Britta Utz Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen: Eine ...
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Neben den genannten zwei Beispielen einer indirekten Komplizenschaft von <strong>Unternehmen</strong> bei<br />
staatlichen Menschenrechtsverletzungen kritisieren zivilgesellschaftliche Gruppen auch eine<br />
ganze Reihe problematischer Praktiken, die mit der Tätigkeit <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong> direkt<br />
in Verbindung gebracht werden. Insbesondere die Aktivitäten <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong> in<br />
Entwicklungs- und Schwellenländern durch das ’Global Sourcing’ geben dabei Anlass zu Kritik in<br />
der Öffentlichkeit (vgl. Frey 1997: 157).<br />
<strong>Die</strong> in Zusammenhang mit <strong>multinationale</strong>n <strong>Unternehmen</strong> thematisierten Problemtatbestände<br />
umfassen ein breites Spektrum, beispielsweise mangelhafte und gesundheitsschädliche<br />
Arbeitsbedingungen; Unterschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlöhne bzw.<br />
Zahlung von Gehältern unterhalb des Existenzminimums; Überschreitung der gesetzlichen<br />
täglichen Arbeitszeit bzw. überlange Arbeitstage; Erzwingung und mangelnde Entlohnung von<br />
Überstunden; Unterbindung der gewerkschaftlichen Koalitionsfreiheit und kollektiver<br />
Gewerkschaftsrechte; Nutzung von Kinder-, Zwangs- und moderner Sklavenarbeit;<br />
Diskriminierung im Bereich der Beschäftigung, sexuelle Belästigung der Angestellten sowie<br />
physische Missbräuche oder systematische Willkürhandlungen (vgl. Connor 2002, Wick 1998,<br />
Kearney 1999: 205ff, Pearson/Seyfang 2002: 45ff, John 1998: 116, Frynas 2003b: 167ff).<br />
Überdies wird zahlreichen <strong>multinationale</strong>n <strong>Unternehmen</strong> Korruption und Intransparenz,<br />
Umweltverschmutzung, Ausbeutung und Raubbau von Ressourcen sowie die Zerstörung der<br />
Biodiversität vorgeworfen (vgl. Greenpeace 2002, Rublack 1993: 100ff, Kapur 1990,<br />
Cusimano/Hensman/Rodrigues 2000: 273ff, Kolk/Tulder/Welters 1999: 146). 26<br />
Kritiker rückten beispielsweise <strong>multinationale</strong> Firmen aus der Sportartikelbranche wie Nike,<br />
Reebok oder Adidas in Zusammenhang mit den oben aufgezählten Praktiken häufig in den<br />
Mittelpunkt ihrer Kampagnen (vgl. Scherer 2003: 3f, Spar/La Mure 2003: 89ff, Werner/Weiss<br />
2003: 342f). Als Beispiel <strong>für</strong> eine aus der unternehmerischen Geschäftstätigkeit stammenden<br />
Umweltverschmutzung kann wiederum die Firma Shell in Nigeria stellvertretend <strong>für</strong> viele<br />
<strong>Unternehmen</strong> in dieser Branche herangezogen werden, da die Ölförderung im Nigerdelta zu<br />
Einsatz von Zwangsarbeit <strong>für</strong> Infrastrukturprojekte zugunsten der Pipeline. Dem <strong>Unternehmen</strong> wurde vorgeworfen,<br />
sich aktiv an Zwangsarbeitsaktivitäten beteiligt, und/oder diese wissentlich geduldet zu haben. Zudem wurde die<br />
finanzielle und materielle Unterstützung der militärischen Sicherheitskräfte durch das <strong>Unternehmen</strong> angeprangert, da<br />
die lokalen Streitkräfte <strong>für</strong> zahlreiche Fälle von Folter, Vergewaltigungen, Gefangennahmen und Exekutionen<br />
verantwortlich gemacht wurden (vgl. Collingsworth 2004: 288ff, Spar/La Mure 2003: 86ff, Anderes 2000: 29ff).<br />
26 Es ist unumstritten, dass die hier aufgezählten Praktiken grundsätzlich menschenrechtswidrig sind (vgl. Scherer et<br />
al. 2002: 12). Zur Interpretation von Sozial-, Umwelt- und Arbeitsstandards als Menschenrechte, und zum Verhältnis<br />
dieser Standards zu den das internationale Menschenrechtsregime konstituierenden Elementen, wie beispielsweise<br />
den beiden internationalen Menschenrechtspakten sowie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vgl. Ayoub<br />
1999: 413f, Braun 2001, Windfuhr 1999: 11ff, Amnesty International 1998: 131ff. Speziell zum Verständnis von<br />
Arbeitsstandards als Menschenrechten vgl. Valticos 1998. Zur Gefährdung von Menschenrechten durch Korruption<br />
vgl. Hamm 2001b: 62f. Zum Zusammenhang von Umweltverschmutzung und der Ausbeutung von Ressourcen und<br />
einer Reihe von Menschenrechten vgl. Anderes 2000: 74ff, Joseph 1999: 173, International Council on Human<br />
Rights Policy 2002: 41f.<br />
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