Polityka i historia - Zbliżenia Interkulturowe
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Artykuły<br />
sten die Unterwerfung der russisch-orthodoxen<br />
Kirche unter die Oberhoheit des<br />
Papstes forderten, bevor sie überhaupt<br />
über eine Hilfe gegen die Mongolen nachzudenken<br />
bereit waren. Den Mongolen,<br />
damals noch weithin Anhänger von Naturreligionen,<br />
war die Religion der unterworfenen<br />
Völker hingegen gleichgültig.<br />
Sie schonten die russische orthodoxe Kirche<br />
und verlangten lediglich, dass man<br />
für ihren Herrn, den Khan, betete. Die<br />
Forderung aus dem päpstlichen Avignon<br />
lief auf die religiös-nationale Selbstaufgabe<br />
der Rus hinaus, deren Selbstverständnis<br />
von Beginn an auf der Annahme<br />
des Christentums und damit des<br />
Staats- und Gesellschaftsbildes von Byzanz<br />
her fußte. Davor hat Alexander<br />
Nevskij die Rus und die russische orthodoxe<br />
Kirche bewahrt. Vordergründig<br />
handelte er gegen nationalreligiöse Interessen,<br />
indem er Heiden als Oberherren<br />
der rechtgläubigen Rus zuließ, die im<br />
Laufe der Zeit auch noch den Islam annahmen.<br />
Daher hat die russische orthodoxe<br />
Kirche große Schwierigkeiten mit<br />
der Kanonisierung dieses Fürsten gehabt,<br />
und er wurde erst spät heilig gesprochen<br />
– der einzige Herrscher in der Rus , der<br />
wegen seiner weltlichen Taten ein Heiliger<br />
wurde, im Zweiten Weltkrieg einer der<br />
zentralen Patrone des sowjetrussischen<br />
Patriotismus. Alexander Nevskij ließ zu<br />
seiner Politik keine Alternative zu, aber<br />
es gab eine. Ich brauche sie wohl nicht<br />
weiter zu beschreiben. Dem beschriebenen<br />
Dilemma des Politikers entging auch<br />
er nicht.<br />
Es gibt noch ein weiteres Dilemma, in<br />
das ein Politiker sehr leicht geraten kann,<br />
und es ist wohl das größte und gefährlichste.<br />
Will jemand in der Politik erfolgreich<br />
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sein, d.h. will er eine einflussreiche, eine<br />
Machtposition gewinnen, von der aus er<br />
Entscheidungen treffen und wirksam<br />
umsetzen kann, muss er den unbedingten<br />
Willen dazu haben. Ein Politiker<br />
ohne diesen Machtwillen scheitert; dafür<br />
gibt es viele Beispiele. Dieser persönliche<br />
Machtwille definiert sich jedoch so gut<br />
wie niemals aus sich selbst heraus. Ein<br />
Politiker wird niemals erklären, er wolle<br />
aus purem Ehrgeiz an die Macht. Er stellt<br />
sein Machtstreben oder auch seine Machtgier<br />
stets unter eine Idee, unter ein großes,<br />
allgemeines Ziel, er behauptet, einer höheren<br />
Macht oder dem Willen des Volkes<br />
zu dienen. Zunächst einmal können<br />
wir diese Behauptung als subjektiv wahr<br />
akzeptieren. Aber auch der größte und<br />
stärkste Mensch ist eben nur ein Mensch,<br />
mit Fehlern, Schwächen und der Fähigkeit,<br />
gegenüber dem eigenen hohen Anspruch<br />
zu versagen.<br />
Für Politiker heißt das, sie können an<br />
den Punkt gelangen, an dem sie zwischen<br />
der ihnen übertragenen Aufgabe und ihrem<br />
Ehrgeiz, ihrem Hochmut, dem Gefühl,<br />
unersetzbar zu sein, nicht mehr<br />
unterscheiden. So wandeln Politiker auf<br />
einem ganz schmalen Grat, und ihr Absturz<br />
in die Suggestion der Macht, in das<br />
falsche Bewusstsein, uneingeschränkter<br />
Eigentümer der Macht zu sein, liegt nahe.<br />
Wenn sie vergessen, dass ihnen diese<br />
Macht nur verliehen wurde mit einem<br />
ganz bestimmten Auftrag, muss es nicht<br />
böse Absicht sein. Vielmehr erliegen sie<br />
dem Angebot des großen Versuchers,<br />
dem Jesus, wie der Großinquisitor ihm<br />
vorhält, widerstanden hatte.<br />
Der russische Schriftsteller Wladimir<br />
Maximow hat dieses Dilemma auf erschütternde<br />
Weise beschrieben, und zwar