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Polityka i historia - Zbliżenia Interkulturowe

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Jubileusz Güntera Grassa<br />

Dieter Stolz<br />

Günter Grass:<br />

Ein (un-)zeitgemäßes Porträt<br />

Eine jahrzehntealte Geschichte wird immer<br />

wieder neu aufgelegt: das medial inszenierte<br />

Grass-Symptom und kein Ende.<br />

Für die einen ist der unbequeme Querdenker<br />

längst ein rotes Tuch, andere stekken<br />

ihn nach wie vor in die aschgraue<br />

Kutte des sakrosankten Moralpredigers.<br />

Darüber scheint die Tatsache, daß es sich<br />

bei Günter Grass, geboren 1927 in Danzig,<br />

um einen der bedeutendsten deutschsprachigen<br />

Schriftsteller der Nachkriegszeit<br />

handelt, hin und wieder in Vergessenheit<br />

zu geraten. Über mögliche Gründe<br />

für dieses Phänomen läßt sich nicht nur<br />

aus ostwestdeutscher Perspektive trefflich<br />

streiten. Fest steht: Mit dem anhaltend<br />

produktiven Wortkünstler – vom Zeichner,<br />

Graphiker und gelernten Bildhauer<br />

ganz zu schweigen – haben diese bisweilen<br />

groteske Formen annehmenden und<br />

sehr unterschiedlich motivierten Auseinandersetzungen<br />

in der Feuilletonregel bis<br />

heute nur sehr wenig zu tun.<br />

Ein Stein des Anstoßes, Attraktion<br />

und Ärgernis war der Gegengeschichtenerzähler<br />

im Grunde vom Beginn seiner<br />

steilen Karriere an. Für die wahlverwandten<br />

Geister aus dem Kreis der legendären<br />

Gruppe 47 repräsentierte er nach<br />

der weltweit aufsehenerregenden Publikation<br />

seines Debütromans Die Blechtrommel<br />

14<br />

(1959) den enthusiastisch gefeierten, produktive<br />

Unruhe stiftenden Störenfried.<br />

Seine Widersacher stempelten den »heidnischen<br />

Katholiken« (14, 411) demgegenüber<br />

fix zum Nihilisten oder zum Gotteslästerer,<br />

so das von mangelndem<br />

Kunstverstand zeugende Urteil konservativer<br />

West-Kritiker, oder zum kleinbürgerlichen<br />

»Highbrow-Pornographen«, so<br />

Heiner Müller als einer der wenigen Rezensenten<br />

aus der DDR. Der wegweisende<br />

Dramatiker, der zu Lebzeiten selbstkritisch<br />

genug war, um über seine anregenden<br />

Zynismen gewinnend zu lächeln,<br />

beendete seinen Verriß der ersten Grassschen<br />

Gedichtsammlung, Die Vorzüge der<br />

Windhühner (1956), mit den Worten: »Leute<br />

wie Grass haben uns und wir haben<br />

ihnen nichts zu sagen«. Versteinerungstendenzen<br />

über die Grenzen hinweg?<br />

Seitdem sind fast fünf Jahrzehnte vergangen.<br />

Günter Grass hat sich als Schriftsteller<br />

und als politisch engagierter Staatsbürger<br />

etabliert. Doch der mittlerweile<br />

wohl prominenteste deutsche Autor steht<br />

mehr denn je im Kreuzfeuer der Kritik.<br />

Auch im – trotz der Widerrede des vom<br />

Einheitsprozeß enttäuschten Zeitgenossen<br />

– wiedervereinigten »Novemberland«<br />

ist man geteilter Meinung über die provokativ<br />

zugespitzten Kassandrarufe des

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