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LÜNEBURG AKTUELL ½ KULTUR ½ KUNST ½ ... - Quadrat

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Stift, sondern auch mit den eigenen Händen festhalten,<br />

damit hier nicht eine der wenigen mittelalterlichen<br />

Städte, die Deutschland noch hat, wissentlich<br />

zerstört wird“, erzählt der Autodidakt, der<br />

sich über die folgenden Jahrzehnte seine fundierten<br />

Kenntnisse über die mittelalterliche Architektur<br />

selbst im Anschauungsunterricht beigebracht hat.<br />

„So pachtete ich mir mein heutiges Nachbarhaus,<br />

fi ng dort vorsichtig mit dem Freilegen und Sanieren<br />

an und versuchte zunächst im Alleingang, Freunde<br />

zum Umzug in das Altstadtviertel zu bewegen, damit<br />

die Häuser saniert werden konnten.“ Problematisch<br />

gestaltete sich dabei erst einmal das unmittelbare<br />

Umfeld: Vom einstigen Handwerkerviertel<br />

mit vereinzelten Patrizierhäusern verfi el die Altstadt<br />

rund um das Kloster über die Jahrzehnte des<br />

20. Jahrhunderts immer weiter. „Um uns herum<br />

gab es fast nur Bordelle, so dass unsere Freunde<br />

zunächst sagten: Euch kann man ja nicht besuchen!“,<br />

schmunzelt Pomp bei der Erinnerung. Nach<br />

und nach aber gelang es ihm, ein Bewusstsein für<br />

dieses so besondere Erbe unserer Stadt zu wecken,<br />

auch wenn er dabei immer wieder feststellen musste,<br />

dass anfangs selbst die Denkmalpfl eger der<br />

Stadt überhaupt nichts über die Architektur der ihnen<br />

anvertrauten Bauten wussten. Da war das<br />

Stadtarchiv hilfreicher: Bereits seit 1426 gibt es<br />

Lüneburger Steueraufzeichnungen, in denen die<br />

Häuser, ihre Besitzer und deren Geschäfte genau<br />

„bewertet“ waren. Mit diesen Aufzeichnungen bestückt<br />

und unterstützt durch die Landeszeitung, die<br />

über jede seiner Sanierungsmaßnahmen berichtete<br />

und das Interesse der Bürger weckte, gelang es<br />

Pomp, Haus für Haus das heutige liebevolle Gesicht<br />

der Straßen rund um Auf dem Meere zurück zu gewinnen.<br />

Dazu hatte er bereits 1972 den Arbeitskreis<br />

Lüneburger Altstadt (ALA) gegründet, der<br />

auch heute in jedem Jahr mit verschiedenen Projekten<br />

aktiv ist.<br />

RESTAURATOR UND HOBBY-HISTORIKER<br />

Mit der Restaurierung der alten Häuser rückte für<br />

Curt Pomp notwendigerweise die Historie beinahe<br />

der ganzen letzten 500 Jahre mehr und mehr in den<br />

Vordergrund, so dass er heute auch auf eine ganze<br />

Reihe Veranstaltungen mit historischem Hintergrund<br />

und in originalgetreuen Kostümen zurückblicken<br />

kann. „Unser Handwerkermarkt, der alle<br />

zwei Jahre stattfi ndet, ist ein Publikumsmagnet geworden,<br />

genau wie der historische Weihnachtsmarkt“,<br />

freut sich Pomp. „Es fasziniert die Besucher,<br />

Essen, Kleidung und Werkzeuge der Menschen des<br />

Mittelalters aufl eben zu sehen.“ Noch wesentlich<br />

aufwändiger aber gestalteten sich die Postkutschenreisen<br />

des Biedermeier, die Pomp zehn Jahre lang<br />

auf verschiedenen Routen organisierte. Jedes Detail<br />

wurde liebevoll geplant und auf seine historische<br />

Authentizität geprüft. „Wir hatten Kostüme,<br />

Uniformen, originale Postkutschen und -hörner, und<br />

in den Poststationen wurde wie früher gerastet, gegessen<br />

und für Abendunterhaltung gesorgt“, erzählt<br />

Curt Pomp. Da konnte auch schon einmal Hans<br />

Christian Andersen in der Schenke auftauchen und<br />

um ein Essen für seine Reiseerzählungen bitten.<br />

Kaum zu glauben: Manch einer von Pomps Gästen<br />

war von der Reise in die Vergangenheit so beeindruckt,<br />

dass er danach den Beruf gewechselt hat.<br />

So wurde aus einem Bankkaufmann ein Edelfl ohmarkt-Besitzer<br />

für Stücke aus dem Biedermeier –<br />

und dass der Kutscher eigentlich Zahnarzt war,<br />

ahnte bei den blitzenden Uniformknöpfen auch niemand.<br />

KEINE ZEIT FÜR DINGE AUS DER NEUZEIT<br />

Die Kutschenreise möchte Curt Pomp eventuell im<br />

nächsten Jahr noch einmal aufl eben lassen und<br />

auch seine aktuellen Restaurierungsprojekte in<br />

Werben in der Altmark lassen dem 76jährigen kaum<br />

Zeit für eine schöpferische Pause. In vielen Städten<br />

hat er bereits Arbeitskreise zur Erhaltung der Altstädte<br />

gegründet, und wenn er nicht gerade den<br />

Geist des Biedermeiers zurück nach Werben bringt,<br />

hat er auch schon wieder Ideen für unsere eigene<br />

Stadt: „Zum Beispiel wäre die Bäckerstraße wäre so<br />

viel schöner, wenn die Geschäfte noch wie früher<br />

kunstvoll verzierte Schilder an ihren Häusern hängen<br />

hätten – so wie es in Salzburg in der Getreidegasse<br />

ist. Das ist doch traumhaft“, schwärmt Pomp.<br />

Aber auch das muss derzeit warten: Schließlich<br />

steht schon in diesem Monat der nächste Handwerkermarkt<br />

vor der Tür – wenn Sie also dort einen älteren<br />

Herrn mit Feder am Hut und Backenbart wie<br />

dem Mittelalter entsprungen sehen: Freuen Sie sich<br />

über die wunderschöne Kulisse rund ums Lüneburger<br />

St.Michaelis-Kloster – sie ist nichts Selbstverständliches!<br />

(vm)

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