Christkatholisch_2024-3
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Thema<br />
gestrebte gemeinsame Lohnverwaltung, zum Beispiel,<br />
hat das «Miteinander» doch langsam Früchte getragen<br />
und die Leute haben sich Gedanken gemacht. Sie<br />
merken, dass man eine gute Lösung finden möchte:<br />
Die Kirchgemeinden können ihre Autonomie und Selbständigkeit<br />
behalten und die Sachen, die für die Gemeinden<br />
schwierig oder aufwendig sind, die können<br />
zentral gelöst werden. Das hat nichts damit zu tun,<br />
dass man zentralistisch sein will. Und in diese Richtung<br />
haben wir in den letzten Jahren immer etwas<br />
versucht umzusetzen.<br />
Hat man vielleicht auch Angst?<br />
Alles Neue macht uns Angst, man hat Angst, etwas<br />
zu verlieren und doch müssen wir uns darin bestärken,<br />
mutig zu sein, den Dingen in die Augen zu blicken.<br />
Wir müssen uns fragen, was wir gemeinsam wirklich<br />
wollen. Wir wären ja nicht hier, wenn unsere Vorfahren<br />
vor 150 Jahren nicht mutig gewesen wären. Dieser<br />
Mut, aber auch die Weite und Offenheit im freiheitlichen<br />
Denken, gilt auch in der heutigen Zeit, ist noch<br />
immer aktuell.<br />
Braucht es Mut zum Glauben?<br />
Wir müssen uns wieder auf unsere Wurzeln besinnen.<br />
Man muss es zeigen und man muss mit den Menschen<br />
in Kontakt sein - es ist der Mensch, der den Glauben<br />
ausmacht. Darum ist mir auch die Seelsorge immer<br />
sehr wichtig. «Seelsorge machen» und nicht nur Verwaltungsaufgaben<br />
lösen, bedeutet, dass die Seelsorgenden<br />
an die Basis, zu den Leuten gehen und ansprechbar<br />
sein müssen.<br />
Wie liesse sich das auf den Punkt bringen?<br />
Als ich gewählt wurde, ist mir ein Satz von Gottfried<br />
Keller zu meinem Leitspruch geworden: «Wenn Du<br />
Menschen fischen willst, musst Du Dein Herz an die<br />
Angel hängen, dann beissen sie an!» Das ist mir wichtig,<br />
dass bei Allem, was war, ich alles von Herzen gemacht<br />
habe, in aller Ehrlichkeit, mit einer gewissen<br />
Demut – dem Mut zu dienen.<br />
Braucht es denn die Kirche gar nicht mehr?<br />
Da bin ich immer etwas dezidiert gewesen, eindeutig<br />
in meiner Meinung: Ich finde die Kirche leistet viel. Es<br />
braucht die Kirche für die Gesellschaft und für unser<br />
Wertesystem. Werte wie Respekt, Achtsamkeit, der<br />
Umgang miteinander, untereinander, auch der Umgang<br />
mit unserer Schöpfung, das finde ich wichtig.<br />
Und die Haltung oder besser die Bodenhaftung?<br />
Sie funktioniert nur über den Austausch, den Dialog,<br />
die Berührung mit den Menschen, die die Gemeinschaft<br />
ausmachen. Das Leben geschieht im konkreten<br />
Handeln. Es ist mir immer wichtig gewesen, dass<br />
ich mir die Zeit nehme zuzuhören. Mit den Leuten im<br />
Gespräch sein und das Gespräch auch aufnehmen.<br />
Und dass man für alle da ist, das war mir auch wichtig.<br />
Ich kann es nur wiederholen: Die Grundlage muss<br />
immer das Gespräch, der Dialog sein.<br />
Und wenn es Streit, Auseinandersetzung gibt?<br />
Dann erst recht, und dann kommt es zum Tragen, dass<br />
man miteinander geredet hat, sich dazu vielleicht auch<br />
überwinden musste, Kompromisse eingeht und nach<br />
Lösungen sucht.<br />
Wo haben Sie bei all den Schwierigkeiten, die es<br />
auch gab, die Verwurzelung?<br />
Es ist die Familie und der Glaube. Ich habe die Kraft<br />
von den Menschen, mit denen ich etwas erlebt habe<br />
– schon als Kind. Es geht um die Sache und das war<br />
mir immer wichtig. Es geht nicht um meine Person. Es<br />
geht um die Kirche und es geht um die Menschen, die<br />
unserer Kirche treu sind und mitarbeiten. Das hat mich<br />
auch sehr beeindruckt, zu sehen, wie viele Leute ehrenamtlich<br />
für die Kirche arbeiten und sich einsetzen.<br />
Ohne das ginge es gar nicht. Wir brauchen diese Leute.<br />
Kurz: Wir sind auf Menschen angewiesen.<br />
Dass die «Ehe für alle» so breit und vertieft besprochen<br />
wurde, hat ja auch gezeigt, wie die<br />
<strong>Christkatholisch</strong>e Kirche mit brisanten und kontrovers<br />
diskutierten Themen umgehen kann. Woher<br />
ist der Impuls für die «Ehe für alle» gekommen?<br />
Das waren die Jugendlichen. Und wir - Synodalrat, Bischof<br />
– haben den Impuls zu einer ausserordentlichen<br />
Synode und die späteren Schritte sehr gerne aufgenommen.<br />
Es war eine Herausforderung und alle Kirchgemeindemitglieder<br />
und Delegierten konnten sich bis<br />
zur Abstimmung und auch noch danach zu Wort melden.<br />
Wie ordnen Sie die Ökumene und den interreligiösen<br />
Dialog in der Kirche ein?<br />
Die ökumenischen und die internationalen Beziehungen<br />
hatte ich immer sehr unterstützt, nicht nur bei<br />
unseren Kontakten in der Schweiz, sondern auf allen<br />
internationalen Treffen, was zu einer der Aufgaben<br />
von Bischof und Synodalrat gehört. Ich war drei Mal<br />
an Kirchentreffen in den Niederlanden mit der IBK –<br />
die 1889 durch den Zusammenschluss der altkatholischen<br />
Bischöfe gegründete Internationale Altkatholische<br />
Bischofskonferenz –, was das verbindende Organ<br />
der Utrechter Union ist, die auch mit den anderen<br />
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<strong>Christkatholisch</strong> Nr. 3, <strong>2024</strong>