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Christkatholisch_2024-3

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Hintergrund<br />

Priesterin, Diakonin, Bischöfin –<br />

im frühen Christentum üblich<br />

Frauen der frühen Kirche in geweihten Ämtern<br />

Quellen belegen eine rege und wichtige Tätigkeit von Frauen in der frühen<br />

Kirchengeschichte. Sie belegen die Eigenständigkeit und das Ansehen der<br />

Amtsträgerinnen. Eine männliche Perspektive prägte jedoch Geschichtsschreibung<br />

und theologische Forschung und verdrängte Frauen aus geweihten<br />

Ämtern, zum Teil bis heute.<br />

Von Corina Strenzl<br />

Eine Textstelle mit<br />

fataler Wirkung<br />

«Weiber sollen schweigen in den Gemeinden,<br />

denn es ist ihnen nicht erlaubt zu<br />

reden. Sie sollen unterwürfig sein, wie auch<br />

das Gesetz sagt. Wenn sie aber etwas lernen<br />

wollen, so sollen sie daheim ihre Männer<br />

fragen, denn es ist schändlich für ein<br />

Weib in der Versammlung zu reden.»<br />

Diese Passage aus dem Korintherbrief des Apostels<br />

Paulus hatte über Jahrhunderte eine fatale Wirkungsgeschichte<br />

für Frauen. Männliche Entscheidungsträger<br />

einiger Kirchen lehnen aufgrund dieser<br />

Stelle bis heute Frauen den Zugang zu leitenden<br />

Positionen ab.<br />

Dabei war das nicht immer so. In der frühen Kirche<br />

haben Frauen vielfältige Ämter und Funktionen ausgeübt:<br />

Sie waren Priesterinnen, Prophetinnen, Apostelinnen,<br />

Diakoninnen und Bischöfinnen. Wie konnte<br />

es also dazu kommen, dass diese Bedeutung der<br />

Frauen verloren ging und sie zum Teil auch heute, vor<br />

allem von der römisch-katholischen Kirche, weitgehend<br />

ignoriert wird?<br />

Was eine männlich geprägte Forschung und Kirchengeschichtsschreibung<br />

über Jahrtausende bewirkt<br />

hat, versuchen andere zu relativieren, indem sie über<br />

ihre Erkenntnisse und Neubewertung von Quellen<br />

diesen Frauen ein Gesicht geben, ihnen einen festen<br />

Platz in der Kirchengeschichte einräumen.<br />

War Paulus wirklich so frauenfeindlich?<br />

Ute Eisen, Professorin für Evangelische Theologie<br />

an der Universität Giessen, erläutert: «Es spricht einiges<br />

dafür, dass diese Verse tatsächlich erst später<br />

eingefügt wurden in den Paulusbrief, im Geiste der<br />

Pastoralbriefe, denn dort wird eben auch das Schweigen<br />

der Frauen und die Unterordnung der Frauen<br />

gefordert.»<br />

Einige Gründe lassen Prof. Eisen annehmen, dass<br />

diese frauenfeindliche Passage gar nicht von Paulus<br />

stammt : «Einmal, dass die Wortwahl innerhalb dieser<br />

Verse nicht kohärent ist mit der sonstigen Wortwahl<br />

des Paulus. Dann gibt es ein zweites, textkritisches<br />

Argument, denn diese Verse sind in einer<br />

Handschrift dem Kapitel erst später angefügt worden.<br />

Es gibt noch ein drittes Argument, wenige Kapitel<br />

zuvor, im 1. Korinther 11, erwähnt Paulus ganz<br />

selbstverständlich die prophetische Rede im Gottesdienst,<br />

in Korinth, er schränkt sie nur dadurch ein,<br />

dass er sagt, die Frauen die prophetisch reden, sollen<br />

eine Kopfbedeckung tragen.»<br />

Paulus’ Römerbrief endet sogar mit expliziten Grüssen<br />

an mehrere Frauen in frühkirchlichen Leitungspositionen.<br />

An und für sich belegt dieser Brief also<br />

die gottesdienstliche und missionarische Tätigkeit<br />

zahlreicher Frauen in der frühen Kirche.<br />

Diakonin Phoebe und<br />

Apostelin Junia<br />

Phoebe und Junia sind solche uns heute bekannten<br />

Persönlichkeiten. Phoebe lebte und wirkte im 1. Jh.<br />

n. Chr. in Korinth. Paulus kannte sie persönlich und<br />

würdigt sie gegenüber der römischen Gemeinde.<br />

Phoebes Funktion als Diakonin wurde aufgrund einer<br />

abwertenden Übersetzung lange verkannt. Das altgriechische<br />

diakonos, zu Deutsch Diakonin, wurde<br />

lange immer als «Dienerin» übersetzt. Dabei wurde<br />

mit dem griechischen diakonos eine gesamte Person<br />

mit einem bestimmten Auftrag bezeichnet. Paulus<br />

nennt Phoebe auch «Beistand», auf Griechisch prostatis.<br />

Das Konzept dieses Begriffs, das aus dem antiken<br />

Patronatswesen stammt, legt nahe, dass Phoe­<br />

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<strong>Christkatholisch</strong> Nr. 3, <strong>2024</strong>

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