Download - Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und ...
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Für eine Willkommens- <strong>und</strong><br />
Anerkennungskultur<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
liebe Leserin, lieber Leser,<br />
mit dieser Ausgabe des Magazins<br />
„Treffpunkt“ geht eine Ära zu Ende.<br />
Wir verabschieden uns von Ihnen als<br />
Leserschaft des „Treffpunkt“ <strong>und</strong> danken<br />
<strong>für</strong> Ihre langjährige Treue. Danken<br />
möchten wir auch den zahlreichen<br />
Autorinnen <strong>und</strong> Autoren <strong>für</strong> ihre Beiträge.<br />
Mit einer speziellen Treffpunkt-<br />
Retroperspektive in dieser Ausgabe<br />
würdigen wir noch einmal mehr als<br />
20 Jahre Erscheinungszeit inklusive<br />
einem Rückblick auf das „making-of“<br />
des Magazins. Wir alle schätzten an<br />
diesem – deutschlandweit auf große<br />
Resonanz gestoßenen – Magazin die<br />
inhaltliche Vielfalt der Beiträge sowie<br />
den offenen <strong>und</strong> stets fairen Umgang<br />
bei der Diskussion auch kontroverser<br />
Themen. Diese haben stets die aktuelle<br />
integrationspolitische Lage aufgegriffen.<br />
Informationen zum Thema <strong>Integration</strong><br />
<strong>und</strong> Migration erhalten Sie künftig<br />
mehrmals im Jahr per E-Mail-Newsletter.<br />
„GO_INtegration“ heißt das<br />
Medium, mit dem wir Sie zukünftig<br />
aktuell über Themen, Entwicklungen<br />
<strong>und</strong> Veranstaltungen informieren<br />
wollen.<br />
Mit dem Beitrag „25 Jahre Beauftragte<br />
<strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>“ fächern<br />
wir das Thema Rückblick noch einmal<br />
von der politischen Seite auf <strong>und</strong> zeigen,<br />
welche Themen bereits von der<br />
Ausländerbeauftragten Helga Gerigk<br />
ab 1987 <strong>und</strong> von der Beauftragten des<br />
Landes <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>,<br />
Maria Weber, ab 1998 bearbeitet wurden.<br />
Das <strong>Ministerium</strong> <strong>für</strong> <strong>Integration</strong> <strong>und</strong><br />
der Beauftragte <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong> stehen seit über eineinhalb<br />
Jahren <strong>für</strong> eine neue Willkommens-<br />
<strong>und</strong> Anerkennungskultur in Rheinland-<br />
Pfalz. Ein Schwerpunkt ist dabei<br />
die Entwicklung einer humanitären<br />
Flüchtlings- <strong>und</strong> Asylpolitik. Das<br />
Thema „Flüchtlinge“ wurde deshalb<br />
Irene Alt<br />
Ministerin <strong>für</strong> <strong>Integration</strong>, <strong>Familie</strong>,<br />
<strong>Kinder</strong>, <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Frauen des Landes<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Miguel Vicente<br />
Beauftragter der Landesregierung<br />
<strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />
1/2012<br />
als neues Handlungsfeld dem aktuell<br />
in der Überarbeitung befi ndlichen Landesintegrationskonzept<br />
hinzugefügt.<br />
Zu den Neuerungen der Landesregierung<br />
zählt auch die Einrichtung des<br />
„R<strong>und</strong>en Tischs Islam“ <strong>und</strong> nicht zu<br />
vergessen, die Zusammenfassung<br />
des ausländerrechtlichen mit dem<br />
integrationspolitischen Bereich zur<br />
Abteilung „<strong>Integration</strong> <strong>und</strong> Migration“.<br />
Wir wünschen Ihnen viel Freude<br />
beim Lesen des „Treffpunkt“.<br />
1
2<br />
1/2012<br />
Inhalt<br />
Das <strong>Integration</strong>sministerium<br />
stellt sich vor<br />
25 Jahre Landesbeauftragte<br />
<strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />
Treffpunkt-Retrospektive<br />
<strong>Integration</strong> in Rheinland-Pfalz<br />
Weitere Themen<br />
<strong>Integration</strong> steht im Mittelpunkt: Irene Alt ist die erste rheinland-pfälzische<br />
Ministerin, deren Haus „<strong>Integration</strong>“ im Namen führt.............................................<br />
Eine neue Herausforderung: Prof. Dr. Karin Weiss leitet seit Jahresbeginn die<br />
Abteilung <strong>Integration</strong> <strong>und</strong> Migration.............................................................................<br />
Die Abteilung <strong>Integration</strong> <strong>und</strong> Migration auf einem Foto vereint...............................<br />
Im neuen Rahmen aktiv: Der neue Landesbeauftragte Miguel Vicente fühlt<br />
sich in das <strong>Ministerium</strong> gut integriert............................................................................<br />
Auf Basis eines konsequenten Entwurfs. <strong>Integration</strong>sarbeit von 1987 bis 2012.<br />
Von Mechthild Gerigk-Koch (Mitarbeit: Gabriele Blessing-Zwiebelberg)...............<br />
Ansichten einer Zeitschrift: Der „Treffpunkt“ durchlief in den 20 Jahren seines<br />
Bestehens immer wieder eine Auffrischung.................................................................<br />
Treffpunkt-Titelbilder aus 20 Jahren.............................................................................. 20<br />
50 Jahre Abkommen mit der Türkei: Festveranstaltung in der Staatskanzlei.......... 23<br />
Der neue Landesbeirat <strong>für</strong> <strong>Integration</strong> konstituierte sich......................................... 25<br />
Leistung der Migranten anerkennen: Professor Franz Hamburger ist in Pension<br />
gegangen – Porträt eines engagierten Mitstreiters in der <strong>Integration</strong>sdebatte....<br />
INBI-<strong>Integration</strong>spreis geht an Prof. Dr. Franz Hamburger...................................... 31<br />
Gemeinsam <strong>für</strong> mehr Vielfalt: INBI will Interesse <strong>Jugend</strong>licher mit<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong> an einer Laufbahn bei der Polizei stärken..........................<br />
Facettenreich wie Blumen: Ein Mentoringbericht von der Buga. Von MdB<br />
Bätzing-Lichtenthäler <strong>und</strong> Natalja Kreuter.................................................................<br />
Sprachbildungsmodell der Zukunft: Anfang August 2012 trat der „Rahmenplan<br />
Herkunftssprachlicher Unterricht“ in Kraft....................................................................<br />
Besser informieren: Beim „3. Kommunalen Gipfel“ stand die Förderung der<br />
Einbürgerungsquote im Mittelpunkt...............................................................................<br />
Neue „Lebenswege“: Das Online-Migrationsmuseum ging bei der Mainzer<br />
Museumsnacht nach außen <strong>und</strong> erweitert sein Angebot <strong>für</strong> <strong>Jugend</strong>liche...........<br />
Impressum........................................................................................................................... 40<br />
3<br />
6<br />
8<br />
9<br />
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33<br />
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39
Guido Steinacker<br />
Spannender Job: Ministerin Irene Alt prägt die <strong>Integration</strong>spolitik des Landes<br />
<strong>Integration</strong> im Mittelpunkt<br />
Erstmals in der Geschichte von Rheinland-Pfalz führt Irene Alt seit<br />
gut einem Jahr ein <strong>Ministerium</strong>, bei dem die <strong>Integration</strong> die führende<br />
Rolle spielt – nicht nur dem Namen nach<br />
Dieses <strong>Ministerium</strong> ist schon durch<br />
seinen Namen etwas Besonders: Erstmals<br />
in der Geschichte des B<strong>und</strong>eslandes<br />
Rheinland-Pfalz ist der Aufgabenbereich<br />
der <strong>Integration</strong> im Namen<br />
eines <strong>Ministerium</strong>s aufgeführt – <strong>und</strong><br />
das auch noch an erster Stelle.<br />
„Bei den Koalitionsverhandlungen<br />
haben SPD <strong>und</strong> Grüne beide gesagt,<br />
dass sie die <strong>Integration</strong>spolitik in den<br />
Mittelpunkt stellen <strong>und</strong> stärken wollen“,<br />
erläutert die grüne <strong>Integration</strong>sministerin<br />
Irene Alt die Entstehungsgeschichte<br />
dieser Entscheidung. Nun<br />
war es beim Versuch, aus den fünf Bereichen<br />
des <strong>Ministerium</strong>s ein wenigstens<br />
einigermaßen sprechbares Kürzel<br />
zu produzieren, durchaus angebracht<br />
den Vokal „I“ an erster Stelle hinter<br />
dem Konsonanten „M“ zu bringen.<br />
Aber das war nicht die Überlegung der<br />
1/2012<br />
Koalition, versichert die Ministerin.<br />
„<strong>Integration</strong> sollte am Anfang stehen,<br />
um die Bedeutung des Themas klar zu<br />
machen.“<br />
Die Umstrukturierungen, vor allem<br />
der Aufbau einer eigenen Abteilung<br />
<strong>für</strong> den Bereich <strong>Integration</strong>, passen zu<br />
diesem Anspruch, betont Alt. „Durch<br />
die neue Abteilung stärken wir die <strong>Integration</strong>spolitik<br />
insgesamt.“<br />
Für sie persönlich wird damit – ob an<br />
erster Stelle aufgeführt oder nicht –<br />
auch ein über zwanzig Jahre von ihr<br />
ehrenamtlich bearbeitetes Thema zur<br />
berufl ichen Aufgabe: die Flüchtlingspolitik.<br />
Im Arbeitskreis Asyl <strong>und</strong> diversen<br />
Verbänden hatte Alt schon lange<br />
<strong>für</strong> eine humanitäre Flüchtlingspolitik<br />
gekämpft. Nun sieht sie die Chance,<br />
<strong>für</strong> diese Ziele auf jener Seite zu arbeiten,<br />
die <strong>für</strong> die NGOs bisher „die<br />
andere“ Seite war.<br />
Damit ist auch ein Schwerpunktthema<br />
<strong>für</strong> Alts erste Jahre in der Landesregierung<br />
genannt. Die Akteure in der<br />
Asyl- <strong>und</strong> Flüchtlingshilfe in Rheinland-Pfalz<br />
sind Alt bestens bekannt.<br />
Den Ansprechpartner/innen <strong>für</strong> die<br />
<strong>Integration</strong>sarbeit in den rheinlandpfälzischen<br />
Kommunen hat sie im<br />
ersten Amtsjahr zahlreiche Besuche<br />
abgestattet. „Ich bin viel im Land unterwegs<br />
<strong>und</strong> nehme gerne Termine<br />
der <strong>Integration</strong>sbeiräte wahr, es kommen<br />
viele Einladungen“, berichtet die<br />
Ministerin.<br />
<strong>Integration</strong>skonzepte sorgen <strong>für</strong><br />
stabile Strukturen<br />
Bei ihren Gesprächen mit Landräten<br />
<strong>und</strong> Bürgermeistern wirbt Alt <strong>für</strong> das<br />
Aufstellen kommunaler <strong>Integration</strong>skonzepte.<br />
„Hier<strong>für</strong> gibt es Mittel im<br />
Landeshaushalt, mit denen kostenlose<br />
Beratung <strong>und</strong> Begleitung <strong>für</strong> die Entwicklung<br />
von <strong>Integration</strong>skonzepten<br />
fi nanziert werden können“, verweist<br />
3
Guido Steinacker<br />
4<br />
1/2012<br />
die Ministerin auf abrufbare fi nanzielle<br />
Unterstützung <strong>für</strong> das, wo<strong>für</strong> sie im<br />
Lande wirbt.<br />
Naturgemäß sind auch die Problemlagen<br />
bei der <strong>Integration</strong> zugewanderter<br />
Menschen in Rheinland-Pfalz<br />
von Region zu Region unterschiedlich.<br />
Deshalb können auch nur auf die regionale<br />
<strong>und</strong> lokale Situation reagierende<br />
Konzepte gezielt eingreifen. „Durch<br />
kommunale <strong>Integration</strong>skonzepte<br />
wird eine gr<strong>und</strong>sätzliche Struktur geschaffen,<br />
die von den Räten verabschiedet<br />
wird.“<br />
Dies hält Alt <strong>für</strong> wichtig, um nicht<br />
nur an aktuellen Problemen, sondern<br />
nachhaltig arbeiten zu können. „Eine<br />
geschaffene Struktur verschwindet<br />
so nicht gleich wieder, wenn Akteure<br />
aufhören.“<br />
Im Aufgabengebiet der Bekämpfung<br />
des Rechtsextremismus darf sich<br />
Rheinland-Pfalz weiterhin als nur gemäßigt<br />
von der Szene herausgefordert<br />
sehen. „Es ist hier ein vergleichsweise<br />
wenig ausgeprägtes Thema, wir<br />
stehen gut da“, kann Alt vermelden.<br />
Wachsamkeit bleibt eine Aufgabe,<br />
<strong>und</strong> da<strong>für</strong> ist die Zusammenarbeit mit<br />
dem Innenministerium maßgebend.<br />
Beide Häuser initiieren <strong>und</strong> führen gemeinsame<br />
Präventionsprojekte durch,<br />
„wir ziehen da an einem Strang“, sieht<br />
Alt ihr <strong>Ministerium</strong> mit dem von Innenminister<br />
Roger Lewentz (SPD) auf<br />
einer Linie. Die schon länger existierenden<br />
Angebote an Rechtsextreme<br />
zum Ausstieg <strong>und</strong> Neuanfang hält<br />
Alt <strong>für</strong> eine geeignete Basis, auf der<br />
auch ihr <strong>Ministerium</strong> aufbauen will.<br />
„,(R)AUSwege‘ <strong>und</strong> ,Rückwege‘ sind<br />
gut laufende Projekte“, betont Alt.<br />
Irene Alt mit Behrouz Asadi <strong>und</strong> der früheren Landesbeauftragten Maria Weber<br />
Auch das Landesintegrationskonzept<br />
aus dem Jahr 2007, das offi ziell im<br />
vergangenen Jahr auslief, bietet weiter<br />
eine gute Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Arbeit<br />
im neuen <strong>Integration</strong>sministerium. So<br />
sieht das nicht nur die Landesregierung.<br />
„Wir haben uns die Ergebnisse mit<br />
allen Beteiligten im Landesbeirat angeschaut,<br />
waren uns einig, das Thema<br />
Interkulturelle Öffnung als neuen<br />
Schwerpunkt herauszunehmen“,<br />
schildert die Ministerin. „Nun sind wir<br />
dabei, dies mit Leben zu füllen.“<br />
Ein anderes Klima schaffen<br />
Mit der Aufgabe, die interkulturelle<br />
Kompetenz in den Behörden des Landes<br />
zu schulen, „fangen wir bei uns<br />
an“, betont Alt. Ziel ist nicht nur, das<br />
Wissen der Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
der Landesregierung über andere<br />
Kulturen zu erhöhen. Es soll auch<br />
in Institutionen wie <strong>Jugend</strong>ämtern<br />
<strong>und</strong> Ausländerbehörden spürbar ein<br />
anderes Klima gegenüber Migranten<br />
entstehen. „Zum einen geht es darum,<br />
dass die Neuen in unserer Gesellschaft<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich willkommen geheißen<br />
werden“, erläutert Alt. „Zum anderen<br />
wollen wir denen, die schon da sind,<br />
deutlicher als bisher sagen: Wir sind<br />
froh darüber, dass Sie da sind.“<br />
Diese neue Willkommens- <strong>und</strong> Anerkennungskultur<br />
soll nachhaltig in der<br />
Gesellschaft verwurzelt werden, „in<br />
den Köpfen der Menschen soll sich etwas<br />
ändern“. Eine höhere Quote von<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />
der Landesregierung mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
soll da<strong>für</strong> sorgen, „dass<br />
die Menschen sich wiederfi nden“.<br />
Als Zielvorgabe <strong>für</strong> das eigene Haus<br />
hat Alt sich eine Quote von 20 Prozent<br />
gesetzt. Eine Abfrage im <strong>Ministerium</strong><br />
auf freiwilliger Basis ergab,<br />
dass zirka zehn Prozent der Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter einen Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
angeben. Da die<br />
Erhöhung der Quote nur auf dem Wege<br />
der Fluktuation denkbar ist, ist die<br />
Verdopplung auf 20 Prozent ein ehrgeiziges<br />
Ziel, das es dennoch anzugehen<br />
gilt.<br />
Eigenes Pilotprojekt „Anonymisiertes<br />
Bewerbungsverfahren“<br />
Aus naheliegenden Gründen führt Alts<br />
<strong>Ministerium</strong> daher das Pilotprojekt<br />
„Anonymisiertes Bewerbungsverfahren“<br />
durch, durch das neben anderen<br />
potenziell benachteiligten Bewerber-
gruppen auch Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
steigende Chancen bei der<br />
Jobsuche erhalten können. „Wir suchen<br />
noch kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />
aus der freien Wirtschaft <strong>und</strong><br />
würden uns auch über Kommunen<br />
freuen, denn wir als <strong>Ministerium</strong> allein<br />
sind zu klein <strong>für</strong> das Pilotprojekt.“<br />
Interesse bek<strong>und</strong>et haben bereits das<br />
Umweltministerium <strong>und</strong> zwei Wohlfahrtsverbände,<br />
eine Bildungseinrichtung<br />
sowie ein Landkreis.<br />
Zu den Neuerungen der <strong>Integration</strong>spolitik<br />
in der neuen Landesregierung<br />
zählt die Einrichtung des „R<strong>und</strong>en<br />
Tischs Islam“, der sich am 27. März<br />
2012 konstituierte. Eingeladen zum<br />
ersten Treffen waren Vertreter muslimischer<br />
Organisationen <strong>und</strong> Verbände<br />
mit landespolitischer Bedeutung.<br />
Es kamen 21 konfessionelle <strong>und</strong><br />
nichtkonfessionelle Organisationen<br />
zusammen. Sie sollen sich unter dem<br />
Vorsitz des Landesbeauftragten Miguel<br />
Vicente mehrmals im Jahr treffen.<br />
„Der Tisch soll zeigen, dass wir die<br />
muslimischen Menschen mit ihrem<br />
Glauben <strong>und</strong> Vertretern in den Verbänden<br />
ernst nehmen“, betont Alt.<br />
Schon die Tatsache, dass hierdurch<br />
eine Gesprächsr<strong>und</strong>e in ruhiger Atmosphäre<br />
entstanden ist, „ist ein Wert<br />
an sich“. Bedeutende Themen wie<br />
der islamische Religionsunterricht in<br />
Schulen wurden von den Teilnehmern<br />
in die Diskussion eingebracht. Die<br />
Haltung der Landesregierung dazu ist<br />
bekanntermaßen positiv.<br />
Der Islam: Gleichstellung ist wichtiges<br />
Ziel<br />
Allerdings weist Alt auf die nicht weg<br />
zu diskutierenden Hürden hin, einen<br />
Islamunterricht in vergleichbaren<br />
Strukturen wie jenen der beiden großen<br />
christlichen Konfessionen einzurichten.<br />
„Das ist rechtlich nicht so<br />
einfach umzusetzen, da wir dazu eine<br />
1/2012<br />
Offi zielle Begegnungen gehören dazu: Bei der Feier 50 Jahre Türkei-Abkommen<br />
anerkannte islamische Religionsgemeinschaft<br />
als Ansprechpartner brauchen“,<br />
erläutert Alt. Das angelaufene<br />
Modellprojekt ist ein Weg um in dieser<br />
Richtung etwas auszuprobieren. „Unser<br />
Ziel ist es dabei, eine landesweite<br />
Regelung <strong>für</strong> einen regulären islamischen<br />
Religionsunterricht zu fi nden.“<br />
Das zuständige Bildungsministerium<br />
führt mit den islamischen Verbänden<br />
in Rheinland-Pfalz bereits Gespräche<br />
dazu.<br />
Auch mit der Ausländergesetzgebung<br />
des B<strong>und</strong>es ist ein rheinland-pfälzisches<br />
<strong>Ministerium</strong>, das eine Willkommenskultur<br />
schaffen will, stets<br />
konfrontiert. Die Eingliederung der<br />
ausländerrechtlichen Belange in ihr<br />
<strong>Ministerium</strong> gebe der Landesregierung<br />
aber auch die Chance, aus dem<br />
Land heraus auf dieses b<strong>und</strong>espolitische<br />
Thema einzuwirken, sagt die Ministerin.<br />
„Die Residenzpfl icht <strong>für</strong> Asylbewerber<br />
haben wir in Rheinland-Pfalz abgeschafft<br />
<strong>und</strong> wir tragen dies auch in<br />
den B<strong>und</strong> hinein“, kündigt Alt an. Ähnlich<br />
ist es mit dem Anliegen der neuen<br />
Landesregierung, in der Staatsangehörigkeitsfrage<br />
die Optionspfl icht<br />
<strong>für</strong> volljährig werdende Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten abzuschaffen.<br />
Kernthema der rheinland-pfälzischen<br />
Grünen ist seit Jahren die Abschaffung<br />
der Abschiebehaft. Die Schließung der<br />
Landesunterkunft <strong>für</strong> Ausreisepfl ichtige<br />
in Trier (LufA) setzte 2011 schon<br />
kurze Zeit nach der Regierungsbildung<br />
eine zentrale Forderung der Parteifre<strong>und</strong>e<br />
Alts um. Das verbesserte auch<br />
die Situation in der benachbarten<br />
Aufnahmeeinrichtung <strong>für</strong> Asylbegehrende.<br />
Gerade angesichts der derzeit wieder<br />
ansteigenden Anzahl Asylbegehrender<br />
will Alt sicherstellen, dass die Menschen<br />
spätestens drei Monate nach<br />
der Ankunft in Rheinland-Pfalz in eine<br />
Kommune umziehen dürfen. Nicht<br />
zuletzt, damit die <strong>Kinder</strong> dort Kitas<br />
<strong>und</strong> Schulen besuchen können.<br />
Die Auswahl der Unterkünfte <strong>für</strong> die<br />
zugeteilten Flüchtlinge ist Sache der<br />
Kommunen. Hier kann Alt nur appellieren,<br />
nicht die Fehler früherer<br />
Jahrzehnte zu wiederholen <strong>und</strong> große<br />
Sammelunterkünfte einzurichten<br />
sondern dezentral zu verteilen.<br />
Guido Steinacker<br />
5<br />
Guido Steinacker
6<br />
1/2012<br />
Eine neue<br />
Heraus-<br />
forderung<br />
Von der Landesbeauftragten<br />
zur Abteilungschefi n in Rheinland-Pfalz:<br />
Prof. Dr. Karin Weiss<br />
wechselte zum 1. Januar aus<br />
Potsdam nach Mainz<br />
Es gibt berufl iche Laufbahnen, die<br />
Ergebnis einer zielgerichteten Lebensplanung<br />
sind. Bei Prof. Dr. Karin<br />
Weiss ist dagegen immer wieder die<br />
Lust auf neue Wege auffällig. Auch<br />
der Wechsel vom Posten der brandenburgischen<br />
<strong>Integration</strong>sbeauftragten<br />
ins rheinland-pfälzische <strong>Integration</strong>sministerium<br />
zum Jahresbeginn ist<br />
Ausdruck des Mutes der gebürtigen<br />
Berlinerin, nach fünf Jahren auch einmal<br />
einen recht sicheren Job <strong>für</strong> etwas<br />
Neues aufzugeben.<br />
„Die Chance bot sich, warum nicht<br />
noch einmal etwas Neues beginnen?“,<br />
erläutert die Leiterin der Abteilung <strong>Integration</strong><br />
<strong>und</strong> Migration im <strong>Ministerium</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Integration</strong>, <strong>Familie</strong>, <strong>Kinder</strong>,<br />
<strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Frauen ihre Überlegungen<br />
in die Führung einer ministeriellen<br />
Fachabteilung zu wechseln. Überzeugend<br />
fand sie die von der Koalition<br />
geschaffene neue Struktur der <strong>Integration</strong>spolitik<br />
durch die Zusammenfassung<br />
der ausländerrechtlichen mit<br />
der <strong>Integration</strong>sstruktur.<br />
„Das gab es zuvor nur in Schleswig-<br />
Holstein, dort aber im Justizministerium<br />
angesiedelt“, erläutert Weiss.<br />
Die ordnungspolitische Ausrichtung<br />
des <strong>Ministerium</strong>s im Hohen Norden<br />
<strong>und</strong> die sozialpolitische in Rheinland-<br />
Frisch angekommen in Mainz: Prof. Dr. Karin Weiss in ihrem Büro im <strong>Ministerium</strong><br />
Pfalz, da ist ihr die hiesige Linie doch<br />
näher. „Das ist so spannend <strong>und</strong> herausfordernd,<br />
dass ich daran mitwirken<br />
wollte.“<br />
Aufgaben verschieden gelagert<br />
Eine gänzlich Unbekannte ist die Stadt<br />
Mainz <strong>für</strong> Weiss nicht. Ein Jahr bevor<br />
sie die Chance zum Wechsel von der<br />
Havel an den Rhein ergriff, war sie als<br />
Vertreterin des Landes Brandenburg<br />
in der Landeshauptstadt. Damals lud<br />
die <strong>für</strong> die <strong>Integration</strong>spolitik zuständige<br />
Ministerin Malu Dreyer (SPD) als<br />
Vorsitzende der Konferenz der <strong>für</strong> <strong>Integration</strong><br />
zuständigen Ministerinnen<br />
<strong>und</strong> Minister (IntMK) ein. Dass sie so<br />
bald, auch noch in berufl icher Angelegenheit,<br />
nach Rheinland-Pfalz zurückkehren<br />
<strong>und</strong> gar bleiben würde, war da<br />
noch nicht abzusehen.<br />
Die Aufgaben- <strong>und</strong> Problemfelder<br />
<strong>für</strong> die <strong>Integration</strong>spolitik sind in den<br />
beiden B<strong>und</strong>esländern deutlich verschieden<br />
gelagert. „Die Herausforderung<br />
ist hier eine andere.“ So ist in<br />
Brandenburg der Fachkräftemangel<br />
schon deutlich stärker ausgeprägt als<br />
in Rheinland-Pfalz. Dies ist nicht zuletzt<br />
das lange nachwirkende Ergebnis<br />
der Abwanderung von r<strong>und</strong> einer halben<br />
Million Menschen aus dem B<strong>und</strong>esland<br />
seit der Wiedervereinigung,<br />
die zumeist jung <strong>und</strong> gut ausgebildet,<br />
aber perspektivarm der Heimat den<br />
Rücken in Richtung westliche B<strong>und</strong>esländer<br />
kehrten. „Es ist eine Mangelsituation,<br />
wie sie in den westdeutschen<br />
Ländern erst später zu erwarten ist.<br />
Auch sind die Rahmenbedingungen<br />
andere“, sagt Weiss. Das hatte auch<br />
auf die Zielrichtung der <strong>Integration</strong>spolitik<br />
in Brandenburg Auswirkungen.<br />
Fachkräftemangel wird ein Thema<br />
Die zwei Aspekte des <strong>Integration</strong>sprozesses<br />
– zum einen die humanitäre<br />
Seite, „die immer da ist“, zum anderen<br />
die arbeitsmarktpolitische – dürften<br />
auch in dieser Situation nicht gegeneinander<br />
stehen. „Das eine kann nicht<br />
auf Kosten des anderen gehen.“ Dennoch,<br />
auch aus der demographischen<br />
Entwicklung heraus: „Die Zuwanderung<br />
wird unter dem Aspekt des Fachkräftemangels<br />
in Deutschland neu<br />
diskutiert werden“, sagt Weiss.<br />
Guido Steinacker
Auch <strong>für</strong> sie selbst verändert sich<br />
durch die neue Aufgabe Vieles. In<br />
Potsdam war sie als Beauftragte stärker<br />
im konzeptionellen Bereich gefordert,<br />
vergleichbar mit der Struktur, in<br />
der Maria Weber in Rheinland-Pfalz<br />
bis zur Neubildung der Landesregierung<br />
als Landesbeauftragte arbeitete.<br />
Nun sieht sie sich als Leiterin einer<br />
Fachabteilung eines <strong>Ministerium</strong>s<br />
mehr in der Entwicklung von Handlungsstrategien<br />
gefragt sowie bei deren<br />
Umsetzung. Zum Beispiel bei einer<br />
<strong>Integration</strong>sdebatte, die einerseits die<br />
Öffnung des Arbeitsmarktes <strong>für</strong> eine<br />
verstärkte Zuwanderung anmahnt,<br />
aber gleichzeitig ganze Gruppen unter<br />
Vorbehalte stellt. „Aufgabe wird es<br />
dann <strong>für</strong> die Politik sein, eine Versachlichung<br />
dieser Debatte zu erreichen –<br />
das ist dann auch ein Beitrag zur <strong>Integration</strong>“,<br />
erwartet Weiss.<br />
<strong>Integration</strong>spolitik als Querschnittsaufgabe<br />
<strong>und</strong> Vernetzung<br />
Eine weitere Aufgabe <strong>für</strong> Weiss ist es,<br />
die <strong>Integration</strong>sfragen betreffende<br />
Arbeit in anderen Ministerien mit der<br />
des eigenen Hauses zu vernetzen. Mit<br />
ihrer Abteilung verfolgt sie schließlich<br />
eine „Querschnittsaufgabe par<br />
excellence“, wie die Sozialpädagogik-<br />
Professorin betont. Besonders die Bereiche<br />
Arbeit, Bildung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
sind zwar in anderen Ministerien angesiedelt,<br />
<strong>für</strong> eine gute <strong>Integration</strong>spolitik<br />
aber trotzdem zentrale Themen.<br />
„Auch diese Bereiche sollen mit<br />
der Strategie unseres <strong>Ministerium</strong>s<br />
verb<strong>und</strong>en werden.“<br />
Gleiches gilt natürlich <strong>für</strong> die anderen<br />
Abteilungen des eigenen Hauses <strong>und</strong><br />
Akteure vor Ort. Diese Anstrengungen<br />
sieht Weiss nach einem Jahr auf einem<br />
guten Weg. Sie verweist darauf, dass<br />
sie nicht in ein Strukturvakuum hineingekommen<br />
sei. Anknüpfungspunkte<br />
wie der Landesbeirat <strong>für</strong> Migration<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong>, den sie ebenfalls be-<br />
Stationen im Leben von Prof. Dr. Karin Weiss<br />
- Aufgewachsen in Berlin<br />
- 1971 Pädagogik-Studium an der FU<br />
Berlin, Schwerpunkt Sozialpädagogik<br />
- Sozialarbeiterin beim DPW <strong>und</strong> mit<br />
straffällig gewordenen <strong>Jugend</strong>lichen<br />
- 1985 Studium an der Uni Tel Aviv<br />
mit Abschluss Promotion (1992)<br />
- 1987 Freie Mitarbeit am Institut <strong>für</strong><br />
<strong>Jugend</strong>forschung Haifa<br />
- 1991 Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
an der FU Berlin<br />
- seit 1993 Professorin an der FH<br />
Potsdam <strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />
- 2007 <strong>Integration</strong>sbeauftragte<br />
gleitet, <strong>und</strong> die <strong>Integration</strong>sbeiräte in<br />
den Kommunen bestehen schließlich<br />
schon länger.<br />
Die Zusammenlegung der Bereiche<br />
<strong>Integration</strong> <strong>und</strong> Ausländerrecht als<br />
bedeutendste strukturelle Veränderung<br />
der Zuwanderungspolitik sieht<br />
sie als große Aufgabe. „Dazu ist das<br />
gemeinsame Dach <strong>für</strong> diese beiden<br />
Bereiche wichtig.“ Allerdings sei auch<br />
klar, dass dieser Schritt alleine keinen<br />
Rechtsrahmen verändert.<br />
Öffnung kann Schule machen<br />
Als mittelfristiges Ziel aus dem Katalog<br />
der Koalitionsvereinbarung benennt<br />
Weiss die Neukonzeption der<br />
Abschiebungspraxis <strong>und</strong> die interkulturelle<br />
Öffnung der Landesregierung<br />
<strong>für</strong> sie als vorrangig. Und sie ist optimistisch,<br />
dass Rheinland-Pfalz hier<br />
etwas vorleben kann, das in anderen<br />
B<strong>und</strong>esländern Nachahmer fi nden<br />
wird. „Wenn wir das gut hinbekommen,<br />
wird es Schule machen“, ist<br />
Weiss überzeugt.<br />
Die <strong>Integration</strong>sthematik „begleitet<br />
mich schon lange“, sagt Karin Weiss.<br />
Berufl ich ist sie nicht erst seit 2007,<br />
mit Beginn der Arbeit als branden-<br />
1/2012<br />
burgische Landesbeauftragte <strong>für</strong> <strong>Integration</strong>,<br />
in dem Bereich tätig. „Nach<br />
meinem Studium war meine erste berufl<br />
iche Tätigkeit die Beratungsarbeit<br />
<strong>für</strong> Aussiedler.“ Im Berliner Notaufnahmelager<br />
Marienfelde war sie aktiv,<br />
als die ersten Aussiedler aus Polen <strong>und</strong><br />
Rumänien in dem 1953 ursprünglich<br />
<strong>für</strong> DDR-Flüchtlinge eingerichteten<br />
Lager ankamen.<br />
Nachdem Weiss 1993 an der FH Potsdam<br />
ihre Professur im Fach Sozialpädagogik<br />
antrat, führte sie bald schon<br />
Forschungsprojekte zur Zuwanderung<br />
in den neuen B<strong>und</strong>esländern durch,<br />
begleitete Projekte <strong>und</strong> Evaluationen.<br />
Nach 14 Jahren als praktizierende Professorin<br />
folgte dann der Sprung in die<br />
Politik, wobei die Berlinerin berufl ich<br />
da<strong>für</strong> in Potsdam blieb.<br />
„Es war die richtige Entscheidung“,<br />
sagt sie rückblickend. Natürlich nutzt<br />
die wissenschaftliche Erfahrung ihr bis<br />
heute. „Diese Doppelseitigkeit empfi<br />
nde ich als sehr produktiv.“ Nämlich<br />
als die immer geforderte Verbindung<br />
von Theorie <strong>und</strong> Praxis.<br />
Guido Steinacker<br />
7
Guido Steinacker<br />
1/2012<br />
Die gesamte Abteilung auf einem Bild<br />
Mit der Regierungsumbildung am 18.<br />
Mai 2011 ging auch ein neues <strong>Ministerium</strong><br />
an den Start: Das <strong>Ministerium</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Integration</strong>, <strong>Familie</strong>, <strong>Kinder</strong>, <strong>Jugend</strong><br />
<strong>und</strong> Frauen mit Ministerin Irene Alt<br />
<strong>und</strong> Staatssekretärin Margit Gottstein<br />
an der Spitze. Von Anfang an stand die<br />
<strong>Integration</strong>spolitik als ein wichtiger<br />
Schwerpunkt im Fokus der neuen Landesregierung.<br />
Die neue Ausrichtung kam auch mit<br />
der Schaffung einer neuen Abteilung<br />
zum Ausdruck: Durch die Zusammenfassung<br />
der ausländerrechtlichen <strong>und</strong><br />
der integrationspolitischen Bereiche<br />
entstand die Fachabteilung <strong>für</strong> <strong>Integration</strong><br />
<strong>und</strong> Migration. Der integrationspolitische<br />
Bereich, unter anderem<br />
mit den Aufgabenschwerpunkten<br />
„Landesintegrationskonzept, Förde-<br />
8<br />
rung von <strong>Integration</strong>sprojekten, Publikationen<br />
<strong>und</strong> migrationsspezifi scher<br />
Öffentlichkeitsarbeit, <strong>Integration</strong>smonitoring<br />
sowie die Geschäftsstelle<br />
des Landesbeirates <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong>“ kam aus dem Stab der<br />
ehemaligen Beauftragten <strong>für</strong> Migration<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong>, Maria Weber.<br />
Der ordnungspolitische Bereich hat<br />
die Fachzuständigkeit <strong>für</strong> Ausländer-<br />
<strong>und</strong> Asylrecht, Migrantenaufnahme,<br />
Einbürgerung <strong>und</strong> wechselte aus dem<br />
damaligen <strong>Ministerium</strong> des Innern<br />
<strong>und</strong> <strong>für</strong> Sport ins MIFKJF. Somit ist der<br />
ordnungspolitische Bereich in einem<br />
gesellschaftspolitischen Ressort angesiedelt.<br />
Das ist b<strong>und</strong>esweit einmalig<br />
<strong>und</strong> erlaubt die enge Verknüpfung<br />
integrationspolitischer mit ausländerrechtlichen<br />
Fragen.<br />
Das Miteinander macht sich konkret<br />
im Arbeitsalltag bemerkbar: Der Bereich<br />
Flüchtlinge ist als neues Handlungsfeld<br />
zum Landesintegrationskonzept<br />
hinzugekommen <strong>und</strong> wird<br />
zukünftig in der <strong>Integration</strong>spolitik<br />
eine gewichtige Rolle spielen.<br />
Das Thema „Interkulturelle Öffnung“<br />
wird durch Schulungen, Weiter- <strong>und</strong><br />
Fortbildungen auch in die Ausländerbehörden<br />
hineingetragen werden. Als<br />
eine öffentlichkeitswirksame Maßnahme<br />
im Sinne der neuen <strong>Integration</strong>spolitik<br />
sei der 3. Kommunale Gipfel<br />
am 19. September 2012 genannt,<br />
der das Thema „Einbürgerung“ in den<br />
Kontext der neuen rheinland-pfälzischen<br />
Willkommens- <strong>und</strong> Anerkennungskultur<br />
rückte.
Im neuen<br />
Rahmen<br />
aktiv<br />
In der veränderten Struktur des<br />
Beauftragtenbüros fühlt sich<br />
der neue Landesbeauftragte<br />
Miguel Vicente gut in das <strong>Ministerium</strong><br />
integriert<br />
Trotz der gr<strong>und</strong>legenden Umstrukturierung<br />
der <strong>Integration</strong>spolitik in der<br />
rheinland-pfälzischen Landesregierung<br />
ist die Funktion des Beauftragten<br />
der Landesregierung <strong>für</strong> Migration<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> erhalten geblieben.<br />
Der Rahmen der Stelle hat sich allerdings<br />
stark verändert.<br />
Gewechselt hat in der neuen Konstellation<br />
im neu gebildeten <strong>Ministerium</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Integration</strong>, <strong>Familie</strong>, <strong>Kinder</strong>, <strong>Jugend</strong><br />
<strong>und</strong> Frauen die Person des Beauftragten.<br />
Als Nachfolger der bisherigen, im<br />
Sozialministerium von Malu Dreyer<br />
angesiedelten Beauftragten Maria<br />
Weber trat Miguel Vicente gleichzeitig<br />
mit der neuen Landesregierung am<br />
18. Mai 2011 den Job an. Er ist nicht<br />
Bestandteil der Abteilung <strong>Integration</strong>,<br />
sondern organisatorisch Staatssekretärin<br />
Margit Gottstein zugeordnet.<br />
Vicente ist als Landesbeauftragter<br />
eine nahe liegende Personalie, muss<br />
jeder zugeben, der die „<strong>Integration</strong>sszene“<br />
in Rheinland-Pfalz kennt.<br />
Niemand im Lande hat wohl einen<br />
so großen Überblick <strong>und</strong> so stark vernetzte<br />
Kontakte zu den Initiativen <strong>und</strong><br />
Gremien in Rheinland-Pfalz wie der<br />
bisherige Geschäftsführer der Arbeits-<br />
Miguel Vicente mit seiner Mitarbeiterin Carolina Orphanidou<br />
gemeinschaft der <strong>Integration</strong>sbeiräte<br />
in Rheinland-Pfalz (AGARP).<br />
„Die AGARP versteht sich als NGO“,<br />
erläutert Vicente, warum er den<br />
Wechsel trotz der inhaltlichen Konstanz<br />
durchaus als großen Schritt <strong>für</strong><br />
sich selbst sieht. „Sie ist institutionell<br />
gefördert, aber unabhängig.“ Das ist<br />
eine Autonomie in der inhaltlichen<br />
Arbeit <strong>und</strong> Positionierung.<br />
Kein Problem mit der Einbindung<br />
„Das heißt ja nicht, dass die AGARP<br />
a priori Oppositionspositionen einnehmen<br />
muss“, ergänzt Vicente. Und<br />
so hat er die Organisation, deren Geschäftsführer<br />
er seit 1998 war, als<br />
kooperativ mit der Landesregierung<br />
erlebt. Mag sein, dass das bei einer anderen<br />
<strong>Integration</strong>spolitik der Landesregierung<br />
anders ausgesehen hätte.<br />
„In keiner Weise“ habe er ein Problem<br />
damit, die große Unabhängigkeit in<br />
der AGARP mit der Einbindung als politischer<br />
Beamter in den Regierungsapparat<br />
zu tauschen. „Ich habe vielleicht<br />
weniger Autonomie, da<strong>für</strong> aber<br />
mehr Gestaltungsmöglichkeiten.“ Der<br />
politische Rahmen ist gesetzt – durch<br />
1/2012<br />
die integrationspolitischen Inhalte der<br />
rot-grünen Koalitionsvereinbarung.<br />
Als langjähriger Mainzer SPD-Kommunalpolitiker<br />
wird Vicente unweigerlich<br />
als roter Farbklecks im grünen<br />
<strong>Ministerium</strong> angesehen. Es mag manche<br />
verw<strong>und</strong>ern, wieso Bündnis 90/<br />
Die Grünen sich darauf einließen. Weil<br />
er von den Grünen eben nicht als einer<br />
von der anderen Seite wahrgenommen<br />
werde, ist sich Vicente sicher.<br />
„Wir haben als Landesregierung ein<br />
Projekt, das über die Koalitionsvereinbarung<br />
klar formulierte Ziele setzt“,<br />
erläutert der Landesbeauftragte. Da<br />
geht bisher kein Papier zwischen den<br />
roten Vicente <strong>und</strong> das grüne Haus. „Es<br />
gab noch nie in einem Koalitionsvertrag<br />
eine so umfassende integrationspolitische<br />
Zielsetzung.“<br />
Strukturelle <strong>Integration</strong> betonen<br />
Auch bei der Prioritätensetzung, die<br />
zu Beginn der Umsetzung der Koalitionspläne<br />
zu leisten war, sieht Vicente<br />
keine Differenzen mit der Hausspitze.<br />
„Ich bin der Überzeugung, wir müssen<br />
der strukturellen <strong>Integration</strong> mehr<br />
Gewicht geben“, sagt der Beauftragte.<br />
Damit ist die interkulturelle Öffnung<br />
9
Guido Steinacker<br />
10<br />
1/2012<br />
der Gesellschaft gemeint, die öffentlichen<br />
Behörden des Landes sollen als<br />
Arbeitgeber dabei vorangehen.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt, den Vicente<br />
ganz oben auf der Agenda stehen<br />
hat, ist auch die Frage des Umgangs<br />
mit dem Islam <strong>und</strong> Muslimen in unserer<br />
Gesellschaft „nach der Debatte<br />
um Sarrazin <strong>und</strong> Co“. Dabei sieht er<br />
es als vordringlich an, die <strong>Integration</strong><br />
des Islam über die Anerkennung als<br />
Religionsgemeinschaft zu fördern, so<br />
dass eine tatsächliche Gleichstellung<br />
erreicht wird. Um diese Themen voranzubringen,<br />
hat der Beauftragte den<br />
„R<strong>und</strong>en Tisch Islam“ einberufen.<br />
Gegensteuern will Vicente auch dem<br />
Vorurteil, dass der Islam gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
nicht demokratiefähig sei, „das ist ein<br />
Bild, das sich bei den Menschen immer<br />
mehr verfestigt“. Seine spezifi sche<br />
Rolle als Landesbeauftragter kommt<br />
ihm dabei entgegen. „Es ist eine<br />
meiner originären Aufgaben vor Ort<br />
zu sein, ich habe eine Brückenfunktion<br />
zwischen Bürgern <strong>und</strong> Regierung.“ Da<br />
kommt ihm die vorige Aufgabe in der<br />
AGARP entgegen, aus der die dazu<br />
notwendigen Kontakte in die einzelnen<br />
Kommunen <strong>und</strong> zu den Handelnden in<br />
der <strong>Integration</strong>sarbeit herrühren. Auch<br />
bei den eher ministeriell bearbeiteten<br />
Themen – wie der Abschaffung der<br />
Residenzpfl icht <strong>für</strong> Asylbewerber –<br />
„kommt der Beauftragte als Erklärer<br />
ins Spiel“.<br />
Keinen eigenen Stab mehr<br />
Deshalb ist Vicente auch bei den<br />
Abteilungsleiter-Besprechungen <strong>und</strong><br />
strategischen Gesprächen im <strong>Ministerium</strong><br />
eingeb<strong>und</strong>en. Das funktioniere<br />
bisher sehr gut, „es gibt keine Anzeichen<br />
einer rot-grünen Separierung.“<br />
Lange im Einsatz <strong>für</strong> Migranten: Miguel Vicente im Mainzer AGARP-Geschäftsführerbüro (2002)<br />
Anders als seine Vorgängerinnen Helga<br />
Gerigk <strong>und</strong> Maria Weber verfügt<br />
Vicente in der neuen Struktur der<br />
Beauftragtenstelle nicht mehr über<br />
einen eigenen Stab im vergleichbaren<br />
Umfang. Zugeordnet sind ihm die<br />
Sachbearbeitern Carolina Orphanidou<br />
sowie Sekretärin Birgit Vogel. Sie ist<br />
die letzte Verbliebene des „alten“ Be-<br />
auftragtenstabes. Die begrenzte Mitarbeiterzahl<br />
ist <strong>für</strong> Vicente deshalb<br />
kein Problem, hat sogar seine Vorteile.<br />
„Ich kann <strong>für</strong> den fachlichen Hintergr<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> insbesondere rechtliche<br />
Einschätzungen auf die Mitarbeiter<br />
der Abteilung zurückgreifen – <strong>und</strong> bin<br />
selbst von der Mitarbeiterführung befreit.“<br />
Hinein ins Land statt den Chef<br />
im Hause geben – besonders mit dieser<br />
Folge der Umstrukturierung der<br />
<strong>Integration</strong>sarbeit in der Landesregierung<br />
kann Vicente sich sehr gut arrangieren.<br />
Zwei Themen will der Landesbeauftragte<br />
persönlich in der Legislaturperiode<br />
einbringen: „Die Unterstützung<br />
der Beiräte in<br />
den Kommunen liegt<br />
mir am Herzen, weil<br />
ich überzeugt von der<br />
Bedeutung dieser Gremienarbeit<br />
bin“, sagt<br />
Vicente.<br />
Das andere Thema<br />
ist die Fortentwicklung<br />
der kommunalen<br />
<strong>Integration</strong>spolitik.<br />
„Es spielt eine wichtige<br />
Rolle, was in den<br />
Kommunen passiert,<br />
sie müssen in ihrer<br />
guten Arbeit unterstützt<br />
werden“, betont<br />
Vicente. Dazu dienen<br />
die bislang schon zur<br />
Verfügung stehenden<br />
Beratungsprogramme<br />
<strong>und</strong> -projekte. Über<br />
diese werden etwa Berater<br />
fi nanziert, die sich vor Ort ein<br />
Bild der Strukturen der Migrationsarbeit<br />
machen <strong>und</strong> gemeinsam mit den<br />
Akteuren vor Ort nachhaltig wirkende<br />
<strong>Integration</strong>skonzepte entwickeln.<br />
Guido Steinacker
1/2012<br />
Drei Personen, 25 Jahre <strong>Integration</strong>sbeauftragte der Landesregierung: Helga Gerigk, Maria Weber, Miguel Vicente (v.l.)<br />
Auf Basis eines konsequenten Entwurfs<br />
Pionierarbeit leisten – Wegweiser erarbeiten – friedliches Zusammenleben gestalten: Politische Wegmarken<br />
der <strong>Integration</strong>sarbeit von 1987 bis 2012. Von Mechthild Gerigk-Koch<br />
Seit nunmehr 25 Jahren wird die <strong>Integration</strong>sarbeit der rheinland-pfälzischen Landesregierung entscheidend<br />
durch eine Beauftragtenstelle <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> gestaltet. Ausgangslage <strong>und</strong><br />
Aufgabenstellung im Jahr 1987 <strong>und</strong> die Entwicklungen bis in die Gegenwart schildert dieser Bericht.<br />
Im Spätherbst 1987: Die Landesregierung<br />
Rheinland-Pfalz richtet das Amt<br />
der Ausländerbeauftragten im Sozialministerium<br />
ein. Der Auftrag lautet:<br />
Kümmern um die Belange der ausländischen<br />
Menschen in Rheinland-Pfalz.<br />
Von Beginn an steht die Gestaltung<br />
des friedlichen Zusammenlebens als<br />
Normalität im Miteinander von Einheimischen<br />
<strong>und</strong> Zugewanderten im<br />
Vordergr<strong>und</strong> – mithin also die Aufgabe:<br />
Wie bringt man Menschen zueinander,<br />
die sich vordergründig fremd<br />
sind, die Vorbehalte <strong>und</strong> gegenseitige<br />
Vorurteile haben? Das ist wesentlich<br />
die Bearbeitung oder Aufarbeitung<br />
von kulturellen Selbstverständlichkeiten<br />
nach dem Motto: Hier wir, dort<br />
die. Aber das sollte anders werden.<br />
Nur wie? Was ist <strong>Integration</strong> in diesem<br />
Sinne?<br />
Die Ausländerbeauftragte sollte Konzepte<br />
entwickeln, die die Lebenslage<br />
der Einwanderer verbessern helfen<br />
könnten. Dazu gehörten zunächst<br />
Bestandsaufnahmen <strong>und</strong> die Feststellung<br />
des Ist-Zustands, bevor man an<br />
die Zukunftsplanung gehen konnte.<br />
Auskunft darüber gaben die Betroffenen<br />
selbst, ihre ersten Interessenvertretungen<br />
<strong>und</strong> die Vereine, die sich<br />
gebildet <strong>und</strong> gefestigt hatten.<br />
Dazu gehörte es auch, sich mit den<br />
Erwartungshaltungen der Zugewanderten<br />
– damals noch Ausländer –<br />
auseinander zu setzen, auch mit ihrer<br />
Konkurrenz untereinander <strong>und</strong> der<br />
Frage: Wie kann im Konfl iktfall vermittelt<br />
werden? Zu dieser Zeit galt<br />
noch das Ausländergesetz von 1965.<br />
11
Archiv<br />
12<br />
1/2012<br />
Helga Gerigk wirbt <strong>für</strong> die Beiratswahl 1994<br />
Es steckte den gesetzlichen Rahmen<br />
ab, der durch Ermessensentscheidungen<br />
auszulegen war. Hohe Flexibilität<br />
in der Entscheidung führte aber auch<br />
zu Fragen <strong>und</strong> Rückfragen: Wieso in<br />
diesem Fall so <strong>und</strong> im nächsten völlig<br />
anders? Die Ausländerbeauftragte<br />
beriet Petentinnen <strong>und</strong> Petenten, die<br />
Entscheidungen von Behörden nicht<br />
verstehen konnten <strong>und</strong> erfuhr auf<br />
diese Weise zugleich, wo der Schuh<br />
drückte, wo Erklärungsbedarf bestand<br />
<strong>und</strong> wo auch konkreter Hilfebedarf.<br />
Sie brachte sich in die Diskussion um<br />
ein neues Ausländergesetz ein, das die<br />
zum Ausländerrecht entwickelte umfangreiche<br />
Rechtsprechung in Rechtsnormen<br />
umsetzte <strong>und</strong> damit transparent<br />
machte.<br />
1990 entschied das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht,<br />
dass nach Artikel 20<br />
des Gr<strong>und</strong>gesetzes ein Wahlrecht<br />
nur deutschen Staatsangehörigen<br />
zusteht. Diese Entscheidung wurde<br />
von vielen als enttäuschendempf<strong>und</strong>en.<br />
Bis heute wird<br />
politisch kontrovers<br />
darüber diskutiert,<br />
durch eine Verfassungsänderung<br />
das<br />
kommunale Wahlrecht<br />
<strong>für</strong> dauerhaft<br />
in Deutschland lebendeAusländerinnen<br />
<strong>und</strong> Ausländer<br />
zu ermöglichen.<br />
Bisher steht dieses<br />
Wahlrecht lediglich<br />
EU-Bürgerinnen <strong>und</strong><br />
Bürgern zu.<br />
Ende 1989 wechselte<br />
die Ausländerbeauftragte<br />
mit ihrem<br />
kleinen Stab vom<br />
Sozialministerium<br />
in die Staatskanzlei.<br />
Es hatte sich bereits<br />
zu diesem Zeitpunkt<br />
die Sicht durchgesetzt, dass Ausländerpolitik<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich eine Querschnittsaufgabe<br />
ist. Alle Ressorts sind<br />
Ansprechpartner <strong>und</strong> Akteure in diesem<br />
Feld, mal mehr, mal weniger. Die<br />
Anbindung an die Staatskanzlei sollte<br />
dieses Gefüge deutlich machen <strong>und</strong><br />
tragen. Und in diesem Zuge entstand<br />
ein wichtiger Projektgedanke: Ausländerrecht<br />
<strong>und</strong> dann? <strong>Integration</strong> ist<br />
mehr als die verlässliche Regelung von<br />
Einreise <strong>und</strong> Aufenthalt. <strong>Integration</strong><br />
verändert die ganze Gesellschaft. Daraus<br />
entwickelte sich die Fragestellung:<br />
Wo wollen wir hin? Und die nächsten<br />
gleich mit: Wer muss dazu wann was<br />
genau lernen? Interkulturelles Lernen<br />
als neue <strong>und</strong> zusätzliche Herausforderung<br />
<strong>und</strong> als eine Lösung?<br />
Erstes Ausländergesetz 1990<br />
Doch das Recht hatte zunächst Vorrang.<br />
1990 war es soweit: Das neue<br />
Ausländergesetz trat in Kraft. Erst-<br />
mals wurden unter bestimmten Voraussetzungen<br />
auch Rechtsansprüche<br />
auf Aufenthaltstitel im Gesetz festgelegt.<br />
Die Anfragen <strong>und</strong> die Bitten um<br />
Unterstützung in Einzelfällen setzten<br />
sich fort; die Beauftragte wurde zu einer<br />
Ombudsstelle <strong>für</strong> Betroffene <strong>und</strong><br />
Beraterinnen bzw. Berater.<br />
Die Ausländerbeauftragte nutzte die<br />
Erfahrungen, um gemeinsam mit<br />
dem <strong>Ministerium</strong> des Innern <strong>und</strong> <strong>für</strong><br />
Sport ein Konzept zu erarbeiten, das<br />
sowohl die bessere Vermittlung der<br />
ausländerrechtlichen Sachverhalte<br />
durch Ausländerbehördenmitarbeiter<br />
ermöglichte als auch die Behördenmitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> -mitarbeiter als<br />
Zielgruppe <strong>für</strong> ein Lernen darüber hinaus<br />
ansprechen sollte. Dies war der<br />
Beginn der noch heute andauernden<br />
Aktivitäten im Fortbildungsbereich.<br />
Im Rahmen einer dreitägigen Fachtagung<br />
„Interkulturelles Lernen“<br />
diskutierten namhafte Experten im<br />
Herbst 1990 in der Sparkassenakademie<br />
Schloss Waldthausen über die<br />
Anforderungen einer modernen Einwanderungsgesellschaft:<br />
Wie soll das<br />
Bildungssystem reagieren, wie die<br />
<strong>Jugend</strong>arbeit <strong>und</strong> wie die Gemeinwesenarbeit?<br />
Bis heute hat sich an diesen<br />
Fragen nicht viel verändert. Die<br />
Ausländerbeauftragte hat mit dieser<br />
Tagung Pionierarbeit geleistet. Und<br />
sie hat die Konsequenzen aus den Ergebnissen<br />
gezogen.<br />
Eine erste war: Fortbildung in gemeinsamem<br />
Angebot durch Innenministerium<br />
<strong>und</strong> Staatskanzlei. Ab 1991<br />
bis in die Mitte der 90er-Jahre liefen<br />
diese Seminare mit gutem Erfolg.<br />
Dann kam ein wichtiger <strong>und</strong> richtiger<br />
Perspektivenwechsel: Nicht mehr<br />
nur die Ausländerbehörden sollten<br />
Zielgruppe von Fortbildungen zum Erwerb<br />
interkultureller Kompetenz sein,<br />
sondern alle Behörden als wichtige<br />
Scharniere in der Begegnung zwischen
Staat, Gesellschaft <strong>und</strong> Individuum.<br />
In weiteren Pilotprojekten wurde getestet,<br />
wie der konzeptionelle Ansatz<br />
<strong>für</strong> eine bedarfsgerechte Qualifi kation<br />
der Fachkräfte in den Behörden weiterzuentwickeln<br />
war.<br />
Eine weitere Konsequenz: Es bedarf<br />
des regelmäßigen Austausches <strong>und</strong><br />
der Transparenz der Prozesse <strong>und</strong> Entscheidungen.<br />
Ein regelmäßiges Medium<br />
musste geschaffen werden. Die<br />
Idee zum Magazin „Treffpunkt“ war<br />
geboren <strong>und</strong> 1992 ging er an den Start.<br />
Fortan war dies die Plattform <strong>für</strong> kontroverse<br />
Beiträge <strong>und</strong> Diskussionen,<br />
<strong>für</strong> aktuelle Mitteilungen ebenso wie<br />
<strong>für</strong> die gr<strong>und</strong>sätzliche Positionierung<br />
<strong>und</strong> das Magazin war immer offen <strong>für</strong><br />
Beiträge von Akteurinnen <strong>und</strong> Akteuren<br />
im Feld.<br />
Und es kam mehr: 1993 veröffentlichte<br />
die Ausländerbeauftragte den<br />
ersten großen Ausländerbericht „Wir<br />
leben in Rheinland-Pfalz“, der die Bereiche<br />
Wirtschaft, Bildung, Zusammenleben<br />
abdeckte <strong>und</strong> erstmals<br />
umfangreiche statistische Daten <strong>und</strong><br />
Zahlen enthielt. Daraus wurde einer<br />
der ersten Renner bei den Veröffentlichungen<br />
der Ausländerbeauftragten:<br />
das statistische Heft, das bis 2004 jedes<br />
Jahr erschien.<br />
Die Erfahrungen aus der über die Jahre<br />
erfolgten Vielzahl der Beratungen<br />
von Ausländerinnen <strong>und</strong> Ausländer,<br />
von interessierten Bürgerinnen <strong>und</strong><br />
Bürgern, von Multiplikatorinnen <strong>und</strong><br />
Multiplikatoren waren Anlass <strong>für</strong> eine<br />
Reihe unterschiedlicher Informationsfaltblätter<br />
<strong>und</strong> Broschüren, insbesondere<br />
zu rechtlichen Themen.<br />
Hierzu gehörten Informationen zum<br />
europäischen Freizügigkeitsrecht, zur<br />
Aufenthaltsverfestigung von Drittstaatern<br />
aber auch zur Situation von<br />
Flüchtlingen <strong>und</strong> Asylsuchenden. Eine<br />
der wichtigsten Publikation ist die<br />
Broschüre zur Einbürgerung, die regel-<br />
mäßig über die geltenden Voraussetzungen<br />
zur Einbürgerung informiert<br />
<strong>und</strong> bis heute immer wieder aktualisiert<br />
aufgelegt wird.<br />
Erfolgreiche Broschüre<br />
Ein weiteres Flaggschiff war die Broschüre<br />
„Vorurteile“. In insgesamt vier<br />
Aufl agen wurden die gängigsten zehn<br />
Vorurteile gegenüber Ausländerinnen<br />
<strong>und</strong> Ausländern aufgegriffen <strong>und</strong> mit<br />
Daten <strong>und</strong> Zahlen widerlegt. Keine<br />
Broschüre der Ausländerbeauftragten<br />
wurde mehr nachgefragt, in höherer<br />
Zahl gedruckt <strong>und</strong> häufi ger eingesetzt<br />
als diese.<br />
Ihre Reichweite war enorm: Schulen,<br />
Polizei, B<strong>und</strong>eswehr, Ausbildungsbetriebe,<br />
Ministerien, etc. Und ein<br />
schönes Obendrauf: Anfragen aus den<br />
anderen B<strong>und</strong>esländern, wo man entdeckt<br />
hatte, dass die Beauftragte des<br />
Landes Rheinland-Pfalz gründliche Pionierarbeit<br />
leistete <strong>und</strong> eine Spürnase<br />
<strong>für</strong> neue <strong>und</strong> aktuelle Themen hatte.<br />
In der Flüchtlingspolitik wurde 1993<br />
der so genannte Asylkompromiss<br />
beschlossen. Die seit Anfang der<br />
1/2012<br />
90er-Jahre stark angestiegenen Zahlen<br />
von Asylsuchenden hatten die<br />
aufnehmenden Kommunen vor hohe<br />
Herausforderungen gestellt. Außerdem<br />
waren der gestiegene Zuzug<br />
von Spätausgesiedelten <strong>und</strong> ihrer<br />
ausländischen <strong>Familie</strong>nangehörigen,<br />
von Kontingentfl üchtlingen sowie der<br />
Bürgerkriegsfl üchtlinge aus dem ehemaligen<br />
Jugoslawien zu bewältigen.<br />
Die Ausländerbeauftragte reagierte<br />
mit Beratungs- <strong>und</strong> Gesprächsange-<br />
Referierte beim I-Forum 2000: Faruk Sen (Zentrum <strong>für</strong> Türkeistudien, 2.v.r.)<br />
boten <strong>und</strong> entwickelte Projekte, fi -<br />
nanzierte sie <strong>und</strong> ließ sie evaluieren.<br />
Auch in den anderen Politikfeldern änderte<br />
sich viel: das Bildungsressort reagierte<br />
mit zusätzlichen Programmen<br />
<strong>und</strong> baute die Fortbildungsangebote<br />
aus, im Arbeitsmarktbereich erhielten<br />
neue Projekte mit der Zielgruppe der<br />
Ausländerinnen <strong>und</strong> Ausländer eine<br />
Chance <strong>und</strong> wurden nachhaltig installiert.<br />
Die Beauftragte des Landes begann,<br />
Aufträge <strong>für</strong> Studien <strong>und</strong> Expertisen<br />
zu erteilen, sie veranstaltete weitere<br />
Fachtagungen, wenn auch nicht mehr<br />
dreitägig, <strong>und</strong> sie schob gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Veränderungsprozesse an. So zum<br />
13<br />
Archiv
Guido Steinacker<br />
14<br />
1/2012<br />
Beispiel die Wahl der Ausländerbeiräte<br />
1994 auf der Gr<strong>und</strong>lage der geänderten<br />
Kommunalverfassung.<br />
Die Begleitung dieser Prozesse durch<br />
Wirkungsforschung war dabei zunehmend<br />
ein Thema. Es sollte nicht<br />
einfach probiert, sondern möglichst<br />
gezielt gestaltet werden <strong>und</strong> dazu war<br />
wissenschaftlicher Sachverstand notwendig:<br />
die Universitäten Koblenz-<br />
Landau, Mainz <strong>und</strong> Trier wurden mit<br />
ihren Instituten <strong>für</strong> interkulturelle Bildung,<br />
Sozialpädagogik <strong>und</strong> Soziologie<br />
zu wichtigen Kooperationspartnern.<br />
Einwanderung als Tatsache<br />
Die in der Zwischenzeit gewonnen<br />
Erfahrungen wurden investiert in die<br />
Zusammenarbeit mit den Ressorts der<br />
Landesregierung <strong>und</strong> mit den Nichtregierungsorganisationen<br />
als aktive<br />
Mitgestaltende. Die Beteiligung der<br />
Ausländerbeauftragten bei allen die<br />
Belange der Ausländerinnen <strong>und</strong> Ausländer<br />
betreffenden Angelegenheiten<br />
wurde mehr <strong>und</strong> mehr zum Normalfall<br />
<strong>und</strong> die Sicht auf die Aufgaben <strong>und</strong><br />
Herausforderungen veränderte sich:<br />
Es war gelungen, die Wahrnehmung,<br />
Landesbeauftragte Maria Weber mit britischen Gästen des RLP-Tages (2000)<br />
Arbeitskräftezuwanderung sei – im<br />
Sinne der Rückkehrillusion auf beiden<br />
Seiten – nur vorübergehend, abzulösen<br />
durch die Anerkennung von Einwanderung<br />
als historischer Tatsache<br />
<strong>und</strong> als unumkehrbarem Prozess.<br />
Doch noch immer beherrschte die<br />
Frage lediglich nach der Anpassung<br />
der Zugewanderten an die hiesigen<br />
Systeme die b<strong>und</strong>esweite Debatte.<br />
Mit der Erweiterung der Fortbildungsprojekte<br />
auf die Polizei <strong>und</strong> das Finanzwesen<br />
<strong>und</strong> auf die breite Palette<br />
der kommunalen Behörden konnte<br />
der Fokus verschoben werden von der<br />
interkulturellen Kompetenz als Qualifi<br />
kation der einzelnen Fachkraft hin<br />
zum Prozess der interkulturellen Öffnung<br />
als Organisationsentwicklungsaufgabe<br />
<strong>für</strong> ganze Institutionen. Die<br />
Internationale Experten <strong>und</strong> Bürgerbeauftragter Ullrich Galle (M.) nahmen am Antidiskriminierungsforum teil (2002)<br />
Archiv
Guido Steinacker<br />
Erkenntnisse aus diesen vielfältigen<br />
Prozessen in der Zusammenarbeit, der<br />
Auswertung der Ergebnisse, der Veröffentlichung<br />
von Studien <strong>und</strong> Expertisen<br />
<strong>und</strong> die Diskussion darüber, was<br />
dies an Konsequenzen <strong>für</strong> den Umbau<br />
der Aufnahmegesellschaft zur Folge<br />
haben müsse, führte schließlich zur<br />
Defi nition der integrationspolitischen<br />
Leitsätze.<br />
Alle sollen am Tisch sitzen<br />
Die zweite Landesbeauftragte, seit<br />
1998 im Amt, baute auf diesem Fun-<br />
aller Beteiligten eingefangen <strong>und</strong><br />
dokumentiert, eine offene <strong>und</strong> klare<br />
Auseinandersetzung gefördert.<br />
Als neues Medium kam 2001 die<br />
Homepage der Ausländerbeauftragten<br />
hinzu. Hier können seither aktuelle<br />
Meldungen <strong>und</strong> Informationen<br />
gestreut <strong>und</strong> im Sinne von Dienstleistungen<br />
auch Materialien vorgehalten<br />
werden.<br />
B<strong>und</strong>espolitisch erfolgte (endlich)<br />
ein Paradigmenwechsel: Das Staatsangehörigkeitsrecht<br />
wurde zum 1.<br />
Kurt Beck (vor Beiratswahl 2004): Mit der Beauftragten zusammen RIFI gegründet<br />
dament auf. Die Festlegung der Leitsätze<br />
konnte nicht genügen. Wer sich<br />
darauf verständigen will, dass Einwanderung<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> die ganze Gesellschaft<br />
verändern <strong>und</strong> wer diesen<br />
Prozess gestalten will, braucht dazu<br />
Partner. <strong>Integration</strong> geht alle an <strong>und</strong><br />
daher sollen auch alle mit am Tisch<br />
sitzen. Was war zu tun? Welche Instrumente<br />
<strong>und</strong> welche Arbeitsformen<br />
wurden gebraucht? Die Antwort: <strong>Integration</strong>sforen<br />
<strong>und</strong> Fachtagungen<br />
wurden konzipiert <strong>und</strong> veranstaltet,<br />
die Meinungen <strong>und</strong> Wortmeldungen<br />
Januar 2000 reformiert <strong>und</strong> das eingeschränkte<br />
„jus soli“ <strong>für</strong> im B<strong>und</strong>esgebiet<br />
geborene <strong>Kinder</strong> ausländischer<br />
Eltern eingeführt. Die Zuwanderungskommission<br />
legte 2001 ihren Bericht<br />
vor, indem sie festschrieb, dass<br />
Deutschland längst ein Einwanderungsland<br />
ist. Im gleichen Jahr wurde<br />
der Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes<br />
vorgelegt.<br />
Erstmals wurden die <strong>Integration</strong> von<br />
Zugewanderten <strong>und</strong> das Angebot<br />
staatlicher <strong>Integration</strong>skurse in ein<br />
1/2012<br />
B<strong>und</strong>esgesetz aufgenommen. Die<br />
Beauftragte brachte sich mit ihren<br />
Erfahrungen in den Gesetzgebungs-<br />
<strong>und</strong> Vermittlungsprozess ein, bis nach<br />
einer kontroversen <strong>und</strong> nicht immer<br />
sachlichen Debatte das Gesetz in einer<br />
Kompromissfassung zum 1. Januar<br />
2005 in Kraft trat.<br />
Die darin enthaltene Ermächtigung<br />
zur Einrichtung einer Härtefallkommission<br />
wurde in Rheinland-Pfalz umgesetzt;<br />
die Beauftragte war von Anfang<br />
beratendes Mitglied <strong>und</strong> nutzte<br />
die Möglichkeit Anträge in Härtefällen<br />
zu stellen; seit 2011 verfügt der Beauftragte<br />
über das volle Stimmrecht.<br />
Die Beauftragte ging 2002 den nächsten<br />
wichtigen Schritt. Sie hob zusammen<br />
mit dem Ministerpräsidenten<br />
Kurt Beck die Rheinland-Pfälzische<br />
Initiative <strong>für</strong> <strong>Integration</strong> (RIFI) aus der<br />
Taufe. In vier Jahren wurden in vielen<br />
verschiedenen Arbeitsgruppen Empfehlungspapiere<br />
erarbeitet, die noch<br />
heute wegweisend sind.<br />
Sie sicherten die Beteiligung der maßgeblichen<br />
gesellschaftlichen Gruppen<br />
<strong>und</strong> nutzen ihre Expertise. Sie<br />
ermöglichten es, Kompromisse in der<br />
Beurteilung der Prozesse <strong>und</strong> der Zwischenergebnisse<br />
auszuhandeln, ohne<br />
einseitig zu sein. Am wichtigsten aber<br />
war: Sie schufen eine Vertrauensbasis<br />
in der Zusammenarbeit zwischen der<br />
Regierungsseite <strong>und</strong> den Nichtregierungsorganisationen.<br />
<strong>Integration</strong>sbericht eingeführt<br />
Ab 2005 wurden die Zuwanderungs-<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong>sberichte der Landesregierung<br />
veröffentlicht. Darin erstattet<br />
die Landesregierung Bericht über<br />
die ergriffenen Maßnahmen <strong>und</strong> ihre<br />
Resultate, ergänzt um die Darstellung<br />
der Entwicklung im Recht <strong>und</strong> durch<br />
die jeweiligen aktuellen Zahlen <strong>und</strong><br />
Daten. Dabei geht es nicht nur um<br />
15
Guido Steinacker<br />
16<br />
1/2012<br />
Rechenschaft, sondern auch <strong>und</strong> vor<br />
allem um Transparenz.<br />
Als im Sommer 2006 nach der Regierungsbildung<br />
aus der Ausländerbeauftragten<br />
die Beauftragte der Landesregierung<br />
<strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />
wurde erhielt sie nun die Befugnis, sich<br />
<strong>für</strong> die Belange aller Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten wie der Spätausgesiedelten<br />
einzusetzen, die aber eigentlich<br />
schon zuvor immer mitgedacht worden<br />
waren. Es erfolgte die Umressortierung<br />
in das <strong>Ministerium</strong> <strong>für</strong> Arbeit,<br />
Soziales, <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit, kurz<br />
darauf dann erweitert zum <strong>Ministerium</strong><br />
<strong>für</strong> Arbeit, Soziales, Ges<strong>und</strong>heit,<br />
<strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Frauen.<br />
Von Ausländer- zu <strong>Integration</strong>sbeiräten: Malu Dreyer <strong>und</strong> Maria Weber (2009)<br />
Nun war die Zeit reif, die Gr<strong>und</strong>satzarbeit<br />
an einem rheinland-pfälzischen<br />
Landesintegrationskonzept aufzunehmen.<br />
Ziel war es, die vielen wertvollen<br />
Beiträge aller Beteiligten zu einem<br />
Konzept zu verbinden, das den Basiskonsens<br />
<strong>für</strong> die weitere programmatische<br />
Planung der Regierungspolitik<br />
darstellen sollte.<br />
Das Landesintegrationskonzept wurde<br />
im Entwurf im Landesbeirat beraten,<br />
der die Rheinland-Pfälzische Initiative<br />
<strong>für</strong> <strong>Integration</strong> fortführte <strong>und</strong> seither<br />
die Ministerin berät (2006 bis 2011<br />
Malu Dreyer, seit 2011 Irene Alt).<br />
Das Landesintegrationskonzept wurde<br />
vom Ministerrat als Leitlinie der<br />
<strong>Integration</strong>spolitik <strong>für</strong> die 15. Wahlperiode<br />
beschlossen <strong>und</strong> anschließend<br />
umgesetzt. In insgesamt acht<br />
Handlungsfeldern arbeiteten viele<br />
beteiligte Organisationen, Institutionen<br />
<strong>und</strong> Einzelpersonen mit den<br />
Ressorts der Landesregierung zusammen.<br />
Arbeits- <strong>und</strong> Unterarbeitsgruppen<br />
entwickelten Zielvereinbarungen,<br />
verabschiedeten Selbstverpfl ichtungen,<br />
entwarfen Projekte, Programme<br />
<strong>und</strong> Maßnahmen <strong>und</strong> beteiligten sich<br />
partnerschaftlich an ihrer Umsetzung.<br />
Der neu geschaffene Kommunale<br />
Gipfel, der Preis <strong>für</strong> vorbildliches interkulturelles<br />
Miteinander, der Umbau<br />
der kommunalen Ausländerbeiräte<br />
zu Beiräten <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong>, die Einbürgerungskampagne,<br />
die vielfältigen Fortbildungs-<br />
<strong>und</strong> Multiplikatorenveranstaltungen<br />
sind einzelne, aber wesentliche Beispiele<br />
da<strong>für</strong>.<br />
Das Landesintegrationskonzept war<br />
zugleich die Basis da<strong>für</strong>, dass das<br />
Land Rheinland-Pfalz sich erfolgreich<br />
auch an der Kooperation zwischen<br />
dem B<strong>und</strong> <strong>und</strong> den Ländern beteiligen<br />
konnte: 2006 rief die B<strong>und</strong>eskanzlerin<br />
zum ersten Nationalen <strong>Integration</strong>sgipfel,<br />
dem ein Nationaler<br />
<strong>Integration</strong>splan folgte. Dieser sollte<br />
fortgeschrieben werden <strong>und</strong> auch hier<br />
arbeitete Rheinland-Pfalz mit <strong>und</strong> präsentierte<br />
seine Ergebnisse.<br />
Zwischenzeitlich hatte sich die <strong>Integration</strong>sministerkonferenz<br />
konstituiert,<br />
nach Nordrhein-Westfalen übernahm<br />
Rheinland-Pfalz 2010 bis 2011 den<br />
Vorsitz <strong>und</strong> gab ihn kürzlich weiter an<br />
das Saarland; die Geschäftsführung<br />
oblag der Beauftragten.<br />
Die <strong>Integration</strong>sministerkonferenz<br />
installierte länderoffene Arbeitsgruppen<br />
zu verschiedenen Themen: das<br />
länderübergreifende <strong>Integration</strong>smonitoring<br />
ist in diesem Zusammenhang<br />
entstanden, <strong>und</strong> weitere Arbeitsgruppen<br />
befassen sich mit den <strong>Integration</strong>skursen,<br />
der Erhöhung des Anteils<br />
von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten im<br />
öffentlichen Dienst, mit Fragen des<br />
Antisemitismus <strong>und</strong> Rassismus bei Zugewanderten<br />
<strong>und</strong> vielem mehr.<br />
Parallel dazu erarbeitete die Enquete-<br />
Kommission „<strong>Integration</strong> <strong>und</strong> Migration<br />
in Rheinland-Pfalz“ im Landtag<br />
in der 15. Wahlperiode umfangreiche<br />
Empfehlungen, die Ende 2010 verabschiedet<br />
<strong>und</strong> veröffentlicht wurden.<br />
Über alle diese Zwischenschritte <strong>und</strong><br />
ihre Ergebnisse wurde fortlaufend im<br />
Magazin Treffpunkt berichtet.<br />
Mittlerweile ist der Nationale Aktionsplan<br />
<strong>Integration</strong> fertiggestellt, in<br />
dem sich die Länder durch einen eigenen<br />
Länderbeitrag beteiligten, bis<br />
September 2011 koordiniert durch die<br />
Beauftragte. Im Rückblick kann nun<br />
festgehalten werden: Die Pionierarbeit<br />
der ersten Ausländerbeauftragten hat<br />
die Voraussetzungen geschaffen <strong>und</strong><br />
die Weichen <strong>für</strong> den erfolgreichen In-
tegrationsprozess in Rheinland-Pfalz<br />
gestellt.<br />
In konsequenter <strong>und</strong> geduldiger Abfolge<br />
einzelner Schritte, die aufeinander<br />
aufbauend immer mehr Beteiligte<br />
in die Diskussionsprozesse hinein nahmen,<br />
setzte die zweite Beauftragte<br />
diesen Weg fort <strong>und</strong> entwickelte ihn<br />
weiter. Als 2009 in der Staatskanzlei<br />
die Festveranstaltung „60 Jahre Migration<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> in Rheinland-<br />
Pfalz“ stattfand, wurde dies einmal<br />
mehr deutlich.<br />
Kooperation zwischen Recht <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong><br />
Heute sind die Rahmenbedingungen<br />
erneut verändert: Rheinland-Pfalz hat<br />
eine neue Landesregierung <strong>und</strong> entwirft<br />
seine zukünftige <strong>Integration</strong>spolitik<br />
konsequent in der Zusammenarbeit<br />
zwischen ordnungspolitischen<br />
<strong>und</strong> gesellschaftspolitischen Aufgaben.<br />
Rechtlicher Rahmen <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>spolitik<br />
stehen nicht in einem<br />
Konkurrenzverhältnis, sondern bilden<br />
zusammen das F<strong>und</strong>ament <strong>für</strong> die <strong>Integration</strong>sarbeit.<br />
Die Anforderungen<br />
aus der Praxis bleiben bestehen <strong>und</strong><br />
verändern sich weiter, die Zusammenarbeit<br />
mit B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern wird<br />
fortgesetzt <strong>und</strong> neue Arbeitsformen<br />
<strong>und</strong> Instrumente müssen da<strong>für</strong> entwickelt<br />
werden.<br />
Heute ist es Konsens, dass <strong>Integration</strong><br />
eine Daueraufgabe ist. Wer hier<br />
mitgestalten will – <strong>und</strong> in Rheinland-<br />
Pfalz sind das außerordentlich viele<br />
Menschen, das ist ein Glücksfall <strong>für</strong><br />
das Land – der muss realistische Ziele<br />
haben, Wege dahin fi nden <strong>und</strong> auch<br />
Rückschläge aushalten können. Wenn<br />
Menschen wegen ihrer Religionszugehörigkeit,<br />
ihrer Hautfarbe oder anderer<br />
persönlicher Merkmale angegriffen<br />
<strong>und</strong> ausgegrenzt werden, heißt es:<br />
Aufstehen <strong>und</strong> Eintreten <strong>für</strong> die Menschenrechte!<br />
Neue Akteure, neue Strukturen: Ministerin Irene Alt mit Miguel Vicente<br />
Aufnahmegesellschaft muss sich<br />
weiter verändern<br />
Das Landesintegrationskonzept wird<br />
daher in bewährter Weise – <strong>und</strong> das<br />
heißt vor allem partnerschaftlich –<br />
weiterentwickelt. Der neue Schwerpunkt<br />
<strong>für</strong> die 16. Wahlperiode wird<br />
die interkulturelle Öffnung sein. Der<br />
Auftrag lautet: Die Aufnahmegesellschaft<br />
muss sich weiter verändern,<br />
sich anpassen <strong>und</strong> besser aufstellen<br />
<strong>und</strong> das ist politisch zu gestalten <strong>und</strong><br />
zu steuern.<br />
Das heißt nicht, dass Zugewanderte<br />
nicht auch vor Pfl ichten <strong>und</strong> Aufgaben<br />
stehen, sondern im Gegenteil, das<br />
heißt ausdrücklich: jeder leiste seinen<br />
Teil <strong>und</strong> trage zum Ganzen bei. Dies<br />
bringt auch der Leitantrag der 6. <strong>Integration</strong>sministerkonferenz<br />
klar zum<br />
Ausdruck: „<strong>Integration</strong> – im Interesse<br />
aller! Chancen erkennen – Kompetenzen<br />
nutzen – Teilhabe fördern“.<br />
Er wurde unter Federführung von<br />
Rheinland-Pfalz erarbeitet <strong>und</strong> im<br />
Februar 2011 von allen <strong>Integration</strong>sministerinnen<br />
<strong>und</strong> -ministern, -senatorinnen<br />
<strong>und</strong> -senatoren in Mainz ein-<br />
1/2012<br />
stimmig verabschiedet. Hinter diesen<br />
Gr<strong>und</strong>satz gibt es kein Zurück.<br />
Im Jahr 2012 wird das Amt der bzw.<br />
des Beauftragten 25 Jahre alt. Drei<br />
Amtsinhaberinnen bzw. Amtsinhaber<br />
hat Rheinland-Pfalz: Helga Gerigk<br />
(1987 bis 1997), Maria Weber (1998<br />
bis 2011) <strong>und</strong> seit 2011 Miguel Vicente.<br />
Der bisherige Stab der Ausländer-<br />
bzw. <strong>Integration</strong>sbeauftragten ist<br />
aufgegangen in der Abteilung <strong>Integration</strong><br />
<strong>und</strong> Migration im <strong>Ministerium</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Integration</strong>, <strong>Familie</strong>, <strong>Kinder</strong>, <strong>Jugend</strong><br />
<strong>und</strong> Frauen.<br />
Der neue Beauftragte <strong>für</strong> Migration<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> wird die Tätigkeit in<br />
Zusammenarbeit mit der neuen Abteilung<br />
fortsetzen.<br />
Mitarbeit: Gabriele Blessing-Zwiebelberg.<br />
Die Autorinnen gehörten bis Mai<br />
2011 beide dem Stab der Landesbeauftragten<br />
an.<br />
17<br />
Guido Steinacker
18<br />
1/2012<br />
Ansichten<br />
einer<br />
Zeitschrift<br />
Der Treffpunkt hat in den 20<br />
Jahren seines Bestehens sein<br />
Gesicht immer wieder gewandelt.<br />
Ein Einblick in die Veränderungen<br />
einer Publikation<br />
Fünf Jahre nach der Installation einer<br />
Landesbeauftragten <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />
bei der rheinland-pfälzischen<br />
Staatskanzlei erhielt die erste Ausländerbeauftragte<br />
Helga Gerigk ihre<br />
eigene Publikation. Der „Treffpunkt“<br />
wurde 1992 aus der Taufe gehoben<br />
Schon ab 1993 glich das Layout dem einer Zeitschrift<br />
Schreibmaschinencharme, aber PC-Arbeit: Einer der ersten „Treffpunkt“ (1992)<br />
<strong>und</strong> bildete seither zwei Jahrzehnte<br />
lang mit seinen Schwerpunktthemen<br />
die aktuellen integrationspolitischen<br />
Themen <strong>und</strong> Diskussionen ab, aber<br />
natürlich ebenso die<br />
landespolitischen<br />
Aktivitäten im Bereich<br />
Migration <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong>. Hinzu<br />
kamen Berichte aus<br />
den Kommunen, also<br />
zur <strong>Integration</strong>spraxis<br />
vor Ort, sowie ergänzende<br />
Informationen,<br />
etwa zu Projekten,<br />
Publikationen <strong>und</strong> Seminarangeboten.<br />
Die Zielsetzung mit<br />
dieser Landespublikation<br />
war es nie, die<br />
breite Öffentlichkeit<br />
zu erreichen. Statt<br />
Kioske wurden die<br />
drei (ab 2008 zwei)<br />
„Treffpunkt“-Ausgaben<br />
pro Jahr kostenlos<br />
an Wohlfahrtsverbände,<br />
Sozialpartner,<br />
Kirchen, Medien <strong>und</strong><br />
Politik, vor allem aber an die an der<br />
Migrations- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>sarbeit<br />
beteiligten Multiplikatorinnen <strong>und</strong><br />
Multiplikatoren in Rheinland-Pfalz<br />
verschickt, darüber hinaus an einen<br />
ausgesuchten Leserkreis im B<strong>und</strong>esgebiet.<br />
Die Aufl age erreichte 2000<br />
Exemplare.<br />
Dr. Stefan Zakrzewski, bis zu seiner<br />
Pensionierung im vergangenen Jahr<br />
im Büro der Landesbeauftragten <strong>für</strong><br />
die inhaltliche Gestaltung der Zeitschrift<br />
verantwortlich, ist überzeugt,<br />
dass der Treffpunkt „in seinen über 20<br />
Jahren zu den gelesenen Zeitschriften<br />
gehörte“. Das ist zum einen der zielgerichteten<br />
Verteilung an die „Klientel“<br />
der Multiplikatorinnen <strong>und</strong> Multiplikatoren<br />
zuzuschreiben, zum anderen<br />
aber auch der doch erstaunlichen Liste<br />
prominenter Experten, die <strong>für</strong> kleine<br />
Anerkennungshonorare oder gar ohne<br />
Bezahlung bereit waren, Leitartikel zu<br />
den Schwerpunktthemen des Treffpunkt<br />
zu verfassen (siehe Blaukasten).<br />
Je länger der Treffpunkt auf dem<br />
„Markt“ war, desto einfacher wurde<br />
es <strong>für</strong> Zakrzewski die prominenten
Im Jahr 1995 herrschten „dichtere“ Verhältnisse auf den Treffpunkt-Seiten<br />
Beiträge anzuwerben. „Oft wussten<br />
die Experten, auch wenn sie nicht aus<br />
Rheinland-Pfalz kamen, dass es den<br />
Treffpunkt gibt, wenn ich sie kontaktierte“,<br />
berichtet Zakrzewski. Welche<br />
Themen den jeweiligen Schwerpunkt<br />
bildeten, wurde mit dem gesamten<br />
Team des Mitarbeiterstabes der <strong>Integration</strong>sbeauftragten<br />
festgelegt, <strong>und</strong><br />
das orientierte sich natürlich an den<br />
aktuellen integrationspolitischen Themen,<br />
mit denen die Landesregierung<br />
sich gerade befasste.<br />
In den späteren Jahren kamen Serien<br />
hinzu, so nach der EU-Erweiterung<br />
2004 eine Reihe, die die <strong>Integration</strong>sarbeit<br />
in den neuen Mitgliedsstaaten<br />
vorstellte. Auch die größten Nationengruppen<br />
in der rheinland-pfälzischen<br />
Bevölkerung wurden mit ihren<br />
Köpfen <strong>und</strong> Aktivitäten porträtiert,<br />
ebenso beispielhafte Projekte in den<br />
rheinland-pfälzischen Landkreisen sowie<br />
die damaligen Ausländerbeiräte<br />
der Kreise.<br />
mit dem Land Hessen beim Treffpunkt<br />
(1996 bis 1999). Sie scheiterte nach<br />
dem Regierungswechsel in Wiesbaden<br />
an den sich immer schwieriger gestaltenden<br />
Absprachen mit dem östlichen<br />
Nachbarb<strong>und</strong>esland. Aber auch die<br />
ausgesprochen integrationsfeindliche<br />
Eine spannende, letztlich aber nur relativ<br />
kurze Phase war die Kooperation 1999 änderten sich Schriftbild <strong>und</strong> Ordnung im Treffpunkt-Layout<br />
1/2012<br />
Kampagne, mit der sich die CDU 1999<br />
die Mehrheit im Landtag sicherte <strong>und</strong><br />
Roland Koch zum Ministerpräsidenten<br />
machte, stand einer weiteren Annäherung<br />
natürlich im Weg.<br />
Die Zusammenarbeit über den Rhein<br />
hinweg ermöglichte immerhin eine<br />
bessere fi nanzielle Basis der Produktion,<br />
es war nun auch etwas Geld da um<br />
Texte durch freie Mitarbeiter zuliefern<br />
zu lassen <strong>und</strong> die Produktion der Zeitschrift<br />
nach außen zu vergeben. Dies<br />
übernahmen seither zwei Mainzer<br />
Journalisten: zunächst ab 1996 Peter<br />
Herbert Eisenhuth, ihm folgte 2005<br />
Guido Steinacker. Außentermine besonders<br />
<strong>für</strong> die Serien gehörten dazu.<br />
Der nördlichste aller Treffpunkt-Termine,<br />
das weiß Eisenhuth heute noch<br />
sicher, führte seinerzeit nach Kassel.<br />
Die technische Seite der Produktion<br />
des „Treffpunkt“ sei nur kurz erwähnt.<br />
Denn Anfang der Neunzigerjahre war<br />
es – man glaubt es heute kaum noch<br />
– keineswegs üblich, dass die Mitarbeiterbüros<br />
in den Ministerien mit PC<br />
ausgestattet waren.<br />
19
20<br />
1/2012
1/2012<br />
21
22<br />
1/2012<br />
„Es gab eine Insellösung“, berichtet<br />
Zakrzewski. Sprich, einen Büroraum, in<br />
dem alle Computeraufgaben erledigt<br />
wurden. Obwohl es nach heutigen<br />
Ansprüchen nicht danach aussieht,<br />
war schon der erste Treffpunkt am PC<br />
erstellt, allerdings nur die Texte selbst.<br />
„Für das Layout wurden anfangs die<br />
Druckfahnen von Hand geschnitten<br />
<strong>und</strong> geklebt“, erläutert Zakrzewski.<br />
Im Rückblick interessant zu sehen ist<br />
auch der stete Wandel, den der Treffpunkt<br />
in Sachen Aufmachung <strong>und</strong> Design<br />
erlebte. Im Schriftbild wirkten die<br />
ersten Ausgaben noch recht – sagen<br />
wir, umweht von einem anstehenden<br />
Lernprozess. „Wir hatten mit Zeitung<br />
machen wenig Erfahrung <strong>und</strong> haben<br />
dann nach <strong>und</strong> nach dazugelernt“,<br />
schildert Zakrzewski. Garamond, Frutiger<br />
<strong>und</strong> seit 2010 Bliss heißen die<br />
Schriftarten, in denen die Texte im<br />
Treffpunkt gesetzt wurden. Erst seit<br />
2010 erscheinen auch auf allen Innenseiten<br />
die Fotos in Farbe. Aber auch<br />
hier brachte der technische Fortschritt<br />
über die Jahre immer wieder Verbesserungen.<br />
Die Bildqualität der ersten<br />
Ausgaben jedenfalls war vom Druckbild<br />
gesehen doch eher bescheiden.<br />
Immer ein wichtiges Thema war auch<br />
das Umschlagdesign. Der erste Umschlag<br />
<strong>und</strong> das Layout stammen vom<br />
1997 verstorbenen Koblenzer Grafi ker<br />
Detlef Heider. Bald nach dem Beginn<br />
der Kooperation mit Hessen wurde<br />
an der FH Mainz ein Wettbewerb <strong>für</strong><br />
eine Neugestaltung ausgeschrieben,<br />
den Silke Groß gewann. Die Umrisse<br />
der beiden B<strong>und</strong>esländer bildeten<br />
sich durch Textzeilen, die das Wort<br />
„Treffpunkt“ in verschiedene Sprachen<br />
übersetzten. Groß musste 1999<br />
ein wenig umbauen, seither war nur<br />
noch der rheinland-pfälzische Umriss<br />
gefragt.<br />
Ende 2006 entwarf Harald Vatter-<br />
Balzar, der schon seit vielen Jahren an<br />
Dr.Zakrzewski war „Mr. Treffpunkt“<br />
der Entwicklung des Designs beteiligt<br />
war, den neuen, mit leichten Variationen<br />
bis heute verwendeten Umschlag<br />
mit dem Blauton als beherrschende<br />
Farbe. Zakrzewski bedauert, dass mit<br />
der vorliegenden Ausgabe 2012 die<br />
Ära des „Treffpunkt“ endet. „Es war eine<br />
Zeitschrift mit Stempel <strong>und</strong> Marke,<br />
sie hat die rheinland-pfälzische <strong>Integration</strong>spolitik<br />
mit voran gebracht“, ist<br />
der Koblenzer überzeugt.<br />
Autor/innen im<br />
Für den „Treffpunkt“ haben unter<br />
anderem geschrieben: Ministerpräsident<br />
Beck, die Minister Brüderle,<br />
Caesar, Galle, Gerster, Goll<br />
(B-W), Mertin, Zöllner, Staatssekretär<br />
Rüter, Staatssekretärin<br />
Sonntag-Wolgast, Prof. Rita Süssmuth,<br />
Bodo Hombach, Paul Spiegel,<br />
Kardinal Lehmann, Bischof<br />
Voß (Münster), die Professoren<br />
Graf (Uni Osnabrück), Hamburger<br />
(Uni Mainz), Herget (Uni Mainz),<br />
Jaroszewski (Uni Danzig), Müller<br />
(Uni Mainz), Oberndörfer (Uni<br />
Freiburg), Reich (Uni Koblenz-<br />
Landau), Rittner (Sporthochschule<br />
Köln), Schakfeh (Uni Wien),<br />
Steinbach (Orient-Institut Hamburg),<br />
Meier-Braun (SWR), Klaus<br />
Bade, Pfeiffer, Polens Botschafter<br />
Janusz Reiter, die Generalkonsuln<br />
von Frankreich, der Türkei, Italien,<br />
USA, Griechenland, Österreich<br />
<strong>und</strong> Russland, Wladimir Kaminer,<br />
Dr. Malte Herweg (FAZ), Heribert<br />
Prantl, Marten Rolff (beide Süddeutsche<br />
Zeitung).<br />
Mit der Ausgabe 1-2010 begann das Farbzeitalter im Innenleben des Treffpunkt
Guido Steinacker<br />
Der neue Generalkonsul Aslan Alper Yüksel war Gast der Feier in Mainz<br />
50 Jahre türkische<br />
Zuwanderung gefeiert<br />
In einer Feierst<strong>und</strong>e erinnerten Zeitzeugen an die Jahre der Zuwanderung<br />
aus der Türkei, diskutierten aber auch die heutige Situation<br />
von türkischen Mirgantinnen <strong>und</strong> Migranten in Rheinland-Pfalz.<br />
50 Jahre Anwerbeabkommen zwischen<br />
Deutschland <strong>und</strong> der Türkei, das<br />
bedeutete auch <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz im<br />
Jahr 2011 fünf Jahrzehnte der Zuwanderung<br />
türkischer Arbeitskräfte. Die<br />
Erfahrungen der ersten Arbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Arbeiter der 60er-Jahre mit ihrer<br />
neuen, zweiten Heimat waren andere<br />
als die ihrer nachfolgenden Generationen<br />
<strong>und</strong> der Zuwanderer der späteren<br />
Jahrzehnte. Doch ein Großteil<br />
von ihnen blieb – anders als zunächst<br />
gedacht – nicht nur <strong>für</strong> ein paar Jahre,<br />
sondern <strong>für</strong> immer. Dies zeigt,<br />
dass sich ihre schwere Entscheidung<br />
zur Emigration lohnte. Aber auch die<br />
Deutschen haben allen Gr<strong>und</strong>, diese<br />
50 Jahre, mehr als sie es in der Vergangenheit<br />
taten, als Erfolgsgeschichte zu<br />
betrachten.<br />
Der Anlass des Jubiläums des Abkommens<br />
war <strong>für</strong> die rheinland-pfälzische<br />
Landesregierung daher allemal Gr<strong>und</strong><br />
genug, zu einer Festveranstaltung in<br />
Galip Yilmabaşar (2.v.l.) erläutert Ministerin Irene Alt seine Ausstellung<br />
1/2012<br />
die Staatskanzlei zu laden, bei der am<br />
31. Oktober 2011 eine gelungene Mischung<br />
an Erfahrungsberichten, Musik<br />
<strong>und</strong> Ansprachen geboten wurde. Bewusst<br />
gab es anschließend genügend<br />
Zeit im Foyer zum Gespräch.<br />
Der erste Programmpunkt musste<br />
entfallen: Ministerpräsident Kurt Beck<br />
wollte die Gäste eigentlich persönlich<br />
begrüßen <strong>und</strong> die Veranstaltung eröffnen,<br />
musste aus ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Gründen aber passen. Und doch war<br />
Beck präsent: Im Laufe des Mittags<br />
wurde auf Leinwand seine Videobotschaft<br />
an die Festgäste eingespielt,<br />
in der der Ministerpräsident die Leistungen<br />
der türkischen Zuwanderer in<br />
der deutschen Gesellschaft hervorhob<br />
<strong>und</strong> den Akteuren der <strong>Integration</strong>sarbeit<br />
<strong>für</strong> ihren Einsatz dankte.<br />
„Mit dem heutigen Festakt wollen wir<br />
auch die Leistungen der ersten Gastarbeitergeneration<br />
würdigen“, betonte<br />
ebenso <strong>Integration</strong>sministerin<br />
Irene Alt, die anstelle Becks die ersten<br />
Grußworte der Veranstaltung übermittelte.<br />
Sie bezeichnete die bilateralen<br />
Anwerbeabkommen der 50er- <strong>und</strong><br />
60er-Jahre als „Gr<strong>und</strong>steine <strong>für</strong> die<br />
heutige kulturell vielfältige Gesellschaft<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland“.<br />
Die heute etwa 20 Prozent der<br />
Bevölkerung im B<strong>und</strong>esgebiet, die<br />
Guido Steinacker<br />
23
Guido Steinacker<br />
24<br />
1/2012<br />
einen sogenannten Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
besäßen, seien längst zum Bestandteil<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik geworden<br />
„Sie haben Deutschland bunter<br />
<strong>und</strong> vielfältiger gemacht.“<br />
Der Reichtum, den die Zuwanderer<br />
Deutschland brachten, sei „ein Schatz,<br />
den wir hüten sollten“. Er könne die<br />
Zukunft sichern, „die wir gemeinsam<br />
gestalten wollen“. Mit einem „Iyi ki<br />
geldiniz!“ („Wie schön, dass Sie gekommen<br />
sind“) beendete Alt ihre Ansprache.<br />
Am Rednerpult folgte der türkische<br />
Generalkonsul in Mainz, Aslan Alper<br />
Yüksel. Er hob in seinem Grußwort die<br />
guten deutsch-türkischen Beziehungen<br />
der Gegenwart hervor <strong>und</strong> brachte<br />
seinen Wunsch zum Ausdruck, dass<br />
das gegenseitige aufeinander Zugehen<br />
in der Zukunft noch stärker das<br />
Verhältnis zwischen Deutschen <strong>und</strong><br />
seinen Landsleuten bestimmt als derzeit.<br />
Moderiert wurde die Veranstaltung<br />
von Neşe Akgül vom Institut <strong>für</strong> Sozialpädagogische<br />
Forschung Mainz.<br />
Sie hatte vor allem die Aufgabe eine<br />
Podiumsr<strong>und</strong>e zu leiten, in der die Geschichte<br />
der türkischen Immigration<br />
von den Anfängen bis heute erzählt<br />
wurde. Zu hören war eine bunte <strong>und</strong><br />
wohl recht repräsentative Mischung<br />
In der Staatskanzlei standen die Gäste der Feierst<strong>und</strong>e noch lange zusammen<br />
an Erfahrungsberichten: zum einen<br />
aus persönlichen Erlebnissen aus der<br />
Anfangszeit der türkischen Zuwanderung,<br />
wie sie vor allem der Seniorchef<br />
des Metallbetriebes Heger-Gus aus<br />
Enkenbach-Alsenborn, der Unternehmer<br />
<strong>und</strong> Anwerbepionier Hans-Jakob<br />
Heger <strong>und</strong> Ismet Koyun, Chef von<br />
KOBIL Systems, zu schildern wussten.<br />
Zum anderen berichteten Handan Kekec<br />
<strong>und</strong> Hüseyin Ayvaz von den Gefühlslagen<br />
<strong>und</strong> Einstellungen zum Leben<br />
in Deutschland, wie sie besonders<br />
die nachfolgende Generation der heute<br />
jungen Erwachsenen mit türkischen<br />
Wurzeln haben.<br />
Aufgelockert wurde die Veranstaltung<br />
durch Livestücke der Band „ClaZZ“ aus<br />
Kandel. Im Erdgeschoss hatte der Diplom-Designer<br />
Galip Yilmabaşar seine<br />
Ausstellung „Unsichtbare Türken – Erfolgreich<br />
in Europa“ aufgebaut, die er<br />
Ministerin Alt <strong>und</strong> Generalkonsul Yüksel<br />
erläuterte.<br />
Die mehrsprachigen Plakatständer,<br />
die als dokumentarisches Fotoalbum<br />
gelten dürfen, sind als Wanderausstellung<br />
konzipiert <strong>und</strong> wurden vom<br />
<strong>Ministerium</strong> <strong>für</strong> <strong>Integration</strong>, <strong>Familie</strong>,<br />
<strong>Kinder</strong>, <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Frauen gefördert.<br />
Sie war zuvor schon in der B<strong>und</strong>eshauptstadt<br />
zu sehen <strong>und</strong> wurde am<br />
Jahresbeginn 2012 im B<strong>und</strong>espräsidialamt<br />
präsentiert.<br />
Erinnerungen <strong>und</strong> Meinungen: Podiumsteilnehmer (v.l.) H.-J. Heger, A. Akyildiz, H. Kekec, H. Ayvaz, I. Koyun, N. Akgül<br />
Guido Steinacker
Viel Interesse, viele Namen: Im neuen rheinland-pfälzischen <strong>Integration</strong>sbeirat ist die Beteiligung wieder breit angelegt<br />
Aktiv an den Entwicklungen mitwirken<br />
Der neue Landesbeirat <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> nahm im vergangenen Herbst seine Arbeit auf<br />
Mit Beginn der 16. Legislaturperiode<br />
trat auch der Landesbeirat <strong>für</strong> Migration<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> neu zusammen,<br />
der personell allerdings große Kontinuität<br />
aufweist. Bei der Konstituierung<br />
des Rates im Wappensaal des Landtages<br />
begrüßte <strong>Integration</strong>sministerin<br />
Irene Alt Ende September 2011 das<br />
Gremium, in dem Repräsentanten von<br />
Migranten- <strong>und</strong> Nichtregierungsorganisationen,<br />
Kirchen, Wohlfahrtsverbänden,<br />
aus der Wissenschaft,<br />
Kommunalpolitik <strong>und</strong> aus dem Sozialbereich<br />
sowie den verschiedenen Ressorts<br />
der Landesregierung regelmäßig<br />
zusammentreffen.<br />
Dem Gremium gehören 53 Mitglieder<br />
sowie der Landesintegrationsbeauftragte<br />
Miguel Vicente an, als ständiger<br />
Gast ist zudem das B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong><br />
Migration <strong>und</strong> Flüchtlinge, über ihre<br />
Trierer Regionalstellenleiterin Christa<br />
Welter, vertreten. Den Vorsitz bei den<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich nichtöffentlichen Beiratssitzungen<br />
hat Ministerin Alt inne.<br />
Die Aufgabe des Beirates wird es weiterhin<br />
sein, die Landesregierung auf<br />
ihrem Weg zu einer weiteren Verbesserung<br />
der <strong>Integration</strong> zugewanderter<br />
Bürger zu unterstützen, indem er<br />
beratend mitwirkt. Alt verwies auf die<br />
engagierte Mitarbeit des Landesbeirates<br />
in diesem Sinne in der Vergangenheit,<br />
so in den Jahren 2006 <strong>und</strong> 2007<br />
bei der Erarbeitung <strong>und</strong> Umsetzung<br />
des Landesintegrationskonzeptes.<br />
„Sie haben aber auch andere wichtige<br />
Themen, wie die Einbürgerungskampagne,<br />
die Bürgerrechtsarbeit der Sinti<br />
1/2012<br />
<strong>und</strong> Roma, die Umsetzung des Allgemeinen<br />
Gleichbehandlungsgesetzes<br />
begleitet“, hob die Ministerin weiterhin<br />
beispielhaft hervor <strong>und</strong> dankte<br />
dem Gremium da<strong>für</strong>.<br />
Die gleichberechtigte Teilhabe der<br />
nach Rheinland-Pfalz zugewanderten<br />
Frauen <strong>und</strong> Männer <strong>und</strong> ihrer <strong>Familie</strong>n<br />
sei ein wichtiges Ziel der neuen<br />
rheinland-pfälzischen <strong>Integration</strong>spolitik.<br />
„Wir wollen daher, dass sie an der<br />
Entwicklung von <strong>Integration</strong>smaßnahmen,<br />
die landesweite Bedeutung<br />
haben, über ihre Organisationen <strong>und</strong><br />
Verbände aktiv mitwirken“, umschrieb<br />
Alt die Zielvorgabe.<br />
Migrationsverbände <strong>und</strong> Zugewanderte<br />
sollten gemeinsam mit Einheimischen<br />
die Maßnahmen, Projekte<br />
25<br />
Guido Steinacker
Guido Steinacker<br />
26<br />
1/2012<br />
<strong>und</strong> Konzepte, die der <strong>Integration</strong> im<br />
Land Rheinland-Pfalz dienen, entwickeln.<br />
Zusammen sollen sie ihre Erfahrungen<br />
einbringen, ihre Anliegen<br />
vortragen <strong>und</strong> gemeinsam über geeignete<br />
Strategien diskutieren. Der<br />
Landesbeirat <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> Inte-<br />
gration übernehme hierbei eine wichtige<br />
Rolle. „Denn hier werden viele<br />
Themen, Konzepte <strong>und</strong> Vorhaben beraten,<br />
die Auswirkungen <strong>für</strong> die <strong>Integration</strong>spolitik<br />
im ganzen Land haben“,<br />
betonte Alt. Unmittelbar vor der Konzepterstellung<br />
oder der Umsetzung<br />
Guido Steinacker Ministerin Alt führte mit Staatsseketärin Gottstein durch die Sitzung<br />
könne der Fach- <strong>und</strong> Sachverstand<br />
der Beiratsmitglieder einfl ießen. „Entscheidend<br />
ist in diesem Zusammenhang,<br />
dass im Landesbeirat die <strong>für</strong> die<br />
<strong>Integration</strong>spolitik relevanten Gruppen<br />
vertreten sind“, sagte Alt.<br />
Das <strong>Ministerium</strong> erhofft sich Unterstützung<br />
bei den Schwerpunktthemen,<br />
die sich die Ministerin <strong>für</strong> ihre<br />
erste Amtsperiode gesetzt hat. Das ist<br />
insbesondere das Schaffen einer Willkommens-<br />
<strong>und</strong> Anerkennungskultur,<br />
„die alle Menschen <strong>und</strong> ihre <strong>Familie</strong>n,<br />
unabhängig davon, woher sie gekommen<br />
sind <strong>und</strong> in wievielter Generation<br />
sie hier leben, dort abholt, wo sie stehen“,<br />
defi nierte Alt.<br />
Von den knapp 750.000 Menschen<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong> in Rheinland-Pfalz<br />
sei r<strong>und</strong> ein Drittel hier geboren<br />
<strong>und</strong> fühle sich als Bürgerinnen<br />
<strong>und</strong> Bürger unseres Landes. „Damit<br />
alle Menschen gerne in Rheinland-<br />
Pfalz leben, wollen wir aktiv daran ar-<br />
Eine bunte Gruppe: Der komplette Landesbeirat <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> stellte sich zum gemeinsamen Foto auf
eiten, eine Willkommens- <strong>und</strong> Anerkennungskultur<br />
in Rheinland-Pfalz zu<br />
entwickeln, zu etablieren <strong>und</strong> in den<br />
Köpfen zu verankern“, erläuterte sie.<br />
Die Landesregierung wolle bei der<br />
<strong>Integration</strong> nichts dem Zufall überlassen,<br />
betonte Alt. „Damit die kulturelle<br />
Vielfalt der Menschen, die zu uns<br />
kommen, unser Zusammenleben, unseren<br />
Alltag, unsere Gesellschaft <strong>und</strong><br />
unsere Wirtschaft bereichern, brauchen<br />
wir durchdachte <strong>und</strong> praxisnahe<br />
Konzepte, die zugleich fl exibel angepasst<br />
werden können.“<br />
Diese Konzepte sollten von möglichst<br />
vielen mitentwickelt, mitbestimmt<br />
<strong>und</strong> mitgetragen werden, wie dies in<br />
den neu gewählten Beiräten <strong>für</strong> Migration<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> geschehe, wo<br />
nunmehr Zugewanderte <strong>und</strong> Einheimische<br />
zusammenarbeiten könnten<br />
<strong>und</strong> über ein Netzwerk verfügten.<br />
Alt unterrichtete den Beirat über die<br />
Aktivitäten ihres <strong>Ministerium</strong>s seit der<br />
Regierungsbildung, so die Schließung<br />
der Landesunterkunft <strong>für</strong> Ausreisepfl<br />
ichtige in Trier zum 30. Juni 2011<br />
<strong>und</strong> die Konstituierung des „R<strong>und</strong>en<br />
Tisch Ingelheim“ im August 2011. Dieses<br />
Gremium soll „die Bedingungen<br />
der Abschiebehaft <strong>und</strong> deren Vollzug<br />
in der Ingelheimer Gewahrsamseinrichtung<br />
überprüfen <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />
aufzeigen, wie die Unterbringung<br />
Ausreisepfl ichtiger verbessert werden<br />
kann“.<br />
In der Flüchtlingspolitik werde die Landesregierung<br />
sich deshalb gemeinsam<br />
mit anderen B<strong>und</strong>esländern <strong>für</strong> die<br />
Abschaffung der Residenzpfl icht <strong>für</strong><br />
Asylbewerberinnen <strong>und</strong> Asylbewerber<br />
einsetzen <strong>und</strong> eine entsprechende Initiative<br />
im B<strong>und</strong>esrat einbringen. „Wir<br />
brauchen im Flüchtlingsrecht bei den<br />
Aufnahmebedingungen mehr Liberalität<br />
<strong>und</strong> mehr Humanität.“<br />
Zahlreiche Nachfragen <strong>und</strong> Redebei-<br />
1/2012<br />
Zahlreiche Debattenbeiträge (hier von Prof. Otto Filtzinger) waren zu hören<br />
träge der Beiratsmitglieder belegten<br />
nach den Vortrag der Ministerin das<br />
große Engagement, mit dem die Beiratsmitglieder<br />
die vergangene Amtszeit<br />
des Beirates refl ektierten.<br />
Nach diesen Einstiegsbeiträgen steht<br />
zu erwarten, dass die Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertreter der Mitgliedsorganisationen<br />
<strong>und</strong> -gruppen mit genauen<br />
Vorstellungen <strong>und</strong> Ideen zu den anstehenden<br />
Themen an den Zusam-<br />
menkünften in den kommenden Jahren<br />
bis 2016 teilnehmen werden. Und<br />
das ist schließlich genau das, was sich<br />
die Landesregierung von diesem beratenden<br />
Gremium erhofft.<br />
Im Landesbeirat treffen langjährige Kollegen der <strong>Integration</strong>sarbeit zusammen<br />
27<br />
Guido Steinacker<br />
Guido Steinacker
28<br />
1/2012<br />
Leistung der<br />
Migranten<br />
anerkennen<br />
Prof. Franz Hamburger befasst<br />
sich seit ersten Studientagen<br />
mit der <strong>Integration</strong>spolitik in<br />
Deutschland <strong>und</strong> Rheinland-<br />
Pfalz <strong>und</strong> war vielfacher Treffpunkt-Autor.<br />
Ein Porträt anlässlich<br />
seiner Pensionierung.<br />
Die Schilderung der aktuellen Diskussionen,<br />
die zur <strong>Integration</strong>spolitik<br />
geführt werden, gehörte in über<br />
20 Jahren „Treffpunkt“ stets zu den<br />
Schwerpunkten der jeweiligen Ausgaben.<br />
Die Aufarbeitung dieser Themen<br />
lebte dabei immer sehr stark davon,<br />
dass neben den Beiträgen der politischen<br />
Akteure auch die Wissenschaft<br />
zu Wort kam <strong>und</strong> dabei häufi g einen<br />
etwas anderen Blickwinkel anbot.<br />
Mit einer ganzen Reihe Beiträge <strong>für</strong><br />
den „Treffpunkt“ hat sich Professor<br />
Franz Hamburger in diese Diskussionen<br />
eingebracht – erst in der vorigen<br />
Ausgabe 2011 war sein jüngster Beitrag<br />
zu lesen, in dem Hamburger sich<br />
durch eine kritische Einstellung zum<br />
Instrument des <strong>Integration</strong>smonitoring<br />
hervorhob.<br />
Im vergangenen Herbst ist der Pädagoge<br />
aus dem Lehrbetrieb der Uni<br />
Mainz ausgeschieden. Der Neu-Pensionär<br />
schließt damit aber noch lange<br />
nicht seine Beschäftigung mit der<br />
<strong>Integration</strong>sthematik ab, die ihn in<br />
seiner wissenschaftlichen Laufbahn<br />
stets intensiv begleitete. Ein verlässliches<br />
Zeichen da<strong>für</strong>: Auch dem neu<br />
gebildeten Landesbeirat <strong>für</strong> Migration<br />
Forscher zu einem Herzensthema: Prof. Hamburger kämpft <strong>für</strong> die <strong>Integration</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> gehört Hamburger<br />
wieder an. Dennoch ist der berufl iche<br />
Schnitt des gebürtigen Pfälzers ein<br />
Anlass <strong>für</strong> den „Treffpunkt“, auf seine<br />
langjährige Beschäftigung mit dem<br />
Themenbereich Migration/<strong>Integration</strong><br />
einzugehen. Dem Treffpunkt schildert<br />
Hamburger, wie er die Entwicklung<br />
der <strong>Integration</strong>spolitk in den vergangenen<br />
Jahrzehnten erlebte.<br />
Alles begann im Jahre 1973, vom Rhein<br />
hatte es Hamburger an den Neckar<br />
verschlagen. Als Pädagogikassistent in<br />
Heidelberg war er mit einem Projekt<br />
der Hausaufgabenbetreuung von damals<br />
so genannten „Gastarbeiterkindern“<br />
befasst. In jener Zeit, Anfang der<br />
Siebzigerjahre, wurde die Bildungssituation,<br />
sprich die Defi zite vieler<br />
Zuwanderer in diesem Bereich, von<br />
der Politik zum ersten Mal überhaupt<br />
aufgegriffen. Die Sprachförderung von<br />
Kita-<strong>Kinder</strong>n, 1971 erstmals vom Europarat<br />
thematisiert <strong>und</strong> beschlossen,<br />
„ist das, was bis heute immer wiederholt<br />
wird“, sagt Hamburger. Nicht zu<br />
Unrecht: „Die frühe Sprachförderung<br />
ist das Beste <strong>für</strong> die Bildung.“<br />
Aus seiner Sicht sind seit jenen Jahren<br />
kaum entscheidende Neuerungen<br />
hinzugekommen, „nur die Taten<br />
machen den Unterschied“. Und da<br />
sieht er in Rheinland-Pfalz „eine recht<br />
hohe Förderlinie“, die vorschulische<br />
Erziehung habe seit dem Regierungswechsel<br />
1991 einen Schub bekommen.<br />
Bis in die Achtzigerjahre sei die<br />
<strong>Integration</strong> in allen B<strong>und</strong>esländern<br />
Guido Steinacker
als Randthema <strong>und</strong> vorübergehendes<br />
Problem behandelt worden. „Dabei<br />
gab es in mehreren Ludwigshafener<br />
Gr<strong>und</strong>schulen schon Anfang der Achtzigerjahre<br />
Klassen mit 60 Prozent Zuwandererkinder“,<br />
betont Hamburger.<br />
Die Landespolitik reagierte auf diese<br />
neue Entwicklung in jenen Jahren sehr<br />
unbeholfen. „Türkische Lehrer ohne<br />
Deutschkenntnisse wurden auf Vorklässler<br />
zu deren Schulvorbereitung<br />
losgelassen“, schildert Hamburger. Es<br />
fehlte der Politik zu jener Zeit nicht<br />
nur, jedoch auch der Einfl uss wissenschaftlicher<br />
Erkenntnisse. Das erklärt<br />
sich zum Teil aus einem Mangel an<br />
publizistischer Präsenz der Pädagogen<br />
zur <strong>Integration</strong>. „Die AGG-Materialien<br />
waren 15 Jahre lang die einzige Zeitschrift<br />
<strong>für</strong> Ausländerarbeit“, schildert<br />
Hamburger. Ab 1982 kamen die VIA-<br />
Materialien hinzu, die ihren Ursprung<br />
ebenso in den Katholischen Hochschulgemeinden<br />
hatten, sich heute<br />
allerdings daraus gelöst haben.<br />
Ein weiteres Projekt, an dem sich<br />
Hamburger mit Kollegen wie Dieter<br />
Filsinger <strong>und</strong> Dieter Neubert beteiligte<br />
<strong>und</strong> das er zeitweise leitete, hieß<br />
„<strong>Kinder</strong> ausländischer Arbeitnehmer<br />
in Ludwigshafen“ (KAAL). Es wurde<br />
ab 1979 von der Bosch-Stiftung fi nanziert.<br />
Hier erschienen in drei Jahren<br />
zahlreiche, weit über das den Namen<br />
gebende Projekt hinausreichende Beiträge.<br />
Und das durchaus mit Wirkung. Stabsstellen<br />
bei Oberbürgermeistern <strong>und</strong><br />
die ersten rheinland-pfälzischen Ausländerbeiräte<br />
entstanden in jenen<br />
Jahren. „Es war der Versuch, kommunale<br />
Steuerungsstrategien zu entwickeln“,<br />
erläutert Hamburger. Mit anderen<br />
Vorschlägen drang das Projekt<br />
weniger durch. So entstand die Idee,<br />
Wohlfahrtsverbände, Kammern <strong>und</strong><br />
ähnliche Akteure an einen Tisch zu<br />
bringen, damit sie Themen wie die El-<br />
ternberatung <strong>und</strong> integrative Projekte<br />
gemeinsam steuern. „Das ist bis heute<br />
nicht erreicht, weil die Institutionen<br />
da<strong>für</strong> einen Teil ihrer Autonomie aufgeben<br />
müssten.“<br />
Mit einem bis heute unbefriedigenden<br />
nebeneinander Herumwurschteln<br />
als Folge, kritisiert Hamburger.<br />
„Es gibt ein zersplittertes Angebot,<br />
jeder macht, wo<strong>für</strong> er gerade Geld bekommt<br />
– <strong>und</strong> ohne Rücksicht darauf,<br />
ob es schon mehrerer solcher Projekte<br />
in der Stadt gibt.“ Den KAAL-Ansatz<br />
verteidigt er bis heute, „Verbände <strong>und</strong><br />
Institutionen nur zu unterstützen,<br />
wenn sie sich koordinieren <strong>und</strong> nichts<br />
auf die Grüne Wiese setzen“.<br />
Hamburger sitzt im neuen Landesbeirat<br />
Ohne vereinbarte Strukturen keine<br />
Nachhaltigkeit. Das zeigte sich <strong>für</strong><br />
Hamburger später nach den Brandanschlägen<br />
von Rostock-Lichtenhagen<br />
(1992). „Danach entstanden viele<br />
Gruppen, die etwas versuchten – aber<br />
wenn die erste Generation der Engagierten<br />
müde wird, geht das wieder<br />
verloren.“<br />
Im Ludwigshafen wurde eine vom<br />
KAAL-Projekt eingeforderte Koordinationsstelle<br />
15 Jahre später eingerich-<br />
Guido Steinacker<br />
1/2012<br />
tet – ein nachträglicher Erfolg. Während<br />
die Wohlfahrtverbände schon<br />
zur KAAL-Zeit in der Migrantenarbeit<br />
sehr viele Aktivitäten entwickelten,<br />
begann dies bei den Kammern erst in<br />
jüngerer Zeit – notgedrungen, durch<br />
den sich abzeichnenden, weiteren Anstieg<br />
des Nachwuchsmangels. Die Arbeitsagenturen,<br />
kritisiert Hamburger,<br />
begnügten sich mit zentral gesteuerten<br />
Projekten anstatt gezielt lokale<br />
Situationen aufzugreifen.<br />
Wie stark sich Schulen der Förderung<br />
der Deutschkenntnisse von Zuwandererkindern<br />
widmen, hängt im Wesentlichen<br />
vom Engagement der Schulleitungen<br />
ab, nicht vom objektiven<br />
Bedarf vor Ort. „In den Achtziger- <strong>und</strong><br />
Neunzigerjahren hatten die Schulen<br />
durchaus viele Mittel zur Verfügung.<br />
Bei den <strong>Kinder</strong>n kam davon aber wenig<br />
an“, sagt Hamburger.<br />
Zwei, vielleicht erst einmal überraschend<br />
klingende Positionen, <strong>für</strong> ihn<br />
aber die Lehre aus der KAAL-Zeit, vertritt<br />
Hamburger heute in zentralen<br />
Punkten der <strong>Integration</strong>sdebatte. So<br />
übt er Kritik am Festhalten an einer<br />
interkulturellen Pädagogik, ebenso an<br />
der <strong>Integration</strong>sdebatte selbst. „Die<br />
interkulturelle Pädagogik war einmal<br />
hilfreich, heute braucht man sie nicht<br />
mehr“, ist Hamburger überzeugt.<br />
Der Begriff „<strong>Integration</strong>“ ist <strong>für</strong> ihn<br />
zum anderen lediglich noch „ein gesellschaftspolitisches<br />
Schlagwort<br />
<strong>für</strong> Einheimische“. Beides gelte es zu<br />
überdenken <strong>und</strong> eine neue Orientierung<br />
zu fi nden. „Wie diese Begriffe<br />
benutzt werden, das übersieht die<br />
Anpassungsleistung der Migranten.<br />
,<strong>Integration</strong>‘ wird verlangt <strong>und</strong> gefordert,<br />
obwohl sie die Migranten im Migrations-<br />
<strong>und</strong> Arbeitsprozess immer<br />
schon erbringen“, sagt Hamburger.<br />
<strong>Integration</strong>sprozesse fi nden in einer<br />
Gesellschaft an allen Ecken <strong>und</strong> Enden<br />
statt, „bei den Einheimischen genau-<br />
29
30<br />
1/2012<br />
so, etwa bei Arbeitslosen <strong>und</strong> anderen<br />
Minderheiten“.<br />
In allen diesen <strong>Integration</strong>sprozessen<br />
seien dieselben Abläufe gefragt: „Die<br />
Personen, die neu in die Gesellschaft<br />
kommen, sollen Leistung einbringen,<br />
<strong>und</strong> es sollten von der Gesellschaft<br />
Leistungen <strong>für</strong> sie erbracht werden.“<br />
In der ausländerpolitischen Debatte<br />
werde aber vor allem in zwei Kategorien<br />
unterteilt: „Die Integrierten <strong>und</strong><br />
die noch zu Integrierenden.“<br />
Ein positives Beispiel in der Migrationspolitik<br />
in Deutschland sei der Umgang<br />
mit den Spätaussiedlern am Anfang<br />
der Neunzigerjahre, „das wurde<br />
vorbildlich gemacht, mit einem klaren<br />
Konzept wie den Sprachkursen“, meint<br />
Hamburger. Die Probleme mit dieser<br />
Zuwanderergruppe kamen später, „als<br />
die <strong>Jugend</strong>lichen merkten, dass sie als<br />
Russen gesehen werden“.<br />
Der Staat muss hinschauen, in welchem<br />
Fall die an sich selbstständig<br />
laufenden <strong>Integration</strong>sprozesse nicht<br />
funktionieren <strong>und</strong> dann mit gezielten<br />
Hilfen eingreifen. Dazu muss die Verwaltung<br />
viel fl exibler werden als derzeit,<br />
erläutert Hamburger am Beispiel<br />
der Sprachförderung in den Schulen.<br />
„Eine Schule muss Ressourcen parat<br />
haben, wenn beispielsweise während<br />
eines Schuljahres ein Kind ohne genügend<br />
Sprachkenntnisse in eine Klasse<br />
kommt“, fordert Hamburger.<br />
Allerdings will er hieraus keinen Sonderfall<br />
einer Unterstützungsleistung<br />
<strong>für</strong> Migranten konstruieren. Muss ein<br />
Kind speziell gefördert werden – egal<br />
aus welchem Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> in welchem<br />
Bereich – sollte es einer Schule möglich<br />
sein, sich über eine entsprechende<br />
fi nanzielle Ressource die Leistung der<br />
Fachkräfte einzukaufen, fi ndet Hamburger.<br />
Deshalb werden Themen wie<br />
die Sprachförderung von Schülern <strong>für</strong><br />
ihn letztlich unter dem falschen Eti-<br />
33 Jahre Uni-Professor: Hamburger<br />
kett diskutiert. „Es sind keine Migrantenprobleme,<br />
sondern soziale – denn<br />
das öffentliche Geld soll dahin, wo es<br />
kein privates gibt.“ Angesichts des hohen<br />
Anteils von <strong>Kinder</strong>n in Ballungszentren<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
von r<strong>und</strong> 50 Prozent (etwa 64 Prozent<br />
in Frankfurt) befi nde sich die Gesellschaft<br />
in einem Veränderungsprozess,<br />
bei dem es nicht angebracht sei, immer<br />
<strong>und</strong> immer wieder den Erwerb<br />
der deutschen Sprache als wichtigstes<br />
Instrument zur <strong>Integration</strong> hervorzuheben.<br />
„Das bedeutet nämlich nur,<br />
dass 80 Prozent der Bevölkerung glauben<br />
nichts tun zu brauchen.“<br />
Die berufl ichen Stationen<br />
Geboren 1946, aufgewachsen in<br />
Wörth am Rhein<br />
1966 – 1972 Studium der Soziologie,<br />
Pädagogik <strong>und</strong> Philosophie in<br />
Heidelberg <strong>und</strong> Köln<br />
1972 – 1978 Wiss. Assistent am<br />
Erziehungswissenschaftlichen Seminar<br />
der Universität<br />
Heidelberg<br />
1975 Promotion in Erziehungswissenschaft<br />
an der Universität<br />
Heidelberg<br />
1978-2011 Professor <strong>für</strong> Erziehungswissenschaft<br />
mit dem<br />
Schwerpunkt Sozialpädagogik an<br />
der Universität Mainz<br />
Hamburger war in seiner wissenschaftlichen<br />
Laufbahn mehrfach an<br />
dem Punkt, sich von der <strong>Integration</strong>sthematik<br />
zurückzuziehen, gibt er zu.<br />
Besonders in der Anfangszeit in den<br />
Siebzigerjahren. „Man wurde immer<br />
wieder mit öffentlichen Parolen ohne<br />
Bereitschaft der praktischen Umsetzung<br />
konfrontiert“, erläutert er. Die<br />
von Gewerkschaften <strong>und</strong> Verbänden<br />
getragene politische Bewegung gegen<br />
die Ausländergesetzgebung des damaligen<br />
Innenminister Friedrich Zimmermann<br />
(CSU) machte das Thema<br />
aber wieder deutlich spannender, „es<br />
wurde um die Frage gekämpft, wer ist<br />
das deutsche Volk?“, erinnert sich der<br />
Pädagogikprofessor.<br />
Die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts<br />
dauerte dann bis ins<br />
Jahr 2000. Die damals erreichte Öffnung<br />
bei der Einbürgerung „darf man<br />
nicht kleinreden“, sagt der Pädagoge.<br />
Die Praxis der Behörden scheine bis<br />
heute aber sehr unterschiedlich zu<br />
sein. Die langwierigen Debatten darüber,<br />
wer nun zum deutschen Volk<br />
gehöre <strong>und</strong> wer nicht, seien ärgerlich.<br />
„Allerdings ist das in einem Land, in<br />
dem 200 Jahre lang ein völkisches<br />
Staatsverständnis herrschte, auch<br />
kein W<strong>und</strong>er.“<br />
Und so blieb Hamburger in all den<br />
Jahren doch am Ball, vertiefte sich<br />
nach dem Antritt der Mainzer Professur<br />
über Studien wissenschaftlich in<br />
das Verhältnis der Deutschen zu ihren<br />
Zuwanderern. Sein erstes Projekt, das<br />
er zusammen mit Otto Wolter, heute<br />
Vorstandskollege beim Institut <strong>für</strong><br />
Sozialpädagogische Forschung Mainz,<br />
durchführte, war eine qualitative Studie<br />
über die Kriminalität der zweiten<br />
Migrantengeneration, Auftraggeber<br />
war das B<strong>und</strong>eskriminalamt.<br />
Die Studie wies nach, dass es vor allem<br />
die Erfahrung des Ausgeschlossenseins<br />
aus der Gesellschaft war,
die straffällig gewordene jugendliche<br />
Zuwanderer neben die Spur brachte.<br />
Auch zur Kriminalitätsberichterstattung<br />
über Sinti <strong>und</strong> Roma in den Medien,<br />
diesmal ein DFG-Projekt, forschte<br />
Hamburger. Noch heute ist er dieser<br />
Minderheit verb<strong>und</strong>en, ist Mitglied im<br />
Kuratorium <strong>für</strong> das Kultur- <strong>und</strong> Dokumentationszentrum<br />
Deutscher Sinti<br />
<strong>und</strong> Roma in Heidelberg.<br />
Wer sich in Rheinland-Pfalz <strong>für</strong> die<br />
Weiterentwicklung der <strong>Integration</strong>spolitik<br />
engagierte, hatte gute Chancen<br />
von Hamburger durch Expertenwissen<br />
Nach über 30 Jahren im Lehrbetrieb<br />
der Universität Mainz hat Prof. Dr.<br />
Franz Hamburger nach Ablauf des<br />
Sommersemesters 2011 seinen Abschied<br />
vom Institut <strong>für</strong> Erziehungswissenschaften<br />
gegeben. Zu diesem<br />
Anlass hielt der renommierte Fachwissenschaftler,<br />
der vor allem in<br />
den Bereichen Migration, Sozialpädagogik<br />
<strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe lehrte <strong>und</strong><br />
forschte, am 16. September 2011<br />
eine Abschiedsvorlesung <strong>und</strong> wurde<br />
in der anschließenden Feierst<strong>und</strong>e,<br />
bei der zahlreiche prominente Gäste<br />
wie <strong>Integration</strong>sministerin Irene Alt,<br />
Sozialministerin Malu Dreyer <strong>und</strong><br />
Bildungsministerin Doris Ahnen anwesend<br />
waren, gewürdigt.<br />
Prof. Dr. Franz Hamburger war seit<br />
1978 Professor <strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />
an der Universität Mainz, mischte<br />
sich in dieser Zeit immer wieder in<br />
die <strong>Integration</strong>sdebatte ein <strong>und</strong> befl<br />
ügelte mit seinen wissenschaftlichen<br />
<strong>und</strong> praktischen Beiträgen die<br />
Entwicklung in den Bereichen Migration,<br />
<strong>Integration</strong> <strong>und</strong> Benachteiligtenförderung.<br />
So war er an der Gründung<br />
des Ausländerbeirats der Stadt<br />
Mainz sowie des Initiativausschusses<br />
<strong>für</strong> Migrationspolitik in Rheinland-<br />
er über Studien ein internationales<br />
<strong>Jugend</strong>zentrum in Ludwigshafen wissenschaftlich,<br />
im Auftrag der ersten<br />
rheinland-pfälzischen Ausländerbeauftragten,<br />
Helga Gerigk, entstanden<br />
Studien zur <strong>Jugend</strong>arbeit <strong>und</strong> zur<br />
Wohnsituation.<br />
In den Neunzigerjahren wurde dann<br />
Hamburgers <strong>Integration</strong> in die <strong>Integration</strong>spolitik<br />
immer enger. Neben<br />
der Mitarbeit im Migrationsbeirat, gehörte<br />
er dem Landesjugendausschuss<br />
<strong>und</strong> bei der Reform der damaligen<br />
INBI-<strong>Integration</strong>spreis geht an Prof. Dr. Franz Hamburger<br />
INBI unterstützt zu werden. So begleitete<br />
Pfalz beteiligt. Daneben war <strong>und</strong> ist<br />
er in zahlreichen Ausschüssen <strong>und</strong><br />
Beiräten aktiv, darunter im Landesbeirat<br />
<strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />
<strong>und</strong> in der Enquetekommission des<br />
rheinland-pfälzischen Landtags.<br />
Das „Institut zur Förderung von Bildung<br />
<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> (INBI)“ ist<br />
selbst seit Jahren in der Förderung<br />
der (berufl ichen) Bildung sozial Benachteiligter<br />
aktiv <strong>und</strong> engagiert<br />
sich intensiv in der <strong>Integration</strong>s- <strong>und</strong><br />
Bildungspolitik auf Landes- <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esebene.<br />
In diesem Rahmen <strong>und</strong><br />
bei der Zusammenarbeit in den ver-<br />
1/2012<br />
Ausländerbeiräte der vorbereitenden<br />
Expertenr<strong>und</strong>e an. Kuratorien,<br />
Beiräte <strong>und</strong> Jurys – da bleibt <strong>für</strong> den<br />
„Rentner“ Hamburger auch nach dem<br />
Ausscheiden aus den Gremien, denen<br />
er künftig nicht mehr angehören wird,<br />
noch die eine oder andere Aufgabe zu<br />
erfüllen.<br />
Es muss zudem nicht immer um Migranten<br />
gehen, damit Hamburger sich<br />
einbringt, wie seine Mitgliedschaft<br />
im Beirat des Zentrums <strong>für</strong> selbstbestimmtes<br />
Leben Mainz beweist.<br />
Guido Steinacker<br />
schiedenen Gremien entstand eine<br />
große Wertschätzung <strong>für</strong> das Engagement<br />
von Prof. Hamburger. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong> hat sich das Institut<br />
entschlossen, zum ersten Mal einen<br />
<strong>Integration</strong>spreis zu verleihen <strong>und</strong><br />
diesen, im Rahmen der offi ziellen<br />
Feierst<strong>und</strong>e, an Prof. Hamburger zu<br />
vergeben. Damit soll der Dank <strong>und</strong><br />
die Anerkennung <strong>für</strong> seine außerordentlichen<br />
Verdienste <strong>und</strong> sein unermüdliches<br />
Engagement in den Bereichen<br />
Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>, das<br />
vielen Fachleuten aus Theorie <strong>und</strong><br />
Praxis als Vorbild dient, ausgedrückt<br />
werden.<br />
31
MIFKJF<br />
32<br />
1/2012<br />
Kooperieren <strong>für</strong> mehr Vielfalt bei der Polizei: Peimaneh Nemazi-Lofi nk, Karl-Heinz Weber, Irene Alt, Miguel Vicente (v.l.)<br />
Gemeinsam <strong>für</strong> mehr<br />
Vielfalt in der Polizei<br />
Kooperation gestartet: INBI will das Interesse <strong>Jugend</strong>licher mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
an einer Laufbahn bei der Polizei stärken<br />
Das <strong>Integration</strong>sministerium Rheinland<br />
Pfalz, das Polizeipräsidium Mainz<br />
<strong>und</strong> das Institut zur Förderung von<br />
Bildung <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> (INBI) haben<br />
einen Kooperationsvertrag <strong>für</strong> das<br />
XENOS-Projekt „Vielfalt in der Polizei<br />
(ViP)“ unterzeichnet.<br />
„Der Kooperationsvertrag ist ein<br />
wichtiger Schritt in unserem Streben<br />
nach einer gleichberechtigen Teilhabe<br />
von Menschen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
in allen Lebensbereichen,<br />
auch im Berufsleben. Hier geht es<br />
ganz konkret um die interkulturelle<br />
Öffnung des öffentlichen Dienstes in<br />
Rheinland-Pfalz, denn hier sind Menschen<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong> gemessen<br />
an ihrem Anteil an der Bevölkerung<br />
noch unterrepräsentiert. Das<br />
wollen wir ändern!“, erklärte <strong>Integration</strong>sministerin<br />
Irene Alt.<br />
Am Beispiel des Polizeipräsidiums<br />
Mainz soll mit dem Projekt ein Baustein<br />
zur Umsetzung des <strong>Integration</strong>skonzeptes<br />
geleistet <strong>und</strong> das<br />
Polizeipräsidium Mainz weiter bei<br />
den selbstgesteckten Zielen der interkulturellen<br />
Öffnung unterstützt<br />
werden. Ferner setzen sich die Kooperationspartner<br />
<strong>für</strong> eine nachhaltige<br />
Verankerung der Projektergebnisse<br />
ein. Konkret möchte INBI als projektverantwortliches<br />
Institut in enger<br />
Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium<br />
mehr <strong>Jugend</strong>liche mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
dazu motivieren<br />
<strong>und</strong> unterstützen, sich <strong>für</strong> den Polizeidienst<br />
zu bewerben. Hier ist vor allem<br />
die Einbeziehung von Schulen, Eltern<br />
<strong>und</strong> Migrantenvereinen geplant.<br />
„Gerade in der öffentlichen Verwaltung<br />
muss sich das Personal den Herausforderungen<br />
der demografi schen<br />
Entwicklung stellen – hier gibt es noch<br />
viel zu tun. Ein Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
darf nicht als Nachteil, sondern sollte<br />
immer als Bereicherung <strong>und</strong> Chance<br />
gesehen werden“, so Institutsleiterin<br />
Peimaneh Nemazi-Lofi nk von INBI.<br />
Um ihre Chancen auf eine erfolgreiche<br />
Bewerbung zu erhöhen, werden<br />
potenzielle Bewerberinnen <strong>und</strong> Bewerber<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
von INBI zielgerecht auf die Ausbildungsanforderungen<br />
bei der Polizei<br />
vorbereitet.
Zusätzlich wird eine weitere Sensibilisierung<br />
<strong>für</strong> interkulturelle Vielfalt in<br />
der Rekrutierungs- <strong>und</strong> Einstellungspraxis<br />
beim Polizeipräsidium Mainz<br />
angestrebt. Dazu Polizeipräsident<br />
Karl-Heinz Weber: „Ich freue mich,<br />
unsere bisherigen Anstrengungen bei<br />
der interkulturellen Öffnung der Polizei<br />
mit diesem konkreten Projekt <strong>für</strong><br />
eine verbesserte Nachwuchsgewinnung<br />
fortsetzen zu können“.<br />
Das Bekenntnis zur Förderung der interkulturellen<br />
Vielfalt in der öffentlichen<br />
Verwaltung von Politik <strong>und</strong> Po-<br />
Facetten-<br />
reich wie<br />
Blumen<br />
Mentoring auf der Buga: MdB<br />
Sabine Bätzing-Lichtenthäler<br />
war mit Natalja Kreuter in Koblenz<br />
unterwegs<br />
Auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz,<br />
in der fl oristischen Ausstellung,<br />
ist das Zitat von Peter Joseph Leneé an<br />
der Wand gebracht: „Nichts gedeiht<br />
ohne Pfl ege; <strong>und</strong> die vortreffl ichsten<br />
Dinge verlieren durch unzweckmäßige<br />
Behandlung ihren Wert.“<br />
Sabine Bätzing-Lichtenthäler, B<strong>und</strong>estagsabgeordnete<br />
<strong>für</strong> die Landkreise<br />
Neuwied <strong>und</strong> Altenkirchen,<br />
<strong>und</strong> Natalja Kreuter, Mitglied des<br />
Beirates Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />
in Mayen-Koblenz <strong>und</strong> Mitglied der<br />
Arbeitsgemeinschaft der Beiräte <strong>für</strong><br />
Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> Rheinland-<br />
lizei ist gleichzeitig auch ein wichtiges<br />
Zeichen an alle Mitbürger/innen, denn<br />
der alltägliche Kontakt mit der Polizei<br />
darf nicht an kulturellen <strong>und</strong> sprachlichen<br />
Barrieren scheitern.<br />
„Es ist von größter Bedeutung, dass<br />
die Kerninstitutionen des Staates, wie<br />
die Polizei, sich <strong>für</strong> alle gesellschaftliche<br />
Gruppen öffnen“, so der <strong>Integration</strong>sbeauftragte<br />
des Landes, Miguel<br />
Vicente. „Das Thema Interkulturelle<br />
Kompetenz steht in Rheinland-Pfalz<br />
bereits verpfl ichtend auf dem Lehrplan<br />
der Polizeiausbildung. Dass sich<br />
Natalja Kreuter (links) <strong>und</strong> MdB Sabine Bätzing-Lichtenthäler auf der Buga<br />
Pfalz (AGARP), haben im Rahmen des<br />
AGARP-Mentoring-Programms – eine<br />
Kooperation zwischen dem <strong>Ministerium</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Integration</strong>, <strong>Familie</strong>, <strong>Kinder</strong>,<br />
<strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Frauen, dem Beauftragten<br />
der Landesregierung <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong> des Landes Rheinland-<br />
Pfalz <strong>und</strong> dem B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Migration<br />
<strong>und</strong> Flüchtlinge (BAMF) – einen<br />
ergebnisreichen Ausfl ug mit interkulturellem<br />
Erfahrungsaustausch auf die<br />
Buga in Koblenz unternommen.<br />
1/2012<br />
das Mainzer Präsidium nun auch der<br />
Interkulturellen Öffnung verschreibt<br />
<strong>und</strong> sie in die Praxis umsetzen will, ist<br />
eine konsequente Weiterentwicklung,<br />
die mich ganz besonders freut.“<br />
Das Projekt wird im Rahmen des B<strong>und</strong>esprogramms<br />
„XENOS – <strong>Integration</strong><br />
<strong>und</strong> Vielfalt“ gefördert aus Mitteln des<br />
B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Arbeit <strong>und</strong><br />
Soziales <strong>und</strong> des Europäischen Sozialfonds.<br />
Die Kofi nanzierung erfolgt aus<br />
Mitteln des <strong>Ministerium</strong>s <strong>für</strong> <strong>Integration</strong>,<br />
<strong>Familie</strong>, <strong>Kinder</strong>, <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Frauen<br />
sowie des Polizeipräsidiums Mainz.<br />
„Oft wird über die Begriffl ichkeit ‚Interkulturalität‘<br />
gesprochen, dem der<br />
Begriff ,Kultur’ innewohnt. Die Kultur<br />
selbst aber beschränkt sich nicht<br />
auf Regeln, Werte, Normen, Verhaltensmuster,<br />
ethische Gruppen, Geschlecht,<br />
Rasse, physische Fähigkeiten<br />
<strong>und</strong> Fertigkeiten, sondern beinhaltet<br />
auch andere Dimensionen wie Sozialisation,<br />
Zugehörigkeitsgefühl, Deutungsmuster,<br />
Orientierungssystem,<br />
Artikulationsformen, Lebenslagen, Fa-<br />
33<br />
Privat
34<br />
1/2012<br />
milienstand, Religion“, sagte Kreuter.<br />
Sie stelle demnach ein sehr dynamisches<br />
Diskursfeld dar <strong>und</strong> sie ist dem<br />
beständigen Wandel – im Sinne der<br />
Philosophie von Heraklit „alles fl ießt“<br />
– <strong>und</strong> einem Aushandlungsprozess<br />
unterworfen. „Jeder von uns nimmt,<br />
bewusst oder unbewusst, an diesem<br />
Prozess teil <strong>und</strong> befi ndet sich oft zwischen<br />
verschiedenen kulturellen Orientierungen.<br />
Menschen sind sozusagen<br />
fortlaufend kulturschaffend tätig,<br />
indem sie entweder geltende Normen<br />
<strong>und</strong> Regeln durch ihre Einhaltung immer<br />
wieder bestätigen, modifi zieren,<br />
verwerfen oder sie sogar durch andere<br />
ersetzen“, erläutert Kreuter.<br />
„Ich bin in Moskau aufgewachsen.<br />
Meine ganze <strong>Familie</strong> wohnt in dieser<br />
facettenreichen, dynamischen Stadt.<br />
Jedes Jahr, wenn ich in meine zweite<br />
Heimat fahre, stelle ich fest, dass gewisse<br />
Dinge <strong>und</strong> Menschen sich schon<br />
wieder etwas verändert haben.“<br />
Bätzing-Lichtenthäler muss ihren Alltag<br />
in der nicht weniger dynamischen<br />
Stadt Berlin meistern. Sie bestätigt<br />
auch, dass die interkulturelle Arbeit<br />
an Pluralität <strong>und</strong> Komplexität zunimmt<br />
<strong>und</strong> nicht ausschließlich auf<br />
die Menschen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
reduziert sei. Vielmehr zielt diese<br />
Arbeit auf uns alle ab <strong>und</strong> umfasst<br />
verschiedene Lebensformen, Alter,<br />
Unterschiede des Geschlechtes, Religion,<br />
sozial- <strong>und</strong> ökonomische Situation,<br />
Unternehmen <strong>und</strong> Betriebe.<br />
Europa <strong>und</strong> die Demografi e<br />
als Faktoren<br />
„Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Internalisierung<br />
der Wirtschaft <strong>und</strong> der<br />
Märkte, dem europäischen <strong>Integration</strong>sprozess,<br />
der demografi schen<br />
Herausforderung in unserem Lande<br />
<strong>und</strong> der damit einhergehenden<br />
gesellschaftlichen Vielfalt ist geboten,<br />
die Etablierung einer ‚interkulturellen<br />
Orientierung‘ als Querschnittsaufgabe<br />
in allen Bereichen zu verstehen. Wer<br />
nicht in der Lage sein wird, mit fremden<br />
Sprachen <strong>und</strong> Kulturen umzugehen,<br />
wird zunehmend abgehängt“, sagt<br />
die B<strong>und</strong>estagsabgeordnete. Zurzeit<br />
werde sehr intensiv <strong>und</strong> auf allen<br />
Ebenen über den Begriff <strong>und</strong> die<br />
Konnotation von „Interkultureller<br />
Öffnung“ gesprochen, was eine<br />
Geschlossenheit annehmen<br />
lässt. Geschlossenheit geht,<br />
wie bekannt ist, bewusst oder<br />
unbewusst, mit Abgrenzungs- oder<br />
Ausgrenzungsmechanismen einher.<br />
Öffnung als kreativer Prozess<br />
„Die Interkulturelle Öffnung sollte<br />
vielleicht eher verstanden werden als<br />
eine bewusst ausgewählte Strategie,<br />
die mit den Erkenntnissen über Migrationsprozesse,<br />
<strong>Integration</strong>sfragen,<br />
Einsicht in die Notwendigkeit der<br />
produktiven Gestaltung kultureller<br />
Pluralität, Qualifi kationen, Fertigkeiten,<br />
interkulturelle Handlungskompetenzen,<br />
Instrumentarium <strong>für</strong> das<br />
kulturelle Miteinander verknüpft ist.<br />
Sie könnte vielleicht aber auch als ein<br />
kreativer Prozess verstanden werden,<br />
der (selbst-)refl exive Lern- <strong>und</strong> Veränderungsprozesse<br />
von <strong>und</strong> zwischen<br />
unterschiedlichen Menschen, Lebensstilen,<br />
Organisationsformen ermöglicht<br />
<strong>und</strong> begleitet <strong>und</strong> mögliche Barriere<br />
<strong>und</strong> Abgrenzungsmechanismen<br />
abzubauen hilft; der kulturell geprägte<br />
Interpretationsmuster, Stereotypendenken,<br />
Fremdheitsängste bewusst<br />
macht; der aus dem sich mit der Zeit<br />
eingestellten Beharren auf Wissens-<br />
<strong>und</strong> Handlungsroutinen auszusteigen<br />
hilft; der gegenseitige Anerkennung<br />
ermöglicht <strong>und</strong> der kulturelle Vielfalt<br />
als eine Chance <strong>und</strong> eine Bereicherung<br />
zu begreifen lässt“, schildert Kreuter.<br />
Bisweilen werden die Menschen mit<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong> noch unter einem<br />
Defi zitansatz als problematisch<br />
gesehen. Bei intensivem Austausch<br />
waren beide Frauen sich einig, dass<br />
man nur dann interkulturelle Synergie<br />
erreichen könne, wenn man den<br />
größeren Wert an erster Stelle am<br />
Ressourcenpool (Kernkompetenzen,<br />
Erfahrungen, Fertigkeiten, Hintergründe,<br />
Arbeitsweisen, Persönlichkeitsmerkmale,<br />
Sprachkompetenzen,<br />
etc.) legen würde, wenn man die Menschen<br />
mit dem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
mehr in das alltägliche Leben einbeziehen<br />
könnte – die landesüblichen<br />
Gepfl ogenheiten, Werte, Netzwerke<br />
spielen auch nicht eine untergeordnete<br />
Rolle dabei – wenn man sie entsprechend<br />
ihrer Stärken unterstützen<br />
könnte, ohne sich dabei nur auf pure<br />
Vermittlung allerlei Kompetenzen<br />
durch die Qualifi zierung, Aus-, Fort-,<br />
<strong>und</strong> Weiterbildung zu beschränken.<br />
All dies wäre eine der Führungsaufgabe<br />
in allen Bereichen, die im idealen<br />
Fall in der „Top-down“-Richtung ablaufen<br />
sollte.<br />
Ein Mensch an der Seite<br />
Noch ein paar Worte zum Mentoring-<br />
Programm selbst: „Ich würde es wirklich<br />
jedem wünschen – einem Deutschen,<br />
der im Ausland seiner Arbeit<br />
nachgeht, oder einem Menschen mit<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong>, der hierzulande<br />
mit seiner Arbeit zu kämpfen hat<br />
– auf seinem berufl ichen, aber auch<br />
auf seinem privaten Wege einen Menschen<br />
an der Seite zu haben, der als<br />
ein(e) Mentorin/ein Mentor fungieren<br />
könnte, der/dem man ab <strong>und</strong> zu über<br />
die Schulter schauen <strong>und</strong> die/den man<br />
um Rat fragen könnte. Das gemeinsame<br />
Unternehmen <strong>und</strong> Erleben, eine<br />
gelungene Kommunikation mit einer<br />
Portion interkultureller Sensibilität<br />
ist eine Bereicherung…“, sagt Natalja<br />
Kreuter.<br />
Natalja Kreuter
Sprachbildung – Ein<br />
Modell der Zukunft<br />
Seit August 2012 gibt der „Rahmenplan Herkunftssprache“ den<br />
Schulen in Rheinland-Pfalz ein Werkzeug <strong>für</strong> muttersprachlichen<br />
Unterricht an die Hand. Von Burkhard Hecker <strong>und</strong> Hans H. Reich<br />
<strong>Integration</strong> der Sprachen<br />
Die Koexistenz der Sprachen ist ein<br />
Stück gelebte <strong>Integration</strong> in Rheinland-Pfalz.<br />
Auch wenn keine Statistik<br />
darüber geführt wird – es sind gewiss<br />
weit mehr als h<strong>und</strong>ert verschiedene<br />
Sprachen, die im Land von mehr oder<br />
minder großen Gruppen gesprochen<br />
werden. Nicht alle, aber doch ein gewichtiger<br />
Teil von ihnen hat auch an<br />
den Schulen einen Platz. Der „RahmenplanHerkunftssprachenunterricht“<br />
setzt jetzt ein neues positives<br />
Signal <strong>für</strong> die Anerkennung <strong>und</strong> Förderung<br />
der Mehrsprachigkeit.<br />
Herkunftssprachlicher Unterricht wird<br />
in Rheinland-Pfalz derzeit in 17 verschiedenen<br />
Sprachen erteilt: Türkisch,<br />
Italienisch, Portugiesisch, Arabisch,<br />
Griechisch, Albanisch, Kroatisch <strong>und</strong><br />
Serbisch, Bosnisch, Russisch, Spanisch,<br />
Marokkanisch, Tunesisch, Farsi,<br />
Polnisch, Chinesisch, Iranisch. Neben<br />
der Diversifi zierung des Fremdsprachenunterrichts<br />
stellt der Herkunftssprachliche<br />
Unterricht das zweite<br />
große Sprachenpotenzial im Bildungswesen<br />
des Landes dar.<br />
Die Landesregierung hat sich denn<br />
auch vom Beginn der Einwanderung<br />
1/2012<br />
an da<strong>für</strong> entschieden, diesen Unterricht<br />
in eigener Verantwortung anzubieten<br />
<strong>und</strong> zu gestalten. Zur Stärkung<br />
<strong>und</strong> Sicherung seiner Qualität hat<br />
das <strong>Ministerium</strong> <strong>für</strong> Bildung, Wissenschaft,<br />
<strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Kultur im Jahr<br />
2008 eine Projektgruppe „Weiterentwicklung<br />
des Muttersprachlichen Unterrichts“<br />
einberufen <strong>und</strong> das Pädagogische<br />
Zentrum (jetzt integriert in das<br />
Pädagogische Landesinstitut Rheinland-Pfalz)<br />
mit der Koordinierung der<br />
Lehrplanarbeit betraut. Der Projektgruppe<br />
gehörten Lehrkräfte, die diesen<br />
Unterricht erteilen, Vertreter aus<br />
den Projekten FörMig <strong>und</strong> FaMoS sowie<br />
Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertreter aus<br />
den Schulabteilungen der Aufsichts-<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungsdirektion an.<br />
Damit sollte von vorneherein sichergestellt<br />
werden, dass die berufl iche<br />
Praxis, die Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
<strong>und</strong> die staatliche Schulaufsicht beteiligt<br />
sind <strong>und</strong> bei der späteren Implementierung<br />
<strong>und</strong> Umsetzung des<br />
Rahmenplans in der pädagogischen<br />
Praxis aus gr<strong>und</strong>legender Kenntnis<br />
Viele Herkunftsländer: In 17 Sprachen wird in rheinland-pfälzischen Schulen muttersprachlicher Unterricht erteilt<br />
35<br />
MIFKJF (Fotolia)
picture alliance<br />
1/2012<br />
heraus beraten, fortbilden <strong>und</strong> evaluieren<br />
können.<br />
Der Auftrag der Gruppe umfasst<br />
• die Erstellung eines Rahmenplans <strong>für</strong><br />
die Klassen 1 bis 10<br />
• die Entwicklung von Best-Practice-<br />
Beispielen<br />
• die Planung <strong>und</strong> Durchführung von<br />
Fachtagungen, Implementierungsveranstaltungen<br />
<strong>und</strong> Fortbildungsmaßnahmen.<br />
Der „Rahmenplan Herkunftssprachenunterricht“<br />
ist zum 1. August 2012 in<br />
Kraft getreten. Seine Erarbeitung orientierte<br />
sich am Gemeinsamen europäischen<br />
Referenzrahmen <strong>für</strong> Sprachen<br />
<strong>und</strong> an den Bildungsstandards<br />
<strong>für</strong> die erste Fremdsprache sowie den<br />
rheinland-pfälzischen Vorgaben <strong>für</strong><br />
verständnisse auszuschließen – die<br />
Forderung des Schulgesetzes, dass<br />
alle Schulen „einen Beitrag zur <strong>Integration</strong><br />
von Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong>“ zu leisten<br />
haben. Der Herkunftssprachliche Unterricht<br />
dient nicht einer sprachlichen<br />
oder kulturellen Eigenbrötelei, sondern<br />
einer zeitgenössischen sprachlichen<br />
<strong>und</strong> kulturellen Allgemeinbildung.<br />
Prägnant ist dies schon in<br />
der Verwaltungsvorschrift von 2006<br />
ausgedrückt: „Der muttersprachliche<br />
Unterricht oder der Unterricht in der<br />
Herkunftssprachen unterstützt die<br />
schulische <strong>und</strong> soziale <strong>Integration</strong><br />
<strong>und</strong> fördert die sprachliche <strong>und</strong> kulturelle<br />
Persönlichkeitsbildung. Er ist Bestandteil<br />
der interkulturellen Bildung<br />
<strong>und</strong> Erziehung“.<br />
Kompetenzen in der Herkunftssprache defi niert: türkischsprachiger Unterricht<br />
die Integrierte Fremdsprachenarbeit<br />
(Gr<strong>und</strong>schule) <strong>und</strong> <strong>für</strong> den Unterricht<br />
des Deutschen als Zweitsprache. Die<br />
Gr<strong>und</strong>lage bildete die Verwaltungsvorschrift<br />
zum „Unterricht von Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schülern mit Migrationshintergr<strong>und</strong>“<br />
von 2006.<br />
Kernaussagen des Rahmenplans<br />
Der Rahmenplan ist dem allgemeinen<br />
Bildungsauftrag der Schulen verpfl ichtet.<br />
Dazu gehört auch – dies sei an<br />
erster Stelle festgehalten, um Miss-<br />
36<br />
Besonderes Augenmerk legt der Rahmenplan<br />
auf das eigenverantwortliche<br />
Lernen. Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />
sollen in ihrer Verantwortung <strong>für</strong> das<br />
eigene wie <strong>für</strong> das gemeinsame Lernen<br />
gestärkt werden. Der Herkunftssprachenunterricht<br />
orientiert sich<br />
daher nicht an sprachlichen Mustern<br />
oder Vorbildern, sondern fördert das<br />
selbständige Erarbeiten von Fähigkeiten,<br />
das Verfassen persönlicher <strong>und</strong><br />
gruppenspezifi scher Texte, die Artikulation<br />
subjektiven Textverstehens <strong>und</strong><br />
die Refl exion der Lernprozesse.<br />
Der Rahmenplan betont das Ziel der<br />
Mehrsprachenkompetenz, die vor<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> des zusammenwachsenden<br />
Europas von zukunftsweisender<br />
Bedeutung ist. Das sich<br />
abzeichnende Sprachbildungsmodell<br />
der Zukunft erweitert den herkömmlichen<br />
Fächerkanon <strong>und</strong> zielt auf einen<br />
zunehmend autonomen Umgang der<br />
Lernenden mit der sie umgebenden<br />
Vielfalt der Sprachen. Es geht dabei<br />
immer auch darum, den Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schülern mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
über den Erwerb sprachlicher<br />
Kompetenzen Zugänge zur Kultur ihres<br />
Herkunftslandes, zu Literatur <strong>und</strong><br />
Wissenschaft, Geschichte <strong>und</strong> Geographie<br />
ihrer Herkunftsgesellschaft<br />
zu eröffnen <strong>und</strong> ihnen so die Orientierung<br />
in ihrer modernen Welt zu erleichtern.<br />
Der Rahmenplan ist kompetenzorientiert.<br />
Sein Kernstück ist ein Orientierungsrahmen,<br />
der die erwarteten<br />
Kompetenzen in den Herkunftssprachen<br />
am Ende der Gr<strong>und</strong>schule, der<br />
Orientierungsstufe, der neunten Klasse<br />
(Hauptschulabschluss) <strong>und</strong> der<br />
Klasse 10 (mittlerer Abschluss) im<br />
Einzelnen beschreibt. Diese basieren<br />
auf den mündlichen Sprachkompetenzen<br />
des Hörens, Verstehens <strong>und</strong><br />
Sprechens <strong>und</strong> erweitern sich in die<br />
Kompetenzen, die mit dem Schriftspracherwerb<br />
einhergehen, also dem<br />
Lesen, dem Umgang mit Texten einschließlich<br />
der Medien (auch neuer<br />
Medien).<br />
Insbesondere letztere sind ja geeignet,<br />
Sprache im Rahmen authentischer<br />
Sprachbegegnungen erwerben<br />
zu können, wenn auch vorwiegend<br />
rezeptiv. Dem Texte-Verfassen – der<br />
Aktivierung produktiver schriftsprachlicher<br />
Kompetenzen – kommt<br />
darum eine wichtige Bedeutung zu,<br />
die in Ansätzen in der Primarstufe,<br />
dann verstärkt in der Sek<strong>und</strong>arstufe<br />
erfolgt. Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, die
Privat<br />
in einer zwei- oder mehrsprachigen<br />
Umgebung aufwachsen, entwickeln<br />
eine besondere Fähigkeit, sich mit<br />
sprachlichen Phänomenen auseinanderzusetzen,<br />
die zum Beispiel durch<br />
den Vergleich unterschiedlicher oder<br />
sehr ähnlicher sprachlicher Regelhaftigkeiten<br />
erkannt werden können. Ein<br />
solcher Unterricht fördert die Sprachbewusstheit.<br />
Schritte zur Normalisierung<br />
Der Herkunftssprachenunterricht in<br />
Rheinland-Pfalz erhält damit eine<br />
tragfähige curriculare Gr<strong>und</strong>lage. Damit<br />
ist der Weg geöffnet zu einer Normalität,<br />
an deren Ende man sich die<br />
volle Anerkennung als Schulfach <strong>und</strong><br />
die Einbeziehung in ein Gesamtsprachencurriculum<br />
wünschen möchte.<br />
Zur Normalität würde dann auch<br />
gehören, dass die im Herkunftssprachenunterricht<br />
erworbenen Kompetenzen<br />
in Leistungsfeststellungen<br />
erfasst, in Bezug auf das erreichte Anforderungsniveau<br />
beschrieben <strong>und</strong> auf<br />
dem Zeugnis zu einer Beurteilung zusammengefasst<br />
werden. Die jetzigen<br />
Regelungen sind etwas „schamhaft“<br />
– es wird weniger aussagekräftig die<br />
Teilnahme am Herkunftssprachenunterricht<br />
quittiert. Da ist mehr vorstellbar,<br />
zum Beispiel, dass <strong>für</strong> alle Schü-<br />
Autor Burkhard Hecker<br />
Autor Hans H. Reich<br />
lerinnen <strong>und</strong> Schüler – beginnend mit<br />
der Gr<strong>und</strong>schule – ein Sprachenportfolio<br />
geführt wird, in dem die Kompetenzen<br />
sowohl in Deutsch wie in der<br />
Herkunftssprache, in den schulisch<br />
unterrichteten Fremdsprachen wie in<br />
außerschulisch erworbenen Sprachen<br />
dokumentiert werden.<br />
Ein weiterer Schritt wäre die Einführung<br />
einer „Fachkonferenz Sprachen“.<br />
Analog dem Sprachenportfolio treffen<br />
in einer solchen Fachkonferenz „Sprachen“<br />
alle im Lernbereich tätigen<br />
Lehrkräfte (je nach Schulform: Lehrkräfte<br />
<strong>für</strong> Deutsch, Integrierte Fremdsprachenarbeit,<br />
Herkunftssprachen,<br />
Fremdsprachen, bilingualen Unterricht)<br />
zusammen, um sich gegenseitig<br />
über Unterrichtsinhalte, Methoden<br />
<strong>und</strong> Terminologien zu informieren,<br />
sich über Kompetenzerwartungen<br />
<strong>und</strong> Standards der Feststellung <strong>und</strong><br />
Bewertung sprachlicher Leistungen zu<br />
verständigen, Projekte zu verabreden<br />
<strong>und</strong> sich über die Mehrsprachigkeitsprofi<br />
le der einzelnen Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schüler auszutauschen.<br />
Letzteres würde namentlich auch die<br />
Möglichkeiten individueller Förderung,<br />
die zu Recht stärker in den Fokus<br />
der allgemeindidaktischen wie<br />
der sprachdidaktischen Diskussion<br />
Privat<br />
1/2012<br />
geraten sind, in beträchtlicher Weise<br />
erhöhen. Der Rahmenplan Herkunftssprachenunterricht<br />
mit seiner hohen<br />
Affi nität zu den Bildungsstandards<br />
anderer Sprachfächer dürfte dabei besonders<br />
hilfreich sein. Ein neues Verständnis<br />
von Kooperation – vielleicht<br />
auch von Teamentwicklung – wird<br />
sich wohl Raum verschaffen müssen,<br />
zum Vorteil aller – also der Lehrkräfte<br />
wie der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler. Auf<br />
die (erweiterte) Schulleitung kommt<br />
sicherlich eine stärker initiierende<br />
<strong>und</strong> koordinierende Aufgabe zu. Aber<br />
schulische Entwicklung ist nun einmal<br />
ohne Überwindung von Widerständen<br />
<strong>und</strong> ohne besondere Innovationsbereitschaft<br />
nicht zu haben.<br />
Implementation des Rahmenplans<br />
<strong>und</strong> Fortbildungsangebote<br />
Nachdem der Rahmenplan seine endgültige<br />
Form gef<strong>und</strong>en hatte, haben<br />
drei Implementierungsveranstaltungen<br />
stattgef<strong>und</strong>en, auf denen die <strong>für</strong><br />
den Herkunftssprachenunterricht allgemein<br />
verbindlichen Gr<strong>und</strong>züge des<br />
Rahmenplans vertieft <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Unterrichtspraxis<br />
nutzbar gemacht wurden.<br />
Diese Veranstaltungen dienten<br />
auch der Ermittlung von spezifi schen<br />
Teilnehmerinteressen, die dann in Zukunft<br />
in Regionalen Arbeitsgemeinschaften,<br />
welche die Implementation<br />
weiter vorantreiben sollen, aufzugreifen<br />
sein werden.<br />
Die Schulaufsicht <strong>und</strong> das Pädagogische<br />
Landesinstitut werden diese<br />
Arbeiten unterstützen. Erfreulich ist,<br />
dass sich dieses Angebot bei den Lehrkräften<br />
des Herkunftssprachlichen<br />
Unterrichts einer sehr zufriedenstellenden<br />
Nachfrage erfreuen kann.<br />
Burkhard Hecker ist Mitarbeiter<br />
des Pädagogischen Landesinstituts,<br />
Prof. Hans. H. Reich Emeritus der<br />
Universität Koblenz-Landau.<br />
37
Guido Steinacker<br />
38<br />
1/2012<br />
Besser<br />
informieren<br />
Beim 3. Kommunalen Gipfel in<br />
Mainz stand das Thema Einbürgerung<br />
im Mittelpunkt<br />
Dem demokratischen Verständnis<br />
nach „hat unsere Staatsform nur dann<br />
eine Zukunft, wenn alle Einwohnerinnen<br />
<strong>und</strong> Einwohner eine Mitgestaltungsmöglichkeit<br />
haben“, ist die Überzeugung<br />
von <strong>Integration</strong>sministerin<br />
Irene Alt. Das ist der Hintergr<strong>und</strong> <strong>für</strong><br />
die Bemühungen der Landesregierung<br />
um eine erhöhte Einbürgerungsquote<br />
unter den Rheinland-Pfälzerinnen<br />
<strong>und</strong> Rheinland-Pfälzer ohne deutsche<br />
Staatsbürgerschaft. Denn „möglich<br />
wird die umfassende politische Partizipation<br />
erst mit der Einbürgerung“,<br />
erläuterte die Ministerin im September<br />
beim 3. Kommunalen Gipfel im<br />
Festsaal der Mainzer Staatskanzlei.<br />
Bei der Veranstaltung im Rahmen des<br />
<strong>Integration</strong>sforums wurden die Gäste<br />
auch von Innenminister Roger Lewentz<br />
begrüßt. Über das Thema des Forums<br />
„Einbürgerung“ referierte der Politikwissenschaftler<br />
Professor Dietrich<br />
Thränhardt. Einen einfachen Zugang<br />
bei den kommunalen Behörden zu Infos<br />
über Einbürgerung, insbesondere<br />
Den fünf ausgezeichneten Gruppen überreichte Ministerin Alt (Mitte) die Preise<br />
Thema der Gesprächsr<strong>und</strong>e auf dem Podium war die Förderung der Einbürgerung<br />
im Internet, eine zügigere Bearbeitung<br />
der Einbürgerungsanträge durch gut<br />
geschultes Personal in den Behörden<br />
sowie die Informationsweitergabe an<br />
Schulen <strong>und</strong> Vereine empfi ehlt der<br />
Forscher, um eine höhere Einbürgerungsquote<br />
zu erreichen. Nicht zuletzt<br />
gehöre auch eine „Wertschätzung unserer<br />
Staatsbürgerschaft, unseres Bürgerrechts“<br />
dazu, die in Deutschland<br />
nur gering ausgeprägt sei.<br />
Die Teilnehmenden einer Gesprächsr<strong>und</strong>e<br />
unter der Moderation des Landesbeauftragten<br />
<strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>,<br />
Miguel Vicente, diskutierten<br />
über die Praxis <strong>und</strong> Erfahrung in den<br />
Kommunen zur Einbürgerung. Neben<br />
der Ministerin <strong>und</strong> Prof. Thränhardt<br />
äußerten sich dazu der Koblenzer<br />
Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim<br />
Hofmann-Göttig, die Wormser Beauftragte<br />
<strong>für</strong> Migration <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>,<br />
Sabine Müller, die Fachbereichsleiterin<br />
Sprachen <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> an der<br />
VHS Neuwied, Ursula Jungblut, sowie<br />
Referent Prof. Dietrich Thränhardt<br />
der Sozialwissenschaftler <strong>und</strong> Gründer<br />
der Bildungseinrichtung „Integraplus“<br />
aus Ludwigshafen, Murat Gencaslan.<br />
Anschließend wurde der „Preis <strong>für</strong> ein<br />
vorbildliches interkulturelles Miteinander“<br />
verliehen. Der Preis würdigt<br />
das Engagement <strong>für</strong> das Miteinander<br />
der Kulturen in Rheinland-Pfalz. Gute<br />
Beispiele sollen von einer breiteren<br />
Öffentlichkeit wahrgenommen werden.<br />
49 Projekte, Konzepte <strong>und</strong> Maßnahmen<br />
standen der Jury zur Auswahl.<br />
Sieger wurde der Internationale B<strong>und</strong><br />
Pirmasens mit dem Projekt „Colorful<br />
– Für Fremdenfre<strong>und</strong>lichkeit“, gefolgt<br />
vom Multikulturellen Zentrum Trier.<br />
Die Frankenthaler Kooperation zwischen<br />
dem Beirat <strong>für</strong> Migration <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong> <strong>und</strong> dem Schulelternbeirat<br />
des Albert-Einstein-Gymnasiums<br />
teilte sich den dritten Platz mit dem<br />
Mainzer Netzwerk <strong>für</strong> Demokratie<br />
<strong>und</strong> Toleranz. Den Sonderpreis der<br />
Jury erhielt der Fußballverein FV Türkgücü<br />
Germersheim.<br />
Guido Steinacker<br />
Guido Steinacker
Guido Steinacker<br />
Neue Lebenswege<br />
Das Online-Migrationsmuseum „Lebenswege“ präsentierte sich<br />
bei der Mainzer Museumsnacht mit einer öffentlichen Veranstaltung.<br />
Neue Angebote gibt es <strong>für</strong> Schüler <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>liche.<br />
Zumeist funktioniert das mit dem<br />
World Wide Web so: Ereignisse aus<br />
dem „realen“ Leben werden in der<br />
virtuellen Welt des Internets in einer<br />
dem Medium gerecht werdenden<br />
Form berichtet <strong>und</strong> dargestellt.<br />
„Lebenswege“, das seit 2009 existierende<br />
Online-Museum des Landes<br />
Rheinland-Pfalz, wählte nun zur öffentlichen<br />
Darstellung seiner Idee <strong>und</strong><br />
Inhalte den umgekehrten Weg.<br />
Silva Burrini <strong>und</strong> Hasan Özdemir berichteten Moderatorin Neşe Akgül (r.)<br />
Es brachte seine virtuelle Welt mit seinen<br />
Geschichten von Menschen, die<br />
einst nach Rheinland-Pfalz zugewandert<br />
sind, in das reale Leben zurück.<br />
Anlass war die Mainzer Nacht der Mu-<br />
seen im Juni. Im Landesmuseum stellte<br />
Moderatorin Neşe Akgül bei einer einstündigen<br />
Podiumsr<strong>und</strong>e Menschen<br />
vor, deren Lebensgeschichte auch im<br />
Online-Museum www.lebenswege.<br />
rlp.de eine Rolle spielen. Die Gäste<br />
schilderten zum Thema „Chancen interkultureller<br />
Vielfalt“ ihre Erfahrungen<br />
mit der Migration <strong>und</strong> wie sie ein<br />
Leben in interkultureller Vielfalt erleben.<br />
„So wie eine Gemäldegalerie zum<br />
Verweilen <strong>und</strong> zur Auseinandersetzung<br />
mit Bildern einlädt, tut dies das<br />
Museum ‚Lebenswege‘, indem es seine<br />
Exponate, nämlich die Lebensgeschichten<br />
von Zeitzeugen, diskutiert“,<br />
1/2012<br />
erklärte <strong>Integration</strong>sministerin Irene<br />
Alt. Wie sie bei der Begrüßung erläuterte,<br />
sollte die Podiumsr<strong>und</strong>e nur der<br />
Einstieg in eine Reihe Außentermine<br />
des Online-Museums sein, die unter<br />
dem Konzept „Lebenswege vor Ort“<br />
steht. „Wir wollen künftig in Schulen<br />
gehen <strong>und</strong> das Online-Museum bei<br />
Veranstaltungen <strong>und</strong> Festen, die mit<br />
dem Thema <strong>Integration</strong> zu tun haben,<br />
vorstellen“, schilderte die Ministerin<br />
die Pläne.<br />
Neşe Akgül präsentierte auf dem<br />
Podium Menschen mit ganz unterschiedlichen<br />
Erfahrungen mit ihrer<br />
Auswanderung nach Deutschland, die<br />
diese auch <strong>für</strong> www.lebenswege.rlp.<br />
de geschildert haben. Die ehemalige<br />
Caritas-Sozialarbeiterin Silva Burrini<br />
etwa kam eigentlich nur zu einem<br />
Sprachkurs nach Deutschland. „Aus<br />
diesen sechs Monaten ist ein Leben<br />
geworden“, schilderte sie.<br />
Die M<strong>und</strong>enheimerin Aloisia Leto hat<br />
sich als Inhaberin einer Modelschule<br />
in Mannheim einen Namen gemacht.<br />
Ihre Eltern schilderten den Weg des<br />
Ankommens einer sizilianischen <strong>Familie</strong><br />
in Ludwigshafen.<br />
Der Schriftsteller <strong>und</strong> Lyriker Hasan<br />
Özdemir kehrte Ende der 70er-Jahre<br />
wegen der damals schwierigen politischen<br />
Lage der Türkei den Rücken.<br />
Er wechselte in seiner schriftstellerischen<br />
Arbeit zwischenzeitlich die<br />
Sprache <strong>und</strong> veröffentlicht nun auch<br />
Lebenswege von Migranten aus erster Hand gab es zum Auftakt der Mainzer Museumsnacht im Landesmuseum zu hören<br />
39<br />
Guido Steinacker
40<br />
1/2012<br />
in deutsch. Wohl fühlte er sich vom<br />
ersten Moment an in der neuen Stadt.<br />
Am selben Abend erweiterte das<br />
Online-Museum durch die Freischaltung<br />
des neuen Menüpunkts „<strong>Jugend</strong>-<br />
Raum“ sein Angebot. Dieser Bereich<br />
bildet die breite Palette der medialen<br />
Möglichkeiten ab, mit der Inhalte zur<br />
<strong>Integration</strong> vermittelt werden können<br />
– in einer Form, wie sie <strong>Jugend</strong>liche<br />
heute nutzen <strong>und</strong> erwarten.<br />
Dokumentiert in Bildern <strong>und</strong> Audiodateien<br />
ist dort auch ein Schulprojekt,<br />
das sich dem Thema <strong>Integration</strong> über<br />
den Fußball nähert. Manch aktueller<br />
oder früherer Spieler der deutschen<br />
Fußballnationalmannschaft hat seine<br />
Wurzeln in einem anderen Land. Viele<br />
von ihnen standen einst vor derselben<br />
Frage wie der Star des Comics „Lisa<br />
<strong>und</strong> Luiz – das Fußballw<strong>und</strong>er“. Denn<br />
als Luiz, Talent mit brasilianischen<br />
Wurzeln, vor dem Sprung in die Nationalmannschaftslaufbahn<br />
steht, muss<br />
er sich entscheiden: Deutschland oder<br />
Brasilien?<br />
Wie die Geschichte ausgeht, steht<br />
noch nicht endgültig fest, denn die 16<br />
Seiten, die es im Internet auf www.<br />
lebenswege.rlp.de nachzulesen gibt,<br />
sind als Fortsetzungsgeschichte konzipiert<br />
<strong>und</strong> enden mit Luiz‘ Entscheidung,<br />
seine Herzensangelegenheit<br />
Brasilien, das Land seiner Eltern, seinem<br />
Geburtsland vorzuziehen.<br />
„Lisa <strong>und</strong> Luiz“ thematisiert das <strong>Kinder</strong>recht<br />
auf Chancengleichheit <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong>. Die Geschichte wurde<br />
vom Journalisten Bardo Faust <strong>und</strong><br />
dem Zeichner Klaus Wilinski <strong>und</strong> damit<br />
von Profi s in Sachen Wort <strong>und</strong> Bild<br />
gestaltet. Inhaltlich erarbeiteten sie<br />
das Werk aber zusammen mit zwölf<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern der Integrierten<br />
Gesamtschule Nieder-Olm in<br />
Workshops.<br />
In einer Zeichen- <strong>und</strong> Schreibwerkstatt<br />
der Kunstlehrerin Ellen Löchner<br />
konnten die Schüler ihre eigenen Ideen<br />
einbringen, den Figuren Aussehen<br />
<strong>und</strong> Charaktere zuteilen, auch die<br />
zeichnerische Entwicklung eines solchen<br />
Werkes erfahren. Ebenso setzten<br />
sich die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler aus<br />
siebten <strong>und</strong> achten Klassen natürlich<br />
Luiz‘ Fre<strong>und</strong>e müssen lernen: es ist okay, wenn er <strong>für</strong> Brasilien spielt<br />
intensiv mit den Textinhalten auseinander.<br />
Wenn sich <strong>Jugend</strong>liche mit<br />
ernsten Themen beschäftigen, die in<br />
einem Comic verarbeitet sind <strong>und</strong> dies<br />
nicht mit dem erhobenen Zeigefi nger<br />
geschieht, erzielt dies „eine nachhaltigere,<br />
weil selber erdachte Wirkung“,<br />
sind Faust <strong>und</strong> Wilinski überzeugt. Die<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler haben jede<br />
Mengen Ideen <strong>für</strong> eine Fortsetzung<br />
des Projekts geäußert, noch ist aber<br />
unklar, ob es dazu kommen wird.<br />
Das Projekt wurde mit Unterstützung<br />
der rheinland-pfälzischen Ministerien<br />
<strong>für</strong> <strong>Integration</strong> <strong>und</strong> <strong>für</strong> Bildung entwickelt.<br />
Auch die Entstehungsgeschichte<br />
des Comics dokumentiert www.<br />
lebenswege.rlp.de<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Ministerium</strong> <strong>für</strong> <strong>Integration</strong>,<br />
<strong>Familie</strong>, <strong>Kinder</strong>, <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong><br />
Frauen Rheinland-Pfalz<br />
Referat <strong>für</strong> Reden <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />
Kaiser-Friedrich-Straße 5a<br />
55116 Mainz<br />
E-Mail: poststelle@mifkjf.rlp.de<br />
Internet: www.mifkjf.rlp.de<br />
Redaktion:<br />
Katharina Drach<br />
Marius Wendling<br />
Guido Steinacker<br />
Redaktionsanschrift:<br />
Postfach 3170, 55021 Mainz<br />
Umschlagentwurf: Harald<br />
Vatter-Balzar AGD, Mainz<br />
Herstellung: Schwalm Druckerei<br />
GmbH, Mainz<br />
ISSN 1868-0275<br />
Gedruckt auf umweltfre<strong>und</strong>lichem<br />
Papier.