Britta Utz Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen: Eine ...
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1999: 2f, Dörrenbächer/Plehwe 2000: 7ff, Junne 1989). <strong>Die</strong> seinerzeit zunehmenden<br />
grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten von Wirtschaftsunternehmen wurden von einem<br />
Klima des Misstrauens und einem offenkundigen „Unbehagen an den Multis“ (Jonas/Tietzel<br />
1976: 166) begleitet. Eingebettet in den damaligen Nord-Süd-Konflikt zwischen den Industrie-<br />
und Entwicklungsländern beruhte der Vorwurf des Machtmissbrauchs an den Wirtschaftssektor<br />
vor allem auf den auftretenden Konflikten zwischen den kapitalimportierenden<br />
Entwicklungsländern und den dort investierenden <strong>multinationale</strong>n <strong>Unternehmen</strong> (vgl. Kasch et<br />
al. 1985: 41f, Matthies 1980, Tolentino 1999: 172, Kline 1985: 14f, Lansing/Rosaria 1991: 36,<br />
Sauvant/Lanier 1980: 349f). 21 Das zunehmende Auslandsengagement des Wirtschaftssektors<br />
führte aber auch in den Industrieländern als Heimatstaaten <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong> zum<br />
Erwachen eines kritischen Bewusstseins über die Kehrseiten dieser Investitionen <strong>für</strong> die<br />
nationalen Ökonomien (vgl. Kline 1985: 22ff). Insbesondere die beschäftigungspolitischen<br />
Auswirkungen der unternehmerischen Produktionsverlagerungen in Niedriglohnländer führte zu<br />
Spannungen und mitunter zu einer Sichtweise <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong> als „Krisenmacher“<br />
(Barnet/Müller 1975, vgl. Fröbel/Heinrichs/Kreye 1977, Junne 1989: 402f, Bayer 1975: 21ff,<br />
Großfeld 1995: 7, Cohn 2003: 342ff). 22 Im Gegensatz zum kritischen Diskurs in den 1970er<br />
Jahren, dem rückblickend zum Teil „laute Thesen, eingeschränkte Wahrnehmung und<br />
Übertreibungen“ (Dörrenbächer/Plehwe 2000: 7) unterstellt werden kann, steht heute das<br />
positive Potenzial <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong>, durch ihre Aktivitäten die ökonomische und<br />
soziale Entwicklung eines Landes anzukurbeln, im Mittelpunkt (vgl. Scherer 2003: 101f, Koenig-<br />
Archibugi 2005: 117). Trotz aller wohlwollenden Einschätzungen ist jedoch die Kritik an<br />
umstrittenen Handlungsweisen und Folgewirkungen unternehmerischer Tätigkeiten vor allem in<br />
den Entwicklungsländern geblieben.<br />
21 <strong>Die</strong> mit <strong>multinationale</strong>n <strong>Unternehmen</strong> in Verbindung gebrachten Konfliktfelder in den Gastländern bezogen sich<br />
auf die Bereiche Technologie, Beschäftigung, Wettbewerb und Handel sowie Fiskalpolitik (vgl. Hedley 1999: 219).<br />
Multinationalen <strong>Unternehmen</strong> wurde beispielsweise vorgeworfen, veraltete Technologien zu überhöhten Preisen zu<br />
verkaufen, die nationale Gesetzgebung und Besteuerung gezielt zu umgehen, einheimische <strong>Unternehmen</strong> vom Markt<br />
zu verdrängen, oder die Devisenlage der Gastländer durch hohe Gewinntransfers zu verschlechtern. Hinzu kamen<br />
umstrittene gesellschaftliche und soziale Auswirkungen, wie beispielsweise die Einführung von fremden kulturellen<br />
Werten und Lebensstilen oder die Ausbeutung der lokalen Arbeitskräfte (vgl. Koopmann 1978: 120f, Großfeld 1995:<br />
6f, Heiniger 1986: 353).<br />
22 Für negative Schlagzeilen sorgten in dieser Zeit auch spezifische bekannt gewordene Geschäftspraktiken<br />
bestimmter <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong>. Anzuführen ist hierbei vor allem der politischen Skandal, in den die<br />
amerikanische Firma International Telephone and Telegraph Company (ITT) verwickelt war. <strong>Die</strong>ses <strong>Unternehmen</strong><br />
spielte in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Geheimdienst eine tragende Rolle in den Vorbereitungen zum<br />
Sturz der chilenischen Regierung Allende 1973 (vgl. Gaber/Heinrich 1972, United States Senate 1979). Als andere<br />
Beispiele unternehmerischen Fehlverhaltens wurden Korruptionsfälle oder die Zusammenarbeit von Firmen mit<br />
dem Apartheidsstaat Südafrika angeprangert (vgl. Hummel 2004: 26, Kline 1985: 24).<br />
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