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DER GASTFREUND / DIE ARGONAUTEN - Badisches Staatstheater ...

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Ich weiß nicht, ob ich Europa jemals<br />

lebend sehen werde. Ich darf mein Versteck<br />

nicht verlassen. Ich uriniere. Auf die<br />

Kakaobohnen. Der Fluchthelfer bringt die<br />

Nachricht. Pelias hat es nicht überlebt. Ich<br />

kann nicht weinen. Ich bin abgestumpft.<br />

Zu viel Tod um mich herum seit ich entführt<br />

wurde. Ich will nur überleben. Wo sind die<br />

Diamanten? Diese verfluchten Diamanten?<br />

Der Fluchthelfer sagt, er habe die restlichen<br />

Diamanten einem anderen Fluchthelfer<br />

gegeben. Der andere Fluchthelfer wirft<br />

mich raus. Bin ich schon in Europa? Die<br />

Menschen hier sind weiß.<br />

Es ist kalt. Ich weiß nicht wohin. Ich habe<br />

kein Geld. Ein Mann kauft für mich etwas zu<br />

Essen und bringt mich zu einem Schiff. Dort<br />

gibt es viele solche Schwarze wie mich.<br />

Es ist ein Flüchtlingscamp auf Wasser.<br />

Dort gibt es weiße Beamte. Sie stellen mir<br />

Fragen. Sie nehmen meine Fingerabdrücke<br />

und durchsuchen meine Hosentaschen.<br />

Ich wohne auf diesem Schiff. Ich teile mein<br />

Zimmer mit vier anderen Schwarzen. Ich<br />

erzähle ihnen nichts von meiner Geschichte.<br />

Ich schäme mich. Ich weiß nicht, ob die<br />

weißen Männer hier Gastfreunde sind. Sie<br />

geben mir zu Essen und saubere Kleidung.<br />

Aber sie lächeln nicht. Werde ich für immer<br />

auf diesem Schiff wohnen dürfen? Dann<br />

bringt mich ein weißer Mann mit dem Zug<br />

in eine andere Stadt. Dort bekomme ich ein<br />

Zimmer in einem Flüchtlingscamp. Auch<br />

hier Gastfreunde, die nicht lächeln. Ich<br />

frage die anderen Schwarzen, wie diese<br />

Stadt heißt. Sie sagen Karlsruhe. Ich finde<br />

Gastfreunde, die mich anlächeln. Sie erklären<br />

mir, dass ich nicht hier bleiben werde.<br />

Beim Abschied geben sie mir Schokolade<br />

mit und wünschen mir alles Gute. Ein weißer<br />

Mann fährt mich mit einem Auto in eine<br />

neue Stadt. Dort gibt es einen weißen Gastfreund.<br />

Er lächelt. Die anderen Flüchtlinge<br />

in diesem Camp nennen ihn Hausmeister.<br />

In diesem Camp gibt es keine Schwarzen.<br />

Alle starren mich an. Das ist mein neues<br />

Zuhause.<br />

NAcH <strong>DER</strong> FlUcHT<br />

Der Hausmeister bringt ein junges Paar<br />

mit. Sie haben ein Baby. Sie sind Gastfreunde.<br />

Sie finden für mich eine Schule.<br />

Ich darf jeden Nachmittag mit ihnen in<br />

ihrem Haus verbringen. Aber abends muss<br />

ich zurück in das Camp. Wir sprechen alle<br />

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