TOPFIT Winter 2023/2024
Bescheid wissen - gesund bleiben
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Diagnose & Therapie<br />
17<br />
Bildnachweis (oben): © natapetrovich / 123rf.com<br />
Patellaluxation<br />
Wann eine OP<br />
empfehlenswert ist<br />
Plötzlich schießt ein heftiger Schmerz<br />
ins Knie ein, das Knie sackt weg und<br />
lässt sich nicht mehr strecken – die Kniescheibe<br />
ist aus ihrer Führungsrinne<br />
herausgesprungen. »Selbst wenn die<br />
Kniescheibe von selbst wieder in ihre ursprüngliche<br />
Position zurückspringt, sollte<br />
eine Kniescheibenluxation niemals unbehandelt<br />
bleiben«, warnt der Münchner<br />
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie<br />
Prof. Dr. Armin Keshmiri vom<br />
MVZ im Helios.<br />
Von Dr. Nicole Schaenzler<br />
Die knöcherne Kniescheibe (Patella) wird<br />
deshalb so genannt, weil sie wie eine flache<br />
Scheibe direkt vor dem Kniegelenk sitzt.<br />
Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört es, die<br />
Kraft von der vorderen Oberschenkelmuskulatur<br />
über die Patellasehne (Ligamentum patellae)<br />
auf den Unterschenkel zu übertragen. Beim Beugen<br />
und Strecken gleitet die Patella in einer rinnenförmigen<br />
Gleitbahn des Oberschenkelknochens<br />
(Trochlea) nach oben und unten. Unter<br />
bestimmten Umständen kann es passieren, dass<br />
die Kniescheibe aus ihrem Gleitlager springt –<br />
ein äußerst schmerzhaftes Ereignis, das auch<br />
langfristig ungute Folgen haben kann.<br />
Zwei Arten von Ursachen<br />
Eine herausgesprungene Kniescheibe wird<br />
»Kniescheiben-Verrenkung« oder »Patellaluxation«<br />
genannt. Im Kindes- und Jugendalter<br />
ist das Krankheitsbild der häufigste Grund für<br />
Kniebeschwerden, verursacht z.B. durch eine<br />
Verdrehung des Knies während des Sports oder<br />
bei einem Sturz. »Dass eine Kniescheibe schon<br />
in jungen Jahren immer wieder herausspringt,<br />
kann aber auch anlagebedingt sein, etwa weil<br />
die Kniescheibe ungewöhnlich hoch liegt, der<br />
Bandapparat zu locker oder die knöcherne<br />
Gleitbahn zu flach geformt ist. Manchmal ist<br />
auch eine ausgeprägte Achsenfehlstellung der<br />
Beine, allen voran X-Beine, verantwortlich«, erklärt<br />
Prof. Keshmiri, der zu den führenden Spezialisten<br />
für die operative Behandlung von Kniescheibenluxationen<br />
sowohl bei Kindern und Jugendlichen<br />
als auch bei Erwachsenen gehört.<br />
Eine verrutschte Kniescheibe geht nicht nur<br />
mit starken Schmerzen einher, sondern oft<br />
lässt sich eine Patellaluxation schon von außen<br />
Zur Person<br />
durch eine typische Verformung erkennen. »Ist<br />
die Kniescheibe zur Seite hin nach außen aus<br />
der Führungsrinne gerutscht, was sehr häufig<br />
vorkommt, lässt sie sich an der Außenseite des<br />
Kniegelenks ertasten«, erklärt der Knieexperte.<br />
Ebenso ist eine deutliche Schwellung möglich.<br />
Ist auch der Bandapparat, das mediale patellofemorale<br />
Ligament (MPFL), verletzt, ist die Kniescheibe<br />
außerdem oft spürbar instabil.<br />
Das Motto »einmal gleich kein Mal« gilt bei einer<br />
herausgesprungenen Kniescheibe nicht:<br />
»Schon nach einer einzigen Luxation neigt die<br />
Kniescheibe dazu, erneut herauszuspringen«,<br />
weiß Prof. Keshmiri. Und bei jeder weiteren<br />
Ausrenkung sind nicht nur die Bänder, sondern<br />
auch andere Strukturen des Kniegelenks gefährdet,<br />
insbesondere Knorpel und/oder Knochen,<br />
die regelrecht absprengen könmnen. »Außerdem<br />
besteht das Risiko für eine vorzeitige Kniescheibenarthrose,<br />
die dann ihrerseits große Probleme<br />
bereiten kann – bis hin zu Dauerschmerzen<br />
und ausgeprägten Bewegungseinschränkungen«,<br />
warnt Prof. Keshmiri. Umso wichtiger ist<br />
eine zeitnahe Behandlung.<br />
Vorsicht bei hohem Risiko für eine<br />
erneute Luxation<br />
Manchmal genügt es, einige Wochen lang eine<br />
spezielle Schiene zu tragen, begleitend ist eine<br />
Physiotherapie ratsam. Spätestens, wenn anatomische<br />
Auffälligkeiten eine erneute Luxation<br />
sehr wahrscheinlich machen, sollte die Kniescheibe<br />
jedoch operativ stabilisiert werden – das<br />
empfiehlt Prof. Keshmiri auch schon betroffenen<br />
Heranwachsenden: »Nur so lassen sich die<br />
oft beobachteten und oftmals stark einschränkenden<br />
Dauerbeschwerden im Erwachsenenalter<br />
verhindern.« So kann z.B. ein schlecht ausgebildetes<br />
Gleitlager vertieft, ungünstig sitzende<br />
Patellasehnen können versetzt oder das zur<br />
Stabilisation der Kniescheibe so wichtige innere<br />
Kniescheibenband kann mit einer körpereigenen<br />
Sehne rekonstruiert werden. Wichtig ist,<br />
dass man sich für diese anspruchsvollen Therapien<br />
an einen erfahrenen Spezialisten wendet,<br />
der die Eingriffe schon viele Male durchgeführt<br />
hat.<br />
Prof. Dr. med. Dr. med. univ. Armin Keshmiri ist Facharzt für Orthopädie<br />
und Unfallchirurgie und praktiziert im MVZ im Helios München. Als Mitglied<br />
der International Patellofemoral Study Group (IPSG) und Komiteemitglied<br />
»Kniescheibenchirurgie« der Gesellschaft für Arthroskopie und<br />
Gelenkchirurgie (AGA) zählt er hierzulande zu den anerkannten Spezialisten<br />
für Kniescheibenchirurgie. Zudem gehören u. a. auch die minimalinvasiven<br />
Knie- und Hüftchirurgie, der minimal-invasive endoprothetische<br />
Gelenkersatz sowie orthobiologische Zelltherapieverfahren<br />
zu seinen Kernkompetenzen.<br />
Nähere Infos: www.mvz-im-helios.de<br />
<strong>TOPFIT</strong> 4 / <strong>2023</strong>