Inhaltsverzeichnis/Table des matières - Dr. Dieter Winkler Verlag
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Der Josephinimus und das Heilige Römische Reich.<br />
„Territorialer Etatismus“ und josephinische Reichspolitik<br />
CHRISTOPH GNANT<br />
I. Was lässt sich heute Neues über den Josephinismus sagen?<br />
Wenige Bereiche der österreichischen Geschichte sind – wenn auch in teilweise<br />
strittigen Forschungsfragen – so eingehend beleuchtet wie die Zeit <strong>des</strong> Josephinismus.<br />
1 Nach verbreiteter Auffassung sind unter Josephinismus im weiteren<br />
Sinn die grundlegenden Veränderungen und Reformbestrebungen in allen Lebensbereichen<br />
der Habsburgermonarchie in der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts<br />
zu verstehen, in deren Brennpunkt die Veränderungen im Verhältnis zur katholischen<br />
Kirche stehen. Diese Reformbewegung habe weit ins 19. Jahrhundert<br />
nachgewirkt und präge in gewisser Weise bis heute die „österreichische“ Gedankenwelt.<br />
Langläufig unterscheidet man dabei drei Phasen, den „Protojosephinismus“<br />
unter Maria Theresia, den „josephinischen Josephinismus“ unter Joseph II.<br />
und den „Postjosephinismus“ bis weit ins 19. Jahrhundert hinein. Die Auseinandersetzung<br />
in der Forschung der letzten 60 Jahre, vor allem bis in die fünfziger<br />
Jahre <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts, ist in hohem Maße durch die drei unterschiedlichen<br />
Ansätze von Ferdinand Maaß, Eduard Winter und Fritz Valjavec geprägt. 2 Dabei<br />
werden die großen Differenzen der möglichen Bewertungen, ja die Spannweite<br />
der Betrachtungsmöglichkeiten <strong>des</strong> Josephinismus offensichtlich, die sich – wie<br />
bei jeder Geschichtsbetrachtung – im Zugang durch den politischen und gesellschaftlichen<br />
Kontext der Forschenden unterscheiden. War der Josephinismus für<br />
den Innsbrucker Jesuiten Ferdinand Maaß, der uns eine bleibende Forschungsgrundlage<br />
in der umfangreichen Quellenedition hinterließ, die österreichische<br />
Ausprägung <strong>des</strong> Staatskirchentums3 und mit ihren Einschränkungen der Freiheiten<br />
der katholischen Kirche zutiefst negativ besetzt, sah Eduard Winter den Josephinismus<br />
als eine Spielart <strong>des</strong> Reformkatholizismus an, der auch im Bereich<br />
1 Zusammenfassend Karl VOCELKA, Glanz und Untergang der Höfischen Welt. Repräsentation,<br />
Reform und Reaktion im Habsburgischen Vielvölkerstaat (Herwig WOLFRAM (Hg.), Österreichische<br />
Geschichte 1699-1815), Wien 2001, S. 353-389; Harm KLUETING (Hg.), Der Josephinismus.<br />
Ausgewählte Quellen zur Geschichte der theresianisch-josephinischen Reformen,<br />
Darmstadt 1995; zum Zusammenhang der Reformen Maria Theresias und Joseph II. Anton<br />
SCHINDLING, Theresianismus, Josephinismus, katholische Aufklärung, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter<br />
(WDGB) Bd. 50, 1988, S. 215-224.<br />
2 VOCELKA, Glanz und Untergang der Höfischen Welt, S. 368-371.<br />
3 Zur Frage <strong>des</strong> Staatskirchentums und der Begrifflichkeit siehe die Rezension zu VOCELKA,<br />
Glanz und Untergang der Höfischen Welt durch KLUETING, in: Wiener Zeitschrift zur Geschichte<br />
der Neuzeit, Bd. 5, 2005, Heft 2, S.145-148, hier S. 147.