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Polityka i historia - Zbliżenia Interkulturowe

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Theo Mechtenberg: Krisensymptome in Polens katholischer Kirche<br />

auch von der III. Republik der Jahre 1989-<br />

2005 abzusetzen, indem diese Phase - wie<br />

es in der Programmerklärung der Koalition<br />

vom 16. Oktober 2006 heißt - als<br />

„Fortsetzung vieler schädlicher Mechanismen<br />

und Verbindungen aus der Zeit<br />

der Volksrepublik“ gedeutet wird. In jenen<br />

Jahren sei der Staat durch „informelle<br />

Seilschaften, zumeist postkommunistischer<br />

Herkunft, aufgebaut“ worden,<br />

und eben diese Fehlentwicklung müsse<br />

nun durch eine „Umgestaltung des Staates“<br />

überwunden werden.<br />

Mit der Etablierung einer „IV. Republik“<br />

steht aber auch Polens Kirche auf<br />

dem Prüfstand. Bei der von der Regierung<br />

betriebenen Abrechnung mit der kommunistischen<br />

Vergangenheit stellt sich<br />

nämlich auch die Frage nach möglichen<br />

Verstrickungen von Priestern, die als Informelle<br />

Mitarbeiter für den Sicherheitsapparat<br />

tätig waren. Es ist daher kein<br />

Zufall, daß im Rahmen der von der Regierung<br />

verstärkt betriebenen Lustration<br />

sich auch Polens Kirche, wie noch zu zeigen<br />

sein wird, genötigt sieht, die dunklen<br />

Seiten ihrer Vergangenheit aufzuarbeiten.<br />

Darüber hinaus ist die Kirche, auch<br />

wenn dies im öffentlichen Bewußtsein<br />

derzeit kaum einen Niederschlag findet,<br />

durch die negative Einschätzung der III.<br />

Republik mit betroffen. Zu ihren Gründern<br />

zählen schließlich so profilierte<br />

Katholiken wie Lech Wałęsa und Tadeusz<br />

Mazowiecki, Polens erster postkommunistischer<br />

Premier. Mehr noch: Bei den<br />

Verhandlungen am Runden Tisch, die<br />

den Weg zu einem demokratischen Polen<br />

frei machten, spielten ranghohe offizielle<br />

Vertreter der Kirche eine herausragende<br />

Rolle. Man kann mit Fug und Recht<br />

sagen, daß 1989 Polens Kirche den Sy-<br />

stemwechsel mit ihrer Autorität legitimiert<br />

hat, der nun von den Protagonisten<br />

einer „IV. Republik“ als nicht radikal genug<br />

kritisiert und für angebliche oder<br />

auch tatsächliche Fehlentwicklung der<br />

Jahre 1989-2005 verantwortlich gemacht<br />

wird. „Haben etwa - so fragt Tomasz<br />

Wołek in der „<strong>Polityka</strong>“ - die Vertreter der<br />

Kirche, angesehene, kluge und erfahrene<br />

Leute, nicht gemerkt, zu welchem schändlichen<br />

Tun sie die Hand reichten? Daß sie,<br />

indem sie den Runden Tisch autorisierten,<br />

de facto dem System im Keim ihren<br />

Segen erteilten? Und sollte die Beteiligung<br />

der Kirche von Verdächtigungen<br />

ablenken?“ 3<br />

Polens Kirche hat allen Grund, die<br />

Gründung der III. Republik gegen die<br />

Angriffe und Mißdeutungen aus dem<br />

Regierungslager zu verteidigen und absolut<br />

keinen Grund, sich den Slogan einer<br />

„IV. Republik“ zu Eigen zu machen. Wer<br />

den damaligen Akteuren der „Solidarność“<br />

mangelnde Radikalität in der<br />

Abrechnung mit dem kommunistischen<br />

System vorwirft, verkennt die damaligen<br />

innen- wie außenpolitischen Rahmenbedingungen<br />

und denkt daher ahistorisch.<br />

Dem Urteil von Tadeusz Mazowiecki ist<br />

vorbehaltlos zuzustimmen: „Ich war und<br />

bin überzeugt, daß sich die Zeit für den<br />

‘Völkerfrühling’ 1989 sehr verzögert hätte,<br />

und dies nicht nur in Polen, hätten wir<br />

nicht so gehandelt, wie wir gehandelt haben<br />

- auch wenn ich nicht meine, daß jede<br />

Entscheidung richtig war.“ 4<br />

3 Tomasz Wołek, Tron ponad ołtarzem<br />

(Thron über dem Altar), Tygodnik Powszechny<br />

v. 10. März 2007.<br />

4 Pomówmy o dylematach (Sprechen wir<br />

über Dilemmata. Interview mit Tadeusz Mazowiecki),<br />

Tygodnik Powszechny v. 22. April 2007.<br />

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