Polityka i historia - Zbliżenia Interkulturowe
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Artykuły<br />
Hans Hecker<br />
Das Problem des Großinquisitors<br />
und das Dilemma des Politikers<br />
Es ist schon lange her, da gehörte es zum<br />
Bildungskanon westdeutscher Gymnasien,<br />
die Erzählung „Der Großinquisitor“<br />
von Fjodor Dostojewskij zu lesen.<br />
Damals, in den Fünfziger Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts, ging mir der<br />
Sinn dieses merkwürdigen Stückes Literatur<br />
nur schwer, höchstens zu einem<br />
sehr begrenzten Teil auf. Vielleicht lag das<br />
auch daran, dass bei der Interpretation<br />
ein verbindliches Christentum zu Grunde<br />
gelegt wurde, das aus dem zeitgebundenen<br />
Umgang mit der zurückliegenden<br />
Herrschaft des Nationalsozialismus und<br />
dem Zweiten Weltkrieg resultierte. Inzwischen<br />
haben sich die Zeiten geändert,<br />
und die Schüler von damals haben begonnen,<br />
sich aus dem aktiven Berufsleben zu<br />
verabschieden. Da ist auch für den Historiker,<br />
der seiner Profession mit einiger<br />
Leidenschaft gefolgt ist, die Sicht auf den<br />
Großinquisitor Dostojewskijs eine andere<br />
geworden.<br />
38<br />
Worum geht es? Die Erzählung ist ein<br />
Kapitel aus Dostojewskijs großem Werk<br />
„Die Brüder Karamasow“. Zwei der drei<br />
Karamasow-Brüder unterhalten sich,<br />
und der eine, Iwan, erzählt dem anderen,<br />
Aljoscha, wie er Gott und die Welt sieht,<br />
und er kleidet diesen Bericht in die Form<br />
einer Erzählung. Kurz gesagt, geht es darum,<br />
dass Jesus Christus wieder auf die<br />
Erde kommt und die Verbrennung von<br />
Ketzern miterlebt. Die Menschen erkennen<br />
in ihm, wenn nicht Christus, so zumindest<br />
einen Menschen von herausragender<br />
Bedeutung und Wirkung. Sie umdrängen<br />
ihn und erhoffen von ihm ein<br />
Wort oder eine Tat der Befreiung und die<br />
Lösung ihrer Probleme. Jesus geht darauf<br />
ein, er wirkt Wunder, macht einen Blinden<br />
sehend und ein totes Mädchen lebendig.<br />
Der Großinquisitor, der die Ketzer<br />
zum Flammentod verurteilt hat, erkennt<br />
die Unruhe, vor allem aber den Urheber<br />
dieser Unruhe als Gefahr. Als er