DER GASTFREUND / DIE ARGONAUTEN - Badisches Staatstheater ...
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– gewaltsamen Ursprung der Geschichte.<br />
Aus Phrixos, der im Mythos den goldenen<br />
Widder, auf dem er nach Kolchis geflohen<br />
war, opfert, aus Dankbarkeit dafür, dass<br />
König Aietes ihn aufnimmt und ihm sogar<br />
seine Tochter Chalkiope zur Frau gibt, wird<br />
bei Grillparzer Phryxus, zu dem in einem<br />
Traum der Gott der Kolcher gesprochen<br />
und ihm den Auftrag gegeben hat, das<br />
Vlies aus einem Tempel des Apollo zu<br />
entwenden und nach Kolchis zu bringen.<br />
Doch statt dort freundlich aufgenommen<br />
zu werden, wird Phryxus im ersten Teil der<br />
Trilogie, Der Gastfreund, von Kolcherkönig<br />
Aietes erst misstrauisch beäugt, dann nur<br />
zum Schein gastfreundlich aufgenommen<br />
und schließlich ermordet. Die eruptive Gewalt<br />
steht in Verbindung mit dem wertvollen<br />
Vlies, das Phryxus als Gastgeschenk<br />
Aietes übergeben hat – nun hat Aietes<br />
sich schuldig gemacht, seinen Gastfreund<br />
erschlagen zu haben. Diese Schuld zieht<br />
einen Fluch, der nun auf den Kolchern lastet,<br />
und die weiteren Ereignisse nach sich.<br />
„Das eben ist der Fluch der bösen Tat, daß<br />
sie, fortzeugend, böses muss gebären. Dieser<br />
Satz ist so wichtig als irgend einer in<br />
der Welt.“ So schrieb Grillparzer in seinen<br />
Notizen zur Entstehung des Dramas. „Ein<br />
Unrecht hat ohne Nötigung das andere zur<br />
Folge und das Vlies begleitet sinnbildlich<br />
die Begebenheiten, ohne sie zu bewirken.“<br />
Vor dem Hintergrund des Verbrechens,<br />
das in Der Gastfreund an den Griechen<br />
begangen wurde, erscheint die Ankunft<br />
Jasons und der Argonauten im zweiten Teil<br />
der Trilogie nur folgerichtig – die Griechen<br />
sind wiedergekommen, weil einer der ihren<br />
erschlagen und ein wertvolles Gut geraubt<br />
wurde, das sie nun zurückholen wollen.<br />
Aietes’ Angst und Fremdenhass hat sich<br />
durch die eigene Schuld nur noch verstärkt,<br />
doch sieht er sich außerstande,<br />
die Ankömmlinge militärisch zu besiegen.<br />
Also versucht er, wie auch schon im ersten<br />
Teil, seine Tochter Medea als Waffe einzusetzen.<br />
Sie soll ihm einen Zaubertrank zubereiten,<br />
den er Jason unter dem Vorwand<br />
der Gastfreundschaft anbieten und ihn<br />
damit töten will. Doch Medea und Jason<br />
waren sich zuvor in dem Turm begegnet, in<br />
den Medea sich zurückgezogen hat – und<br />
verlieben sich. Medea verabscheut einerseits<br />
die Gewalt ihres Vaters und fürchtet<br />
andererseits die Liebe zu dem Griechen<br />
Jason. Aus ihrer Zerrissenheit gibt es keinen<br />
Ausweg, dennoch verhindert sie den<br />
geplanten Mord und versucht, die Parteien<br />
zu versöhnen, indem sie ihren Vater bittet,<br />
Jason als Schwiegersohn und Nachfolger<br />
zu akzeptieren. Doch Aietes bleibt stur. Er<br />
kann in Jason nur einen Feind erkennen.<br />
Da hilft Medea Jason, das Vlies aus der<br />
Höhle, in der es liegt, zu rauben und segelt<br />
mit ihm nach Griechenland, verfolgt vom<br />
Fluch ihres Vaters, der ihr ein schreckliches<br />
Schicksal vorhersagt: Jason werde<br />
sie verlassen und sie werde einsam in der<br />
Fremde sterben.<br />
Im dritten Teil der Trilogie, medea – zu<br />
sehen in der Inszenierung von Mareike<br />
Mikat ab Januar 2013 im STUDIO – trifft<br />
die Vorhersage des Aietes ein. Medea<br />
bleibt in Griechenland eine Fremde und<br />
wird dem ehrgeizigen Jason zum Hindernis.<br />
Sie ist nicht integrierbar und steht bald<br />
mit dem Rücken zur Wand. Der Mord an<br />
ihren Kindern erscheint bei Grillparzer als<br />
Konsequenz einer gewaltvollen Geschichte,<br />
in deren Verlauf Medea aus Liebe und<br />
Loyalität zu Jason ihre Heimat, ihre Familie<br />
und ihre Integrität geopfert hat und doch<br />
eine Außenseiterin bleibt. Die Argonautentrilogie<br />
Grillparzers spitzt die im Mythos<br />
angelegten Konflikte zu und macht sie<br />
für eine heutige Bearbeitung relevant.<br />
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