62 quadrat � angehört Höfl ich, offen und sehr konversationsgeschult gleitet Helen Schneider ähnlich elegant durch das Interview wie durch ihre neue CD „Dream a Little Dream“, auf der sie alten Jazz-Standards ihre Stimme leiht. Dass sie dabei Till Brönner an ihrer Seite hat, verwundert nicht – seit jeher arbeitet die gebürtige New Yorkerin und, nach einiger Zeit auf dem Lande in Süd-Frankreich, nun seit drei Jahren Wahl-Berlinerin, mit deutschen Musikern und Künstlern zusammen. Fest eingebunden ist sie mittlerweile in die deutsch-internationale Kultur- und Entertainmentszene. „Man kann wohl sagen, dass Deutschland der Hauptsitz meiner Karriere ist“, resümiert sie. „Udo Lindenberg und Alfred Biolek habe ich diesbezüglich viel zu verdanken.“ Und tatsächlich – spricht man über Helen Schneider, fallen schnell die Namen ihrer beiden deutschen Mentoren. Vor allem Alfred Biolek, jüngeren Semestern wohl eher durch seine skurillwitzige Kochen-mit-Prominenten-Reihe „Alfredissimo“ bekannt, hat so manchem Künstler durch „Bio’s Bahnhof“ den hierzulande entscheidenden Anschub gegeben. Gerade für sein Lebenswerk ausgezeichnet, sang sie ihm noch einmal „Sah ein Knab ein Röslein stehn“. Der „erste“ Deutsche war „Bio“ trotzdem nicht – Richard Kröger, Produzent aus Saarbrücken war es, der sie in den späten Siebzigern nach Deutschland holte, dort wurde sie dann von der hiesigen Prominenz entdeckt und war von da an mit dabei im großen Rock’n’Roll – Zirkus. Ein Dasein als „Rockröhre“ aber wurde der Kreativität und den Fertigkeiten Schneiders, die als Kind eine Ausbildung zur klassischen Pianistin genossen hat, nicht gerecht. Überhaupt: Wie empfi ndet sie als ausgebildete Künstlerin die kulturellen Veränderungen unserer Zeit, in der jeder Laie ein Star werden kann, was hält sie von den omnipräsenten Casting-Shows? „Ich denke, dass diese Art des Wettbewerbs nichts in der Kunst verloren hat – dort geht es um Wahrhaftigkeit, nicht ums Gewinnen.“ Es folgten Arbeiten in anderen Genres, Musicals (Evita), Chanson (Kurt Weil) und nur am Piano begleitete Balladen. Wie kam nun der Sprung zum Jazz? „Nach „Like a Woman“, einem sehr persönlichen, biografi schen Album, spürte ich, dass es Zeit für etwas Neues war – dieses „Neue“ kommt dann aber einfach so auf mich zu, in diesem Falle durch die erste Einspielung eines Jazz-Standards, woraus ich dann die Idee entwickelte, die Lieder aufzunehmen, die ich seit meiner Kindheit kannte. Meine Mutter war es, die immer diese Lieder hörte und auch selber sang, für sich, für uns, sie kamen direkt aus ihrer Seele und landeten so in meiner. Und nun singe ich sie.“ Was wird dann als Nächstes folgen, schließt sich der Kreis durch eine Rückkehr zur Klassik? „Ich weiß nicht, ob ich dafür meine Hände noch einmal „hinbekomme“, aber zur eigenen Freude spiele ich immer gerne.“ Spielt sie auch Bach? Wir hier in Lüneburg rühmen uns gern damit, dass Bach hier mal die Orgel gespielt hat. „Ich mag Bach, aber zum Selberspielen bevorzuge ich Beethoven, Mozart und vor allem Chopin – zumal ich das Klavier liebe – in meiner ersten Band aber, Mitte der Siebziger, da habe ich die Hammond bedient, das war ein großer Spaß!“ Ihr Flügel, ein alter Toy & Clarke, hat sie übrigens all die Jahre treu begleitet und fi ndet auch an ihrem neuen Wohnsitz in Berlin seinen Platz. „Es war eine Superentscheidung, nach Berlin zu kommen, nach der Zeit auf dem Lande. Als erstes haben wir das Auto verkauft!“ Richtig, kein Mensch braucht in Berlin ein Auto, das macht nur Stress, vor allem mit dem Parkplatz… „Stimmt! Aber etwas stressig ist es gerade trotzdem, ich stehe derzeit zwischen Unmengen von Umzugskartons, wir sind gerade innerhalb der Stadt umgezogen – mein Mops ist noch ziemlich confused.“ Was die wenigsten wissen: Helen Schneider, große Tier- und Kinderfreundin, hat bereits zwei Kinderbücher herausgebracht, ein drittes ist in Planung. In dem einen geht es darum, Kindern zu vermitteln, Tieren mit Respekt und Liebe gegenüberzutreten. Eine schöne Idee, denn Gewaltprävention fängt bekanntlich genau dort an. Nach Lüneburg wird sie einige Exemplare mitbringen, um sie der Schulbücherei der Hasenburger Grundschule zu spenden; eine schöne Geste von einer Künstlerin, die auf dem Teppich geblieben ist und sich innere wie äußere Schönheit stets bewahrt hat. Leider erreichte uns kurz vor Redaktionsschluss die Mit- BERLINER teilung, dass der Termin Ende September aus THE tourneetechnischen Gründen auf 2010 verschoben werden musste. Wir warten gern. (ap) FOTO: Eine in
Amerikanerin Berlin HELEN SCHNEIDER IM INTERVIEW angehört � quadrat 63