Britta Utz Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen: Eine ...
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Betrachtet man den Inhalt der <strong>Leitsätze</strong>, so lässt sich gegenüber der ursprünglichen Version<br />
feststellen, dass der Regulierungsgegenstand nach der Überprüfung 2000 nicht mehr<br />
schwerpunktmäßig das Verhältnis zwischen <strong>multinationale</strong>n <strong>Unternehmen</strong> und Gaststaaten<br />
umfasst. Vielmehr thematisieren die <strong>Leitsätze</strong> in ihrer neuen Form das Verhältnis der<br />
<strong>Unternehmen</strong> zu ihren Arbeitnehmern, Geschäftspartnern, Lieferanten, Zulieferern, Kunden,<br />
Verbrauchern und der Umwelt (vgl. Murray 2001: 265f, Tully 2001: 396f). Mit dieser<br />
Schwerpunktverschiebung, Murray spricht von einem „significant shift in the subject matter of<br />
regulation when the original Guidelines are compared to those created in 2000“ (Murray 2001:<br />
256), wird dem neuen vorherrschenden <strong>Unternehmen</strong>stypus Rechnung getragen, welcher seit<br />
dem Prozess der Globalisierung, wie in Kapitel 2 bereits erwähnt, <strong>für</strong> viele Branchen der<br />
internationalen Weltwirtschaft inzwischen prägend ist. <strong>Eine</strong> weitere Neuerung in den <strong>Leitsätze</strong>n<br />
stellt die Einbeziehung von Konzepten der Selbstregulierung des Privatsektors, beispielsweise<br />
durch die Bezüge zu Managementsystemen im Umwelt- oder Korruptionskapitel, dar. Aufgrund<br />
der Übernahme privatwirtschaftlicher Selbstregulierungssysteme, die häufig im Wechselspiel<br />
zwischen <strong>Unternehmen</strong> und Zivilgesellschaft entstanden waren, bezeichnet man die <strong>Leitsätze</strong><br />
auch als „Mischform aus zwischenstaatlichen Regeln und unternehmensbasierten Ansätzen“<br />
(GTZ 2004: 4).<br />
Unter allen im Jahre 2000 vorgenommenen Änderungen kommt der Integration aller<br />
Kernarbeitsnormen in das Kapitel zu Beschäftigung und Beziehungen zwischen den<br />
Sozialpartnern eine besondere Bedeutung zu (vgl. Blanpain/Colucci 2004: 20). Waren in der<br />
ursprünglichen Version der <strong>Leitsätze</strong> bereits Garantien zur Vereinigungsfreiheit und<br />
Kollektivverhandlungen verankert, so kamen mit den Vorschriften zur Abschaffung der Kinder-<br />
und Zwangsarbeit und dem Diskriminierungsverbot Normen hinzu, die den Ende der 1990er<br />
Jahre entstandenen internationalen Konsens über die soziale Dimension der Globalisierung<br />
widerspiegelten (vgl. Wilkie 2004: 294, Klinkenberg 2002: 428). 54 Durch die Übernahme der<br />
Standards hinsichtlich <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong> als Regelungsadressaten - komplementär zur<br />
im Rahmen der ILO etablierten Pflicht der Staaten - wird ihr allgemeingültiger Inhalt erneut<br />
54 Der Prozess, der auf internationaler Ebene zu diesem Konsens führte, begann 1995 auf dem Weltsozialgipfel in<br />
Kopenhagen, auf welchem die internationale Gemeinschaft einen „Mindestsozialsockel“ (Hansenne 1998: 3),<br />
bestehend aus einer Gruppe von vier grundlegenden Arbeitnehmernormen, definierte und ein dazugehöriges<br />
Aktionsprogramm zur Umsetzung verabschiedete. <strong>Die</strong> Verbindlichkeit dieser Arbeitsnormen wurde 1998 durch die<br />
Verabschiedung der ILO-Erklärung über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit bestärkt (vgl. Tapiola 2000: 11ff,<br />
Weltkommission <strong>für</strong> die soziale Dimension der Globalisierung 2004: 100ff). In dieser Erklärung verpflichteten sich<br />
die Mitgliedsstaaten der ILO, alleine aufgrund der Mitgliedschaft in der Organisation, die Kernarbeitsnormen<br />
einzuhalten, zu fördern, und zu verwirklichen. <strong>Die</strong>s gilt laut der Erklärung unabhängig davon, ob die relevanten<br />
Übereinkommen zu den Inhalten der Kernarbeitsnormen von den betreffenden Staaten ratifiziert wurden oder nicht<br />
(vgl. ILO 1998, Senghaas-Knobloch 1999: 38f, Maupain 2000: 388).<br />
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