Britta Utz Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen: Eine ...
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<strong>Die</strong> Nationalen Kontaktstellen befanden entweder direkt über das aufgetretene Problem oder<br />
leiteten die Anfragen an CIME zur Klärung weiter (’request for clarification’). Dem Ausschuss<br />
kam im letzteren Fall die Rolle zu, die Bedeutung und den Umfang der <strong>Leitsätze</strong> auszulegen,<br />
ohne dabei direkt über das betreffende beklagte Geschäftsverhalten zu urteilen (vgl. Lévy 1984:<br />
54, Vogelaar 1980: 139, Blanpain 1980: 148). 44<br />
3.3 Erfahrungen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens 1976 bis 1999<br />
Analysiert man kurz die im Rahmen der <strong>Leitsätze</strong> im Laufe der Jahre eingebrachten konkreten<br />
Beschwerdefälle gegen <strong>Unternehmen</strong>, so lassen sich <strong>für</strong> den betrachteten Zeitraum rückblickend<br />
drei Phasen der Nutzung unterscheiden (vgl. TUAC et al. 2004: 7f).<br />
Von der Verabschiedung des Instruments bis in die Mitte der 1980er Jahre spricht man von einer<br />
aktiven Phase, da Gewerkschaften und Regierungen in dieser Zeit 29 Fälle unternehmerischen<br />
Fehlverhaltens zur Diskussion in das Vermittlungsverfahren einbrachten, und diese aus Sicht der<br />
Gewerkschaften in vielen Fällen einer tragbaren Lösung zugeführt werden konnten.<br />
Mitte der 1980er Jahre nahm die Nutzung der <strong>Leitsätze</strong> durch das Einbringen von Streitfällen<br />
stark ab, da die Gewerkschaften als wichtigster Beschwerdeführer den Ergebnissen eines<br />
Klärungsantrags im Rahmen der <strong>Leitsätze</strong> zunehmend skeptisch gegenüberstanden. 45 <strong>Die</strong>s<br />
spiegelte sich in einer durch nur sechs Beschwerden charakterisierten Ruhephase der <strong>Leitsätze</strong><br />
wider, welche bis Ende der 1990er Jahre dauerte.<br />
Ab 1998 Jahr spricht man schließlich von der Einleitung eines Prozesses der Wiederbelebung der<br />
<strong>Leitsätze</strong>, was sich zwar nicht an der weiterhin stagnierenden Anzahl der behandelten Fälle<br />
festmachen ließ, sondern vielmehr in Zusammenhang mit dem von der <strong>OECD</strong> vorangetriebenen<br />
multilateralen Investitionsabkommen (MAI) stand (vgl. Huner 2000, Beer 2000).<br />
44 In die Entscheidungsfindung des CIME wurden die Verbände BIAC und TUAC beratend eingebunden, auch die<br />
beklagten <strong>Unternehmen</strong> konnten sich vor diesem Gremium zu relevanten Fragen äußern. Aufgrund dieses Umstands<br />
sahen einige Autoren das seinerzeitige Klärungsverfahren fast auf gleicher Höhe mit einer gerichtlichen<br />
Untersuchung: „In particular, the provision that individual enterprises will be given the opportunity to express their<br />
views either orally or in writing on issues concerning the Guidelines involving their interests leads in fact to a quasijudicial<br />
investigation of concrete cases rather than to a discussion of abstract issues by the Committee, be it that the<br />
Committee is not an independent body and its clarifications are not public pronouncements in the real sense”<br />
(Dijk/Vey Mestdagh 1984: 774f).<br />
45 Gewerkschaftsvertreter sprachen seinerzeit von den <strong>Leitsätze</strong>n insgesamt enttäuscht als einen Papiertiger und als<br />
Feigenblatt: „[…] The Guidelines must be effectively implemented. If they are not, it will just lead to cynicism. That<br />
has been the situation for the last ten years [1990-2000] - ‘voluntary’ has come to mean ’optional’, there have been<br />
‘Kafkaesque’ clarifications from the <strong>OECD</strong> CIME, and so many National Contact Points have been non-existent”<br />
(Evans 2000, eigene Ergänzung).<br />
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