Herausforderungen und Chancen in der Aus - Caritas ...
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Denn bevor die Halsschlaga<strong>der</strong> geöffnet wird,<br />
muss sie an beiden Enden abgeklemmt werden.<br />
Bei <strong>der</strong> Kontrolle hilft die kle<strong>in</strong>e Gummi-Ente.<br />
Die muss Becker nach Auffor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ärzte<br />
immer mal wie<strong>der</strong> fest drücken. „Ist die Blutzufuhr<br />
gestört, ist <strong>der</strong> Patient nicht mehr ansprechbar“,<br />
Dr. Ossig während <strong>der</strong> Operation<br />
sagt Ossig. Wenn er se<strong>in</strong>e Ente also nicht mehr<br />
quietschen lässt, muss schnell gehandelt werden,<br />
e<strong>in</strong> Röhrchen wird als Überbrückungshilfe <strong>in</strong> die<br />
Arterie geschoben. Das so genannte „Shunt-<br />
Röhrchen“ wird bei Vollnarkose-Patienten immer<br />
gesetzt, bei den an<strong>der</strong>en nur im Bedarfsfall. „Weil<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz auch mit Risiken verb<strong>und</strong>en ist. Es<br />
können sich Plaque-Teilchen lösen <strong>und</strong> Richtung<br />
Gehirn gespült werden“, erklärt Isabell Jester.<br />
Die OP-Schwester schiebt e<strong>in</strong> Tischchen mit<br />
exakt aufgereihten Instrumenten neben den<br />
Operationstisch. Die r<strong>und</strong>en Lampenschirme<br />
über dem Tisch werden von den Chirurg<strong>in</strong>nen<br />
genau platziert. Am Kopfende piepst e<strong>in</strong> Monitor,<br />
an den <strong>der</strong> Patient angeschlossen ist. Die Wellenbewegungen<br />
<strong>und</strong> Zahlen geben <strong>Aus</strong>kunft über<br />
Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung <strong>und</strong> Blutdruck.<br />
Sie werden von Sielenkämper <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Mitarbeitern<br />
überwacht. Alle tragen grüne Anzüge<br />
o<strong>der</strong> Kittel, grüne Gummi-Clogs, Häubchen <strong>und</strong><br />
M<strong>und</strong>schutz. Becker kann, halb abgeschirmt,<br />
nur Be<strong>in</strong>e sehen <strong>und</strong> die olivgrünen Wandfliesen<br />
des Operationssaales. Er hat ke<strong>in</strong>e Angst, sagt<br />
er. Gut e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb St<strong>und</strong>en muss er mit dem<br />
Gesicht zur Seite liegend ausharren, nur die l<strong>in</strong>ke<br />
Hand mit <strong>der</strong> Ente darf er bewegen. „Weil sich<br />
die Nervenfasern im Gehirn e<strong>in</strong>mal kreuzen, ist<br />
die rechte Hirnhälfte für die l<strong>in</strong>ke Seite des Körpers<br />
zuständig <strong>und</strong> umgekehrt. Da wir rechts<br />
operieren, muss er die Ente also <strong>in</strong> <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken<br />
Hand halten“, erklärt Oberärzt<strong>in</strong> Jester.<br />
Becker war starker Raucher. „Ich hab‘ im<br />
September letzten Jahres damit aufgehört. Von<br />
e<strong>in</strong>em Tag auf den an<strong>der</strong>en“, erzählt er, während<br />
Dr. Ossig mit dem Skalpell den ersten Schnitt<br />
setzt. Damals habe er von <strong>der</strong> gefährlichen<br />
Engstelle am Hals erfahren. „Rauchen gehört<br />
zu den Hauptrisikofaktoren für Arteriosklerose“,<br />
klärt Dr. Jester auf. Weitere Ursachen seien zu<br />
hohe Blutzucker- <strong>und</strong> Blutfettwerte durch unges<strong>und</strong>e<br />
Ernährung <strong>und</strong> Bluthochdruck. „Arteriosklerose<br />
ist e<strong>in</strong>e typische Zivilisationskrankheit“,<br />
sagt Jester. Oft ausgelöst durch unges<strong>und</strong>en<br />
Lebenswandel.<br />
<strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Chancen</strong> im<br />
Geschäftsbereich Ges<strong>und</strong>heit<br />
„Haben Sie schon aufgemacht?“, fragt Becker<br />
die Ärzt<strong>in</strong>nen. „Ich spüre e<strong>in</strong> bisschen Druck.“<br />
Der Saarlän<strong>der</strong> würde zu gerne wissen, was<br />
oberhalb <strong>der</strong> grünen Tücher vor sich geht. So<br />
still zu liegen ist doch e<strong>in</strong> bisschen langweilig.<br />
„Quietschen Sie mal, Herr Becker.“ Er quietscht.<br />
Seit langem leidet <strong>der</strong> 48-Jährige unter zu hohem<br />
Blutdruck. „Seit e<strong>in</strong>iger Zeit habe ich manchmal<br />
so e<strong>in</strong> Augenflimmern“, erzählt er. Ja, das könnte<br />
auf die Engstelle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arterie zurückzuführen<br />
se<strong>in</strong>, me<strong>in</strong>t Dr. Jester.<br />
Die Halsschlaga<strong>der</strong> ist abgeklemmt <strong>und</strong> aufgeschnitten,<br />
<strong>der</strong> Plaque freigelegt: E<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb<br />
Zentimeter stellenweise schwarz gefärbte Ablagerungen.<br />
Ossig trägt sie <strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> Innenschicht<br />
des Gefäßes vorsichtig ab. Der Blutdruck<br />
fällt. „Herr Becker, quietschen Sie.“ Ke<strong>in</strong>e Reaktion.<br />
„Herr Becker hören Sie mich?“ Die Anästhesisten<br />
spr<strong>in</strong>gen auf, spritzen e<strong>in</strong> Medikament,<br />
das den Blutdruck hochpuschen soll. Dr. Ossig<br />
setzt das Shunt-Röhrchen e<strong>in</strong>. Zwei M<strong>in</strong>uten,<br />
drei, vier. Becker ist wie<strong>der</strong> da. Durchatmen.<br />
Der 48-Jährige schwitzt, die Hand mit dem Entchen<br />
zittert etwas. „Das dürfte e<strong>in</strong>e Reaktion auf<br />
den Blutdruckabfall se<strong>in</strong>“, me<strong>in</strong>t Narkosearzt<br />
Sielenkämper. Chefärzt<strong>in</strong> Ossig näht die Halsschlaga<strong>der</strong><br />
zu <strong>und</strong> verwendet dazu e<strong>in</strong>en Kunststoff-Flicken,<br />
um die A<strong>der</strong> nicht e<strong>in</strong>zuengen. Das<br />
Röhrchen wird im letzten Moment entfernt, die<br />
Klemmen werden gelöst. Das Blut fließt ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t.<br />
E<strong>in</strong>e „Angiographie“, e<strong>in</strong> Röntgenbild,<br />
das dank e<strong>in</strong>es zuvor <strong>in</strong> die Arterien gespritzten<br />
Kontrastmittels die Blutgefäße zeigt, beweist:<br />
Operation gelungen, ke<strong>in</strong>e Engstelle mehr zu<br />
sehen. Die W<strong>und</strong>e kann vernäht werden.<br />
Ossig hält Becker das Plaque-Material vor die<br />
Nase. Er staunt <strong>und</strong> schweigt. Immer noch ist<br />
ihm heiß. Aber alles ist gutgegangen. Das Quietsche-Entchen<br />
muss Becker wie<strong>der</strong> hergeben.<br />
Es wird noch gebraucht. Wenn e<strong>in</strong>e Großbestellung<br />
Enten endlich e<strong>in</strong>getroffen ist, will<br />
man künftigen Patienten das Entchen schenken.<br />
Als Er<strong>in</strong>nerung – vielleicht auch als Mahnung.<br />
H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />
Die Arteriosklerose ist <strong>in</strong> den westlichen Industrielän<strong>der</strong>n<br />
zu e<strong>in</strong>er Volkskrankheit geworden.<br />
An den Folgeerkrankungen wie Schlaganfall o<strong>der</strong><br />
Herz<strong>in</strong>farkt sterben mehr Menschen als an Krebs<br />
o<strong>der</strong> Infektionskrankheiten. Nach Angaben <strong>der</strong><br />
Weltges<strong>und</strong>heits-Organisation (WHO) starben<br />
2004 weltweit 17 Millionen Menschen an den<br />
Folgen – Tendenz deutlich ansteigend. Arteriosklerose<br />
trifft vor allem ältere Menschen. Es<br />
erkranken aber auch immer mehr Jüngere daran<br />
– zumeist wegen unges<strong>und</strong>en Lebenswandels.<br />
Text: Sab<strong>in</strong>e Schorr, Fotos: Iris Maurer<br />
Chefärzt<strong>in</strong> Dr. Ulrike<br />
Ossig (l<strong>in</strong>ks) <strong>und</strong><br />
Dr. Isabell Jester<br />
schauen sich e<strong>in</strong> Röntgenbild<br />
an.<br />
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