LÜNEBURG AKTUELL ½ KULTUR ½ KUNST ½ ... - Quadrat
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ALLGEMEINE BESONDERHEITEN SEPTEMBER 2009<br />
Nörgula’s Reisen<br />
Der Mensch isst zuviel. Und dann ist er sich und anderen<br />
meist zuviel. Masse. Fett. Gewicht. Fettes Essen in<br />
Massen. Und das macht massig. Zu sehen bekommen<br />
wir das nicht nur an uns selbst im heimischen Spiegel,<br />
sondern auch aushäusig bei zeigefreudigen Mitmen schen.<br />
Vor allem im Urlaub betritt man oft die Welt der Dinge,<br />
die man noch nicht wusste, auch noch nie wissen wollte<br />
– und schon gar nicht so genau.<br />
Auf einem Kreuzfahrtschiff beispielsweise kann sich der<br />
Betrachter unschöner Zeigesituationen kaum entziehen,<br />
so dass er unfreiwillig an desaströsen Bademodekatastrophen<br />
teilhaben darf. Eigentlich wollte man nur die<br />
Sonne an Deck bei einem koffeinhaltigen Heißgetränk<br />
genießen, schon wird das Auge mit nackten Tatsachen<br />
penetriert. Vor allem weibliche Modeopfer quetschen ihre<br />
Speckwolken in figurbetonte Textilfähnchen, die gnadenlos<br />
jede Sünde der Völlerei dokumentieren.<br />
Um sich an Sonne, Seeluft und Getränk trotzdem erfreuen<br />
zu können, sollten der Magen robust und die Sehfähigkeit<br />
eher schwach sein.<br />
Generell erfreut sich die Kulinarik im Urlaub einem recht<br />
hohen Stellenwert, auf einer All inclusive-Kreuzfahrt<br />
einem noch zentraleren. Da dreht sich quasi 24 Stunden<br />
alles ums Essen. Wenn man die Öffnungszeiten der Restaurants<br />
geschickt ausdehnt, kann sich der (fr)essende<br />
Passagier – mit kurzen Verschnaufpausen an einer der<br />
zahlreichen Bars – von Buffet zu Buffet moppeln, natürlich<br />
mit stets überfüllten Tellern, am besten den Nachtisch<br />
neben dem Hauptgang über der Vorspeise drapiert.<br />
Die meist auf den ersten Blick an ausgestrecktem Ellbogen<br />
als stürmische Buffetrammer erkennbaren „Berufs-<br />
Nörgulas“ wollen ihren Reisepreis schließlich vollstens<br />
ausgekostet wissen. Als männliches Pendant versuchen<br />
hier die chronisch unzufriedenen Profi -Meckerfreds, wenn<br />
möglich, durch gezieltes Dauerbeschweren den bezahlten<br />
Reisepreis zu drücken. Frei nach dem Motto: „Wer lange<br />
und gründlich genug sucht, der wird schon fündig.“<br />
Ebenso zu Auffälligkeiten neigen auf dem Kreuzfahrtschiff<br />
die kleinen und großen Leute aus der Schlaumeier-<br />
Familie. Findet sich bei einem der vielen Freizeitangebote<br />
ein nassforscher kleiner Besserwisser, der dem zuständigen<br />
Animateur mit Rat und Tat an der Seite klebt,<br />
ist in der Regel blind davon auszugehen, dass dessen<br />
Produzent in die gleiche Kerbe schlägt und meist nicht<br />
fern ist. Denn Vater und Sohn treten hier gern im Doppelpack<br />
auf, wobei die Zusammengehörigkeit nicht nur an<br />
äußerlichen Ähnlichkeiten festzustellen ist, sondern auch<br />
im Verhalten: blinder Aktionismus ersetzt hier oft geistige<br />
Windstille. Während sich also Vater und Sohn Schlaumeier<br />
körperlich verausgaben, geht das weibliche Familienoberhaupt<br />
mal wieder auf kulinarischen Beutezug,<br />
denn schließlich ist Kaffeezeit. Und da wir All inclusive<br />
buchten, kann und muss man sich hier bevorraten; gerade<br />
in Zeiten der globalen Krise.<br />
Bei diesen pfundigen Aussichten sollten Milchkaffee und<br />
Buch lieber im Schatten genossen werden, damit die<br />
Haut beim Käptn’s Dinner nicht die gleiche Farbe wie<br />
der servierte Lobster aufweist. All-You-Can-Eat natürlich<br />
– eventueller Eiweißschock inklusive. Bei diesen Aussichten<br />
auf vor allem menschliche Naturkatastrophen<br />
kann man eigentlich nur sagen: Ein kostenfreies Prost<br />
Mahlzeit.<br />
In diesem Sinne – genießen Sie das Leben und bleiben<br />
sie versonnen,<br />
kolumne � quadrat 03