Polityka i historia - Zbliżenia Interkulturowe
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Artykuły<br />
bote verstößt oder verstoßen zu müssen<br />
glaubt. Wenn er, was öfter vorkam, politische<br />
Gegner umbringen, vielleicht auch<br />
noch vorher foltern ließ.<br />
So ließ der polnische König Bolesław<br />
II. Śmiały (der Kühne) im Jahre 1079 den<br />
Krakauer Bischof Stanisław/Stanislaus<br />
von Szczepanów umbringen, auf ziemlich<br />
unangenehme Weise übrigens, er ließ<br />
ihm die Gliedmaßen abhacken, wahrscheinlich<br />
während der Messe. Dass er<br />
selbst das Beil geschwungen habe, ist Legende.<br />
Stanislaus wurde 1253 von Papst<br />
Innozenz III. heilig gesprochen und damit<br />
offiziell einer der heiligen Schutzpatrone<br />
Polens. Daran zeigt sich, dass die<br />
Kirche diesen Mord als Sünde gegen Gott<br />
und als Vergehen gegen Polen als Staat<br />
und Idee betrachtete. Dabei beruht die<br />
Begründung für die Heiligsprechung wieder<br />
um auf einer Legende: man betrachtete<br />
ihn als Märtyrer, d.h. als einen Mann,<br />
der für seinen Glauben gestorben ist.<br />
War er das wirklich? Nach allem, was<br />
wir heute über die Affäre wissen können,<br />
verhielt es sich so, dass er den kleinpolnischen<br />
Adel anführte, der in Opposition<br />
zum König stand. Das hieß: Regionalismus<br />
des Adels gegen Zentralismus<br />
des Königs. Was die Sache besonders<br />
schlimm machte, war, dass der König<br />
selbst dem Stanislaus auf den Krakauer<br />
Bischofsstuhl verholfen hatte, und nun<br />
erleben musste, dass sein Protegé sich gegen<br />
ihn wandte. Wenn wir von einem erkennbaren<br />
Hang zu emotionalen Ausbrüchen<br />
des Königs Bolesław absehen<br />
(derartige Neigungen findet man häufiger<br />
bei Regierenden als man so denkt),<br />
war die Motivation der grausamen Ermordung<br />
politischer Natur. Die Grausamkeit<br />
sollte abschrecken.<br />
42<br />
Ein ähnlicher Fall sei hier erwähnt,<br />
um die Verbreitung solcher Usançen zu<br />
markieren: Rund drei Jahrhunderte später<br />
in Böhmen: 1393 ließ König Wenzel<br />
IV. den hochgelehrten Generalvikar von<br />
Prag Johann von Nepomuk fürchterlich<br />
foltern und anschließend in die Moldau<br />
werfen. Dass der Arme ein bis heute überaus<br />
populärer Heiliger werden sollte mit<br />
Zuständigkeit für alle Ertrinkenden und<br />
Hochwassergeschädigten, resultiert aus<br />
der Pragmatik katholischer Frömmigkeit;<br />
aber das ahnte damals noch niemand.<br />
Aus der Sicht des Königs gehörte<br />
Johann von Nepomuk zur böhmischen<br />
Adelsopposition, und als Wenzel glaubte,<br />
ihn ertappt zu haben, wie er seine innen-<br />
und kirchenpolitischen Pläne<br />
durchkreuzte, statuierte er an ihm ein<br />
Exempel. Alles andere ist Legende, in<br />
Wirklichkeit ging es um die Macht im<br />
Lande.<br />
Die Grausamkeit, möglicherweise<br />
emotional verstärkt, aber politisch motiviert,<br />
finden wir übrigens bei vielen Herrschern,<br />
auch bei solchen, die als Heilige<br />
zur Ehre der Altäre erhoben wurden. Das<br />
gilt gerade auch für Herrscher, die das<br />
Christentum als Staatsreligion annahmen,<br />
und ihre Nachfolger, die es sukzessive<br />
durchsetzten. Die neue monotheistische<br />
Religion wurde meistens recht brutal<br />
durchgesetzt, weil sie ein Herrschaftsinstrument<br />
war. Der eine Gott legitimierte<br />
den einen Herrscher. Wer sich der Taufe<br />
widersetzte, hatte häufig nichts gegen<br />
diesen Gott, sondern er hatte etwas gegen<br />
die neue Herrschaft. Für sie war die Annahme<br />
der Taufe zugleich ein politisches<br />
Treuegelöbnis. Die Verweigerung der Taufe<br />
war demnach Widerstand oder Verrat<br />
und wurde entsprechend bestraft.