Polityka i historia - Zbliżenia Interkulturowe
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Artykuły<br />
Theo Mechtenberg<br />
Krisensymptome<br />
in Polens katholischer Kirche<br />
Von Fürstbischof Adam Sapieha (1867-<br />
1951), dem Krakauer Metropoliten in den<br />
Jahren nationalsozialistischer und stalinistischer<br />
Kirchenverfolgung, wird berichtet,<br />
er sei als junger Priester während<br />
eines Aufenthaltes im weitgehend laisierten<br />
Frankreich gefragt worden, wie man<br />
es in Polen schaffe, Sonntag für Sonntag<br />
die Kirchen zu füllen. Darauf habe er lakonisch<br />
geantwortet: Wir lassen die Glokken<br />
läuten.<br />
Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts<br />
erscheint Polens Kirche kraftvoll und<br />
stark, zumal im Vergleich zu anderen traditionell<br />
katholischen Ländern Europas.<br />
Doch das Bild der Polonia semper fidelis zeigt<br />
Risse. Viele Polen folgen nicht mehr wie<br />
selbstverständlich dem Ruf der Kirchenglocken.<br />
Vor allem in den größeren Städten<br />
zeigen sich Auswirkungen einer mit<br />
der gesellschaftlichen Modernisierung<br />
verbundenen Säkularisierung. So legte<br />
unlängst das kirchensoziologische Institut<br />
der Pallotiner eine Untersuchung von<br />
zwölf Diözesen vor. In diesem „Ranking<br />
der Religiosität“ nimmt Polens Hauptstadt<br />
den letzten Platz ein. Nur jeder vierte<br />
Warschauer Katholik nimmt mit einer<br />
gewissen Regelmäßigkeit an der sonntäglichen<br />
Eucharistiefeier teil. Ähnlich wie<br />
der sprichwörtliche fromme bretonische<br />
Bauer mit der Ankunft auf dem Pariser<br />
50<br />
Bahnhof Gare du Nord seine bisherige religiöse<br />
Praxis aufgibt, so ergeht es auch<br />
zahllosen polnischen Dörflern, die auf<br />
der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt<br />
strömen. Der sozialen Kontrolle entronnen,<br />
fühlen sie sich bald als „Städter“ und<br />
sehen nun im Verzicht auf Religion ein<br />
besonderes Zeichen der Anpassung an<br />
Modernität und Weltläufigkeit. 1<br />
Auch wenn die kirchliche Situation in<br />
Warschau nicht für das gesamte Land typisch<br />
ist, so wird an ihr doch deutlich, daß<br />
der innere Zusammenhang zwischen Modernisierung<br />
und Säkularisierung auch<br />
für Polen gilt. Ihn ernst zu nehmen, bedeutet,<br />
das bisherige kirchliche Selbstverständnis<br />
zu überprüfen und daraus die<br />
entsprechenden Folgerungen zu ziehen.<br />
Mit welchen Krisensymptomen es Polens<br />
Kirche dabei zu tun hat, soll im Folgenden<br />
dargelegt werden.<br />
Polens Kirche und die gegenwärtige<br />
politische Machtkonstellation<br />
Zwei nahe beieinander liegende Ereignisse<br />
markieren den Ausgangspunkt für eine<br />
Analyse der aktuellen Situation der katholischen<br />
Kirche Polens: Der Tod Johannes<br />
1 Grzegorz Pac, Wiara na Dworcu Centralnym<br />
(Glaube am Zentralbahnhof), Tygodnik<br />
Powszechny v. 15. April 2007.