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Polityka i historia - Zbliżenia Interkulturowe

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Artykuły<br />

44<br />

und Milde, für die Bösen Grimm und<br />

Pein. Wenn er aber das nicht hat, so ist<br />

er gar kein Zar; denn der Zar ist nicht<br />

den guten Werken, sondern den bösen<br />

zu fürchten. Willst du dich aber nicht<br />

fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes;<br />

tust du (aber) Böses, so fürchte dich!<br />

Denn er trägt das Schwert nicht umsonst,<br />

zur Rache den Übeltätern, zum<br />

Lobe den Rechttuenden. 3<br />

Wenn der Zar hier die Bedingungen<br />

effektiver Herrschaft klar beschreibt, ist<br />

er sich ebenso klar des Zusammenhangs<br />

zwischen dem Notwendigen einerseits<br />

und den Forderungen eines christlichen<br />

Lebens bewusst:<br />

Ein anderes ist es, seine Seele zu retten,<br />

ein anderes für viele Seelen und Leiber<br />

Sorge zu tragen; ein anderes ist das Dasein<br />

im Fasten, ein anderes das Zusammenleben<br />

im gemeinsamen Leben, ein<br />

anderes die geistliche Gewalt, ein anderes<br />

die zarische Regierung. 4<br />

Es gibt zwar einen Zusammenhang<br />

zwischen den Forderungen an den Herrscher<br />

und den Forderungen an den<br />

Christenmenschen. Aber diese Polarität<br />

ist nicht aufhebbar, der Gegensatz nicht<br />

überbrückbar. In diesem Zwiespalt sieht<br />

Ivan den tiefsten Grund seiner Krankheiten.<br />

Vielfach beschreibt er sich als Kranken,<br />

dem kein Arzt helfen kann, als<br />

sündhafte(n) und schlechte(n) Knecht Gottes. In<br />

seinem Testament sagt er von sich:<br />

Aber da ich in Dürftigkeit des Verstandes<br />

befangen bin, vermochte ich vom<br />

armseligen Haus meines Geistes keine<br />

3 Der Briefwechsel Iwans des Schrecklichen<br />

mit dem Fürsten Kurbskij (1564-1579). Eingeleitet<br />

und aus dem Altrussischen übertragen unter<br />

Mitwirkung von K.H. Meyer von Karl Stählin,<br />

Leipzig 1921, S.40f.<br />

4 Ebenda, S.48f.<br />

Festtafel zu bieten, voll der Speise engelhafter<br />

Worte, denn der Geist ist von<br />

Wunden bedeckt, der Körper kraftlos,<br />

die Seele krank, die leiblichen und geistlichen<br />

Schwären haben sich vermehrt,<br />

und da es keinen Arzt gibt, der mich<br />

heilt, wartete ich auf einen, der den<br />

Kummer mit mir teilt, aber auch den<br />

gab es nicht, Tröster habe ich nicht gefunden,<br />

man vergalt mir Gutes mit<br />

Bösem und meine Zuneigung mit Hass. 5<br />

Hier lässt Ivan auch den entscheidenden<br />

Grund für sein Kranksein am Zwiespalt<br />

der Macht erkennen: die Einsamkeit<br />

des Herrschers, also des verantwortlichen<br />

Politikers, der niemanden findet, der den<br />

Kummer mit ihm teilt, nicht einmal jemanden,<br />

der ihn tröstet. Wer an der Spitze<br />

regiert, ist immer allein, er nimmt eine<br />

Aufgabe wahr, die ihm persönlich auferlegt<br />

ist, und so werden die notwendige<br />

Härte, die er als Herrscher üben muss,<br />

und die Art und Weise, diese Belastung<br />

abzureagieren, zu seiner ganz persönlichen<br />

Sündenlast. Aus dieser Selbsterkenntnis<br />

beichtet mit biblischen Worten<br />

er in seinem Testament:<br />

Denn alle in Gesetzlosigkeit Sündigen<br />

von Adam bis zum heutigen Tage habe<br />

ich übertroffen, deshalb bin ich allen<br />

verhasst, Kains Morde habe ich überboten,<br />

dem Lamech war ich ähnlich, dem<br />

ersten Mörder, dem Esau bin ich gefolgt<br />

in übler Zügellosigkeit, dem Ruben, der<br />

das väterliche Lager besudelte, tat ich es<br />

nach an Unersättlichkeit, und vielen<br />

anderen an Maßlosigkeit in Wut und<br />

Zorn. 6<br />

5 Günther Stökl: Testament und Siegel Ivans<br />

IV., Opladen 1972 (Abhandlungen der Rheinisch-Westfälischen<br />

Akademie der Wissenschaften.<br />

Band 48), S.71.<br />

6 Ebenda, S.72.

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