knie abgeklungen<br />
und der Betroffene wieder weitgehend<br />
schmerzfrei ist.<br />
Wie wird eine Innenbandverletzung<br />
behandelt?<br />
Dr. Zirngibl: Sofern keine Begleitverletzungen<br />
vorliegen, reicht es bei einer Innenbandverletzung<br />
meist aus, das Knie in einer beweglichen<br />
Schiene ruhigzustellen. Nach Abklingen der<br />
Schmerzen empfiehlt sich eine Physiotherapie.<br />
Zur Förderung des Heilungsprozesse hat sich<br />
auch die ACP-Therapie bewährt. Hierbei handelt<br />
es sich um eine spezielle Form der Eigenbluttherapie,<br />
die in der Behandlung von Sportverletzungen<br />
wegen ihrer guten Verträglichkeit<br />
und ihrer hohen Erfolgsquote in den letzten Jahren<br />
verstärkt in den Vordergrund gerückt ist –<br />
auch im Profisport.<br />
Wie funktioniert die ACP-Therapie?<br />
Dr. Zirngibl: ACP steht für Autologes Conditioniertes<br />
Plasma. Das ist ein körpereigenes Blutplasma,<br />
das in einem speziellen Herstellungsprozess<br />
geniert wurde und vor allem Blutplättchen<br />
(Thrombozyten) sowie zahlreiche Wachstumsfaktoren<br />
enthält. Das Konzentrat wird<br />
dann an das verletzte Innenband injiziert, wo<br />
die Reparaturstoffe nun ihre Wirkung entfalten.<br />
Letztlich lässt sich das Wirkprinzip des Verfahrens<br />
für viele andere sportbedingte Verletzungen<br />
therapeutisch nutzen, um die Heilung zu<br />
beschleunigen, auch nach chirurgischen Eingriffen<br />
wie der Kreuzbandoperation. Aber auch<br />
für die Behandlung von verschleißbedingten<br />
Gelenkbeschwerden hat sich das Verfahren ist<br />
die ACP-Therapie eine effektive und sehr gut<br />
verträgliche Option. Hier machen wir uns die<br />
Eigenschaft der Methode zunutze, den Aufbau<br />
von Knorpelgewebe zu fördern.<br />
Manchmal schmerzt das Knie nach dem<br />
Skifahren, ohne dass man gestürzt ist …<br />
Zur Person<br />
Dr. Zirngibl: … dann kann Überlastung ein<br />
Grund sein. In diesem Fall ist es wichtig, den<br />
Kniegelenken sofort eine Pause zu gönnen –<br />
auch wenn es schwer fällt. Bessern sich die Beschwerden<br />
nicht oder treten die Schmerzen erneut<br />
auf, sollte man baldmöglich einen Orthopäden<br />
aufsuchen. Denn manchmal steckt auch<br />
eine behandlungsbedürftige Ursache dahinter.<br />
Es ist natürlich oft Pech im Spiel, wenn man<br />
sich beim Skifahren eine Knieverletzung<br />
zuzieht. Aber ist es nicht so, dass sich mit<br />
einem Trainingszustand das Verletzungsrisiko<br />
verringern lässt?<br />
Dr. Zirngibl: Skifahrer und Snowboarder müssen<br />
auf der Piste tatsächlich fit sein: Muskeln,<br />
Bänder, Sehnen und Gelenke müssen Richtungswechsel<br />
blitzschnell und sicher umsetzen<br />
können, wenn beispielsweise eine Eisplatte<br />
auftaucht, eine Pistenraupe die Fahrt versperrt<br />
oder eine Buckelpiste volle Konzentration verlangt.<br />
Hierfür sind Beweglichkeit und Koordination,<br />
aber auch Kraft und Ausdauer wichtig<br />
– und dies am besten von Anfang an: Auf keinen<br />
Fall sollte man untrainiert in die Skisaison<br />
starten. Durch mangelnde Fitness besteht nicht<br />
nur eine erhöhte Überlastungs-, sondern auch<br />
eine erhöhte Verletzungsgefahr, dies wird durch<br />
viele Untersuchungen belegt.<br />
Wann sollte man mit dem Training<br />
beginnen?<br />
Dr. Zirngibl: Wer längere Zeit keinen Sport betrieben<br />
hat, sollte mindestens sechs Wochen vor<br />
dem Skiurlaub mit einem gezielten Fitnesstraining<br />
beginnen. Sinnvoll ist z.B. ein auf den individuellen<br />
Leistungsgrad abgestimmtes Konditionstraining,<br />
am besten kombiniert mit einem<br />
Sprungkrafttraining und einem ausgewogenen<br />
Programm für Bauch, Rücken und Oberkörper.<br />
Sportvereine und Fitnesscenter bieten entsprechende<br />
Kurse an, ebenso sind spezielle Angebote<br />
für <strong>Winter</strong>sportler, wie etwa Skigymnastik,<br />
empfehlenswert. Aber natürlich kann man<br />
sich auch ohne Anleitung eines Trainers gut auf<br />
die Skisaison vorbereiten, z. B. durch Joggen,<br />
Inline-Skaten, regelmäßige Einheiten auf dem<br />
Laufband oder durch klassische gymnastische<br />
Übungen wie Liegestützen, Kniebeugen, Ausfallschritte<br />
und Strecksprünge.<br />
Dr. med. Werner Zirngibl ist ehemaliger Profi-Tennisspieler und war 14 Mal Deutscher Tennismeister.<br />
Außerdem spielte er beim Daviscup und anderen international renommierten Turnieren.<br />
Heute praktiziert Dr. Zirngibl als Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sportmedizin<br />
im MVZ im Helios. Neben der Therapie des Tennis-, Golfer- und Mausarms gehören u. a. auch die<br />
Diagnostik und Therapie von Verletzungen der Knie- und Sprunggelenke zu seinem Leistungsspektrum.<br />
Darüber hinaus nimmt er minimal-invasive Wirbelsäuleneingriffe vor<br />
und arbeitet mit innovativen schmerztherapeutischen Verfahren.<br />
Nähere Infos: www.mvz-im-helios.de<br />
<strong>TOPFIT</strong> 4 / <strong>2023</strong>