Inhaltsverzeichnis/Table des matières - Dr. Dieter Winkler Verlag
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Die Josephinischen Reformen in der Bukowina<br />
MIHAI-ŞTEFAN CEAUŞU<br />
Das oft als „Zeitalter der Aufklärung“ bezeichnete 18. Jahrhundert erlebte in seinem<br />
letzten Viertel einen rücksichtslosen Wettlauf der mitteleuropäischen Mächte<br />
um die politische und kulturelle Vorherrschaft im europäischen Osten. In diesem<br />
Ringen fiel der Habsburgermonarchie der nordwestliche Teil <strong>des</strong> Fürstentums<br />
Moldau zu, der als Bukowina dem habsburgischen Länderkonglomerat eingegliedert<br />
wurde. Das Kriterium <strong>des</strong> politischen Gleichgewichts bestimmte die<br />
Auseinandersetzung der europäischen Mächte; so wurden vor allem Polen und<br />
das im Untergang befindliche Osmanische Reich zu Objekten der territorialen<br />
Begierde. Es wurde nicht mehr nach den Gründen für die Aufteilung gefragt, es<br />
galt, mit den anderen Mächten gleich zu ziehen. Erleichtert wurden die Teilungen<br />
durch die auf Expansion ausgerichtete Politik Josephs II. und durch die Verschlechterung<br />
<strong>des</strong> politischen und rechtlichen Status der rumänischen Fürstentümer<br />
unter osmanischer Oberhoheit, nach der Einführung der phanariotischen<br />
Regierungen im 18. Jahrhundert. 1<br />
Nach der ersten Teilung Polens 1772 und dem im Krieg gegen das Osmanische<br />
Reich 1774 errungenen Sieg fühlten sich Joseph II. und Kanzler Kaunitz<br />
berechtigt, die Annexion der Bukowina zu fordern, auch um damit der Vormachtstellung<br />
Russlands, die das Zarenreich vor allem in den rumänischen Fürstentümern<br />
ausübte, entgegenzutreten. Für Joseph II. stellte die Erwerbung <strong>des</strong> nordwestlichen<br />
Teils <strong>des</strong> Fürstentums Moldau, das an Siebenbürgen, an Marmarosch<br />
und Pokutien grenzte, eine unerlässliche Abrundung <strong>des</strong> habsburgischen Länderkomplexes<br />
dar. Damit sollte die militär-strategische Position gegenüber Russland<br />
und dem Osmanischen Reich 2 verbessert werden, was auch durch die geopolitische<br />
Situation und die verkehrsmäßige Einbindung zum Ausdruck kam: Die Bukowina<br />
mit der Hauptstadt Czernowitz erwies sich als Bindeglied zwischen Siebenbürgen<br />
und dem 1772 eingegliederten polnischen Galizien. Der Erwerb der<br />
Bukowina war eines der primären Ziele im politischen Konzept Josephs II.<br />
1 Aus einer langen Liste von Arbeiten zur Annexion der Bukowina durch Österreich erwähnen<br />
wir bloß einige der neuesten: Harald HEPPNER, Österreich und die Donaufürstentümer 1774–<br />
1812. Ein Beitrag zur habsburgischen Südosteuropapolitik. Graz 1984, 9–15; Veniamin CIOBA-<br />
NU, La graniţa a trei imperii. Iaşi 1985, 11–40; Mihai IACOBESCU, Din istoria Bucovinei. De la<br />
administraţia militară la autonomia provincială 1774–1862, 1. Bucureşti 1993, 49–82; Mihai-<br />
Ştefan CEAUŞU, Bucovina Habsburgică de la anexare la Congresul de la Viena. Iosefinism şi<br />
postiosefinism (1774–1815). Iaşi 1998, 49–62.<br />
2 Mihai-Ştefan CEAUŞU, Instituirea administraţiei habsburgice în Bucovina. In: Suceava. Anuarul<br />
Muzeului Bucovinei, 20 (1993) 126–129.