Polityka i historia - Zbliżenia Interkulturowe
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Jubileusz Güntera Grassa<br />
bung und Kommerz, also einem zentralen<br />
Punkt von Brandts Politik: „Immer<br />
wieder hat Willy Brandt davor gewarnt,<br />
unsere wirtschaftliche Stärke mit außenpolitischer<br />
Macht gleichzusetzen. Seine<br />
jahrzehntelangen Erfahrungen ließen<br />
ihn erkennen, daß uns jegliche Kraftmeierei<br />
– auch wirtschaftspolitische mit<br />
nationalistischen Nebengeräuschen – in<br />
die Isolation führen wird. Wir sind auf<br />
wachsendes Vertrauen und schwindendes<br />
Mißtrauen in West und Ost angewiesen.<br />
Deshalb hat Willy Brandt rechtzeitig und<br />
immer wieder gesagt, daß wir die Aussöhnung<br />
besonders mit Polen suchen müssen,<br />
wenn wir in unserer eigenen Sache,<br />
in der Deutschlandpolitik, weiterkommen<br />
wollen. Die nüchterne und realistische<br />
Formel der SPD von der Anerkennung<br />
beziehungsweise Respektierung der<br />
Oder-Neiße-Grenze hat nun auch in der<br />
Volksrepublik Polen ein Echo gefunden:<br />
Vierundzwanzig Jahre nach Kriegsende<br />
könnte sich endlich die Möglichkeit des<br />
Ausgleiches zwischen dem deutschen<br />
und dem polnischen Volk bieten. Hierzu<br />
meine persönliche Meinung. Ich bin<br />
in Danzig geboren und aufgewachsen,<br />
weiß also, wovon ich spreche. Es ist uns<br />
Deutschen nie besonders schwer gefallen,<br />
getragen von Begeisterung und dem<br />
Wunsch, mit Hilfe deutscher Waffen die<br />
Welt zu erlösen, einen Krieg zu beginnen.<br />
Doch schier unmöglich scheint es uns zu<br />
sein, eine Niederlage einzugestehen, die<br />
Konsequenzen eines begonnenen und<br />
verlorenen Krieges zu begreifen und Frieden<br />
mit unseren Nachbarn, den Gegnern<br />
von gestern, zu schließen“ (EuR I 510f.).<br />
Ein weites Feld ist die Bearbeitung von<br />
dem von Willy Brandt „auf Marktplätzen<br />
zwischen bedeutungsvollen Pausen“ ge-<br />
24<br />
sprochenen und „oft zitierten Satz, daß<br />
nun zusammenwachse, was zusammengehöre“<br />
(EuR III 283): „Als die Mauer fiel<br />
und uns Deutschen die Möglichkeit der<br />
Einigung geschenkt wurde, mag er mit<br />
dem Satz ‚Jetzt wächst zusammen, was<br />
zusammengehört’ die Bestätigung seiner<br />
Politik gewünscht haben. Doch es wuchert<br />
nur und wächst nicht zusammen.<br />
Abermals gespalten sind sich die Deutschen<br />
fremd. Haß kommt auf“ (EuR III<br />
363). Dies setzt Grass in eine historische<br />
Perspektive, die wieder in einer Rede und<br />
wieder in Zusammenhang mit dem Wirken<br />
von Brandt früh ankündigt ist: „Wer<br />
Erfurt 1970, die Begegnung zwischen dem<br />
Sozialdemokraten Willy Brandt und dem<br />
Kommunisten Willi Stoph, voll begreifen<br />
will, der wird Erfurt 1891, also das<br />
Erfurter Programm und dessen Auswirkungen,<br />
zur Kenntnis nehmen müssen.<br />
Geschichtliche Ereignisse sind nicht isoliert<br />
zu verstehen. Die Spaltung der deutschen<br />
Arbeiterbewegung und die Spaltung<br />
der deutschen Nation sind Wirklichkeiten<br />
von heute, deren Ursachen allzu<br />
lange verdrängt worden sind“ (EuR II:<br />
19).<br />
Sogar in Im Krebsgang könnte man<br />
noch Rezeptionsspuren erkennen, gemahnt<br />
doch das Konstruktionsprinzip<br />
der Novelle an ein von Grass an Brandt<br />
gerühmtes Vorgehen: „Von Kapitel zu<br />
Kapitel mißt Brandt das knapp bemessene<br />
Terrain aus, wobei er, nach rückwärts<br />
gewendet, den immer noch stimmkräftigen<br />
Chor aus Zeiten des Kalten Krieges<br />
beschwichtigen und gleichzeitig bemüht<br />
sein muß, über den Alltag hinaus die Probleme<br />
der siebziger Jahre jetzt schon ins<br />
politische Kalkül einzubeziehen. Diese<br />
nach vorn wie rückwärts gewendete Ge-