29.02.2024 Aufrufe

Christkatholisch_2024-3

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Thema<br />

«Wenn du Menschen fischen<br />

willst, musst du dein Herz an<br />

die Angel hängen!»<br />

Manuela Petraglio: achtsam, mutig und offen für Neues<br />

Wenn Manuela Petraglio aus Magden von der christkatholischen Kirche<br />

erzählt, merkt man schnell, mit wieviel Herzblut sie den Menschen mit ihren<br />

Sorgen und Nöten verbunden ist. Die langjährige Synodalratspräsidentin<br />

weiss, dass wir für unser Christsein bei aller Liebe für Traditionen immer<br />

offen sein müssen für Neues, achtsam im Miteinander.<br />

Interview Niklas Raggenbass, Bilder Nik Egger<br />

Niklas Raggenbass: Die christkatholische Kirche<br />

St. Martin in Magden könnte nicht schöner gelegen<br />

sein. Wir sehen das Dorf mit seinen Wegen,<br />

Feldern und Häusern. Sie alle erzählen uns Geschichten<br />

von Menschen in Freud und Leid. Hier<br />

haben sie vieles erlebt und mitgetragen. Wie oft<br />

hören Sie die Glocken der Kirche, die grad zu läuten<br />

beginnen?<br />

Manuela Petraglio: Das kann ich nicht mehr zählen.<br />

Die Kirche und alles, was mit ihr zusammenhängt, hat<br />

mein Leben geprägt. Mein Vater und dessen Eltern<br />

haben diese Glocken noch von Hand zum Schwingen<br />

gebracht.<br />

Sind Sie denn in Magden aufgewachsen?<br />

Geboren bin ich in Basel, doch aufgewachsen in Magden<br />

in einer durch und durch christkatholischen Familie.<br />

Die Familie meines Vaters, Ernst Bürgi, hat das<br />

Sigristenamt geführt, dem neben dem Pfarrer eine<br />

ganz besondere Bedeutung zukam. Mein Grossvater<br />

war auch der «Sigerscht», danach war meine Grossmutter,<br />

die Mutter meines Vaters, über 50 Jahre lang<br />

tätig. Der Vater von Mamis Seite war Schreiner. Er<br />

machte alle Einsargungen und war damit so etwas<br />

wie ein Seelsorger. Oft kamen die Trauernden zuerst<br />

zu ihm und dann erst zum Pfarrer. Mein Vater war neben<br />

seinen Aufgaben in der Familie auch politisch engagiert,<br />

so war er Gemeinderat, lange Zeit Kirchenpflegepräsident<br />

und in der Nationalsynode tätig.<br />

Und Ihre Mutter?<br />

Sie setzte sich für viele Menschen ein, die oft bei uns<br />

zu Hause zu Gast waren, was ich als Einzelkind hautnah<br />

erlebte. Meine Eltern verloren zwei Kinder vorher<br />

und ich bin eigentlich das dritte Kind. Meine Mutter<br />

hat 8 Monate für mich im Bett gelegen – mein Vater,<br />

machte in dieser Zeit alles. Meine Mutter, Elisabeth<br />

Bürgi Stalder, hat sich auch sozial enorm eingebracht.<br />

Unglaublich für wen sie alles sorgte. Sie hat nicht nur<br />

10 Jahre lang den Frauenverein in Magden geleitet,<br />

sondern engagierte sich ihr ganzes Leben lang für<br />

sozial schwächere Menschen. Sie wurde auch angefragt,<br />

alleinstehende Leute zu betreuen, und zwar in<br />

einer Zeit, als es noch keine Spitex oder Sozialhilfe<br />

gab. Meine Mutter legte dann im ehemaligen Restaurant<br />

Hirschen in Magden den Grundstein für Alterswohnungen,<br />

was eine Stiftung wurde.<br />

Wie empfanden Sie Ihre Eltern als Erziehende?<br />

Ich bin streng erzogen worden, doch mit viel Aufmerksamkeit<br />

und Liebe. Es war klar: Man macht das und<br />

das nicht. Da schaute man genau drauf. Die Eltern<br />

liessen mir aber auch die Freiheit, zu entscheiden, wo<br />

ich selbst eine Verantwortung übernehmen wollte. Das<br />

prägte mich. Ich hatte eine schöne Kindheit – aber<br />

nicht nur die Kindheit. In einem Umfeld bin ich gross<br />

geworden, in dem ich miterlebte, was die Eltern machten.<br />

Das gab mir immer einen Halt und sollte mir ein<br />

Vorbild für mein eigenes Leben werden – und war sicher<br />

später auch ein Grund, dass ich mit meinem Mann<br />

und unseren Kindern, Tiziano und Fabrizio, unser Haus<br />

zu einem «Generationenhaus» umgebaut habe.<br />

Wie verlief denn Ihre Ausbildung?<br />

Ich besuchte die Primar- und Bezirksschule. Nach der<br />

Bezirksschule habe ich die Diplommittelschule in<br />

Aarau absolviert, wo ich auch wohnte. Dann besuchte<br />

ich drei Jahre das Lehrerseminar in Brugg. Schon<br />

in der 5. Klasse wusste ich, dass ich Handarbeitslehrerin<br />

werden wollte und davon kam ich nicht mehr ab.<br />

Noch heute finde ich, dass das mein Traumberuf ist.<br />

Wann fing das Schule-Geben denn an?<br />

Das war 1987 und ich begann als Lehrerin für Textiles<br />

Werken – Handarbeitslehrerin war das früher. Schon<br />

vorher mit 18 lernte ich meinen Mann, Marco Petraglio,<br />

im Tessin kennen, wo wir immer in den Ferien waren.<br />

Da wir nur Italienisch sprachen, wurde mir diese<br />

Landessprache fast zur Muttersprache. Marco kam<br />

nach Magden und eröffnete nach einigen Jahren eine<br />

eigene Firma. Als wir eine Familie gründeten, hörte<br />

4<br />

<strong>Christkatholisch</strong> Nr. 3, <strong>2024</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!