Download - Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und ...
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1/2012<br />
milienstand, Religion“, sagte Kreuter.<br />
Sie stelle demnach ein sehr dynamisches<br />
Diskursfeld dar <strong>und</strong> sie ist dem<br />
beständigen Wandel – im Sinne der<br />
Philosophie von Heraklit „alles fl ießt“<br />
– <strong>und</strong> einem Aushandlungsprozess<br />
unterworfen. „Jeder von uns nimmt,<br />
bewusst oder unbewusst, an diesem<br />
Prozess teil <strong>und</strong> befi ndet sich oft zwischen<br />
verschiedenen kulturellen Orientierungen.<br />
Menschen sind sozusagen<br />
fortlaufend kulturschaffend tätig,<br />
indem sie entweder geltende Normen<br />
<strong>und</strong> Regeln durch ihre Einhaltung immer<br />
wieder bestätigen, modifi zieren,<br />
verwerfen oder sie sogar durch andere<br />
ersetzen“, erläutert Kreuter.<br />
„Ich bin in Moskau aufgewachsen.<br />
Meine ganze <strong>Familie</strong> wohnt in dieser<br />
facettenreichen, dynamischen Stadt.<br />
Jedes Jahr, wenn ich in meine zweite<br />
Heimat fahre, stelle ich fest, dass gewisse<br />
Dinge <strong>und</strong> Menschen sich schon<br />
wieder etwas verändert haben.“<br />
Bätzing-Lichtenthäler muss ihren Alltag<br />
in der nicht weniger dynamischen<br />
Stadt Berlin meistern. Sie bestätigt<br />
auch, dass die interkulturelle Arbeit<br />
an Pluralität <strong>und</strong> Komplexität zunimmt<br />
<strong>und</strong> nicht ausschließlich auf<br />
die Menschen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
reduziert sei. Vielmehr zielt diese<br />
Arbeit auf uns alle ab <strong>und</strong> umfasst<br />
verschiedene Lebensformen, Alter,<br />
Unterschiede des Geschlechtes, Religion,<br />
sozial- <strong>und</strong> ökonomische Situation,<br />
Unternehmen <strong>und</strong> Betriebe.<br />
Europa <strong>und</strong> die Demografi e<br />
als Faktoren<br />
„Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Internalisierung<br />
der Wirtschaft <strong>und</strong> der<br />
Märkte, dem europäischen <strong>Integration</strong>sprozess,<br />
der demografi schen<br />
Herausforderung in unserem Lande<br />
<strong>und</strong> der damit einhergehenden<br />
gesellschaftlichen Vielfalt ist geboten,<br />
die Etablierung einer ‚interkulturellen<br />
Orientierung‘ als Querschnittsaufgabe<br />
in allen Bereichen zu verstehen. Wer<br />
nicht in der Lage sein wird, mit fremden<br />
Sprachen <strong>und</strong> Kulturen umzugehen,<br />
wird zunehmend abgehängt“, sagt<br />
die B<strong>und</strong>estagsabgeordnete. Zurzeit<br />
werde sehr intensiv <strong>und</strong> auf allen<br />
Ebenen über den Begriff <strong>und</strong> die<br />
Konnotation von „Interkultureller<br />
Öffnung“ gesprochen, was eine<br />
Geschlossenheit annehmen<br />
lässt. Geschlossenheit geht,<br />
wie bekannt ist, bewusst oder<br />
unbewusst, mit Abgrenzungs- oder<br />
Ausgrenzungsmechanismen einher.<br />
Öffnung als kreativer Prozess<br />
„Die Interkulturelle Öffnung sollte<br />
vielleicht eher verstanden werden als<br />
eine bewusst ausgewählte Strategie,<br />
die mit den Erkenntnissen über Migrationsprozesse,<br />
<strong>Integration</strong>sfragen,<br />
Einsicht in die Notwendigkeit der<br />
produktiven Gestaltung kultureller<br />
Pluralität, Qualifi kationen, Fertigkeiten,<br />
interkulturelle Handlungskompetenzen,<br />
Instrumentarium <strong>für</strong> das<br />
kulturelle Miteinander verknüpft ist.<br />
Sie könnte vielleicht aber auch als ein<br />
kreativer Prozess verstanden werden,<br />
der (selbst-)refl exive Lern- <strong>und</strong> Veränderungsprozesse<br />
von <strong>und</strong> zwischen<br />
unterschiedlichen Menschen, Lebensstilen,<br />
Organisationsformen ermöglicht<br />
<strong>und</strong> begleitet <strong>und</strong> mögliche Barriere<br />
<strong>und</strong> Abgrenzungsmechanismen<br />
abzubauen hilft; der kulturell geprägte<br />
Interpretationsmuster, Stereotypendenken,<br />
Fremdheitsängste bewusst<br />
macht; der aus dem sich mit der Zeit<br />
eingestellten Beharren auf Wissens-<br />
<strong>und</strong> Handlungsroutinen auszusteigen<br />
hilft; der gegenseitige Anerkennung<br />
ermöglicht <strong>und</strong> der kulturelle Vielfalt<br />
als eine Chance <strong>und</strong> eine Bereicherung<br />
zu begreifen lässt“, schildert Kreuter.<br />
Bisweilen werden die Menschen mit<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong> noch unter einem<br />
Defi zitansatz als problematisch<br />
gesehen. Bei intensivem Austausch<br />
waren beide Frauen sich einig, dass<br />
man nur dann interkulturelle Synergie<br />
erreichen könne, wenn man den<br />
größeren Wert an erster Stelle am<br />
Ressourcenpool (Kernkompetenzen,<br />
Erfahrungen, Fertigkeiten, Hintergründe,<br />
Arbeitsweisen, Persönlichkeitsmerkmale,<br />
Sprachkompetenzen,<br />
etc.) legen würde, wenn man die Menschen<br />
mit dem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
mehr in das alltägliche Leben einbeziehen<br />
könnte – die landesüblichen<br />
Gepfl ogenheiten, Werte, Netzwerke<br />
spielen auch nicht eine untergeordnete<br />
Rolle dabei – wenn man sie entsprechend<br />
ihrer Stärken unterstützen<br />
könnte, ohne sich dabei nur auf pure<br />
Vermittlung allerlei Kompetenzen<br />
durch die Qualifi zierung, Aus-, Fort-,<br />
<strong>und</strong> Weiterbildung zu beschränken.<br />
All dies wäre eine der Führungsaufgabe<br />
in allen Bereichen, die im idealen<br />
Fall in der „Top-down“-Richtung ablaufen<br />
sollte.<br />
Ein Mensch an der Seite<br />
Noch ein paar Worte zum Mentoring-<br />
Programm selbst: „Ich würde es wirklich<br />
jedem wünschen – einem Deutschen,<br />
der im Ausland seiner Arbeit<br />
nachgeht, oder einem Menschen mit<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong>, der hierzulande<br />
mit seiner Arbeit zu kämpfen hat<br />
– auf seinem berufl ichen, aber auch<br />
auf seinem privaten Wege einen Menschen<br />
an der Seite zu haben, der als<br />
ein(e) Mentorin/ein Mentor fungieren<br />
könnte, der/dem man ab <strong>und</strong> zu über<br />
die Schulter schauen <strong>und</strong> die/den man<br />
um Rat fragen könnte. Das gemeinsame<br />
Unternehmen <strong>und</strong> Erleben, eine<br />
gelungene Kommunikation mit einer<br />
Portion interkultureller Sensibilität<br />
ist eine Bereicherung…“, sagt Natalja<br />
Kreuter.<br />
Natalja Kreuter