Britta Utz Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen: Eine ...
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Somit ist bezüglich der Rechenschaftspflicht <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong> festzuhalten, dass ihre<br />
Aktivitäten durch nationale Bestimmungen reguliert und sie <strong>für</strong> ihre Handlungsweisen<br />
grundsätzlich durch die Nationalstaaten im Rahmen staatlicher Institutionen, wie beispielsweise<br />
der Gerichte, zur Verantwortung gezogen werden (vgl. Koenig-Archibugi 2005: 113f, Tolentino<br />
1999: 171, Stephens 2002: 58). 28<br />
Zu diesem grundsätzlichen Befund ist nun anzumerken, dass die Globalisierung das Verhältnis<br />
zwischen Staat und Wirtschaftssektor insofern nachhaltig veränderte, als dass im Hinblick auf die<br />
gegenwärtige Rechenschaftspflichtigkeit <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong> von einer Lücke, einer<br />
sogenannten „Accountability Gap“ (Keohane 2002: 12) gesprochen werden kann (vgl. Koenig-<br />
Archibugi 2005: 114ff, Stephens 2002: 56ff). Es existiert eine „gap between the economic reality<br />
and the legal tools available to hold corporations accountable for their actions“ (Stephens 2002:<br />
54), da <strong>multinationale</strong> <strong>Unternehmen</strong> durch ihre grenzüberschreitende Flexibilität die Möglichkeit<br />
besitzen, nationale Gesetzgebungen zu umgehen, und in diesem Zusammenhang beispielsweise<br />
Länder mit niedrigeren Umwelt-, Sozial- und Arbeitsstandards als ökonomisch ertragreichste<br />
Produktionsorte zu wählen (vgl. Hedley 1999: 217, Scherer 2003: 104, Tolentino 1999: 171f).<br />
Durch das transnationale Handeln nach ökonomischen Maximen sowie durch die potenzielle<br />
unternehmerische „Regulierungs-Arbitrage“ (Scherer 2003: 114) können sich <strong>multinationale</strong><br />
<strong>Unternehmen</strong> somit der Kontrolle der Nationalstaaten entziehen. Der weltweiten<br />
Geschäftstätigkeit <strong>multinationale</strong>r <strong>Unternehmen</strong> steht eine territorial begrenzte Reichweite an<br />
staatlichen Regelungen gegenüber, wobei diese Inkongruenz den <strong>multinationale</strong>n <strong>Unternehmen</strong><br />
im Vergleich zu den Regierungen der Nationalstaaten eine höhere Handlungsmacht zukommen<br />
lässt (vgl. Scherer 2003: 142ff; Kutschker/Schmid 2004: 173, Dörrenbächer/Plehwe 2000: 9). Für<br />
die Rechenschaftspflichtigkeit der Wirtschaftsakteure heißt dies wiederum, dass die<br />
unternehmerische Verhaltenssteuerung durch Staaten zunehmend erschwert wird: „Globalization<br />
means that it is more difficult for national governments to hold corporations accountable than in<br />
the past” (Keohane 2002: 21). Oder: „Put simply, the MNE is global and the nation-state local“<br />
(Kobrin 2001: 190). <strong>Die</strong> Tendenz der erschwerten generellen <strong>Unternehmen</strong>skontrolle seitens der<br />
Nationalstaaten wird überdies durch mehrere Entwicklungen verstärkt. Erstens ist hier der<br />
weltweite Wettbewerb verschiedener Staaten um Investitionen zu nennen, welcher mitunter dazu<br />
führen kann, dass es im Rahmen der Anwerbung neuer Investitionen zu einer gegenseitigen<br />
Unterbietung von Sozialstandards kommen kann (vgl. Frynas 2003b: 179, Engström 2002: 5f). 29<br />
28 Zum allgemeinen Begriff der Rechenschaftspflicht: „At its simplest, accountability refers to a process by which<br />
individuals or organisations are answerable for their actions and the consequences that follow from them”<br />
(Kovach/Neligan/Burall 2003: 3).<br />
29 „International mobile capital is a scarced good, and governments have incentives to engage in competition for<br />
investment by lowering taxation and social and environmental standards or by refraining from enforcing standards<br />
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