Download - Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und ...
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1/2012<br />
so, etwa bei Arbeitslosen <strong>und</strong> anderen<br />
Minderheiten“.<br />
In allen diesen <strong>Integration</strong>sprozessen<br />
seien dieselben Abläufe gefragt: „Die<br />
Personen, die neu in die Gesellschaft<br />
kommen, sollen Leistung einbringen,<br />
<strong>und</strong> es sollten von der Gesellschaft<br />
Leistungen <strong>für</strong> sie erbracht werden.“<br />
In der ausländerpolitischen Debatte<br />
werde aber vor allem in zwei Kategorien<br />
unterteilt: „Die Integrierten <strong>und</strong><br />
die noch zu Integrierenden.“<br />
Ein positives Beispiel in der Migrationspolitik<br />
in Deutschland sei der Umgang<br />
mit den Spätaussiedlern am Anfang<br />
der Neunzigerjahre, „das wurde<br />
vorbildlich gemacht, mit einem klaren<br />
Konzept wie den Sprachkursen“, meint<br />
Hamburger. Die Probleme mit dieser<br />
Zuwanderergruppe kamen später, „als<br />
die <strong>Jugend</strong>lichen merkten, dass sie als<br />
Russen gesehen werden“.<br />
Der Staat muss hinschauen, in welchem<br />
Fall die an sich selbstständig<br />
laufenden <strong>Integration</strong>sprozesse nicht<br />
funktionieren <strong>und</strong> dann mit gezielten<br />
Hilfen eingreifen. Dazu muss die Verwaltung<br />
viel fl exibler werden als derzeit,<br />
erläutert Hamburger am Beispiel<br />
der Sprachförderung in den Schulen.<br />
„Eine Schule muss Ressourcen parat<br />
haben, wenn beispielsweise während<br />
eines Schuljahres ein Kind ohne genügend<br />
Sprachkenntnisse in eine Klasse<br />
kommt“, fordert Hamburger.<br />
Allerdings will er hieraus keinen Sonderfall<br />
einer Unterstützungsleistung<br />
<strong>für</strong> Migranten konstruieren. Muss ein<br />
Kind speziell gefördert werden – egal<br />
aus welchem Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> in welchem<br />
Bereich – sollte es einer Schule möglich<br />
sein, sich über eine entsprechende<br />
fi nanzielle Ressource die Leistung der<br />
Fachkräfte einzukaufen, fi ndet Hamburger.<br />
Deshalb werden Themen wie<br />
die Sprachförderung von Schülern <strong>für</strong><br />
ihn letztlich unter dem falschen Eti-<br />
33 Jahre Uni-Professor: Hamburger<br />
kett diskutiert. „Es sind keine Migrantenprobleme,<br />
sondern soziale – denn<br />
das öffentliche Geld soll dahin, wo es<br />
kein privates gibt.“ Angesichts des hohen<br />
Anteils von <strong>Kinder</strong>n in Ballungszentren<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
von r<strong>und</strong> 50 Prozent (etwa 64 Prozent<br />
in Frankfurt) befi nde sich die Gesellschaft<br />
in einem Veränderungsprozess,<br />
bei dem es nicht angebracht sei, immer<br />
<strong>und</strong> immer wieder den Erwerb<br />
der deutschen Sprache als wichtigstes<br />
Instrument zur <strong>Integration</strong> hervorzuheben.<br />
„Das bedeutet nämlich nur,<br />
dass 80 Prozent der Bevölkerung glauben<br />
nichts tun zu brauchen.“<br />
Die berufl ichen Stationen<br />
Geboren 1946, aufgewachsen in<br />
Wörth am Rhein<br />
1966 – 1972 Studium der Soziologie,<br />
Pädagogik <strong>und</strong> Philosophie in<br />
Heidelberg <strong>und</strong> Köln<br />
1972 – 1978 Wiss. Assistent am<br />
Erziehungswissenschaftlichen Seminar<br />
der Universität<br />
Heidelberg<br />
1975 Promotion in Erziehungswissenschaft<br />
an der Universität<br />
Heidelberg<br />
1978-2011 Professor <strong>für</strong> Erziehungswissenschaft<br />
mit dem<br />
Schwerpunkt Sozialpädagogik an<br />
der Universität Mainz<br />
Hamburger war in seiner wissenschaftlichen<br />
Laufbahn mehrfach an<br />
dem Punkt, sich von der <strong>Integration</strong>sthematik<br />
zurückzuziehen, gibt er zu.<br />
Besonders in der Anfangszeit in den<br />
Siebzigerjahren. „Man wurde immer<br />
wieder mit öffentlichen Parolen ohne<br />
Bereitschaft der praktischen Umsetzung<br />
konfrontiert“, erläutert er. Die<br />
von Gewerkschaften <strong>und</strong> Verbänden<br />
getragene politische Bewegung gegen<br />
die Ausländergesetzgebung des damaligen<br />
Innenminister Friedrich Zimmermann<br />
(CSU) machte das Thema<br />
aber wieder deutlich spannender, „es<br />
wurde um die Frage gekämpft, wer ist<br />
das deutsche Volk?“, erinnert sich der<br />
Pädagogikprofessor.<br />
Die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts<br />
dauerte dann bis ins<br />
Jahr 2000. Die damals erreichte Öffnung<br />
bei der Einbürgerung „darf man<br />
nicht kleinreden“, sagt der Pädagoge.<br />
Die Praxis der Behörden scheine bis<br />
heute aber sehr unterschiedlich zu<br />
sein. Die langwierigen Debatten darüber,<br />
wer nun zum deutschen Volk<br />
gehöre <strong>und</strong> wer nicht, seien ärgerlich.<br />
„Allerdings ist das in einem Land, in<br />
dem 200 Jahre lang ein völkisches<br />
Staatsverständnis herrschte, auch<br />
kein W<strong>und</strong>er.“<br />
Und so blieb Hamburger in all den<br />
Jahren doch am Ball, vertiefte sich<br />
nach dem Antritt der Mainzer Professur<br />
über Studien wissenschaftlich in<br />
das Verhältnis der Deutschen zu ihren<br />
Zuwanderern. Sein erstes Projekt, das<br />
er zusammen mit Otto Wolter, heute<br />
Vorstandskollege beim Institut <strong>für</strong><br />
Sozialpädagogische Forschung Mainz,<br />
durchführte, war eine qualitative Studie<br />
über die Kriminalität der zweiten<br />
Migrantengeneration, Auftraggeber<br />
war das B<strong>und</strong>eskriminalamt.<br />
Die Studie wies nach, dass es vor allem<br />
die Erfahrung des Ausgeschlossenseins<br />
aus der Gesellschaft war,